Im Berichtsjahr wurde die im Zusammenhang mit der Revision des Bundesgesetzes über Banken und Sparkassen (BankG) publizierte Zusatzbotschaft zu den nachrichtenlosen Vermögen (Entwurf 3) in den Räten diskutiert. Die Entwürfe 1 und 2, die die Verstärkung des Einlegerschutzes und die Sicherung der Einlagen betrafen, waren bereits 2011 angenommen worden. Der Bundesrat unternahm mit der Zusatzbotschaft einen erneuten Anlauf, eine Gesamtlösung für das seit Jahren ungelöste Problem der nachrichtenlosen Vermögen zu präsentieren. Ein im Jahr 2000 lanciertes Bundesgesetz über nachrichtenlose Vermögen war 2004 ebenso gescheitert wie eine 2009 in die Vernehmlassung geschickte Vorlage, die einen privatrechtlichen Lösungsansatz vorgesehen hatte. Die neuste Vorlage wollte den Banken ermöglichen, übernommene nachrichtenlose Vermögen nach vorgängiger Publikation zu liquidieren, wodurch die Ansprüche der berechtigten Personen erlöschen sollten. Die Vermögen, welche gesamthaft auf rund CHF 400 Mio. geschätzt wurden, sollten an den Bund fallen, der in keinem Fall zur Rückerstattung der Vermögen verpflichtet sein sollte – auch nicht, wenn sich der rechtmässige Gläubiger nach Publikation und Liquidation der Vermögenswerte melden würde. Im Nationalrat (Erstrat) wurde der bundesrätliche Vorschlag in zentralen Punkten angepasst. Grundsätzlich wollte die Regierung nach 50 Jahren allen Banken die Möglichkeit der Liquidation zusprechen, für Beträge unter CHF 100 auch ohne vorgängige Publikation. Der von der SP, den Grünen und Teilen der SVP und CVP unterstützte Mehrheitsantrag sah im Gegensatz zum Bundesrat jedoch vor, dass die berechtigten Personen ihre Ansprüche während 50 Jahren nach Liquidation weiterhin beim Bund geltend machen konnten (zweistufiges Verfahren). Befürworter dieses Forderungsrechts gegenüber dem Bund argumentierten, dass es moralisch fragwürdig sei, wenn eine berechtigte Person nach Liquidation ihrer Vermögenswerte dieses nicht mehr geltend machen könnte, obwohl sie beweisen könnte, dass die Forderung (gegenüber der Bank) bestanden hatte. Der Bundesrat verteidigte seinen Entwurf mit dem Argument, dass die Dokumentation einen «riesigen» Verwaltungsaufwand generieren würde und der Bund mögliche Prozessrisiken zu tragen hätte. Der Ständerat befasste sich in der Herbstsession mit dem Geschäft. Er beschloss, in Differenz zum Nationalrat, in Sachen Forderungsrecht der Gläubiger dem Bundesrat zu folgen. Betreffend der Regelung, wonach alle Banken nach 50 Jahren das Recht zur Liquidation von nachrichtenlosen Vermögen zugestanden werden sollte, stimmte der Ständerat dem nationalrätlichen Vorschlag zu, hob allerdings die Grenze der ohne vorgängige Publikation liquidierbaren Vermögen auf CHF 500 an, was in der zweiten Beratung vom Nationalrat akzeptiert wurde. Wiederum keine Mehrheit fand jedoch das einstufige, vom Bundesrat favorisierte Verfahren, das den Gläubigern nach Liquidation der Vermögenswerte kein Forderungsrecht gegenüber dem Bund einräumen wollte. Diese Differenz blieb bis zum Jahresende bestehen, weil auch der Ständerat in seiner zweiten Beratung Festhalten beschloss. Das Geschäft muss 2013 weiter beraten werden.
Dossier: Too-big-to-fail (TBTF) nach der Finanzkrise 2008