Grundlagen der Staatsordnung
Föderativer Aufbau
Das Parlament legte die Regeln zur Berechnung des Ressourcen-, Lasten- und Härteausgleichs im Rahmen der NFA fest. – Die Glarner Landsgemeinde bestätigte ihren Beschluss aus dem Vorjahr, aus den bisherigen 25 Gemeinden nur noch drei zu machen. – Die Assemblée interjurassienne publizierte einen Zwischenbericht.
Beziehungen zwischen Bund und Kantonen
In Ausführung eines Postulats Pfisterer (fdp, AG) präsentierte der Bundesrat einen Bericht zu den
Auswirkungen der schweizerischen Europapolitik auf den Föderalismus. Er nahm darin eine Bestandsaufnahme der Mitwirkungsrechte der Kantone vor und beschrieb allfällige Probleme bei der Übernahme europäischen Rechts im Rahmen von weiteren Abkommen oder gar bei einem Beitritt zur EU. Neue Institutionen zur Koordination, Mitwirkung oder Information möchte die Regierung vorläufig keine schaffen. Hingegen könnte sie sich eine Rahmenvereinbarung zwischen dem Bund und den Kantonen vorstellen, welche die Ausübung dieser Aktivitäten vereinfacht
[1].
Zur Neuen Regionalpolitik des Bundes siehe unten, Teil I, 4a, Strukturpolitik.
Das Parlament verabschiedete im Berichtsjahr die Vorschläge des Bundesrats zur Festlegung des Ressourcen-, Lasten- und Härteausgleichs. Der Ständerat befasste sich als erster damit und stimmte auf Antrag seiner Kommissionsmehrheit dem Bundesratsentwurf zu. Nachdem Eintreten unbestritten war, lehnte er mit 32 zu 12 Stimmen einen Antrag der Vertreter der finanzstarken Kantone ab, den Anteil dieser Kantone an den Grundbeitrag von den vom Bundesrat vorgeschlagenen 70% auf 68% zu senken. Nicht besser erging es auch dem von Abgeordneten der städtischen Kantone eingebrachten Antrag, den Lastenausgleichsfonds nicht je zur Hälfte für den Ausgleich von topographischen Lasten (d.h. Berggebiete) respektive von soziodemographischen Lasten (d.h. hohe Anteile an Armen, Alten und Ausländern) zu verwenden, sondern im Verhältnis 40% zu 60%. Ebenfalls abgelehnt wurde ein Antrag von gleicher Seite, den Härteausgleich für die ersten acht Jahre von den beantragten 430 Mio Fr. pro Jahr auf 257 Mio Fr. zu kürzen.
Auch im
Nationalrat war Eintreten unbestritten. Der Rat lehnte in der Detailberatung Anträge der Linken resp. der SVP ab, den Beitrag der finanzstarken Kantone über resp. unter den vom Bundesrat beantragten 70% anzusetzen. Keine Gnade fanden auch Vorschläge der Linken und einigen städtischen Abgeordneten, den Anteil des soziodemographischen Lastenausgleichs von 50% auf 55% zu erhöhen, resp. von Parlamentariern aus finanzstarken Kantonen, den Beitrag an den Härteausgleichsfonds zu kürzen. Differenzen zwischen den beiden Kammern gab es einzig bei den Übergangsbestimmungen bei der Invalidenversicherung. Hier setzte sich die im Nationalrat von der Linken und der SVP unterstützte Forderung durch, dass entgegen dem Bundesratsvorschlag auch die Kantone einen Beitrag zur Sanierung dieser hoch verschuldeten Versicherung leisten müssen (siehe dazu unten, Teil I, 7c, IV). In der Schlussabstimmung gab es im Ständerat beim Ressourcen- und Lastenausgleich 6 Gegenstimmen, beim Härteausgleich deren zwei. Im Nationalrat zählte man 2 resp. 12 Gegenstimmen. Die Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen wurde auf Anfang 2008 in Kraft gesetzt
[2].
Im Anschluss an dieses Geschäft behandelte der Ständerat noch eine Standesinitiative des Kantons Zug. Diese hatte verlangt, dass in die Bundesverfassung
Obergrenzen für die Belastung der finanzkräftigen Kantone durch den Finanzausgleich aufgenommen werden. Auf Empfehlung seiner vorberatenden Kommission gab der Rat diesem Vorstoss keine Folge. Ob die Belastung dieser Kantone zu hoch sei, werde aber in dem vom Parlament vom Bundesrat geforderten Evaluationsbericht zur NFA mit Bestimmtheit thematisiert werden
[3].
Der Nationalrat forderte den Bundesrat mit einer Motion seiner WAK auf, im Rahmen der laufenden Teilrevision des Raumplanungsgesetzes die Grundlagen für eine
urbane Regionalpolitik zu schaffen. Dabei soll insbesondere auch die Förderung von Zusammenarbeitsmodellen in den Agglomerationen gesetzlich abgesichert werden. Der Bundesrat war mit der Überweisung der Motion einverstanden, da sie sich mit seinen Absichten decke
[4].
Der Beschluss der
Glarner Landsgemeinde vom Vorjahr,
aus den bisherigen 25 Gemeinden nur noch drei zu machen, stiess auf Widerstand. Gegner des Projekts sammelten über 2000 Unterschriften für eine ausserordentliche Landsgemeinde zu diesem Thema. Diese fand am 25. November statt und bestätigte bei grosser Beteiligung mit sehr deutlichem Mehr den auch von der Regierung und vom Parlament unterstützten Fusionsbeschluss
[5].
Im Kanton
Neuenburg scheiterte die geplante Zusammenfassung der elf Gemeinden des
Val-de-Travers zu einer einzigen, rund 12 000 Einwohner zählenden Kommune am Veto von zwei kleinen Gemeinden am westlichen Rand. Die neun in der Volksabstimmung zustimmenden Gemeinden setzten eine Arbeitsgruppe ein, um das Fusionsprojekt unter sich weiter voran zu treiben
[6].
Nach dem Vorbild von
Lugano, dessen Einwohnerzahl sich im Berichtsjahr mit dem Beitritt von drei weiteren Agglomerationsgemeinden auf 55 000 erhöht hat, versucht nun auch die knapp 60 000 Einwohner zählende
Stadt Luzern, durch die Vereinigung mit Vorortsgemeinden ein grösseres politisches Gewicht zu erhalten. Ziel ist es, durch eine Fusion mit den fünf grössten Agglomerationsgemeinden zusammen auf rund 150 000 Einwohner zu kommen. In einem ersten Schritt stimmten die Bürgerinnen und Bürger von Luzern und Littau (rund 16 000 Einwohner) einem Zusammenschluss zu, der anfangs 2010 in Kraft treten wird. Noch nicht soweit ist man in
Freiburg. In der Kantonshauptstadt (rund 35 000 Einwohner) und in vier Agglomerationsgemeinden mit insgesamt etwa 17 000 Einwohnern wurden im Berichtsjahr kommunale Volksinitiativen für eine Fusion eingereicht
[7].
Territorialfragen
Die Assemblée interjurassienne publizierte einen Zwischenbericht zu ihrer für 2008 erwarteten
Studie über einen gemeinsamen Kanton der drei bernischen und der drei jurassischen Bezirke oder andere Lösungen. Dieser Zwischenbericht beschränkte sich weitgehend auf eine Bestandsaufnahme der aktuellen Situation
[8].
Weiterführende Literatur
Arn, Daniel / Strecker, Mirjam, Verstärkung der Zusammenarbeit in kantonsübergreifenden Agglomerationen (Bericht der Tripartiten Technischen Arbeitsgruppe vom 29. Mai 2006), Bern (KdK) 2007.
Biaggini, Giovanni, „Kooperativer Föderalismus zwischen Freiwilligkeit und Zwang: Die neue schweizerische ‚Bildungsverfassung‘ als Experimentierfeld“, in Jahrbuch des Föderalismus 2007, S. 449-63.
Bolleyer, Nicole, „Intergovernmental arrangements in Spanish and Swiss federalism“, in Regional and Federal Studies, 2006, S. 385-408.
Consiglio di Stato della Repubblica e Cantone Ticino (Hg.), Lugano : aggregazione dei comuni di Barbegno, Cadro, Carabbia, Lugano e Villa Luganese, Bellinzona (Dipartimento delle istituzioni) 2007.
Kübler, Daniel / Schwab, Brigitte, „New regionalism in five Swiss metropolitan areas“, in European Journal of Political Research, 2007, S. 473-502.
Rieder, Stefan / Widmer, Thomas, Kantone im Wandel, Bern 2007.
Trees, Patrick, Zusammenarbeit der Regierungs- und Direktorenkonferenzen: Analyse verschiedener Modelle, Bern (KPM-Verlag) 2006.
Zehnder, Vital, Die interkantonale öffentlich-rechtliche Körperschaft als Modellform für die gemeinsame Trägerschaft: Rechtsgrundlagen der interkantonalen Zusammenarbeit und des interkantonalen Vertrags, Zürich 2007.
[1]
BBl, 2007, S. 5907 ff.;
NZZ, 19.6.07.
[2]
AB SR, 2007, S. 124 ff., 473 ff., 537 ff. und 662 f.;
AB NR, 2007, S. 673 ff., 898 ff., 984 f. und 1164 ff.;
BBl, 2007, S. 4673 ff. (Gesetzesanpassungen) und 4711 f. (Beiträge);
NZZ, 10.11.07. Vgl.
SPJ 2006, S. 44.
[3]
AB SR, 2007, S. 817 f.
[4]
AB NR, 2007, S. 1713.
[5]
NZZ, 31.8., 11.10., 20.11. und 26.11.07;
TA, 26.11.07. Vgl.
SPJ 2006, S. 45.
[6]
Express, 31.3., 18.6. (Volksabstimmung), 25.8. und 14.11.07. Vgl.
SPJ 2006, S. 45.
[7] Lugano:
CdT, 1.10. und 21.12.07. Luzern:
NZZ, 6.6. und 18.6.07;
NLZ, 18.6.07. Freiburg:
Lib., 20.12.07.
[8]
Bund,
BZ,
LT und
QJ, 8.3.07. Vgl.
SPJ 2006, S. 45.