Im Juni 2024 publizierte die FDP ein Papier mit dem Titel «Volksschule am Anschlag: Zurück zum Bildungsauftrag». Das von der Delegiertenversammlung verabschiedete Papier enthielt insgesamt 17 Forderungen, dabei stachen folgende Punkte hervor: Erstens sei die Integration, wie sie heute in der Schule umgesetzt werde, nicht zielführend. Sie benachteilige vielmehr die lernschwachen Kinder und behindere den Unterricht der ganzen Klasse. Die Schwächen der Kinder sollten in Zukunft wieder individueller, das heisst in gesonderten Klassen, angegangen werden. Zweitens sollten im Unterricht wieder die Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben und Mathematik im Vordergrund stehen. Mit dieser Fokussierung könne unter anderem der Überforderung von Kindern entgegengewirkt werden. In Bezug auf die Sprachkompetenzen forderte die Partei, dass fremdsprachige Kinder vor dem Eintritt in die Volksschule die lokale Sprache beherrschen sollten. In der Primarschule wiederum solle das Erlernen der Erstsprache im Zentrum stehen. Eine erste Fremdsprache solle erst unterrichtet werden, wenn die Erstsprache gut beherrscht wird. Eine weitere Forderung der FDP bestand in der Aufrechterhaltung des Notensystems. Nur durch ein «transparentes und einfach anwendbares Bewertungs- und Beurteilungssystem» könnten die Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler richtig abgebildet, Vergleiche ermöglicht und die Fortschritte gemessen werden. Weiter forderte die FDP, dass die Schulen und Politik gegen den Fachkräftemangel bei den Lehrkräften vorgehen, indem die Lehrpersonen verschiedene Anreize erhalten, um hochprozentig zu arbeiten. Zudem wurde eine neutrale Vermittlung des Unterrichtsstoffes verlangt; Lehrmittel, welche einseitig oder tendenziös seien, sollen vermieden werden.
Für dieses Papier gab es viel Widerspruch, aber auch Lob zu verzeichnen. Medial hohe Wellen schlug dabei vor allem die Forderung nach einer Einschränkung des integrativen Unterrichts: Kritik kam beispielsweise von Nationalrat Islam Alijaj (sp, ZH), der monierte, dass die Forderung nach Abschaffung des integrierten Unterrichts der Chancengerechtigkeit widerspreche; Inklusion könne nicht gelingen, wenn Kinder schon in jungen Jahren separiert würden. Auch Romain Lanners, Direktor des Zentrums für Heil- und Sonderpädagogik, äusserte sich irritiert, da die Forschung diese Aussagen widerlege und die Vorteile der integrativen Schule deren Nachteile überwögen, sowohl für Kinder mit Förderbedarf als auch für die anderen Kinder. Auch Dagmar Rösler vom LCH sprach bezüglich der Abschaffung der Integration von «rückständigen Forderungen» (Tages-Anzeiger). In der NZZ wurde hingegen der Mut der FDP hervorgehoben, diese Debatte überhaupt zu lancieren. Die NZZ am Sonntag wiederum stellte den wissenschaftlichen Konsens zur Integration in Frage; selbst die Hochschule für Heilpädagogik habe festgehalten, dass sich die Lernfortschritte von integriert unterrichteten Kindern nicht deutlich von den Leistungen von separiert geschulten Kindern unterscheiden. Weiter wurde in der NZZ am Sonntag kritisiert, dass schulische Konzepte, wie die Integration in die Regelklassen, einmal eingeführt, kaum mehr in Frage gestellt würden. Schliesslich mutmasste dieselbe Zeitung, dass entsprechende politische Vorstösse, die in den Kantonen von der FDP eingereicht werden könnten, bei der SVP auf fruchtbaren Boden stossen dürften. Aber auch die «Grünliberalen und die Mitte [verträten] über weite Strecken ähnliche Positionen», glaubte die NZZ am Sonntag zu wissen.