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Politique sociale
Groupes sociaux
La guerre en Bosnie ainsi que les tensions dans la province serbe du Kosovo ont influencé fortement la statistique de l'asile de l'année 1993. Le refoulement de personnes en direction du Kosovo, très critiqué par les organisations d'aide humanitaire, a amené certaines églises protestantes à appliquer le concept d'asile ecclésiastique. – Le Conseil national a rejeté trois initiatives cantonales demandant une législation relative à l'asile plus sévère. – Le Conseil fédéral a transmis au parlement son projet pour une loi sur l'égalité entre hommes et femmes. – Début décembre ont eu lieu à Berne deux sessions spéciales des jeunes et des retraités.
Ausländerpolitik
Nach dem Ständerat überwies auch der Nationalrat praktisch diskussionslos eine Motion Simmen (cvp, SO) für die rasche Ausarbeitung eines Migrationsgesetzes, das die Grundlage darstellen soll für den Umgang mit Problemen, wie sie aus der weltweiten Völkerwanderung auch für die Schweiz entstehen. Der Bundesrat, der im Ständerat noch für Umwandlung in ein Postulat plädiert hatte, war nun bereit, die Motion entgegenzunehmen. Gleichzeitig verabschiedete die grosse Kammer auch ein Postulat ihrer staatspolitischen Kommission, welches Anhaltspunkte gibt für einen möglichen Inhalt dieses Gesetzes. Danach müsste ein Migrationsgesetz die Zielsetzungen und Grenzen der Einwanderungspolitik festhalten, eine umfassende Integrationspolitik umschreiben, die Grundlage für die Förderung der Rückkehr ins Heimatland bilden und einen Beitrag zur Beseitigung der Ursachen von Wanderungsbewegungen liefern [1].
In Wien nahm Anfangs November das "International Center for Migration Policy Development" (ICMPD) seine Arbeit auf. Das Zentrum geht auf eine Initiative der Regierungen der Schweiz und Osterreichs zurück. Es soll mittelfristige Strategien zur Bewältigung des Migrationsprozesses entwickeln und mit konkreten Konzepten die Zusammenarbeit der betroffenen Staaten fördern und erleichtern. Das Tätigkeitsgebiet des ICMPD reicht von Vorschlägen zur internationalen Harmonisierung der Migrationspolitik und -praxis bis zur Prüfung von wirtschafts- und sozialpolitischen Kooperationsmassnahmen zwischen den Ziel- und Herkunftsländern, um Abwanderung langfristig unnötig zu machen. Ein wichtiger geographischer Forschungsschwerpunkt des neuen Instituts wird Mittel- und Osteuropa sein [2].
Auf Mitte Jahr wurde das Bundesamt für Ausländerfragen ausgebaut. Die neu geschaffene Abteilung "Migration, Innere Sicherheit/Strategien und Zentrales Ausländerregister" erhielt die Aufgabe, den Kampf gegen das kriminelle Schleppertum und den illegalen Grenzübertritt zu führen, die Entwicklungen in Europa zu analysieren und die Kontakte mit den europäischen Polizei- und Ministergremien, insbesondere der EG-internen "Gruppe Schengen", aufrechtzuerhalten und zu intensivieren [3].
Für die Kontroverse um Ausländer – in erster Linie Asylbewerber –, die unter falschem Vorwand und mit deliktischen Absichten in die Schweiz einreisen und dann vorwiegend im Drogenhandel tätig sind, sowie für die daraus resultierenden Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht siehe oben, Teil I, 1b (Strafrecht).
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Der Bestand der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung betrug am Jahresende 1 260 283 Personen, 46 820 oder 3,9% mehr als vor Jahresfrist. Damit schwächte sich die Zunahme bereits im zweiten aufeinanderfolgenden Jahr leicht ab. Der Anteil an der gesamten Wohnbevölkerung der Schweiz erhöhte sich von 17,6 auf 18,1%. 928 555 Personen besassen eine Niederlassungs- und 331 728 eine Jahresbewilligung. 65% stammten aus EG- und Efta-Staaten, weitere 19% aus ex-Jugoslawien.
Ende Dezember lebten zudem 27 913 anerkannte Flüchtlinge in der Schweiz. Die Zunahme um 1177 gegenüber dem Vorjahr erklärt sich aus dem Anstieg positiver Asylentscheide des Bundesamtes für Flüchtlinge. In der Statistik der ausländischen Wohnbevölkerung nicht berücksichtigt sind neben den Saisonniers namentlich die auf rund 30 000 geschätzten internationalen Funktionäre, die etwa 40 000 Asylbewerber sowie einige Zehntausende von Personen aus dem ex-jugoslawischen Krisengebiet.
Die anhaltende Rezession zeigte bei den Saisonniers und Grenzgängern erneut deutliche Auswirkungen. Ende August, im Zeitpunkt des saisonalen Höchststandes der Beschäftigung, arbeiteten noch 71 800 Saisonniers in der Schweiz, 21 300 oder 22,9%weniger als im Vorjahr. 1991 waren es zum gleichen Zeitpunkt noch 115 900 gewesen. Die Grenzgänger nahmen gegenüber August 1992 um 6% auf 159 700 ab (1991: 182 600) [4].
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Im Rahmen von Swisslex bekräftigte der Bundesrat erneut seinen Willen, das in seinem Bericht von 1991 aufgezeichnete Konzept des Dreikreisemodells schrittweise zu realisieren. Nach einer Übergangsfrist soll das Saisonnierstatut mit dem heute bestehenden Umwandlungsmechanismus in Daueraufenthaltsbewilligungen, dem in der Vergangenheit eine Schleusenfunktion für die massive Zuwanderung wenig qualifizierter Arbeitskräfte zugekommen war, abgelöst werden. Dies kann der Bundesrat jedoch nicht in eigener Regie beschliessen, da der Umwandlungsanspruch in internationalen Verträgen festgeschrieben ist. Er will deshalb mit den betreffenden Ländern Verhandlungen aufnehmen und nach deren Abschluss die Regelung der saisonalen Arbeitsverhältnisse den europäischen Standards annähern, beispielsweise durch befristete Aufenthaltsbewilligungen mit Gewährung des Familiennachzugs, falls der Kurzaufenthalter über die nötigen Mittel und eine entsprechende Wohnung verfügt. Gleichzeitig beabsichtigt der Bundesrat, die Rechtsstellung der mehrjährigen Grenzgänger mit Ausnahme des Rechts auf Wohnsitznahme derjenigen der Daueraufenthalter anzugleichen. Längerfristiges Ziel des Bundesrates ist ein Abbau der wenig qualifizierten ausländischen Arbeitnehmerschaft und deren Ersetzung durch ausländische Spezialisten und Kaderleute [5].
Um diese Politik der primären Rekrutierung qualifizierter ausländischer Arbeitskräfte umzusetzen, beschloss der Bundesrat, in einem Teilbereich auf den seit Jahren hochgehaltenen absoluten Vorrang von inländischen Arbeitnehmern bei der Besetzung einer Stelle zu verzichten. Auf 1. Mai des Berichtsjahres wurde die Verordnung über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (BVO) dahingehend geändert, dass ausländische Führungskräfte multinationaler Firmen und spezialisierte Fachleute künftig davon ausgenommen sind [6].
Bei der Ausländerregelung 1993/94 tat der Bundesrat einen weiteren Liberalisierungsschritt. Er kürzte das Jahreskontingent für Saisonbewilligungen um 5% auf 155 000. Von den Kontingenten für die Kantone wurden zudem nur 80% freigegeben. Die Reduktion der Bewilligungen um gesamthaft 25 % soll die Kantone veranlassen, bei Angehörigen aus EG- und Efta-Staaten auf die nicht ausgeschöpften Kontingente für Jahresaufenthalter auszuweichen. Der Bundesrat vertrat dabei die Ansicht, viele Saisonverhältnisse seien in Wirklichkeit unecht und könnten ebensogut als ganzjährige Erwerbsmöglichkeiten ausgestaltet werden. Bei Engpässen in den stark auf den Tourismus ausgerichteten Kantonen zeigte er sich bereit, zusätzliche Bewilligungen aus seinem 10 000 Einheiten umfassenden Kontingent zu erteilen. Den Jahresaufenthaltern kam der Bundesrat insofern entgegen, als künftig für den Familiennachzug die Wartefrist von 12 Monaten aufgehoben wird. Die Bedingungen, an die der Nachzug geknüpft ist – genügend Mittel und angemessene Wohnung – bleiben aber bestehen [7].
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Die Eidg. Kommission für Ausländerprobleme, welche anlässlich ihrer Neubesetzung in Eidg. Ausländerkommission umbenannt wurde, will beim Bund Druck aufsetzen, damit bei der anstehenden Teilrevision des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG) ein eigentlicher Integrationsartikel ins Gesetz aufgenommen wird. Damit wäre die Voraussetzung geschaffen für eine finanzielle Unterstützung der Eingliederungsbestrebungen durch den Bund. Heute werden die Beratungs- und Kontaktstellen, die den Ausländern die gesellschaftliche Integration erleichtern, von Kantonen, Gemeinden oder karitativen Organisationen finanziert [8].
Die zu Beginn des Vorjahres gegründete Aktionsgemeinschaft "CH 701" stellte an ihrem ersten Geburtstag ein Handbuch für gewaltfreie Konfliktlösungen vor und kündigte ihre Absicht an, ein Nottelefon einzurichten, welches Personen berät, die von heftigen Auseindersetzungen zwischen Angehörigen verschiedener Kulturen betroffen sind [9].
Zur erleichterten Einbürgerung junger Ausländer, zur Diskussion um die Einführung eines Stimm- und Wahlrechts für niedergelassene Ausländer und zum Antirassismusgesetz siehe oben, Teil I, 1 b, Bürgerrecht und Stimmrecht sowie Grundrechte.
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Flüchtlinge
Der Bosnienkrieg und die Spannungen in der serbischen Provinz Kosovo hinterliessen deutliche Spuren in der Asylstatistik 1993. Fast die Hälfte der 24 739 neuen Gesuchsteller – was gegenüber dem Vorjahr einer Zunahme um 38% entspricht – kam aus dem ehemaligen Jugoslawien, und die durchschnittliche Anerkennungsquote stieg namentlich wegen des hohen Anteils von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina von 4,5 auf 14,7%. 27,8% der Asylbewerber kamen aus dem Kriegsgebiet in Bosnien, 21,2% aus Restjugoslawien, vor allem aus dem Kosovo. An dritter Stelle standen die Somalier mit 9,3%, gefolgt von den Albanern mit 8,1 %. Deutlich weniger zahlreich als in früheren Jahren waren die Asylbewerber aus Sri Lanka (7,0%) und der Türkei (4,4%). 46,7% der Asylgesuche von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina wurde entsprochen ; für Restjugoslawien lag diese Quote bei 6,8%. Der Anteil der anerkannten Flüchtlinge aus der Türkei stieg von 12,1 auf 26,1% ebenfalls stark an.
Das Bundesamt für Flüchtlinge (BFF) fällte 1993 rund ein Fünftel weniger Entscheide als im Vorjahr, und zwar noch knapp 29 700. Als Gründe für den Rückgang nannte der seit dem 1. Juli des Berichtsjahres amtierende BFF-Direktor Urs Scheidegger den Abbau von 50 Stellen und die vermehrte Behandlung älterer, arbeitsintensiverer Asylgesuche. Der Pendenzenberg konnte dennoch um 3900 auf 27 800 Dossiers abgebaut werden [10].
Kurz vor Ablauf der Sammelfrist konnte die SVP vermelden, dass ihre Volksinitiative "gegen die illegale Einwanderung" mit rund 110 000 Unterschriften zustandegekommen ist. Die SVP will damit erreichen, dass auf Asylgesuche illegal eingereister Asylbewerber nicht mehr eingetreten wird, wobei aber — anders als in einer im Vorjahr von der SD mit ähnlicher Stossrichtung eingereichten Initiative — der Grundsatz des Non-Refoulement gewahrt bleiben soll. Um die wirtschaftliche Attraktivität der Schweiz zu senken, will die SVP eine staatliche Lohnverwaltung für Asylbewerber einführen. Das Volksbegehren der SVP — übrigens das erste in ihrer Parteigeschichte — fand vor allem Unterstützung in den Kantonen Aargau, Bern und Zürich [11].
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Der Nationalrat überwies oppositionslos eine Motion des Ständerates mit dem Auftrag, einen Status für Gewaltflüchtlinge zu schaffen. Bei den Gewaltflüchtlingen handelt es sich um Personen, welche die Voraussetzungen des Flüchtlingsbegriffs, wie ihn die UNO-Flüchtlingskonvention und das schweizerische Asylgesetz definieren, nicht erfüllen, weil sie nicht individuell verfolgt werden, die aber aus berechtigter Furcht vor Unruhen, Bürgerkriegen usw. aus ihrer Heimat fliehen. Nach Beruhigung der Lage können diese Gewaltflüchtlinge in ihr Land zurückkehren, weshalb die Motion auch verlangt, dass die Rückkehrhilfe für diese Menschen geregelt werden soll [12].
Im April verfügte der Bundesrat aus humanitären Gründen die vorläufige Aufnahme von rund 13 000 Personen aus Bosnien-Herzegowina. Von dieser Sonderregelung profitierten Menschen ohne ordentliche Aufenthaltsbewilligung, Asylbewerber, denen der Flüchtlingsstatus nicht zuerkannt worden war, Saisonniers, Jahres- und Kurzaufenthalter mit abgelaufenen Bewilligungen sowie Touristen und Besucher, deren Rückkehr in ihre Heimat mit Rücksicht auf den Krieg als unzumutbar beurteilt wurde. Im Oktober verlängerte der Bundesrat die vorläufige Aufnahme um weitere sechs Monate. Insgesamt waren Ende Jahr — zusätzlich zu den Personen mit Niederlassungs- oder Aufenthaltsbewilligung — über 80 000 Bürgerinnen und Bürger aus dem ehemaligen Jugoslawien unter verschiedenen Titeln in der Schweiz anwesend [13].
Im Vorjahr hatten sich die Hilfswerke für einen Ausschaffungsstopp für abgewiesene albanische Asylbewerber aus dem Kosovo eingesetzt. Die Asyl-Rekurskommissipn (ARK) hatte deren Argumente übernommen und die Ausschaffungen sistiert. Im Februar reiste eine Delegation des BFF und des EDA nach Restjugoslawien, um die Menschenrechtslage im Kosovo abzuklären. Bei ihrem zweitägigen Besuch stellte sie fest, dass im Kosovo ein Zustand labiler Ruhe herrsche und sich die Menschenrechtslage nicht dramatisch verschlechtert habe. Diese Beurteilung wurde in der Folge von den Kammern 7 und 6 der ARK übernommen, welche ab Ende März trotz Warnungen der Hilfswerke und des UNHCR wieder Wegweisungsentscheide fällte [14].
Obgleich die zwangsweisen Rückschaffungen von abgewiesenen Asylbewerbern nach Kosovo seit Ende Oktober nicht mehr über Mazedonien durchgeführt werden konnten, weil dieses Land die Transitvereinbarung mit der Schweiz vorläufig aufhob, und trotz vehementem Protest aus Hilfswerk- und Kirchenkreisen, hielt der Bundesrat an seinem Entscheid fest, mit den Ausschaffungen von Kosovo-Albanern konsequent weiterzufahren. Dies veranlasste einzelne Kirchgemeinden im Kanton Bern, auf den Gedanken des Kirchenasyls zurückzugreifen und den abgewiesenen Asylbewerbern Unterschlupf in Kirchenräumen zu gewähren. Dieser Schutz vor weltlichem Zugriff ist rechtlich nirgends verbrieft und wurde vom Bundesrat und von bürgerlichen Politikern mehrmals als illegales Vorgehen angeprangert [15].
Im Sommer reiste BFF-Direktor Scheidegger nach Sri Lanka, um vor Ort die Möglichkeiten einer Rückschaffung der tamilischen Flüchtlinge "in Sicherheit und Würde" zu prüfen. Als erstes Land der Welt schloss die Schweiz mit der Regierung in Colombo ein Repatriierungsabkommen. Gemäss Scheidegger plant die Schweiz, jährlich rund 200 Flüchtlinge – vor allem jene, die nach dem 1. September 1992 eingereist sind – in ihr Land zurückzuschaffen, obgleich dort im Norden weiterhin Bürgerkrieg herrscht. Die ausgeschafften Tamilen sollen im mehrheitlich von Singhalesen bevölkerten Süden der Insel angesiedelt werden und auf die Hilfe der Schweizer Botschaft zählen können [16].
Im Anschluss an eine längere asylpolitische Aussprache lehnte der Nationalrat – wie im Vorjahr bereits der Ständerat – drei Standesinitiativen der Kantone Aargau, Thurgau und Luzern ab. Die darin vorgeschlagenen notrechtlichen Massnahmen wurden mehrheitlich als mit der schweizerischen Rechtsauffassung nicht vereinbar erachtet. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass sich die Lage im Asylbereich seit der Einreichung der drei Initiativen (1991) vor allem dank der 1990 vom Parlament beschlossenen dritten Asylgesetzrevision deutlich entspannt habe, so dass sich im jetzigen Zeitpunkt eine Verschärfung des Asylrechts nicht aufdränge. Einzelne Anliegen der Standesinitiativen – so etwa eine Beschleunigung der Verfahren – seien in der Zwischenzeit erfüllt worden [17].
Zur Diskussion um delinquierende Asylbewerber, entsprechende parlamentarische Vorstösse und die Ende Jahr vom Bundesrat vorgelegten Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht siehe oben, Teil I, 1b (Strafrecht).
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Nach dem Ständerat überwies auch der Nationalrat eine Motion Huber (cvp, AG), welche den Bundesrat auffordert, alle Anstrengungen zu unternehmen, damit die Schweiz dem Erstasylabkommen der EG-Staaten beitreten kann. Da der Bundesrat seit Jahren auf einen Beitritt zu diesem Abkommen hinarbeitet, bat der Vorsteher des EJPD den Rat um Überweisung dieser Motion. Den Bedenken einer linken Kommissionsminderheit wurde teilweise Rechnung getragen durch die Verabschiedung eines Kommissionspostulates, das den Bundesrat einlädt, insbesondere im Bereich des Datenschutzes alle Gesetzesänderungen vorzubereiten, die bei einer Ratifikation des Erstasylabkommens vorausgesetzt werden müssen [18].
Nach der Neuregelung des Asylrechts in Deutschland konnte die Schweiz mit der BRD ein gegenseitiges Rückübernahmeabkommen unterzeichnen. Wichtigster Bestandteil ist die Verpflichtung beider Staaten, diejenigen Ausländerinnen und Ausländer zurückzunehmen, die unbefugt ins andere Land eingereist sind. Das Abkommen erlaubt auch die Rückschiebung von illegal eingereisten Asylsuchenden, und zwar unabhängig davon, ob sie im Nachbarstaat bereits ein Asylbegehren eingereicht haben und ob dieses Verfahren dort bereits abgeschlossen ist [19].
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Jenische
Der Nationalrat nahm einstimmig die 1991 von seiner Kommission formulierteparlamentarische Initiative "Zukunft für schweizerische Fahrende" an. Damit soll klar ein Schlussstrich unter die Vergangenheitsbewältigung gezogen werden und die heute zum Schutz der Fahrenden zu treffenden Massnahmen in den Vordergrund gestellt werden. Zu diesem Zweck beantragte die Initiative die Einsetzung einer Stiftung mit einem Kapital von einer Million Franken und dem Auftrag, den Handlungsbedarf in den Bereichen Stand- und Durchgangsplätze, interkantonaler und interkommunaler Zusammenarbeit in Bezug auf die Gewährung von Gewerbepatenten sowie der schulischen Ausbildung der jenischen Kinder zu definieren und sich für Problemlösungen einzusetzen [20].
Die rund 35 000 in der Schweiz lebenden Fahrenden verlangen ihre offizielle Anerkennung als ethnische Minderheit. Mit Unterstützung der Schweizer Kirchen lancierten sie eine Petition an die Bundes-, Kantons- und Gemeindebehörden, in der sie die Würdigung ihrer Kultur und ein Recht auf Anderssein fordern [21].
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Stellung der Frau
Bundesrätin Dreifuss leitete die Schweizer Delegation an der Dritten europäischen Fachministerinnen- und Fachministerkonferenz zur Gleichstellung von Frau und Mann, welche Ende Oktober in Rom stattfand. Hauptthema der Konferenz waren die künftig zu wählenden Strategien zur Eliminierung der Gewalt gegen Frauen in der Gesellschaft. Neben juristischen und administrativen Massnahmen zur Gewaltbekämpfung stand vor allem die Rolle der Medien im Vordergrund. Die Schweiz legte einen Länderbericht vor, welcher eine Analyse der Wirkung und der Funktion von Medien lieferte und daraus Strategien zur Gewaltbekämpfung ableitete [22].
Bei den in der Wintersession beratenen Sanierungsmassnahmen des Bundesfinanzhaushaltes stellte die Waadtländer Liberale Sandoz den Antrag, das Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann sei aufzulösen, um so eine halbe Mio Fr. zu sparen. Der Antrag wurde mit Ausnahme der LP, der SD/Lega und der AP von allen Fraktionen abgelehnt und deutlich verworfen. An der Spitze des Gleichstellungsbüros, welches im November seinen fünften Geburtstag feiern konnte, fand ein Wechsel statt. Claudia Kaufmann, welche diese Amtsstelle seit deren Gründung geleitet hatte, ging als stellvertretende Generalsekretärin ins EDI. Zu ihrer Nachfolgerin wurde die Genfer Juristin Patricia Schulz ernannt [23].
Im Sommer konnte die Bundeskanzlei vermelden, der Frauenanteil in den 255 ausserparlamentarischen Kommissionen habe sich innerhalb der letzten vier Jahre von 8 auf 16% erhöht. Kurz darauf wurde dann allerdings bekannt, dass im Zug der Redimensionierung der AHV-Kommission drei grosse Frauenorganisationen (Bund Schweizerischer Frauenorganisationen, Schweizerischer Katholischer Frauenbund, Evangelischer Frauenbund) über die Klinge springen mussten. Viele Frauen zeigten sich empört darüber, dass die Frauenorganisationen gerade während der parlamentarischen Beratungen der 10. AHV-Revision, die vielfach als "Frauen-Revision" betrachtet wird, aus diesem wichtigen Konsultativorgan ausgeschlossen wurden [24].
Der Bundesrat wählte die Tessinerin Carla del Ponte zur Bundesanwältin. Damit ist erstmals eine Frau oberste Fahnderin und Anklägerin der Schweiz [25].
Während auf Bundesebene gemäss dem Willen von Bundesrat und Parlament Männer und Frauen sprachlich nach Möglichkeiten gleich behandelt werden sollen, ging die Zürcher Gemeinde Wädenswil noch einen Schritt weiter: In der neuen Gemeindeordnung sollten in Zukunft lauter weibliche Formen verwendet werden, Männer damit mitgemeint sein. Die Vorlage, die sich als kreative Lösung und Signal verstand, wurde in der Volksabstimmung jedoch mit rund 70% Nein-Stimmen deutlich verworfen [26]. Der Antrag, dass im neuen Geschäftsreglement des Grossen Bürgerrates der Stadt Luzern künftig konsequent die weibliche Form angewandt werden soll, fiel bereits bei der zweiten Lesung wieder aus den Traktanden [27].
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Die Wahl von Ruth Dreifuss in den Bundesrat bedeutete einerseits einen klaren punktuellen Sieg der Frauen, da erstmals aufgrund von "Frauen-Power" ein rechtskräftig in ein hohes Amt gewählter Mann derart unter Druck gesetzt wurde, dass er zugunsten einer Frau auf dieses Amt verzichtete. Andererseits löste die Wahl und deren Begleitumstände eine Bewegung aus, die unter dem Begriff "Brunner-Effekt" die Wahlen in kantonale und kommunale Legislativen und Exekutiven nachhaltig beeinflusste und zu einer nahezu erdrutschartißen Zunahme der Frauen in öffentlichen Ämtern führte. Dazu sowie zur lancierten neuen Quoteninitiative für Bundesbehörden ("Initiative 3. März") bzw. zur Petition "Nationalrat 2000" und zu entsprechenden parlamentarischen Vorstössen siehe oben, Teil I, 1c, Einleitung und Regierung sowie 1e.
Mit Gret Haller (sp, BE) wurde zum drittenmal eine Frau zur Nationalratspräsidentin und damit höchsten Schweizerin gewählt. Haller, die als engagierte Feministin gilt, wertete ihre Wahl als Anerkennung der Frauenbewegung [28].
Bei der Abstimmung über eine Totalrevision der Staatsverfassung im Kanton Luzern konnte sich erstmals das Stimmvolk an der Urne zur Einführung einer Quotenregelung äussern. Alle Luzerner Frauenorganisationen, ein überparteiliches Komitee sowie die Linksparteien hatten eine paritätische Zusammensetzung des Verfassungsrates verlangt. Im Namen der Wahlfreiheit sprach sich die FDP klar, die CVP knapp dagegen aus. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger lehnten die Quotenregelung mit 68% Neinstimmen deutlich ab [29].
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Ende Februar leitete der Bundesrat dem Parlament seine Botschaft zum Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann ("Gleichstellungsgesetz") zu. Das neue Gesetz, welches den seit 1981 in der Bundesverfassung stehenden Gleichheitsartikel konkretisiert, soll künftig die Frauen vor allem im Wirtschaftsleben vor direkten und indirekten Diskriminierungen schützen – und zwar in den Bereichen Lohn, Stellenausschreibung, Anstellung, Aufgabenzuteilung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung, Entlassung und sexuelle Belästigung. Sowohl in der Privatwirtschaft als auch beim Bund, bei Kantonen und Gemeinden sollen Frauen ihre Rechte dank dem neuen Gesetz besser wahrnehmen und durchsetzen können. Hauptangelpunkt des Gesetzes ist das Prinzip der Beweislastumkehr: Können Frauen glaubhaft darlegen, dass sie aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert werden, soll sich künftig eine kantonale Schlichtungsstelle der Sache annehmen. Ein Entscheid dieser Stelle kann an ein Gericht weitergezogen werden. Hier muss der Arbeitgeber beweisen, dass sich die Massnahme auf Gründe stützt, die mit dem Geschlecht nichts zu tun haben. Schützt das Gericht die Klage einer Frau wegen geschlechtsbedingter Nichtanstellung oder Kündigung, steht ihr eine Entschädigung zu, nicht aber eine Neu- oder Wiedereinstellung. Das Gesetz räumt auch Frauen und Berufsorganisationen ein Klage- und Beschwerderecht ein, allerdings nur, wenn sich ihre Beschwerde auf eine grössere Anzahl von Frauen des gleichen Betriebs bezieht. Entgegen früheren Vorschlägen wurde hingegen auf ein eigenes Untersuchungsrecht des Eidg. Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann verzichtet; das Büro soll aber im Gesetz verankert und in den Rang eines Bundesamtes oder -dienstes erhoben werden [30].
Die vorberatende Kommission des Nationalrates sprach sich mit grosser Mehrheit für Eintreten aus. In der Detailberatung versuchte dann aber ein rechtsbürgerliches Quartett – Arbeitgeberdirektor Allenspach (fdp, ZH), Rechtsprofessorin Sandoz (lp, VD), Wirtschaftsanwalt Ducret (cvp, GE) und Maximilian Reimann (svp, AG) — das Gesetz in fast allen Artikeln abzuschwächen [31].
Eine Zusammenstellung von statistischen Daten durch das Bundesamt für Statistik zeigte, dass die Gleichstellung von Mann und Frau, wie sie in der Verfassung steht, faktisch noch bei weitem nicht verwirklicht ist. Vor allem bei der Ausbildung und den beruflichen Chancen sind die Frauen deutlich schlechter gestellt als die Männer. Fast doppelt so viele Mädchen (17%) wie Knaben (9%) verzichten auf eine nachobligatorische Bildung. Eine Lehre absolvieren 51 % der Mädchen, bei den Knaben sind es mit 63% deutlich mehr. Der Anteil jener, die eine höhere Ausbildung in Angriff nehmen, ist bei den Männern erheblich grösser als bei den Frauen. Enorme Unterschiede sind auch bei den Löhnen festzustellen. Die Studie stellte im weiteren fest, dass das Lohngefälle mit steigender Qualifikation zunimmt [32].
Obgleich mit grossen Schwierigkeiten verbunden, haben in den letzten Jahren. die Lohngleichheitsklagen von Frauen zugenommen. Im Berichtsjahr endete der vor 12 Jahren begonnene Hürdenlauf von 19 Basler Kindergärtnerinnen, Hauswirtschafts- und Textillehrerinnen durch alle Instanzen mit einem vorläufigen Erfolg. In einer ersten Runde hatten sowohl der Regierungsrat wie das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Stadt die Klage der Frauen abgelehnt. Erst eine staatsrechtliche Beschwerde ans Bundesgericht brachte die Wende. Dieses wies das kantonale Verwaltungsgericht an, den Gleichheitsartikel der Bundesverfassung durchzusetzen und eine von den Klägerinnen verlangte Expertise zu ihrer Lohneinstufung ausarbeiten zu lassen. Dieses Gutachten kam zum Schluss, dass die drei Frauenberufskategorien im Vergleich zu den übrigen Lehrberufen tatsächlich lohnmässig diskriminiert werden. Daraufhin verlangte das Verwaltungsgericht, dass die Angehörigen der drei Berufsgruppen künftig eine resp. zwei Lohnklassen höher eingestuft werden müssen. Da dies für den Kanton Lohnnachzahlungen in der Höhe von rund 20 Mio Fr bedeutet, zeigte sich der Regierungsrat wenig kompromissbereit und zog den Fall erneut vor Bundesgericht [33].
Für die Aufhebung des Nachtarbeitsverbotes für Frauen in der Industrie siehe oben, Teil I, 7a (Arbeitszeit).
Eine vom Eidg. Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann herausgegebene Studie ergab aufgrund von in Genf erhobenen repräsentativen Befragungsdaten, dass rund 60% der Frauen an ihrem Arbeitsplatz sexuell belästigt werden. Die Formen der Belästigung gingen dabei von anzüglichen Bemerkungen bis zur Vergewaltigung [34]. Mit einer Wegleitung zur neuen Verordnung über die Arbeitssicherheit will auch das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (Biga) auf das Problem der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz eingehen [35].
Einstimmig genehmigte der Ständerat eine Empfehlung Frick (cvp, SZ), die vom Bundesrat verlangte, den diskriminierenden Sonderstatus für Cabaret-Tänzerinnen aus der Dritten Welt und Osteuropa abzuschaffen und durch ein anderes Aufenthaltsrecht zu ersetzen, welches ihnen auch den Zugang zu weiteren Arbeitsmöglichkeiten ausserhalb des Animationsgewerbes ermöglicht. Bundesrat Koller wies auf bereits getroffene Massnahmen hin (Kontrolle der Arbeitsverträge und der Lokale), meldete allerdings grösste Bedenken gegen die Möglichkeit eines Stellenwechsels an, da dies dem Dreikreisemodell widerspreche, wonach Menschen aus der Dritten Welt und Osteuropa in der Schweiz nur in Ausnahmefällen eine reguläre Arbeitsbewilligungen erhalten [36].
Im Rahmen von Swisslex wurde im Bundesgesetz über die Familienzulagen in der Landwirtschaft die Gleichstellung von Männern und Frauen verwirklicht. Neu haben auch die Angehörigen der Betriebsleiterin, die im Betrieb mitarbeiten, Anspruch auf diese Zulage [37].
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Familienpolitik
Die Schweiz will sich aktiv am Internationalen Jahr der Familie (IYF) 1994 beteiligen. Der Bundesrat betraute die Pro Familia, den Dachverband der Familienorganisationen in der Schweiz, mit der Umsetzung des IYF. Für die Koordination der Aktivitäten wurde eine 43 Mitglieder zählende Kommission eingesetzt [38]. Bundesrätin Dreifuss nahm sich vor, im Jahr der Familie vier familienpolitische Projekte zur Entscheidungsreife zu bringen, nämlich die Mutterschaftsversicherung, die Neuregelung der Kinderzulagen, die Ratifizierung der Uno-Kinderkonvention und die Schaffung einer neuen Beratungskommission [39].
Im Rahmen einer Univox-Erhebung sprach sich knapp die Hälfte der Befragten dafür aus, dass die Kinderkosten stärker durch die Allgemeinheit getragen werden sollten. Annährend 80% waren der Ansicht, die Kinderzulagen sollten auf eidgenössischer Ebene vereinheitlicht werden. Über die Höhe gingen die Meinungen zwar auseinander, doch war eine deutliche Mehrheit (64%) für Beträge, die zum Teil massiv über den heutigen Kinderzulagen liegen. Für einen Ausbau der familienexternen Kinderbetreuung sprachen sich 57% der Befragten aus. Die stärkste Befürwortung kam von jenen Untergruppen, die selber den grössten Nutzen aus einer entsprechenden Infrastruktur ziehen, nämlich den jüngeren Frauen und den Personen mit hohem Bildungsstand [40].
Der Nationalrat überwies diskussionslos ein Postulat Stamm (cvp, LU), welches den Bundesrat ersucht, über den gemeinwirtschaftlichen Anteil der familiären Betreuungsarbeit sowie über deren mögliche Abgeltung durch die öffentliche Hand Bericht zu erstatten [41].
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Nach mehrheitlich positivem Echo in der Vernehmlassung beauftragte der Bundesrat das EDA mit der Ausarbeitung der Botschaft zur Ratifikation der Uno-Konvention über die Rechte des Kindes von 1989, welche bisher von 119 Staaten ratifiziert worden ist. Allerdings wurden in der Vernehmlassung zahlreiche Fragen aufgeworfen. Das EDA soll diese bei der Ausarbeitung der Botschaft klären. Wo sich Unvereinbarkeiten zeigen, will der Bundesrat dem Parlament allenfalls Vorbehalte oder Rechtsänderungen vorschlagen.
Ein zentrales Problem ist das in der Konvention verankerte Recht auf Familienzusammenführung, auf das ausländische Kurzaufenthalter, Saisonniers und vorläufig Aufgenommene nach Schweizer Recht keinen Anspruch haben. Die FDP und die CVP, die Konferenz der kantonalen Fürsorgedirektoren sowie die Kantone Zürich und Schwyz empfahlen einen entsprechenden Vorbehalt. Die CVP verlangte eine schrittweise Abschaffung des Saisonnierstatuts, damit der Vorbehalt zurückgezogen werden könnte. Die SP, der SGB, die Kantone Tessin, Waadt und Jura sowie fast alle interessierten Organisationen forderten dagegen die sofortige Anpassung der Schweizer Gesetzgebung.
Das Schweizer Recht genügt den Anforderungen der Kinderrechtskonvention nach Ansicht verschiedener Vernehmlasser auch in weiteren Punkten nicht. So ist beispielsweise im geltenden Scheidungsrecht die Anhörung der Kinder zur Zuteilung der elterlichen Gewalt nicht vorgesehen. Kritisiert wurde weiter ein ungenügendes Engagement der öffentlichen Hand bei der Schaffung von Kinderkrippen und Tagesschulen sowie das Fehlen einer Mutterschaftsversicherung [42].
Mit einer parlamentarischen Initiative setzte sich der St. Galler CVP-Nationalrat David unter Berufung auf das Kindeswohl für das gemeinsame Sorgerecht geschiedener Eltern für ihre Kinder ein. Darauf hin weisend, dass das gemeinsame Sorgerecht einer der umstrittensten Punkte in der anstehenden Revision des Scheidungsrechts ist und deshalb noch einer vertieften Behandlung bedarf, beschloss die grosse Kammer, der Initiative keine Folge zu geben [43].
Der Nationalrat gab einer parlamentarischen Initiative Zisyadis (pda, VD) zur erleichterten Einbürgerung staatenloser Kinder, die in der Schweiz geboren sind, aber die Altersgrenze für ein Einbürgerungsgesuch noch nicht erreicht haben, mit klarem Mehr Folge [44].
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Jugendliche
Am 4. Dezember fand im Bundeshaus die zweite Jugendsession nach jener von 1991 statt. Sie wurde von der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Jugendverbände (SAJV) organisiert und behandelte prioritär die Themen Gewalt, Beruf, Bildung, Jugendpolitik und Freiräume. Mit einer Petition wurde die Schaffung eines ständigen eidgenössichen Jugendparlaments im Bundeshaus verlangt, welches jeweils eine Woche vor dem National- und Ständerat tagen und über ein eigenes Budget zur Verwirklichung von Jugendprojekten verfügen soll. Dieses Anliegen wurde in zwei gleichlautenden Motionen von Abgeordneten der beiden Kammern aufgenommen [45].
Das Parlament befasste sich mit der anlässlich der Jugendsession 1991 verabschiedeten Petition zu Fragen der Umwelt. Der Ständerat überwies sie dem Bundesrat zur Kenntnisnahme, der Nationalrat schrieb sie als erfüllt ab [46].
Der Nationalrat nahm zudem von der im gleichen Rahmen angenommenen Petition der Jugendlichen zum Thema "Die Schweiz in der Welt" Kenntnis und überwies sie an den Bundesrat mit dem Wunsch, die Forderungen der Petenten bei der Ausarbeitung des Berichtes über die Konzeption der schweizerischen Aussenpolitik in den neunziger Jahren gebührend zu berücksichtigen [47]. Da die meisten Punkte einer weiteren an der Jugendsession verabschiedeten Petition zum Zivildienst in einem laufenden Gesetzgebungsverfahren behandelt werden sollen, nahm der Nationalrat von dieser Petition zwar Kenntnis, beschloss aber, ihr keine Folge zu geben [48].
Eine Motion Keller (cvp, AG) mit dem Auftrag an den Bundesrat, den Jugendlichen trotz EWR-Nein den kulturellen, bildungsmässigen und beruflichen Weg nach Europa möglichst offen zu halten, wurde vom Nationalrat auf Antrag des Bundesrates, der im Alleingang keine konkreten Versprechungen machen konnte, als Postulat überwiesen [49].
Zur Herabsetzung des zivilrechtlichen Mündigkeitsalter auf 18 Jahre siehe oben, Teil I, 1b (Privatrecht). Für die EWR-Initiative der Jugendlichen siehe oben, Teil I, 2 (Organisations européennes).
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Seniorinnen und Senioren
Am 3. Dezember fand im Parlamentsgebäude in Bern die erste Alterssession statt, an der rund 500 Delegierte von Senioren- und Selbsthilfeorganisationen aus der ganzen Schweiz unter dem Vorsitz von alt Bundesrat Hans Peter Tschudi teilnahmen. Die Sessionsteilnehmerinnen und -teilnehmer verabschiedeten mehrere Thesen und eine Senioren-Charta, welche in erster Linie Mitbestimmung und Verantwortung für die Senioren sowie mehr Solidarität zwischen den Generationen verlangte [50].
Am 1. Oktober, am Tag des Europatages der älteren Menschen, versammelten sich auf dem Rütli zahlreiche Mitglieder des Schweizerischen Senioren- und Rentnerverbandes und hiessen eine Resolution zuhanden der eidgenössischen Räte und des Bundesrates gut, die sich gegen den Abbau von Sozialleistungen für Senioren richtet [51].
Die zunehmende Überalterung der Bevölkerung hat zur Folge, dass sich auch die Probleme bei der Betreuung Betagter verschärfen, doch fehlen immer noch wichtige Daten, die es — im Zeichen einer gewaltigen Kostenexplosion — erlauben, kostengünstige Modelle zu entwickeln, damit ältere Menschen bei möglichst hoher Lebensqualität zu Hause bleiben können. Unter der Federführung des Berner Zieglerspitals wurde deshalb im Rahmen des NFP 32 ("Alter") ein grossangelegtes Nationalfondsprojekt gestartet, mit dem Ziel, im ganzen Land anwendbare Modelle für eine vorbeugende Betreuung der Hochbetagten zu erarbeiten [52].
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Weiterführende Literatur
R. Blum, "Gesellschaftspolitik", in G. Schmid (Hg.), Handbuch politisches System der Schweiz. Band 4, Politikbereiche, Bern (Haupt) 1993, S. 373 ff.
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[1] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1047 ff. Siehe dazu auch SPJ 1992, S. 240. Bestrebungen zur Verhinderung von Fluchtursachen verlangte auch eine als Postulat überwiesene Motion Eymann (Ip, BS): Amtl. Bull. NR, 1993, S, 1952 f. Noch bevor der NR der Motion zugestimmt hatte, wurde bereits bekannt, dass der BR den auf Ende Juni als Direktor des Bundesamtes für Flüchtlinge zurücktretenden Peter Arbenz mit der Ausarbeitung des Gesetzes beauftragen will (BZ, 1.3. und 23.6.93; Presse vom 1.7.93).
[2] Presse vom 9.11.93.
[3] Presse vom 13.5.93.
[4] Die Volkswirtschaft, 67/1994, S. 9*; Presse vom 21.1.94. Für die Probleme vor allem der französischen und italienischen Grenzgänger mit der Arbeitslosenversicherung siehe Presse vom 20.7.93 und SPJ 1992, S. 238. Zur Verbesserung der Lage der Grenzgänger leitete der BR dem Parlament ein Zusatzabkommen zum Abkommen von 1992 zwischen der Schweiz und der BRD über die Arbeitslosenversicherung zu (BBl, 1993, IV, S. 203 ff.; Presse vom 7.10.93).
[5] BBl, 1993, I, S. 827 f. Siehe dazu auch Presse vom 8.1. (Ausführungen von Biga-Direktor Nordmann) und 21.1.93. Da dies seiner eigenen Stossrichtung entspricht, war der BR durchaus bereit, eine Motion der CVP-Fraktion für eine neue Orientierung der Ausländerpolitik und die schrittweise Aufhebung des Saisonnierstatuts entgegenzunehmen. Die Motion wurde von beiden Kammern diskussionslos verabschiedet (Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1387; Amtl. Bull. StR, 1993, S. 932 f.). Zur Vereinbarkeit des Dreikreisemodells mit dem UNO-Übereinkommen gegen die Rassendiskriminierung siehe NZZ, 23.10.93
[6] Presse vom 22.4.93. Siehe dazu die Ausführungen des BR in Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2028 ff., 2161 ff. und 2552. Für alle anderen Berufskategorien bleibt der Grundsatz des Vorrangs der inländischen Bevölkerung gemäss Art. 7 BVO jedoch vollumfänglich in Kraft (Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1418 f. und 1622 f.). Die Zulassungsbestimmungen für Grenzgänger wurden dahingehend erleichtert, dass sie nach fünf Jahren regelmässiger Arbeit in der Schweiz eine weitgehende berufliche Freizügigkeit erhalten.
[7] Presse vom 2.6. (Vorschlag des BR), 24.8. (Ergebnisse der Vernehmlassung) und 21.10.93. Für den Druck der EG auf Einführung des freien Personenverkehrs siehe oben, Teil I, 2 (Europe).
[8] Gesch.ber. 1993, S. 154; Presse vom 22.11.93.
[9] NQ und TA, 5.1.93. Siehe SPJ 1992, S. 244.
[10] Presse vom 11.2.94. Zum Personalabbau im BFF siehe auch die Stellungnahme des BR in Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1988 ff.
[11] BBl, 1994, II, S. 1354 f.; NQ, 12.10.93. Siehe SPJ 1992, S. 246 f.
[12] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1049 f. Zu ähnlichen Forderungen des Schweizerischen Roten Kreuzes siehe Presse vom 10.11.93.
[13] Presse vom 22.4. und 21.10.93 sowie 11.2.94.
[14] LNN, 24.4.93; BZ, 3.7.93.
[15] Zur Einschätzung der Menschenrechtslage im Kosovo und zu den Rückschaffungen vgl. die Haltung des BR in Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1771, 1774, 1776 ff. und 2342; NQ, 5.10.93; BZ, 15.10. und 30.1.93; Ww, 21.10.93; LNN, 29.10.93. Zu früheren ähnlichen Handlungen der Landeskirchen siehe SPJ 1991, S. 244 f.
[16] LNN, 31.7.93; WoZ, 13.8., 1.10. und 15.10.93.
[17] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1002 ff. und 1033 ff. Siehe dazu SPJ 1992, 246.
[18] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1045 f.
[19] BZ, 28.5. und 21.12.93. Derartige, Abkommen bestehen bereits mit Frankreich und Österreich, nicht aber mit Italien. Zur Verschärfung der Asylgesetzgebung in der BRD und deren Auswirkungen auf die Schweiz siehe die Stellungnahme des BR in Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1990 f.
[20] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1059 ff.
[21] Bund und JdG , 24.11.93.
[22] Gesch.ber. 1993, S. 58.
[23] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2262 f.; LZ, 28.10.93; SGT, 30.10.93; Presse vom 3.11. und 21.12.93; Bund, 3.12.93.
[24] Bund, 12.10.93.
[25] Presse vom 23.12.93. Vgl. dazu oben, Teil I, 1c (Verwaltung).
[26] TA, 10.6., 22.9. und 27.9.93.
[27] F-Frauenfragen, 1993, Nr. 2, S. 57.
[28] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2063 ff.; Presse vom 30.11.93. 1977/78 hatte Elisabeth Blunschy (cvp, SZ) dieses Amt bekleidet, 1981/82 Hedi Lang (sp, ZH).
[29] Presse vom 29.11.93.
[30] BBl, 1993, I, S. 1248 ff.; Presse vom 25.2.93.
[31] NZZ, 17.4. und 24.6.93; SoZ, 21.11.93; Presse vom 24.12.93.
[32] Lit. Bundesamt für Statistik.
[33] BaZ, 22.10., 27.10. und 25.11. Im Kanton St. Gallen gab das Bezirksgericht der Einzelklage einer Lehrerin für Krankenpflege Recht, die verlangte, gleich wie Berufsschullehrer entlöhnt zu werden (SGT, 18.11. und 18.11.93).
[34] V. Ducret, Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Worüber Frauen schweigen, Bern (EDMZ) 1993; Presse vom 6.4.93.
[35] Bund, 19.8.93.
[36] Amtl. Bull. StR, 1993, S. 989 ff.; F-Frauenfragen, 16/1993, Nr. 3, S. 92. Siehe dazu auch die Stellungnahme des BR in Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1778.
[37] BBl, 1993, I, S. 851; Amtl. Bull. StR, 1993, S. 189 und 582; Amtl. Bull. NR, 1993, S. 769 und 1454; BBl, 1993, II, S. 926. Diese Gesetzesänderung gehörte bereits zu dem im Vorjahr verabschiedeten Eurolex-Paket.
[38] Bund, 21.5.93.
[39] Bund, 10.12.93.
[40] Schweiz. Gesellschaft für praktische Sozialforschung, Univox: Sozialversicherung, Adliswil 1993. NR Zisyadis (pda, VD) reichte eine parl. Initiative ein mit der Forderung, die Betreuung vorschulpflichtiger Kinder als öffentliche Aufgabe der Kantone in der Verfassung zu verankern (Verhandl. B. vers., 1993, V, S. 32). Die Pro Familia forderte die Schaffung eines Bundesgesetzes für Familienzulagen (Presse vom 17.9.93). Für die Auswirkungen einer Ratifizierung der UNO-Konvention über die Rechte des Kindes auf die Familienzulagen, siehe STG, 17.3.93. Vgl. auch SPJ 1992, S. 253 f.
[41] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 585 f.
[42] Presse vom 6.5.93.
[43] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1052 ff.
[44] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1944 ff.
[45] Verhandl. B.vers., 1994, I, S. 100 und 154; NZZ, 26.7.93; Presse vom 17.8., 26.11. und 6.12.93.
[46] Amtl. Bull. StR, 1993, S. 748 ff.; Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2499 ff.
[47] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 730.
[48] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2508 f.
[49] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1378 f.
[50] Presse vom 30.7. und 4.12.93
[51] Soziale Sicherheit, 1993, Nr. 6, S. 3.
[52] Bund, 21.10.93. Siehe auch SPJ 1991, S. 255.
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