Zuletzt aktualisiert: 09.11.2018, 22:29 Uhr

Dossier: Ausschaffungsinitiative – Abstimmung und Umsetzung Als PDF speichern

Volksinitiative „Für die Ausschaffung krimineller Ausländer“

Ende Juni beschlossen die Delegierten der SVP mit grossem Mehr, eine Volksinitiative „für die Ausschaffung krimineller Ausländer (Ausschaffungsinitiative)“ zu lancieren. Demnach sollen bestimmte Straftaten zwingend zur Ausweisung und zu einem 5- bis 15-jährigen Einreiseverbot führen. Dazu gehören vorsätzliche Tötung, Vergewaltigung, Menschenhandel, Drogenhandel, Raub und Einbrüche sowie der (nicht näher definierte) missbräuchliche Bezug von Sozialhilfe oder von Leistungen der Sozialversicherungen. Auf den aufenthaltsrechtlichen Status wäre nicht zu achten. Diese letzte Bestimmung stellt die Frage nach der völkerrechtlichen Zulässigkeit des Begehrens. Insbesondere darf aufgrund des Freizügigkeitsabkommens EU-Bürgern das Aufenthaltsrecht nur entzogen werden, wenn die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet sind. Zudem gibt es das international geltende Verbot der Rückschiebung in einen Verfolgerstaat (Non-refoulement-Prinzip). Exponenten der SVP erklärten zwar, in diesen Fällen käme die Initiative nicht oder nicht vollumfänglich zur Geltung, andererseits polemisierten sie – bis hin zu Bundesrat Blocher – immer wieder gegen das „so genannte Völkerrecht“, welches ihrer Meinung nach die Volkssouveränität ausheble.

Die beiden UNO-Sonderberichterstatter für Rassismus resp. für die Rechte der Migrantinnen und Migranten äusserten sich in einem Schreiben an den Bundesrat besorgt über die Kampagne der SVP zur Ausschaffungsinitiative und zu den dabei verwendeten Plakaten. In seiner Antwort hielt der Bundesrat fest, dass die freie Meinungsäusserung in einer demokratischen Gesellschaft, insbesondere im Rahmen politischer Debatten zu schützen sei. Er brachte seinen festen Willen zum Ausdruck, in der Schweiz keinerlei Form des Rassismus zu dulden, wies jedoch darauf hin, dass in einem Rechtsstaat die Beurteilung der Frage, ob öffentliche Verlautbarungen unter die Antirassismus-Strafnorm fallen, grundsätzlich Sache der Justiz und nicht der politischen Behörden sei. (Zu den Bestrebungen zur Abschaffung oder Einschränkung der Antirassismus-Strafnorm siehe hier).

Im Februar reichte die SVP ihre Volksinitiative „für die Ausschaffung krimineller Ausländer“ mit über 200'000 Unterschriften ein. Diese verlangt, dass bei einer Reihe von mehr oder weniger schweren Delikten, aber auch bei missbräuchlichem Bezug von Sozialleistungen, Ausländer ungeachtet der Art ihrer Aufenthaltsbewilligung und der Dauer ihrer Landesanwesenheit zusätzlich zur Strafe aus der Schweiz ausgewiesen werden. Die FDP reagierte darauf, indem ihre Nationalratsfraktion eine parlamentarische Initiative einreichte, welche zwar auch den Verlust des Aufenthaltsrechts für straffällige Ausländer verlangt, aber nur bei Verurteilungen wegen schwerer, detailiert aufgezählter Delikte.

Die 2008 behandelten SVP-Vorstösse (siehe hier und hier) entsprachen weitgehend den Forderungen, welche die Partei mit ihrer Volksinitiative „Für die Ausschaffung krimineller Ausländer“ („Ausschaffungsinitiative“) stellt. Sie verlangt darin, dass Ausländerinnen und Ausländer, unabhängig von ihrem ausländerrechtlichen Status ihr Aufenthaltsrecht in der Schweiz verlieren, wenn sie wegen eines Gewaltdelikts verurteilt worden sind oder missbräuchlich Sozialleistungen bezogen haben. Mitte Februar wurde sie mit 210'919 Unterschriften eingereicht. Bei der Präsentation sagte SVP-Präsident Maurer (ZH), die Bevölkerung habe genug von der erschreckenden Jugend- und Ausländerkriminalität. Die bestehenden Gesetze reichten aber für ein härteres Vorgehen gegen straffällige Ausländer nicht aus; deswegen brauche es die Möglichkeit eines richterlichen Landesverweises. Nach Auffassung mehrerer Staatsrechtler müsste die Volksinitiative für ungültig erklärt werden, da sie mit ihrer absoluten Formulierung gegen zwingendes Völkerrecht und Garantien der Bundesverfassung verstosse.

Der Bundesrat sprach sich dagegen aus, die Initiative für ungültig zu erklären, da sie seines Erachtens nicht gegen zwingendes Völkerrecht verstösst. Eine Annahme der Initiative würde jedoch zu erheblichen Kollisionen mit dem nicht zwingenden Völkerrecht sowie mit der Bundesverfassung führen. Die Volksinitiative soll dem Parlament daher zur Ablehnung empfohlen werden. Ihr soll aber ein indirekter Gegenvorschlag durch eine Anpassung des Ausländergesetzes gegenübergestellt werden. Dieser soll insbesondere zu einer Vereinheitlichung der Praxis der Landesverweisung zwischen den Kantonen führen und die Widerrufsgründe für ausländerrechtliche Bewilligungen präzisieren.

Dieser indirekte Gegenvorschlag wurde einzig von der CVP begrüsst. Die FDP hätte eine klarere Definition der Ausschaffungsgründe gewünscht und die SVP kritisierte die zahlreichen Ausnahmemöglichkeiten und Kann-Formulierungen des Entwurfs. Der SP wiederum waren die geplanten Bestimmungen zu restriktiv. Sie bemängelte ausserdem die zweite Änderung, mit der die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung an eine gute Integration geknüpft werden soll. Wie auch die Grünen und der Evangelische Kirchenbund befürchtet sie, dass das Kriterium der Landessprache zu viel Gewicht erhielte, wodurch Menschen aus bildungsfernen Kreisen benachteiligt würden. 

Der Bundesrat legte im Berichtsjahr einen Gegenvorschlag zur Volksinitiative der SVP „für die Ausschaffung krimineller Ausländer“ vor. Mit dem Entwurf zur Änderung des Ausländergesetzes wird das Ermessen der Behörden beim Widerruf ausländerrechtlicher Bewilligungen bei schweren Straftaten oder erheblichem Betrug der Sozialhilfe eingeschränkt. Ausländer, die zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt werden oder ein Delikt begangen haben, das mit einer Mindeststrafe von einem Jahr sanktioniert wird, müssten die Schweiz grundsätzlich verlassen. Anders als bei der Volksinitiative wäre aber bei jeder Wegweisung der besonderen Lage der betroffenen Person und insbesondere dem „Non-Refoulement-Prinzip“ Rechnung zu tragen. Ausserdem soll für Ausländer die dem Personenfreizügigkeitsabkommen unterstehen, eine Ausnahme gelten: Ihnen dürfte das Aufenthaltsrecht nur entzogen werden, wenn eine hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung bestünde. Der Bundesrat will die Gesetzesrevision gleichzeitig nutzen, um die Bestimmungen zur Erteilung einer Niederlassungsbewilligung (C-Bewilligung) zu verschärfen. Eine C-Bewilligung soll gemäss der Vorlage nur noch erteilt werden, wenn die betreffende Person integriert ist, die Regeln respektiert, die schweizerischen Werte anerkennt und eine Landessprache beherrscht. 

Der Bundesrat empfahl die im Vorjahr eingereichte Ausschaffungsinitiative der SVP zur Ablehnung. Er schlug aber vor, ihr mit der Teilrevision des Ausländergesetzes einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber zu stellen. Dieser sieht vor, dass bei der Erteilung einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung an einen Ausländer dessen Integration berücksichtigt wird. Zudem sollen die Gründe für den Widerruf von ausländerrechtlichen Bewilligungen präzisiert werden um eine einheitlichere und konsequentere Praxis zu erreichen. Der Ständerat beschloss auf Antrag seiner Staatspolitischen Kommission, das Geschäft nicht bereits in der Wintersession zu behandeln, sondern an die Kommission zurückzugeben mit dem Auftrag, die Gültigkeit der Volksinitiative und die Opportunität eines direkten Gegenvorschlags abzuklären.

In der Wintersession beschloss der Ständerat mit 30 zu 6 Stimmen, die Parlamentsdebatte über die Volksinitiative zu verschieben. Er folgte dabei dem Antrag seiner Staatspolitischen Kommission, welche die Gültigkeit des Volksbegehrens erneut überprüfen und allenfalls einen direkten Gegenvorschlag ausarbeiten will. Im November hatte die Kommission noch dafür plädiert, die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen und sie dem Volk ohne direkten Gegenvorschlag zur Abstimmung zu unterbreiten. Der Kommissionspräsident, Hansheiri Inderkum (cvp, UR), begründete diesen Sinneswandel damit, dass sich die Ausgangslage seit Annahme der Volksinitiative „Gegen den Bau von Minaretten“ verändert habe, unter anderem werde seither diskutiert, wie mit Initiativen umgegangen werden solle, deren Umsetzung mit Verfassungs- oder Menschenrechten kollidiere.

Das Parlament befasste sich im Berichtsjahr erneut mit der Volksinitiative der SVP „für die Ausschaffung krimineller Ausländer“. Diese verlangt, dass Ausländerinnen und Ausländer, die wegen bestimmter Straftaten verurteilt worden sind oder missbräuchlich Leistungen der Sozialversicherungen oder Sozialhilfe bezogen haben, alle Aufenthaltsansprüche verlieren und aus der Schweiz ausgewiesen werden. Im Dezember 2009 hatte der Ständerat die Vorlage an seine Staatspolitische Kommission zurückgewiesen, damit sich diese erneut mit der Frage der Gültigkeit sowie eines direkten Gegenvorschlags auseinandersetzten konnte. In der Frühjahrssession erklärte der Rat die Volksinitiative nach einer intensiven Debatte für gültig und hiess einen von seiner vorberatenden Kommission ausgearbeiteten Gegenentwurf unverändert gut. Dieser verlangt eine Ausschaffung nur bei schweren Delikten, allerdings nicht nur bei Verstössen im Bereich der Sozialversicherungen und der Sozialhilfe, sondern auch bei schweren Wirtschaftsdelikten. Ausserdem wird die Beachtung der Grundrechte und der Verfassung explizit vorgeschrieben und der Entwurf enthält eine Bestimmung zur Integrationsförderung.

Auch der Nationalrat sprach sich in der Sommersession nach einer über fünfstündigen Diskussion mit einer Mehrheit von 97 zu 84 dafür aus, den direkten Gegenvorschlag zur Volksinitiative zu unterstützen. Dies vor allem, weil die Sozialdemokraten dem Gegenentwurf mehrheitlich zustimmten und damit das für sie kleinere Übel wählten. „Wir haben die Auswahl zwischen Pest und Cholera“, sagte Maria Roth-Bernasconi (sp, GE). Konsequent gegen die beiden Vorlagen votierten die Grünen. Mit dem vom Nationalrat verabschiedeten Gegenvorschlag wurde grosses Gewicht auf die Integration gelegt. Zudem wollte er dem Bund erlauben, den Kantonen Vorschriften zur Integrationsförderung zu machen.

Das Geschäft ging wieder zurück an den Ständerat. Dieser hiess einen Antrag von Jean-René Fournier (cvp, VS) gut, mit dem die Bestimmung gestrichen wurde, die dem Bund eine periodische Kontrolle über die Integrationsfortschritte der Kantone erlaubt hätte. Der Integrationsartikel war im Vorfeld der Beratungen im Ständerat von den Kantonen heftig kritisiert worden, weil sie eine Bevormundung durch den Bund befürchteten.

Im Nationalrat setzte sich mit 101 zu 65 Stimmen und 16 Enthaltungen ein Kompromissantrag von Kurt Fluri (fdp, SO) durch. Mit diesem sollte dem Bund die Kompetenz eingeräumt werden, den Stand der Integration in Zusammenarbeit mit den Kantonen und Gemeinden zu überprüfen und im Bedarfsfall nach Anhörung der Kantone die notwendigen Vorschriften zu erlassen. Der Ständerat schloss sich dem Nationalrat an und übernahm den Integrationsartikel in dieser Form. Damit war der Gegenvorschlag bereinigt, in der Schlussabstimmung wurde er vom Ständerat mit 35 zu 6 und vom Nationalrat nur knapp mit 93 zu 88 Stimmen bei 6 Enthaltungen angenommen.

Gut drei Monate später, am 4. Oktober eröffneten der Bundesrat und die SVP zeitgleich den Abstimmungskampf. Dieser wurde mit harten Bandagen geführt: Die SVP bewarb ihre Initiative gleich mit zwei Kampagnen. Einerseits pries sie mit den bereits bei früheren Abstimmungen verwendeten Plakaten mit vier weissen Schäfchen, die ein schwarzes Schaf aus der Schweiz werfen, ein Ja zur Initiative an. Anderseits warb sie zusammen mit der EDU und der LEGA gegen den direkten Gegenvorschlag des Parlaments. Das einprägsame Plakatsujet: ein unrasierter Ausländer im weissen Unterleibchen und mit silberner Kette um den Hals, die Augen mit einem schwarzen Balken abgedeckt unterlegt mit dem Text „Ivan S., Vergewaltiger – bald Schweizer?“.

Für den Gegenvorschlag setzten sich der Bundesrat sowie FDP, CVP, BDP und GLP ein. Die Landesregierung und die Mitteparteien waren der Ansicht, der Gegenvorschlag nehme die Hauptanliegen der Initiative für eine einheitlichere und konsequentere Praxis bei der Wegweisung von straffälligen Ausländern auf und biete zusätzlich den Vorteil, dass bei der Umsetzung Konflikte mit der Verfassung und dem Völkerrecht vermieden werden. Allerdings standen für diese Kampagne nur bescheidene Mittel zur Verfügung; die Wirtschaftsverbände wollten keine finanziellen Beiträge leisten, weil sie die Ausschaffung krimineller Ausländer nicht als wirtschaftspolitisch relevante Frage erachteten.

Für ein zweifaches Nein setzte sich auch ein linksgrünes Komitee ein, welches die beiden Vorlagen als unnötig sowie als nicht mit der Rechtsgleichheit vereinbar erachtete. Nicht in diesem Komitee vertreten war die SP. An ihrem Parteitag Ende Oktober hatte sie zwar ebenfalls zu beiden Vorlagen die Nein-Parole beschlossen, allerdings herrschte in der SP Uneinigkeit, wie man die Initiative am besten bekämpfen solle. Zehn Kantonalparteien (AG, AR, BE, BL, BS, NW, SH, SO, SZ, TG) wichen von der Parolenfassung der Mutterpartei ab und beschlossen zur Bekämpfung der Initiative ein Ja zum Gegenvorschlag. Der Zürcher SP-Nationalrat Daniel Jositsch gründete zusammen mit einer Minderheit aus SP-Parlamentariern ein Nein-Ja-Komitee.

Mitte Oktober publizierte die Eidgenössische Kommission für Migrationsfragen einen Grundlagenbericht zu den ausländerrechtlichen Folgen der Straffälligkeit. Laut dieser Untersuchung ist die Zahl der weggewiesenen Ausländer infolge Straffälligkeit stark angestiegen. Während im Jahr 2007 350 bis 450 Ausländer weggewiesen wurden, erhöhte sich die Zahl 2008 auf 615 und 2009 auf mindestens 750 Personen. Dies entsprach beinahe der vom Bundesamt für Migration genannten Zahl von 800 bei Annahme des Gegenvorschlags. Die Kommission sah sich durch diese Zahlen in ihrer Einschätzung bestätigt, dass die bestehenden Gesetzesbestimmungen ausreichten, um kriminelle Ausländer wegweisen zu können. Sie lehnte sowohl die Initiative als auch den Gegenvorschlag ab.

Die EU-Kommission mischte sich zwar nicht direkt in den Abstimmungskampf der Schweiz ein, sie stellte aber klar, dass die EU eine automatische Ausschaffung, wie sie die Initiative fordert, nicht akzeptieren würde. Ausweisungen von EU-Bürgern dürften aufgrund der bilateralen Verträge auch in der Schweiz nur dann erfolgen, wenn die Behörden in aufwendigen Einzelfallprüfungen zeigen könnten, dass die Straftäter eine ernste Bedrohung für die Sicherheit im Gastland darstellten. Zum gleichen Schluss kam auch ein von der FDP in Auftrag gegebenes Gutachten von Tobias Jaag, Professor für Europarecht an der Universität Zürich.

In der Volksabstimmung vom 28. November konnte die SVP einen Sieg feiern: 52,9% der Stimmbürger und 17,5 der 23 Stände sprachen sich für die Ausschaffungsinitiative aus. Der Gegenvorschlag hatte mit einem Nein-Stimmenanteil von 54,2% keine Chance; sämtliche Kantone lehnten ihn ab. Zum ersten Mal wurde damit eine Initiative im Bereich der Ausländerpolitik angenommen. Wie üblich in Ausländerfragen unterschieden sich die Abstimmungsergebnisse zwischen der Deutsch- und der Westschweiz deutlich: Mit Ausnahme des Kantons Wallis lehnten alle Westschweizer Kantone das Volksbegehren ab, in der Deutschschweiz sagte nur Basel-Stadt nein. Markanter als der „Röstigraben“ waren allerdings die Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Regionen. So hat beispielsweise der Kanton Zürich die Ausschaffungsinitiative mit 50,8% angenommen, in der Stadt wurde sie hingegen mit 64,5% Nein-Stimmen abgelehnt. Der Kanton Bern hat ebenfalls Ja gesagt (53,7%), die Stadt hingegen lehnte mit 55,6% Nein-Stimmen ab. Während im Kanton Sankt Gallen das Volksbegehren mit knapp 60% befürwortet wurde, stimmten in der Stadt bloss 50,7% Ja. Die EU und einzelne Mitgliedstaaten tadelten die Schweiz für das Abstimmungsresultat. Sie gaben ihr zu verstehen, dass sie damit ihren Aussenseiterstatus zementiere und ihre Glaubwürdigkeit als verlässlicher Vertragspartner in Frage stelle. Kritik gab es auch vom Europarat und vom UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR), die den neuen Verfassungstext für völkerrechtswidrig halten, da bei automatischen Ausschaffungen kein Schutz vor Folter und Verfolgung gewährleistet sei.


Abstimmung vom 28. November 2010

Beteiligung: 52,6%
Volksinitiative:
Ja: 1'398'360 (52,9%) / 15 5/2 Stände
Nein: 1'243'325 (47,1%) / 5 1/2 Stände
Gegenentwurf:
Ja: 1'189'186 (45,8%) / 0 Stände
Nein: 1'407'743 (54,2%) / 20 6/2 Stände

Parolen:
Volksinitiative:
Ja: SVP, SD, EDU, Auto-Partei, Lega.
Nein: FDP, CVP, SP, EVP, CSP, PdA, GP, GLP, BDP; SGB, TravS.
Gegenentwurf:
Ja: FDP, CVP, EVP, GLP, BDP.
Nein: SP (10)*, SVP, CSP, PdA, GP, SD, EDU, Auto-Partei, Lega; SGB (1)*, TravS.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Stichfrage:
für die Volksinitiative: SVP, SD, EDU, Auto-Partei, Lega.
für den Gegenentwurf: FDP, CVP, SP, EVP, PdA, GLP, BDP; SGB, TravS.

Die Vox-Analyse der Abstimmung zeigte, dass der Erfolg der Ausschaffungsinitiative einerseits darauf zurückzuführen ist, dass die SVP-Anhänger konsequent für das Anliegen stimmten; 98% von ihnen legten ein Ja in die Urne. Anderseits fand das Begehren aber auch in bürgerlichen Kreisen Unterstützung. 51% der FDP- und 37% der CVP-Wähler nahmen die Vorlage an. Von den Sympathisantinnen und Sympathisanten der SP stimmten hingegen 88% gegen die Initiative. Beim Gegenvorschlag legten rund zwei Drittel der Wähler von FDP und CVP ein Ja in die Urne. Bei der SP-Anhängerschaft sprach sich rund die Hälfte für den Gegenvorschlag aus. Konsequent abgelehnt wurde dieser von den Sympathisantinnen und Sympathisanten der SVP (94% Nein-Stimmen). Ein entscheidender Grund für die Zustimmung zur Initiative war für viele das Sicherheitsbedürfnis. Im Ja-Lager überwog die Ansicht, die Kriminalität in der Schweiz sei im Wesentlichen ein Ausländerproblem, und damit verbunden war der Wunsch nach einer konsequenteren Ausschaffung straffälliger Ausländer. Das wurde stärker gewichtet als die Zweifel; 52% der Ja-Stimmenden waren nämlich der Meinung, die Initiative lasse sich so gar nicht umsetzen.

Das Parlament beschloss, auf den durch die 2010 erfolgte Annahme der Volksinitiative „Für die Ausschaffung krimineller Ausländer“ hinfällig gewordenen indirekten Gegenvorschlag nicht einzutreten. Der von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung des ehemaligen Direktors des Bundesamtes für Justiz, Heinrich Koller, verfasste Schlussbericht zur Umsetzung der Ausschaffungsinitiative wurde dem Bundesrat im Juni mit vier Varianten präsentiert. In der Arbeitsgruppe zeigten sich fundamentale inhaltliche Differenzen zwischen der SVP, welche auf einer wortwörtlichen Umsetzung der Initiative beharrte, und den Vertretern von Bund und Kantonen. Die Konflikte bezogen sich in erster Linie auf die Frage nach der Gewichtung des Völkerrechts gegenüber dem durch die Annahme der Initiative ausgedrückten Volkswillen. Die erste, von der SVP favorisierte Variante beinhaltet einen automatischen Landesverweis für Ausländer nach einer Verurteilung aufgrund eines im Verfassungstext genannten Delikts. Die weiteren drei Varianten sehen – je nach Strafmass und Delikt – verschiedene Ausnahmen von einer Ausschaffung vor, was dem vom Volk in der Abstimmung abgelehnten Gegenentwurf inhaltlich näher kommt. Die SVP befürchtete – noch bevor überhaupt ein Entscheid des Bundesrats anstand – dass die Ausschaffungsinitiative durch Bund und Parlament verwässert werden könnte. Sie kündigte deshalb an, mit einer neuen Volksinitiative den Wunschtext in der Verfassung verankern zu wollen. Im September nahm der Bundesrat den Bericht der Arbeitsgruppe zur Kenntnis. Die Varianten zur Umsetzung dieses Verfassungstextes sollen bis Mitte 2012 in die Vernehmlassung gegeben werden.

Umsetzung der Ausschaffungsinitiative (BRG 13.056)

Viel zu reden gab die Ausschaffungsinitiative der SVP, die zum Ziel hat, straffälligen Ausländern automatisch das Aufenthaltsrecht zu entziehen. Die Räte entschieden sich gegen eine Ungültigkeitserklärung und rangen sich nach langer Diskussion zu einem direkten Gegenentwurf durch, der die Schwere der Tat mitberücksichtigt. In der Volksabstimmung vom 28. November 2010 wurde die Initiative angenommen und der Gegenvorschlag verworfen. Im Dezember 2010 bildete Bundesrätin Sommaruga eine Arbeitsgruppe, die bis im Juni 2011 darlegen soll, wie die Initiative auf Gesetzesstufe umgesetzt werden soll.

Für die Ausarbeitung eines Ausführungsgesetzes zur Ausschaffungsinitiative setzte die neue Justizministerin Simonetta Sommaruga eine Arbeitsgruppe ein, in welche sie auch zwei Mitglieder aus dem Initiativkomitee einbinden wollte. Das Gremium, welches vom ehemaligen Direktor des Bundesamts für Justiz, Rechtsprofessor Heinrich Koller, geleitet wird, muss Lösungen aufzeigen, wie mögliche Konflikte mit der Verfassung und internationalen Abkommen gemildert oder verhindert werden können. Die SVP forderte die Justizministerin auf, das Mandat der Arbeitsgruppe anzupassen. Sie störte sich daran, dass das Gremium alle Entscheidungen im Konsens treffen müsse und kritisierte auch, dass die Beratungen vertraulich sein sollten und nur das Justizdepartement die Öffentlichkeit hätte informieren dürfen. Nachdem die Justizministerin diesen Forderungen der SVP entsprochen hatte, schickte die Partei die zwei Juristen Gregor Rutz (ZH) und Manuel Brandenberg (ZG) in die Arbeitsgruppe.

Eine Arbeitsgruppe beschäftigte sich mit der Umsetzung der 2010 angenommenen Volksinitiative für die Ausschaffung krimineller Ausländer. Eine Mehrheit der Experten empfahl die Initiative modifiziert umzusetzen, da die Vorschläge der SVP weder mit der Bundesverfassung noch mit dem Völkerrecht vereinbar seien. Die Juristen der SVP wollten jedoch am Wortlaut der Initiative festhalten. 2012 soll eine neue Initiative lanciert werden, deren Text die Umsetzung bereits präzisiert.

Der Bundesrat hat im Mai zwei Varianten zur Umsetzung der Ausschaffungsinitiative in die Vernehmlassung geschickt. Dabei bevorzugt er jene Variante, die eine Konkretisierung des in der neuen Verfassungsbestimmung enthaltenen Deliktkatalogs vorsieht. Ein Landesverweis soll grundsätzlich dann ausgesprochen werden, wenn einer Person aufgrund eines aufgelisteten Delikts eine Freiheitsstrafe von mehr als 6 Monaten verhängt wird. Dadurch werden die internationalen Menschenrechtsverpflichtungen weitgehend eingehalten. Nicht eingehalten werden jedoch Verpflichtungen, die sich aus den Freizügigkeitsabkommen ergeben. Die zweite Variante sähe hingegen eine zwingende Ausweisung auch bei Bagatelldelikten vor.

Au cours de l’année sous revue, les travaux de mise en œuvre de l’initiative pour le renvoi, initiative acceptée par le peuple en 2010, n’ont pas satisfait les membres de l’UDC à l’origine du texte. En effet, le Conseil fédéral a mis en consultation deux variantes: une première variante qui s’éloigne du texte de l’initiative, mais qui évite une trop grande incompatibilité avec la Convention Européenne des droits de l’homme et la libre circulation des personnes, et une deuxième variante, proposée par l’UDC, qui suit minutieusement le texte de l’initiative UDC, mais qui semble incompatible avec le droit international. Afin d’imposer sa propre interprétation de la mise en œuvre et de mettre le gouvernement sous pression, l’UDC a ainsi lancé une initiative populaire fédérale « pour le renvoi effectif des étrangers criminels (initiative de mise en œuvre) ». Le texte a été déposé à la Chancellerie fédérale à la fin de l’année en question.

Afin de trouver une solution pour la mise en œuvre de l’initiative de l’UDC « Pour le renvoi des étrangers criminels », le Conseil fédéral a proposé au parlement des modifications dans le code pénal et le code pénal militaire. La mise en œuvre de cette initiative représente un véritable numéro d’équilibriste pour le gouvernement. En effet, l’initiative de l’UDC, acceptée par le peuple en 2010, est en conflit avec les garanties constitutionnelles de l’Etat de droit, avec les dispositions non impératives des droits de l’homme ainsi qu’avec l’accord sur la libre circulation des personnes. Afin de respecter l’idée de renvoi « automatique » prônée par l’initiative, sans toutefois déroger ni au principe constitutionnel de proportionnalité, ni aux grands traités internationaux, le Conseil fédéral a donc proposé la mise en œuvre suivante: l’étranger condamné sera expulsé pour une durée déterminée, le catalogue des infractions menant à une expulsion sera élargi (notamment concernant la fraude à l’aide sociale), toute peine de prisons de plus de six mois mènera à l’expulsion, sauf si l’expulsion engendrerait une violation grave des droits de l’homme. En refusant d’appliquer le principe de renvoi automatique pour les peines de prison de moins de six mois, le Conseil fédéral a cherché à minimiser les incompatibilités avec le droit international. Malgré cette recherche de compromis, la proposition a attiré les foudres des deux côtés de l’échiquier politique. Alors que la gauche a critiqué le texte pour cause de violation du droit international, la droite a critiqué le non-respect de la volonté populaire. De plus, la proposition du Conseil fédéral s’inscrit dans un contexte politique particulier. En effet, frustrée de voir son initiative perdre de sa rigueur, l’UDC avait lancé une initiative populaire « pour le renvoi effectif des étrangers criminels (initiative de mise en œuvre) ». Déposée en 2012 à la chancellerie fédérale, cette initiative pourrait, en cas d’acceptation, supplanter les dispositions prises par le Conseil fédéral. Ce dernier a d’ailleurs proposé au parlement de rejeter ladite initiative. En effet, en se focalisant sur l’automatisme du renvoi, l’initiative exclut tout examen au cas par cas, alors que cet examen est nécessaire pour répondre au principe de proportionnalité. De plus, le Conseil fédéral a conseillé au parlement de déclarer cette initiative partiellement nulle, car elle utiliserait une définition trop restrictive des règles impératives du droit international. Cette proposition du Conseil fédéral, une première en son genre, a été qualifiée d’ « antidémocratique » par l’UDC. En octobre de l’année sous revue, la commission des institutions politiques du Conseil national (CIP-CN) a exprimé sa préférence pour la version de l’UDC. La majorité de la commission a en effet choisi de concrétiser la variante dure proposée par l’UDC par 14 voix contre 8 et 1 abstention.

Der Nationalrat beriet als Erstrat die Botschaft zur Umsetzung der Ausschaffungsinitiative, die der Bundesrat im Juni 2013 zuhanden des Parlaments verabschiedet hatte. Der ursprüngliche Lösungsvorschlag des Bundesrates hatte versucht, zwischen dem anvisierten Ausweisungsautomatismus, dem Verhältnismässigkeitsprinzip sowie den Menschenrechtsgarantien zu vermitteln. So sollte unter anderem nur ab einer Mindeststrafe von sechs Monaten Freiheitsentzug eine Landesverweisung ausgesprochen werden können. Auf Antrag des FDP-Präsidenten Müller arbeitete jedoch der Bundesrat eine zweite Variante aus, die sich stärker am Text der Durchsetzungsinitiative orientierte. Bei den Beratungen im Nationalrat war das Damoklesschwert der Durchsetzungsinitiative allgegenwärtig spürbar. So entschied sich die Mehrheit der grossen Kammer mit 106 gegen 65 Stimmen von Seiten der SP, Grünen und einer Grossmehrheit der GLP bei 11 Enthaltungen schliesslich dafür, der SVP gewisse Konzessionen zu machen. Damit sollte eine Annahme der Durchsetzungsinitiative und damit die Verankerung eines Deliktkatalogs in der Bundesverfassung verhindert werden. Der Ausschaffungs-Automatismus sollte bei gewissen, aufgelisteten Delikten Eingang in die Gesetzgebung finden. Ein Mindeststrafmass sollte keine Voraussetzung für eine Ausschaffung sein und der Behörde sollte auch kein Ermessensspielraum eingeräumt werden. Mit dieser harten Linie wollten die Mitteparteien zum einen den Volkswillen umsetzen; die Stimmbürger hätten die Initiative im Wissen um die rechtsstaatlich heiklen Bestimmungen angenommen. Zum anderen gelte es, einen erneuten Urnengang über kriminelle Ausländer vor den eidgenössischen Wahlen zu vermeiden, da dieser nur der SVP nützen würde. Falls der Ständerat den Beschlüssen bezüglich der Ausschaffungsinitiative des Nationalrats folge, wäre der Rückzug der Durchsetzungsinitiative möglich, stellte SVP-Präsident Brunner in Aussicht. Dies schien jedoch nicht der Fall zu sein. Bereits im Sommer 2014 kündigte die ständerätliche Kommission an, bei der Umsetzung einen eigenen Weg einschlagen zu wollen. Gesucht wurde ein Mittelweg zwischen dem bundesrätlichen und dem nationalrätlichen Vorschlag. Da diese Suche jedoch länger dauerte als angenommen, konnte die Vorlage erst in der Wintersession weiterbehandelt werden. Die ständerätliche Kommission präsentierte ihrem Rat einen Entwurf, der, sich am Initiativtext orientierend, unabhängig von der tatsächlich ausgesprochenen Strafe für bestimmte schwere Straftaten einen 5 bis 15-jährigen Landesverweis vorsah. Bei anderen Delikten sollte jedoch eine differenziertere Regelung ermöglicht werden. Unter sehr eingeschränkten Bedingungen sollte das Gericht bei schweren persönlichen Härtefällen von einer Ausschaffung absehen können. Die Härtefallklausel, welche den Kern der ständerätlichen Vorlage darstellte, war im Wesentlichen mit Blick auf die Secondos formuliert worden. Ein Minderheitsantrag der Linken, der ein grundsätzliches Ausschaffungsverbot für Secondos forderte, wurde abgelehnt. Um die Gesetzesvorlage noch vor der Durchsetzungsinitiative verabschieden zu können, sollte das Gesetz als indirekter Gegenvorschlag deklariert werden, wodurch sich die Behandlungsfrist für die Durchsetzungsinitiative verlängern würde. Der Ständerat wollte sich nicht von der „Angstmacherei“ leiten lassen und folgte dem Antrag seiner Kommission mit 28 zu 3 Stimmen. Die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative war zudem einer der Anstösse für die Lancierung einer SVP-Volksinitiative „Schweizer Recht geht fremdem Recht vor“.

Bei der Differenzbereinigung zur Umsetzung der Ausschaffungsinitiative war zu Beginn der Frühjahrssession 2015 der Nationalrat an der Reihe. Im Vorjahr hatte die grosse Kammer zuerst auf eine harte Linie gesetzt, um so allenfalls die Abstimmung über die Durchsetzungsinitiative zu verhindern. Der Ständerat hatte jedoch nichts von dieser Strategie gehalten und einen Mittelweg zwischen dem Entwurf des Bundesrates und jenem des Nationalrates eingeschlagen. Für die erneute Beratung im Nationalrat lagen nun prinzipiell zwei Konzepte auf dem Tisch: Die Mehrheit der SPK-NR schlug vor, der Version des Ständerates zu folgen; demgegenüber wollte eine Kommissionsminderheit aus Mitgliedern der SVP-Fraktion am letzten Beschluss des Nationalrates festhalten. Die Umsetzung nach Vorschlag des Ständerates verwässere die Absicht der Initiative – nämlich eine deutliche Änderung der Praxis – bis zur Unkenntlichkeit und sei darum im Sinne des Volkswillens klar abzulehnen, so die Begründung der Minderheit. Ein zweiter Antrag derselben Minderheit wollte nicht das gesamte Konzept stürzen, aber wenigstens die vom Ständerat eingeführte sogenannte Härtefallklausel streichen. Die umstrittene Klausel bildet das eigentliche Herzstück des ständerätlichen Entwurfes und sieht vor, dass das Gericht ausnahmsweise von einer Landesverweisung absehen kann, «wenn diese für den Ausländer einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen.» Vertreter der SVP argrumentierten, eine solche Härtefallklausel sei nicht mit dem Volkswillen vereinbar, da das Volk selbst eine solche mit dem direkten Gegenvorschlag zur Ausschaffungsinitiative abgelehnt habe. Die Befürworter der Klausel betonten indessen, die Klausel im vorliegenden Entwurf sei strikter formuliert und gestehe dem Gericht viel weniger Handlungsspielraum zu als die Regelung, welche im direkten Gegenvorschlag vorgesehen gewesen wäre. Die Fassung des Ständerates stelle somit trotz allem eine Verschärfung gegenüber der heutigen Praxis und auch gegenüber dem abgelehnten Gegenvorschlag dar, da der Ausschaffungsautomatismus wie im Initiativtext vorgesehen darin enthalten sei. Die Härtefallklausel diene allein dazu, gröbste Verletzungen rechtsstaatlicher Prinzipien sowie des Völkerrechts zu vermeiden. Die beiden Minderheitsanträge wurden neben der geschlossenen SVP-Fraktion auch von einzelnen Vertretern der FDP und der CVP unterstützt, unterlagen jedoch mit je einer Zweidrittelmehrheit dem Mehrheitsantrag. Mit diesen Entscheiden machte der Nationalrat eine Kehrtwende und folgte dem vom Ständerat eingeschlagenen Weg. Damit wurde die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative endgültig von der bevorstehenden Abstimmung über die Durchsetzungsinitiative entkoppelt. Die restlichen Änderungsanträge waren weit weniger umkämpft, weil mehrheitlich redaktioneller Natur oder aber kohärent aus dem grundsätzlichen Bekenntnis zum Entwurf des Ständerates folgend. Damit erhielt die kleine Kammer ihre Vorlage fast unverändert zurück und stimmte ihr stillschweigend zu. In der Schlussabstimmung wurde die so erarbeitete Lösung in beiden Räten deutlich angenommen. Der Ständerat votierte mit 36 zu 3 Stimmen bei 5 Enthaltungen dafür, während der Nationalrat mit 109 zu 68 Stimmen bei 18 Enthaltungen zustimmte. Dagegen sprachen sich in der grossen Kammer die geschlossene Fraktion der SVP, die Mehrheit der Grünen sowie einzelne Vertreter der FDP aus.
SVP-Parteipräsident Toni Brunner (svp, SG) zeigte sich enttäuscht über dieses Resultat, aber gleichzeitig durchaus siegessicher in Bezug auf die bevorstehende Abstimmung über die Durchsetzungsinitiative. Das Referendum gegen das beschlossene Gesetz werde die SVP trotz Unzufriedenheit nicht ergreifen, weil diese Arbeit ohnehin obsolet sei, wenn die Durchsetzungsinitiative angenommen werde. Die Durchsetzungsinitiative wird erst nach Inkrafttreten des Umsetzungsgesetzes zur Ausschaffungsinitiative zur Abstimmung gelangen.