Der Ständerat befand wenige Tage später zwar, die dringlichen Massnahmen seien kein Wundermittel gegen den Asylmissbrauch, lehnte aber dennoch mit 32 zu 7 Stimmen einen Nichteintretensantrag Brunner (sp, GE) ab. Kritische Stimmen bezüglich der Einführung von Notrecht kamen dabei ausnahmsweise nicht nur von linker, sondern vereinzelt auch von freisinniger Seite. Damit beuge man sich dem Druck gewisser Demagogen und einschlägiger Presseerzeugnisse, monierte etwa der Tessiner Dick Marty. Die neuen Bestimmungen taugten gegen die anvisierten Missbräuche nicht, und sie gäben ein falsches Signal, indem sie die Ausländer zu Schuldigen machten. Unnötig, populistisch und gefährlich seien die Massnahmen, hieb der Neuenburger Thierry Béguin in die gleiche Kerbe. Es sei die schlechteste Antwort auf die wirklichen Probleme. Diese ortete Béguin vor allem in den zu langen Verfahren, die dazu führten, dass die Menschen bei Vorliegen eines negativen Asylentscheides bereits integriert seien. In der Detailberatung folgte die kleine Kammer in den wesentlichen Punkten Bundes- und Nationalrat. Bei den «Papierlosen» weichte er die Massnahme gegen vermuteten Missbrauch insofern auf, als diese eine Frist von 48 Stunden erhalten sollen, um allenfalls versteckte Papiere wieder zu beschaffen; erst dann werden sie (mit den oben erwähnten flüchtlingsrechtlichen Garantien) vom regulären Verfahren ausgeschlossen. Auch diese Bestimmung wurde sinngemäss ins revidierte Asylgesetz (AsylG) aufgenommen.
Totalrevision des AsylgesetzesDossier: Totalrevision Asygesetz 94-98