In Form eines einfachen Bundesbeschlusses haben die Räte jeweils die aufgrund von kantonalen Volksabstimmungen geänderten kantonalen Verfassungen zu gewährleisten. Bedingung ist dabei, dass die kantonalen Änderungen bundesrechtskonform sind. In der Regel geben diese Gewährleistungen kaum Anlass zu grösseren Ratsdebatten (BRG 11.064). Ausnahme dieser Regel stellte im Berichtjahr die mit der kantonalen Abstimmung vom 15.5.2011 angenommene totalrevidierte Verfassung des Kantons Schwyz dar. Als problematisch im Sinne der Bundesrechtskonformität erwies sich dabei die Neuregelung für die Wahlen in den Kantonsrat. Diese sieht vor, dass jede Gemeinde einen Wahlkreis bildet und Anspruch auf mindestens einen Sitz haben soll. Die Wahlen werden neu im Proporzsystem durchgeführt. In seiner Botschaft beantragte der Bundesrat, die neue Schwyzer Verfassung in diesem Punkt nicht zu gewährleisten, da die Idee von Verhältniswahlen – die möglichst unverfälschte Übersetzung des Wählerwillens in Sitzanteile – aufgrund des hohen natürlichen Quorums in den kleinen Wahlkreisen nicht umgesetzt sei. Wegen der unterschiedlichen Grösse der Wahlkreise komme nicht jeder Wählerstimme das gleiche politische Gewicht zu. Die Regierung stützte sich dabei auf einen Bundesgerichtsentscheid, der natürliche Quoren von über 10% als unvereinbar mit einem Proporzwahlverfahren betrachtete. Dies sei in 27 der 30 Schwyzer Gemeinden der Fall, wobei in den 13 Gemeinden mit nur einem Sitz faktisch gar nicht nach Verhältniswahl gewählt werden könne. Im Ständerat löste der Antrag des Bundesrats in der Wintersession eine engagierte Debatte aus. Die eine Seite gewichtete den demokratisch gefällten Entscheid der Schwyzer Stimmbevölkerung als höher. Die Schwyzerinnen und Schwyzer hätten sich mit der Annahme der Verfassung für die Sitzgarantie der kleinen Gemeinden und das – explizit in der Verfassung erlaubte – Mischverfahren zwischen Majorz- und Proporzsystem entschieden. Weder das Bundesgericht noch das Parlament dürfe sich in die kantonale, direktdemokratisch legitimierte Autonomie einmischen. Auf der anderen Seite wurde argumentiert, dass das Parlament seine Verantwortung und seinen in der Verfassung verankerten Auftrag wahrnehmen müsse und nicht bundesrechtskonforme Verfassungen nicht gewährleisten dürfe. Mit 24 zu 20 Stimmen obsiegte in der kleinen Kammer schliesslich der Antrag der Kommissionsminderheit, die Schwyzer Verfassung integral zu gewährleisten. Damit ging das Geschäft an den Nationalrat, bei dem es für das Jahr 2013 traktandiert war. Der Schwyzer Kantonsrat wollte jedoch nicht auf den Entscheid des nationalen Parlaments warten und setzte die Verfassung auf den 1.1.2013 provisorisch in Kraft.
- Mot-clés
- Date
- 13 décembre 2012
- Type
- Objet du conseil fédéral
- n° de l'objet
- 12.070
- Acteurs
- Sources
-
Afficher
- BBl, 2012, S. 7913 ff.; AB SR, 2012, S 957 ff.; Bundesgerichtsentscheid: 136 I 376; NZZ, 13.12.12.
de Marc Bühlmann
Modifié le 29.03.2023
Modifié le 29.03.2023