Zuletzt aktualisiert: 16.09.2016, 15:32 Uhr

Dossier: Volksinitiative "Für Geldspiele im Dienste des Allgemeinswohls" Als PDF speichern

Initiative zu Gunsten Gegenentwurfs zurückgezogen

Dossier: Das Geldspielgesetz und seine Vorgeschichte

Die Loterie romande lancierte im April eine Volksinitiative mit dem Titel „Für Geldspiele im Dienste des Gemeinwohls“. Diese verlangt, dass nicht mehr zwischen vom Bund geregelten Glücksspielen und in die Zuständigkeit der Kantone fallenden Geschicklichkeitsspielen unterschieden wird. Neu soll der Bund für die Spielcasinos zuständig sein und die Kantone für alle Lotterien, Wetten und andere Glücksspiele. Praktisches Ziel der Initiative ist es unter anderem, den Entscheid der Spielbankenkommission vom Vorjahr auszuhebeln, der die Aufstellung von so genannten Tactilo-Geräten in Restaurants untersagt hatte. Mit dem neuen Verfassungsartikel soll aber auch festgehalten werden, dass die Gewinne von Lotterien, Wetten und Glücksspielen gemeinnützigen Zwecken zukommen müssen. Von dieser Bestimmung erhoffen sich die Initianten eine Barriere gegen eine Liberalisierung und gegen die Konkurrenz durch ausländische Anbieter. Das Volksbegehren wurde auch von vielen Prominenten und Organisationen aus Kultur und Sport unterstützt. Beide Bereiche profitieren von den Gewinnausschüttungen der kantonalen Lotterie-Gesellschaften Loterie romande und Swisslos und haben kein Interesse an deren Konkurrenzierung und Einschränkung. Obwohl die erforderlichen Unterschriften innert vier Monaten beisammen waren, wurde die Volksinitiative im Berichtsjahr noch nicht eingereicht und die Sammlung fortgesetzt.

Die von der Loterie romande im Vorjahr lancierte Volksinitiative mit dem Titel „Für Geldspiele im Dienste des Gemeinwohls“ wurde im September mit rund 170'000 gültigen Unterschriften eingereicht.

Im Oktober verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zur Volksinitiative „Für Geldspiele im Dienste des Gemeinwohls“. Darin empfiehlt er dem Parlament die Ablehnung der Initiative zugunsten eines direkten Gegenvorschlags. Unter Anerkennung des bestehenden Kompetenzkonflikts zwischen Bund und Kantonen im Bereich des Glücksspiels und dem dadurch hervorgerufenen Handlungsbedarf, bemängelt der Bundesrat, dass es der Initiative nicht gelinge, das dem Kompetenzkonflikt zugrundeliegende Abgrenzungsproblem zwischen den Spielbanken, der Lotterie und dem Wettgeschäft zu lösen. Er moniert zudem, dass die von den Initianten vorgeschlagene Trennung der Gesetzgebungskompetenzen, die für die Spielbanken künftig ganz beim Bund, für die Lotterie und Wetten – vorbehältlich einer Grundsatzgesetzgebungskompetenz des Bundes – ganz bei den Kantonen liegen sollten, einer umfassenden, von der Landesregierung gewünschten Geldspielpolitik entgegenstehen würde. Der Gegenentwurf nimmt den von den Initianten verwendeten Begriff Geldspiel auf und weist diesem sowohl die Glücksspiele (Wetten, Lotterien, Spielbanken) als auch die Geschicklichkeitsspiele zu. Den ganzen, dermassen definierten Geldspielbereich unterstellt er einer umfassenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Der bestehende Artikel 106 der Bundesverfassung soll um einen Absatz ergänzt werden, der die Vollzugskompetenzen der Kantone (Bewilligung, Beaufsichtigung) im Bereich der Lotterien, Wetten und Geschicklichkeitsspiele ausdrücklich festhält und dabei gewährleistet, dass die Erträge (ausgenommen jene aus den Geschicklichkeitsspielen) vollumfänglich gemeinnützigen Zwecken zufliessen. Schliesslich sollen Bund und Kantone mit geeigneten Massnahmen die Gefahren des Geldspiels bekämpfen.

Im Jahr 2009 hatte die Loterie Romande mit über 170'000 Unterschriften die Volksinitiative «für Geldspiele im Dienste des Allgemeinwohls» eingereicht. Deren Ziel bestand darin, das Lotteriemonopol der Kantone in der Verfassung zu verankern. Dadurch wollten die Initianten erreichen, dass die Gewinne aus den Lotteriegeldern weiterhin für kulturelle und soziale Projekte sowie für die Sportförderung eingesetzt werden konnten. Die beiden Lotteriegesellschaften Swisslos (Deutschschweiz und Tessin) und die Loterie Romande lieferten jährlich rund 550 Millionen Franken an die kantonalen Lotterie-und Sportfonds ab. Der Bundesrat, der 2007 noch eine vorsichtige Liberalisierung des Lotteriewesens ins Auge gefasst hatte, nahm das Aufliegen der Volksinitiative vollumfänglich auf, indem er auf Verfassungsebene einen direkten Gegenvorschlag ausarbeitete. Dieser schrieb das Lotteriemonopol der Kantone in der Verfassung fest und sah die ausschliessliche Verwendung der Gewinne für gemeinnützige Zwecke vor. Somit wurde der Status quo auf Verfassungsebene zementiert. In der Frühjahrssession stellte sich der Ständerat einstimmig hinter diesen Gegenentwurf. Auch im Nationalrat war das das Geschäft parteipolitisch breit abgestützt. Ende September wurde der Gegenentwurf mit 137 zu 3 Stimmen angenommen. Aufgrund der Tatsache, dass das Parlament die Anliegen der Volksinitiative aufnahm, zeichnete sich der Rückzug der Volksinitiative ab. Dieser erfolgte dann im Oktober. Somit musste die Stimmbevölkerung nur noch über den direkten Gegenvorschlag befinden (obligatorisches Referendum). Der Bundesrat setzte die entsprechende Abstimmungsvorlage auf den 11. März 2012 an.

Gegenentwurf zur zurückgezogenen Initiative klar vom Volk bestätigt

Dossier: Das Geldspielgesetz und seine Vorgeschichte

Am 11. März gelangte der Gegenentwurf zur zurückgezogenen Volksinitiative «für Geldspiele im Dienste des Allgemeinwohls» zur Abstimmung. Dieser schrieb das Lotteriemonopol der Kantone in der Bundesverfassung fest und sah die ausschliessliche Verwendung der Gewinne für gemeinnützige Zwecke vor. Der Bundesbeschluss war innerhalb der politischen Elite weitgehend unbestritten. Mit Ausnahme der EVP, der Jungfreisinnigen und der abweichenden SVP-Sektionen Thurgau und Zug stellten sich alle Parteien hinter den Gegenentwurf. Während die Befürworter ein Abstimmungskomitee bildeten, welches von der Loterie Romande koordiniert wurde, manifestierte sich auf Seiten der Gegner keine organisierte Opposition. Die Abstimmungskampagne zeichnete sich durch eine äusserst geringe Intensität aus. Die Stimmberechtigten winkten den Verfassungsartikel mit einem hohen Ja-Anteil von 87.0% durch. Alle Stände nahmen die Vorlage an, wobei mit Ausnahme von Schwyz (78,3%) die Zustimmungsraten in allen Kantonen mehr als 80% betrug. Der höchste Ja-Anteil wurde mit 94,2% im Kanton Waadt registriert. Die Vox-Analyse ergab, dass die Vorlage den StimmbürgerInnen wenig vertraut war. Empirisch liess sich ein signifikant negativer Zusammenhang zwischen Informationsstand und Zustimmungswahrscheinlichkeit nachweisen. Jene Befragten, die den Inhalt der Vorlage nicht kannten, stimmten also häufiger Nein als die gut Informierten. Der geringe Kenntnisstand liess sich auch daran erkennen, dass mehr als ein Drittel der Stimmenden (37%) keinen konkreten Grund für die Annahme zum Gegenentwurf angeben konnte. Auch die Nein-Stimmenden bezogen sich kaum auf substantielle Aspekte. Das am häufigsten genannte Motiv (18%) für eine Annahme betraf die Förderung von sozialen Institutionen.


Abstimmung vom 11. März 2012

Beteiligung: 44,8%
Ja: 1 916 182 (87,1%) / 20 6/2 Stände
Nein: 284 108 (12,9%) / 0 Stände

Parolen:
– Ja:, SVP (2)*, SPS, FDP, CVP, GPS, GLP, BDP, CSP, SGB.
– Nein: EVP.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen