Noch im September 2013, also im Vorjahr der anstehenden Zuger Kantonsratswahlen 2014, hatten die Zugerinnen und Zuger eine neue Sitzverteilung nach dem System des Doppeltproporzverfahrens – dem so genannten doppelten Pukelsheim – angenommen. Gleichzeitig mit dem neuen Verfahren wurden Wahlquoren eingeführt: Das neue Wahlverfahren bringt zwar eine Verbesserung hinsichtlich der Repräsentation des Wählerwillens, kann aber auch zu einer Zersplitterung des Parteiensystems mit zahlreichen kleinen Parteien führen, die mit dem Verfahren grössere Erfolgschancen haben. Um dies zu verhindern wird mit dem doppelten Pukelsheim in der Regel eine Erfolgshürde eingebaut. Im Kanton Zug muss eine Partei 5 Prozent der Stimmen in einem Wahlkreis oder 3 Prozent im gesamten Kanton erhalten, um Anspruch auf einen Sitz zu haben. Gegen diese Hürden regte sich in Zug allerdings Widerstand. Die Piratenpartei Zentralschweiz legte Mitte Juni 2014 beim Regierungsrat Beschwerde gegen die Anwendung der Hürde ein. Diese war bei den Wahlen im Oktober noch beim Bundesgericht hängig. Die Meinungen zum neuen Verfahren waren geteilt. Das Zuteilsverfahren nach Pukelsheim garantiere, dass jede Stimme gleichviel zähle, egal ob die Stimme aus einer grossen oder kleinen Gemeinde stamme, was der Linken durchaus zugutekäme, erwartete Jolanda Spiess (al-gp), wohingegen von rechts-bürgerlicher Seite als ungerecht empfunden wurde, dass ein eigentlich in einer Gemeinde gewählter Kandidierender einer Partei zu Gunsten einer Kandidatin einer Minderheit verzichten müsse, obwohl diese Minderheit im entsprechenden Wahlkreis gar keinen Sitz erhalten hätte. So würden die grossen Gemeinden den kleinen vorschreiben, wer für sie in den Kantonsrat gehe, meinte etwa der Zuger Nationalrat und Wahlkampfleiter Gerhard Pfister (cvp). Die Parteien schielten insbesondere auf die Wahlen in Nidwalden, die ebenfalls neu mit dem Pukelsheim durchgeführt worden waren und der kleinen Linken einen Erfolg beschert hatte. Allerdings war die Ausgangslage in Zug von jener in Nidwalden verschieden. Prognosen waren deshalb schwierig und die allgemeine Verunsicherung bei allen Parteien entsprechend gross. Von einem „Blindflug“ war gar die Rede.
Zu reden im Kanton gaben auch die zahlreichen Rücktritte während der Legislatur – acht an der Zahl. Zwar gäbe es Gründe für einen vorzeitigen Rücktritt – so werde etwa die zeitliche Belastung des politischen Mandats von vielen unterschätzt – die Meinungen über taktische Kandidaturen, die einer Partei zu Stimmen verhelfen um dann kurz nach den Wahlen in einen Rücktritt zu münden oder aber über die taktischen Rücktritte kurz vor den Wahlen, um den Nachrückenden den Stempel „Bisheriger“ zu verschaffen, gingen auseinander. Während die SP-Präsidentin Barbara Gysel diese als Realität bezeichnete, waren sie für CVP-Präsident Martin Pfister ein No-Go. Insgesamt traten 246 Kandidierende für die 80 Sitze im Kantonsrat (2010: 231 Kandidierende) an, darunter 65 Frauen (26%).
Die CVP kündigte früh an, um jeden Sitz kämpfen zu wollen, weil man aufgrund des neuen Wahlverfahrens mit Verlusten rechnete. Die Christlichdemokraten sassen seit den Wahlen 2010 mit 23 Vertreterinnen und Vertretern im Kantonsrat. Ziel sei es, stärkste Partei zu bleiben. Die CVP schickte 49 Kandidierende ins Rennen. Auch die FDP sondierte bereits im Frühjahr 2014 mögliche Kandidierende, von denen sie dann 42 präsentierte. Für den Freisinn hiess das Motto, die Wählerstärke zu steigern, um mit dem neuen Verfahren die bisherigen Sitze (20) halten zu können. Auch die SVP (19 Sitze), die mit 44 Kandidierenden antrat, setzte hohe Ziele: man wolle nicht mehr nur drittstärkste Partei sein. Zwar hätten die bürgerlichen Parteien zusammen 77% der Wählerstimmen hinter sich, bürgerliche Politik müsse aber anders aussehen, was nur mit einer stärkeren SVP umgesetzt werden könne, gab Parteipräsident Markus Hürlimann zu Protokoll. Die Alternativen-die Grünen, in Zug die stärkste linke Kraft mit acht Sitzen, die das neue Wahlverfahren mit am vehementesten gefordert hatten, rechneten mit Sitzgewinnen. Ziel war, wieder Fraktionsgrösse (12 Sitze) zu erreichen, wie dies bereits 2006 der Fall gewesen war. Die Partei trat als gemeinsame Liste aus Grünen, Christlich Sozialen und Jungen Alternativen an, auf der insgesamt 50 Kandidierende figurierten. Dabei stellten die Alternativen nicht nur am meisten Kandidierende, sondern die Liste war fast geschlechterparitätisch mit einem Frauenanteil von 48%. Die SP erwartete nicht den gleichen Erfolg wie ihre Schwester in Nidwalden und gab als Ziel den Status Quo (8 Sitze) an. Dies werde schon deshalb schwierig genug, weil die SP mit dem alten System traditionellerweise gar nie in allen Gemeinden angetreten sei. Die SP trat als gemeinsame Liste aus SP, JUSO und SP-Frauen mit insgesamt 31 Kandidierenden auf. Die Erwartungen der kleineren Parteien waren ambivalent. Die GLP (bisher 2 Sitze) erhoffte sich dank des doppelten Pukelsheim einen Sitzgewinn, den sie mit total 27 Kandidierenden realisieren wollte. Die Chancen der erstmals mit 3 Kandidaten antretenden Piratenpartei, die neu eingeführte Wahlhürde zu schaffen, wurden hingegen als gering eingeschätzt. Die grösste Herausforderung für die kleinen und weniger verankerten Parteien SP, GLP und Piraten war es, die Listen möglichst in allen Gemeinden zu füllen, was von den arrivierten Parteien prompt als Gefahr für die Qualität des Kantonsparlamentes bezeichnet wurde.
Bei den Wahlen Anfang Oktober, bei denen sich 40,5% der Berechtigten beteiligten (2010: 43,6%), zeigten sich die aufgrund der veränderten Ausgangslage erwarteten Verschiebungen allerdings in überraschend geringem Umfang. Insbesondere die Erwartung, dass der doppelte Pukelsheim tendenziell zu Sitzverlusten bei grossen Parteien führe, wurde nur bedingt bestätigt. Zwar musste die FDP Federn lassen – sie verlor zwei Sitze (neu: 18 Sitze) und büsste einen Prozentpunkt an Parteistärke ein (neu: 22,1%) – die CVP als stärkste Fraktion verlor aber lediglich einen Sitz (neu: 22 Sitze) und konnte sogar leicht an Wählerstärke zulegen (neu: 26,8%; + 0,3 Prozentpunkte). Die SVP konnte ihre 19 Sitze halten und stieg mit einem Wählerzuwachs um 0,9 Prozentpunkte neu zur zweitstärksten Fraktion auf (neu: 23,6%). Auch im linken Lager waren die Verschiebungen gering. Nicht die kleinere SP konnte vom neuen Wahlsystem profitieren – sie gab im Gegenteil einen Sitz ab und kommt neu noch auf sieben Sitze (neu 9,3%) – sondern die im Kanton Zug traditionell stärkeren Alternativen-die Grünen, die um zwei Sitze zulegen konnten und neu zehn Sitze im Kantonsrat besetzen (neu: 12,8%), darunter auch ein Sitz der CSP. Der Sitzverlust der SP wurde in den Medien auf einen taktischen Fehler zurückgeführt, weil die SP in den kleinen Gemeinden Neuheim und Menzingen nicht angetreten war. Vom doppelten Pukelsheim profitiert haben dürften die Grünliberalen, die sich im Vergleich zu 2010 über eine Verdoppelung ihrer Mandate freuen durften (neu: 4 Sitze). Definitiv keine Chance hatten die Piraten, die mit einem Wähleranteil von 0,4% deutlich an der 3 bzw. 5-Prozent-Hürde scheiterten, was ihrem juristischen Widerstand weiteren Auftrieb gab.
Im Dezember wies dann allerdings auch das Bundesgericht die Beschwerde der Piratenpartei ab. Zwar müsse man mit Sperrklauseln zurückhaltend sein – das Bundesgericht hatte schon früher eine Obergrenze von 10 Prozent festgelegt – die 3 bzw. 5-Prozent-Hürde in Zug sei aber massvoll und könne der Gefahr einer Effizienzbeeinträchtigung und Verkomplizierung des Ratsbetriebs durch zu viele kleine Parteien begegnen.