Sozioökonomische Studien

Das BFS legte die Ergebnisse der 1991 erstmals durchgeführten schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) vor. Danach wird in der Schweiz im Schnitt 43 1/4 Stunden pro Woche gearbeitet, Überstunden nicht eingerechnet, wobei Überzeit um so häufiger vorkommt, je höher die berufliche Stellung ist. Knapp ein Viertel der 16 000 Befragten gaben an, sie würden gerne weniger als hundert Prozent arbeiten und wären bereit, dafür eine entsprechende Lohneinbusse in Kauf zu nehmen. Am häufigsten nicht voll erwerbstätig sind die Frauen. Insgesamt arbeiten 48% der Arbeitnehmerinnen voll, bei den Männern sind es 92%. Die Begründung der Teilzeitarbeit brachte zum Ausdruck, wie stark die Gesellschaft immer noch vom traditionellen Rollenverständnis geprägt ist. Drei Viertel der teilzeitarbeitenden Frauen gaben als Grund für ihr eingeschränktes Pensum die Kinderbetreuung an, während die Männer, die ihre Arbeitszeit reduzierten, dies primär aus Gründen der berufsbegleitenden Aus- und Weiterbildung taten.

Mehr als die Hälfte (56%) der Mütter mit schulpflichtigen Kindern sind erwerbstätig. Meist handelt es sich dabei um Engagements von geringem Umfang. Wenn die Mutter arbeitet, wird die Kinderbetreuung in 38% der Fälle von andern Personen im gleichen Haushalt übernommen. Ein Viertel der Kinder wird ausserhalb des Haushalts von Verwandten, Tagesmüttern oder in Krippen betreut. Ein weiteres Viertel der Kinder bleibt während der Arbeitszeit der Mutter allein.

Ferner ergab die Umfrage, dass unregelmässige Arbeitszeiten häufig sind. Jede vierte erwerbstätige Person arbeitet auch am Abend oder nachts. An Wochenenden sind 40% beschäftigt. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer halten es relativ lange an der selben Stelle aus. Fast die Hälfte der Befragten arbeitete seit über sechs Jahren am gleichen Ort. Auch die Antworten der Arbeitslosen deuteten auf eine geringe geographische Mobilität der Schweizer Erwerbstätigen hin. Nur ein Fünftel signalisierte die Bereitschaft, für eine Stelle in eine andere Region zu ziehen. Männer und Mieter gaben sich dabei umzugsfreudiger als Frauen und Hauseigentümer.

Bei den Löhnen stellte die Studie signifikante Unterschiede zwischen Männern und Frauen fest. In den untern Einkommensgruppen überwiegen die Frauen, in den obern die Männer, was mit der unterschiedlichen Ausbildung, der beruflichen Stellung und der Branchenzugehörigkeit erklärt wurde. Gesamthaft bezog die Hälfte aller Voll- und Teilerwerbstätigen ein Nettoeinkommen von weniger als 45 000 Fr. und nur gerade 10% mehr als 84 000 Fr.

Wie das BFS in einer Sozialstruktur-Untersuchung anhand der Volkszählung von 1990 herausfand, teilen sich die Berufstätigen in der Schweiz in vier Grobkategorien ein. Die grösste Gruppe bilden mit 37% die qualifizierten Berufsleute. Deren Anteil nimmt allerdings mit zunehmendem Alter ab. Die nicht-manuellen Berufe sind dabei doppelt so stark vertreten wie die handwerklichen. Mehr als ein Fünftel der Erwerbstätigen gehört zur Kategorie der ungelernten Arbeitskräfte. Unter ihnen ist der Prozentsatz der 50- bis 64jährigen besonders hoch. Zum obersten Segment - Topmanagement, freie und akademische Berufe, andere Selbständigerwerbende und oberes Kader - können 20,7% der Arbeitenden gerechnet werden. Ein weiteres Fünftel der Erwerbstätigen zählt zu den intermediären Berufen, gehört dem mittleren Kader an oder verfügt über eine höhere Fach- oder Berufsausbildung.

Wie das BFS weiter feststellte, sind bei den freien Berufen die Frauen mit 16,5% der Erwerbstätigen deutlich untervertreten. Auch bei den anderen Selbständigerwerbenden sind 77,8% Männer. In akademischen Berufen und im oberen Kader sind die Männer ebenfalls mit rund 81% deutlich in der Überzahl. Noch krasser wird es beim obersten Management: Mit 90,6% bleiben die männlichen Chefs nahezu unter sich. Die meisten Frauen sind in den qualifizierten nicht-manuellen Berufen anzutreffen. 1990 stellten sie in dieser Kategorie rund zwei Drittel aller Beschäftigten.

Während in Stadt- und Zentrumskantonen der Anteil des obersten Managements über dem Gesamtdurchschnitt von 1,4% liegt, weisen die Landkantone hier einen unterdurchschnittlichen Prozentsatz aus. In den Stadtkantonen liegt dagegen der Anteil der qualifizierten manuellen Berufe deutlich unter dem Landesmittel von 12,9%. Die Sozialstruktur weist aber auch einen Unterschied zwischen Zentren und Randregionen aus. Ausserhalb der wirtschaftlichen Zentren ist der Anteil von ungelernten Angestellten und Arbeitern deutlich höher als im Durchschnitt.

Gemäss einer anderen Studie des BFS haben 15,7% der Erwerbspersonen in der Schweiz eine Ausbildung auf Tertiärstufe absolviert (höhere Berufsausbildung, Fachhochschule, Hochschule, Universität). In der Deutschschweiz sind es geringfügig und in der italienischen Schweiz deutlich weniger (15,2% bzw. 13,2%), in der Westschweiz dagegen spürbar mehr (18%). Nimmt man nur die Akademikeranteile, so zeigt sich ein etwas anderes Bild: Zwar liegt auch hier die französische Schweiz klar an der Spitze (8,7%), aber die Quote ist in der italienischen Schweiz etwas höher als in der Deutschschweiz (5,8% bzw. 5,2%). Andererseits weist die Deutschschweiz bei den übrigen Ausbildungsbereichen der Tertiärstufe den grössten Anteil auf. Der Anteil der Beschäftigten mit höherer Ausbildung ist bei den Männern mehr als doppelt so gross wie bei den Frauen. Allerdings sind die Unterschiede in der jüngeren Generation kleiner.

Gemäss den neuesten Ergebnissen der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) des Bundesamtes für Statistik (BFS) nahm die Anzahl der Selbständigerwerbenden seit 1991 kontinuierlich zu. Zwischen 1991 und 1997 erhöhte sich ihr Anteil von 15,2% auf 18,4%. Der Zuwachs war sehr unterschiedlich auf die Branchen und die Berufsgruppen verteilt. Im Vergleich zu 1991 vergrösserte er sich insbesondere bei "sonstige Dienstleistungen" und bei "Immobilien, Vermietung, Informatik". Mehr Selbständigerwerbende verzeichneten auch die höherqualifizierten Berufsgruppen der Führungskräfte und der Akademiker.

Der auf der Volkszählung von 1990 beruhende Strukturatlas der Schweiz zeigte unter anderem sehr deutlich die ständig zunehmende Mobilität der Arbeitnehmer in der Schweiz. 1970 arbeiteten zwei Drittel der Erwerbstätigen an ihrem Wohnort, 1990 nur noch die Hälfte. In manchen Regionen (Zürich, Tessin, Aargau) pendelten gar 75% der Arbeitnehmer. Die Grossagglomerationen überwuchern Kantonsgrenzen und streben im Fall Basel, Tessin und Genf sogar ins Ausland, womit sie bereits heute zu den grösseren europäischen Regionen gehören. Gemäss den Autoren bestehen in der Schweiz eigentlich nur mehr zwei Zentren, das Genferseebecken und Zürich. Einen Hinweis darauf geben Volkseinkommen oder Arbeitsplatzentwicklung. Die Regionen, die zu weit weg von Zürich liegen - so etwa Bern und Solothurn -, erfuhren in den letzten zehn Jahren ernste wirtschaftliche Schwierigkeiten, während die Zürich zugewandten Orte der Ost- und Zentralschweiz aufholten bezw. in der ersten Reihe blieben.

Die Zahlen der neuesten Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE) zeigten nicht nur, dass die Beschäftigung zwischen Mitte 1997 und Mitte 1998 so stark anstieg wie nie zuvor in den neunziger Jahren, sondern auch, dass in den wirtschaftlich schwierigen Jahren zwischen 1991 und 1997 ungewöhnlich viele Personen den Weg in die Selbständigkeit fanden. In diesem Zeitraum erhöhte sich die Zahl der Selbständigerwerbenden von 572 000 (15,2% aller Erwerbstätigen) auf 692 000 (18,4%). Mit dem Erwachen der Konjunktur schlummerte der Mut zur Selbständigkeit wieder etwas ein: Im Mai 1998 wurden nur mehr 683 000 (17,8%) Selbständigerwerbende erfasst. Besonders hoch scheinen die Erfolgschancen für Neueinsteiger im Baugewerbe und im Bereich Beratung und persönliche Dienstleistungen zu sein.

Internationalisierung

Während die Schweiz mit der EU über den freien Personenverkehr verhandelt, ist die Internationalisierung in den Chefetagen der in der Schweiz domizilierten Topunternehmen längst schon Realität. Wie eine Umfrage bei den 25 grössten Firmen zeigte, sind heute knapp 45% aller Mitglieder der jeweiligen obersten Geschäftsleitung Bürger ausländischer Nationen. Unter diesen sind die Deutschen mit rund einem Drittel vor den Amerikanern und den Franzosen am stärksten vertreten.

Überstunden

Trotz beträchtlicher Arbeitslosigkeit leisten rund 50% der Beschäftigten Überstunden, wie eine repräsentative Umfrage in der Deutschschweiz belegte. Das Ausmass der Überzeit ist umso grösser, je höher die Position im Betrieb, die Ausbildung und das Einkommen sind. Ziemlich genau 50% der Befragten gaben an, im Erhebungsmonat (Juli 1994) Überstunden erbracht zu haben. Beim Kader waren es gar 61%, bei den Angestellten mit Mittel- und Hochschulabschluss 64% und bei jenen Arbeitnehmern, die über 8000 Fr. im Monat verdienen, volle 75%.

hohe Arbeitszufriedenheit

Wie aus einer Befragung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in acht europäischen Ländern hervorging, zeichnen sich die Schweizer zusammen mit den Holländern durch eine besonders hohe Arbeitszufriedenheit aus. 70% der schweizerischen Erwerbstätigen vertraten die Meinung, dass sie effizient arbeiten, ein gutes Management haben, eine qualitativ hochwertige Arbeit leisten und ihre Arbeitsplätze sicher sind. Sie äusserten sich auch vergleichsweise positiv bezüglich weiterer wichtiger Arbeitsfaktoren wie Betriebsorganisation, Information, Ausbildung und Bezahlung.

Viele Schweizerinnen und Schweizer finden ihre Arbeit zwar interessant, wollen es aber nicht so weit kommen lassen, dass sie ihr übriges Leben stört. Das ergab eine Univox-Umfrage zum Thema Berufsarbeit. Rund die Hälfte der Befragten sprach sich für ein pluralistisches Lebensmodell aus, in dem neben der Arbeit auch andere Werte eine vergleichbare oder sogar noch höhere Bedeutung haben. Die Forscher wollten auch wissen, welche Arbeitswerte die Erwerbstätigen für besonders wichtig halten und welchen sie eine eher untergeordnete Bedeutung zumessen. Die Ergebnisse der Untersuchung machten deutlich, dass den Arbeitnehmern sehr an einer freundlichen Betriebsatmosphäre und an guten zwischenmenschlichen Beziehungen gelegen ist. So sind ihnen gute Arbeitskollegen, verständige Vorgesetzte und Anerkennung wichtiger als beispielsweise ein guter Verdienst oder gute Aufstiegsmöglichkeiten. Grossen Wert legen sie auch auf eine interessante Arbeit und auf die Sicherheit des Arbeitsplatzes. Wenig gefragt sind hingegen Gruppenarbeit und eine straffe Führung.

Arbeitszeiten

Laut einer Untersuchung des Institutes der deutschen Wirtschaft (IW) arbeiteten 1994 die Amerikaner mit einer Jahressollarbeitszeit von 1896 Stunden am längsten. Auch Portugal (1882), Japan (1880) und die Schweiz (1838) wiesen relativ hohe Arbeitszeiten auf. Während Länder wie Frankreich (1755), Grossbritannien (1752) und Italien (1744) sich im Mittelfeld befinden, liegen Dänemark (1687) und die alten Bundesländer Deutschlands (1620) am Schluss der internationalen Rangliste. Die tariflich vorgegebene Arbeitszeit stimmt jedoch häufig nicht mit der effektiv geleisteten überein. In der Schweiz etwa lag 1994 die tarifliche Wochenarbeitszeit eines Arbeiters in der Industrie bei 40,5 Stunden, die betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit betrug aber 41,4 Stunden. In fast allen Industriestaaten ist die tarifliche Arbeitszeit in den vergangenen fünf Jahren weiter verkürzt worden. So sank zwischen 1989 und 1994 in Portugal die Jahressollarbeitszeit in der Industrie um 134 Stunden, in Irland um 62 Stunden, in Japan und Westdeutschland um je 48 Stunden und in der Schweiz um 36 Stunden.

Die sozialpartnerschaftlich ausgehandelte Flexibilisierung der Arbeitszeit nimmt ständig zu. Sie gilt bereits in dem bis ins Jahr 2000 geltenden Gesamtarbeitsvertrag im Bauhauptgewerbe, wo für eine Vollzeitbeschäftigung von jährlich 2125 Arbeitsstunden ausgegangen wird; im Winter gilt eine Minimalarbeitszeit von 37,5 Wochenstunden, in der bauintensiven Sommerzeit eine von 45 Wochenstunden. In der Metall- und Maschinenindustrie sowie im Gastgewerbe wird sie durch die im Berichtsjahr abgeschlossenen neuen Gesamtarbeitsverträge etabliert.

Teilzeitarbeit

Eine Studie des Wirtschaftswissenschaftlichen Zentrums der Universität Basel versuchte anhand von Befragungen von Personalchefs herauszufinden, warum nur 4% der qualifizierten Stellen und lediglich 0,5% im obersten Kader durch Teilzeitangestellte besetzt werden, obgleich Personalverantwortliche durchaus die positiven Seiten von Teilzeitarbeit und Job-sharing (flexiblerer Einsatz, geringere Abwesenheitsraten, höhere Leistungsfähigkeit pro Stunde usw.) anerkennen. Als einer der Hauptgründe wurde die verbreitete Annahme genannt, dass für Führungsaufgaben volle Präsenz erforderlich sei. Gemäss den Autorinnen der Studie ist diese Aussage umso erstaunlicher, als sich die meisten vollzeitlich arbeitenden Führungskräfte aufgrund von externen Sitzungen, VR-Mandaten oder politischen Verpflichtungen durch häufige Abwesenheit im Betrieb auszeichnen.

Eine McKinsey-Studie, welche in Zusammenarbeit mit Swissair und ABB sowie einer Privatbank entstand, sagte voraus, dass im kommenden Jahrhundert jeder zweite Schweizer Arbeitsplatz eine Teilzeitstelle sein wird. Gemäss der Untersuchung weist die Schweiz nach den Niederlanden heute den zweithöchsten Anteil an Teilzeitstellen auf. Dieser Anteil müsse weiter vergrössert werden, weil sowohl die Angestellten als auch die Unternehmen und der Staat davon profitieren könnten. Die von McKinsey begleiteten Pilotprojekte in ausgewählten Bereichen der drei Firmen umfassten rund 400 Arbeitsplätze. Von ihnen erwiesen sich 85 bis 90 Prozent als für individuelle Arbeitszeiten geeignet. Auf der anderen Seite bekundeten 30 bis 40%aller befragter Mitarbeiter ihr Interesse für ein neues Arbeitszeitmodell.

Über 70% von den rund 900 befragten schweizerischen Unternehmungen wenden bereits flexible Arbeitszeitmodelle an. Das ergab eine von der Universität Bern durchgeführte empirische Untersuchung. Diese zeigte, dass die dabei am häufigsten angewandten Modelle gewissermassen Klassiker sind: gleitende Arbeitszeit, fest definierte Teilzeitarbeit, Arbeit auf Abruf und Schichtarbeit. Neuere Arbeitszeitmodelle (gleitende Pensionierung, Jahres- oder Lebensarbeitszeit, Bandbreitenmodelle, Job-Sharing usw.) haben einen deutlich schlechteren Stand. Zudem profitierten lediglich in 13,5% der untersuchten Firmen alle Arbeitnehmer von flexiblen Arbeitszeitregelungen. Meistens sind nur bestimmte Funktionsbereiche oder Beschäftigungsgruppen davon betroffen.

Betriebszählung

Mit Stichtag 29. September wurde die achte Betriebszählung seit 1905 durchgeführt. Die Erhebung bezieht sich jeweils auf alle Arbeitsstätten und Unternehmen des sekundären und tertiären Wirtschaftssektors sowie auf die Betriebe der Fischerei und der Forstwirtschaft, während die Landwirtschaft in einer besonderen Untersuchung erfasst wird. Im Mittelpunkt der Betriebszählungen steht die Frage nach der Zahl der Beschäftigten, gegliedert nach verschiedenen Kriterien wie Vollzeit/Teilzeit, Geschlecht, Nationalität usw. Im Berichtsjahr wurden zudem erstmals die Export- und Importtätigkeiten der Unternehmen sowie die Umsätze vollumfänglich erhoben.

Telearbeit

Eine von einem privaten Forschungs- und Beratungsunternehmen vorgelegte Studie zeigte, dass die Telearbeit in der Bevölkerung immer mehr auf Akzeptanz stösst, obgleich das Wissen über diese Form der Arbeit in der Schweizer Öffentlichkeit gegenüber dem Ausland nach wie vor erstaunlich beschränkt ist. Unter Telearbeit versteht man einen Arbeitsplatz, der - mit Bildschirm ausgerüstet - zuhause oder in der Nähe des Wohnortes eingerichtet ist und eine Telekommunikationsverbindung zu einem räumlich entfernten Standort des Arbeit- oder Auftraggebers unterhält. Gemäss der Studie wurden als wichtigste persönliche Vorteile die Flexibilisierung der Arbeit und der Arbeitszeit, mehr Freizeit sowie der Wegfall des Arbeitswegs genannt. Als bedeutendster Nachteil wurde dagegen die Gefahr der sozialen Isolierung angeführt.

Im Rahmen der Legislaturplanung reichte die Kommission des Nationalrates eine Richtlinienmotion ein, die dem Bundesrat den Auftrag erteilen wollte, dem Parlament Massnahmen zu unterbreiten, die durch das Aufkommen der „neuen Wirtschaft“, insbesondere durch die rapide Zunahme der Telearbeit, für den Schutz der Arbeitnehmenden nötig sind. Angesichts der beschränkten personellen und finanziellen Ressourcen sah sich der Bundesrat zwar ausserstande, dem relativ weit gefassten Anliegen der Motion erste Priorität einzuräumen, versprach aber, die Entwicklung weiter aufmerksam zu beobachten. Um sich den erforderlichen Handlungsspielraum zu erhalten, beantragte er erfolgreich Umwandlung in ein Postulat. Eine weitere Richtlinienmotion [00.3210], welcher der Bundesrat seine Zustimmung gab, beauftragte ihn, die Ahndung der Schwarzarbeit auzubauen. Diese Motion wurde vom Ständerat ebenfalls angenommen.

Vollzeitstellen tiefsten Stand seit 1991

Am Jahresende registrierte das Bundesamt für Statistik noch 2,58 Millionen Vollzeitstellen, was gegenüber dem Vorjahr einem Rückgang von 1,4% entspricht, wogegen die Teilzeitstellen um 1,8% auf 421 000 zunahmen. Die Zahl der Vollzeitstellen hat damit den tiefsten Stand seit der erstmaligen Erhebung der absoluten Zahlen im Jahr 1991 erreicht. Industrie und Gewerbe waren mit einem Rückgang von 1,8% (rund 18 000 Vollzeitstellen) überdurchschnittlich stark betroffen. Rund die Hälfte der abgebauten Arbeitsplätze ging dabei auf das Konto des Baugewerbes.

Die Arbeitsmarktsituation blieb schwierig. Der Beschäftigungsrückgang im Baugewerbe und im Industriesektor betrug 3,3%, wogegen der Dienstleistungsbereich ein leichtes Wachstum verzeichnete (1,1%). Gemäss der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung (SAKE), welche auch Anstellungen von weniger als 50% erfasst, erhöhte sich die Gesamtzahl der Erwerbstätigen um 0,5%. Dabei entfiel der Zuwachs ausschliesslich auf Arbeitnehmer mit einem Pensum von weniger als 50%; die Zahl der Teilzeitbeschäftigten mit höherem Anstellungsgrad bildete sich gemäss SAKE um 2,1% zurück und die Zahl der Vollzeiterwerbstätigen stagnierte.

Die gleiche Untersuchung wies auch auf eine Entwicklung hin, die gemäss BWA durchaus bleibenden Charakter haben könnte, nämlich die Zunahme der befristeten Arbeitsverhältnisse von 11% 1991 auf 18% 1997. Ohne ein Wirtschaftswachstum von 2-3% über mehrere Jahre bestehe durchaus die Möglichkeit eines Zwei-Klassen-Arbeitsmarktes: auf der einen Seite die besserqualifizierten Arbeitskräfte mit unbefristeten Arbeitsverträgen, auf der anderen eine wachsende Reservearmee von minder Qualifizierten, die nur zeitweise eine Stelle finden. Die Zahl der vorübergehend Beschäftigten stieg im beobachteten Zeitraum von 68 000 auf 119 000 (+75%). Zudem bestehen Anzeichen für eine sich ausbreitende Unterbeschäftigung. Während 1991 186 000 der Erwerbstätigen mit einem Anstellungverhältnis von weniger als 35 Stunden pro Woche erklärten, sie würden gerne mehr arbeiten, waren es 1997 bereits 264 000, was einer Zunahme um 42% entsprich.

Volkswirtschaftlich gesehen entstehen durch Unfälle und Berufskrankheiten in der Schweiz jährlich gut 12 Mia Fr. Kosten. Darin sind sowohl die Aufwendungen für den Heilungsprozess enthalten als auch die Mehrbelastungen der Unternehmen aufgrund des Ausfalls der Arbeitskraft. Ausgehend von einer in Deutschland durchgeführten Untersuchung eruierte die SUVA durch Befragung von Verantwortlichen mittlerer und kleinerer Betriebe die Höhe der Absenzen in den einzelnen Unternehmen. Sie kam dabei zum gleichen Ergebnis wie die deutsche Studie, dass nämlich Arbeitgeber, welche die Gesundheitsprävention ernst nehmen, ein gutes Arbeitsklima schaffen und sich um die erkrankten Mitarbeiter kümmern, die Absenzen und deren Dauer deutlich verringern und damit Kosteneinsparungen von 10 bis 20% erreichen können. Die SUVA erarbeitete auf dieser Grundlage ein Handbuch für Firmen, das zu einem besseren Absenzenmanagement beitragen soll.

Die Zahl der Erwerbstätigen erhöhte sich erneut (+0,6%), allerdings weniger als im Vorjahr (+1,2%). Wieder war die Zunahme bei den Frauen (+0,9%) bedeutender als bei den Männern (+0,5%). Während 1998 noch etwas mehr Ausländer als Schweizer eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hatten, war deren Beschäftigung im Berichtsjahr rückläufig (-0,1%). Im 1. Sektor wuchs die Zahl der Erwerbstätigen (+1,9%), ebenso im 3. Sektor (+1,2%). Einen Rückgang verzeichnete hingegen der 2. Sektor (-1%). Am deutlichsten war die Abnahme bei der Herstellung von Lederwaren und Schuhen (-13,1%), im Textilgewerbe (-4,7%) und im Bergbau (-2,8%). Im Dienstleistungssektor legten vor allem die Branchen Nachrichtenübermittlung (+9,5%), Versicherungsgewerbe (+4,4%) sowie Immobilien und Informatik (+2,9%) überdurchschnittlich zu.

unbezahlte Arbeit im eigenen Haushalt

Mit der SAKE wurden zum ersten Mal auch die unbezahlte Arbeit im eigenen Haushalt und die Freiwilligenarbeit in Institutionen oder Organisationen vertieft erfasst. Erste Analysen zur unbezahlten Arbeit zeigten, dass in 91,4% der Paarhaushalte mit Kindern unter 15 Jahren die Verantwortung für die Haushaltsarbeit bei der Frau lag. In 7,0% waren mehrere Personen des Haushalts dafür zuständig und in 1,1% bzw. 0,6% war es der Mann oder eine externe Person. In Paarhaushalten ohne Kinder unter 15 Jahren war die Verteilung etwas ausgeglichener: Hier lag die Hauptverantwortung in 77,5% der Fälle bei der Frau, in 18,4% teilten sich Mann und Frau die Verantwortung, und in 3,3% lag sie beim Mann. Gut jede vierte Person war ehrenamtlich oder freiwillig in einer Institution oder Organisation tätig, wobei das Engagement der Männer (32,1%) bei dieser Art der unbezahlten Arbeit deutlich über jenem der Frauen (21,2%) lag. Beinahe die Hälfte dieser Freiwilligenarbeit wurde für sportliche oder kulturelle Vereine geleistet. Auf kirchliche Institutionen, sozial-karitative Organisationen, Interessenverbände und politische Ämter oder öffentliche Dienste entfielen jeweils zwischen 10% und 17%.

Basierend auf der Arbeitskräfteerhebung 1997 ermittelte das Bundesamt für Statistik (BFS) erstmals den monetären Wert der in der Schweiz geleisteten unbezahlten Arbeit in Familie, Nachbarschaftshilfe, Ehrenamt etc. Müssten diese Leistungen durch entlöhnte Arbeitskräfte erbracht werden, würde dies rund 215 Mia Fr. pro Jahr kosten; das entspricht 58% des Bruttoinlandproduktes. Zwei Drittel der nicht bezahlten Arbeit wird von Frauen geleistet. Das BFS will diese Zahlen nun jedes Jahr neu erheben und zusammen mit der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung als „Satellitenkonto“ präsentieren.

Schwarzarbeit

Eine vom Nationalfonds in Auftrag gegebene Untersuchung zur Schattenwirtschaft in Deutschland, Österreich und der Schweiz ergab, dass sich der Umfang der Schwarzarbeit in der Schweiz 1997 auf 8% des Bruttosozialproduktes (BSP) resp. 29 Mia Fr. belief. Obgleich unbestritten war, dass dem Fiskus und den Sozialversicherungen durch die Schwarzarbeit jährlich Mindereinnahmen in der Grössenordnung des derzeitigen Bundesfinanzdefizits entstehen, überwies der Ständerat die im Vorjahr vom Nationalrat angenommenen Motionen Eymann (lp, BS) und Tschopp (fdp, GE) nur als Postulate. Er machte für seinen Entscheid verfahrensrechtliche Gründe geltend (Unzulässigkeit einer Ständeratsmotion für Bereiche, die im ausschliesslichen Zuständigkeitsbereich des Bundesrates liegen), obgleich er ebenfalls der Ansicht war, die Behörden sollten hier unbedingt tätig werden.

1997 war der Bundesrat mit zwei vom Nationalrat angenommenen Motionen aufgefordert worden, dezidierter gegen die Schwarzarbeit vorzugehen. Im Berichtsjahr wurde er nun aktiv und lud die Vertreter der Kantone und der Sozialpartner zu einem Hearing ein. Dabei einigten sich die Gesprächspartner auf einen Massnahmenkatalog. Eine Informationskampagne soll die Bevölkerung dafür sensibilisieren, dass Schwarzarbeit kein Kavaliersdelikt ist, sondern die Allgemeinheit Milliarden kostet. Deshalb sollen die kantonalen Kontrollen und die Gerichtspraxis verschärft werden. Der Bund wird zudem nach administrativ einfacheren Wegen suchen, die es Kleinunternehmen und Haushaltungen ohne grossen Aufwand ermöglichen, im Stundenlohn beschäftigte Personen zu deklarieren. Der Nationalrat überwies eine Motion der CVP-Fraktion, welche ähnlichlautende Vorschläge machte, in der Postulatsform.

Temporärstellen

Die Zahl der Temporärstellen stieg 1999 um 20%. Gemäss BFS waren 144 000 Personen in einem befristeten Arbeitsverhältnis. 60 000 Arbeitnehmer standen in einer temporären Anstellung von weniger als sechs Monaten, 84 000 in einer solchen zwischen sechs Monaten und zwei Jahren. Die Arbeitgeber schätzen diese Jobs wegen ihrer Flexibilität; Arbeitnehmern – vor allem Jugendlichen – bieten sie oft einen Einstieg in die Berufswelt. Die Gewerkschaften kritisierten allerdings, temporär Beschäftigte ersetzten die Saisonniers als Manövriermasse und würden sich seltener gegen unfaire Arbeitsbedingungen wehren als Festangestellte.