Investitionshilfegesetz für Berggebiete (BRG 83.048)

Die Massnahmen der Strukturpolitik sehen sich in der Regel weniger grossen Einwänden ausgesetzt als die konjunkturpolitisch motivierten Staatsinterventionen. Die Notwendigkeit der teilweisen Behebung der Standortnachteile von Berg- und Randregionen wird aus staats- und raumordnungspolitischen Gründen in weiten Kreisen anerkannt. Von den Bundesunterstützungen für Diversifikationsvorhaben in wirtschaftlich einseitig strukturierten Gegenden profitiert nun auch das südöstliche Bodenseeufer (Teile der Kantone St. Gallen und Thurgau). Das Schwergewicht dieser Massnahmen entfällt aber immer noch auf die Uhrenregionen, befinden sich doch mehr als drei Viertel der 41 bisher unterstützten Projekte in diesem Raum. Eine direkte Massnahme zur Förderung der Uhrenindustrie – die den Bund allerdings nichts kostet – besteht in der staatlich verbürgten Qualitätskontrolle, deren Fortführung um zehn Jahre der Bundesrat dem Parlament vorschlägt. Weitere acht Bergregionen erhielten durch die Genehmigung ihrer Entwicklungskonzepte die Berechtigung, finanzielle Beihilfe gemäss dem Investitionshilfegesetz für Berggebiete (IHG) zu beziehen.

Das im Gegensatz zur geplanten IRG unumstrittene Investitionshilfegesetz für Berggebiete (IHG) konnte im Berichtsjahr sein zehnjähriges Bestehen feiern, was Anlass zu einem Rückblick bot. Rund zwei Drittel des Territoriums der Schweiz mit etwa einem Viertel der Gesamtbevölkerung dürfen heute Beihilfen gemäss IHG in Anspruch nehmen. Für mehr als 2'000 Infrastrukturvorhaben konnten bisher zinsverbilligte Darlehen von gegen CHF 550 Mio zugesichert werden. Damit gelang es, in strukturell benachteiligten Regionen ein Investitionsvolumen von ca. CHF 3.5 Mia. auszulösen. Die Auswirkungen der Regionalpolitik und darüber hinaus auch diejenigen der Gesamtheit der staatlichen Handlungen sind während der vergangenen acht Jahre im Rahmen des grossangelegten Nationalen Forschungsprogramms «Regionalprobleme der Schweiz» untersucht worden. Den spezifischen regionalpolitischen Instrumenten konnte in diesen Analysen ein recht gutes Zeugnis ausgestellt werden. Räumliche Effekte, die vielfach ungewollt sind, haben allerdings auch die meisten übrigen staatlichen Handlungen zur Folge. Die Untersuchungen zeigten, dass durch diese die bestehenden regionalen Ungleichgewichte oft noch verstärkt und damit die Ziele der Strukturpolitik gefährdet werden.

Der 1984 vom Parlament beschlossene Ausbau der regional- und strukturpolitischen Instrumente wurde auf den 15. April in Kraft gesetzt.

Das EVD hat als letztes regionales Entwicklungskonzept dasjenige des Val-de-Ruz (NE) genehmigt. Damit verfügen alle 54 ausgeschiedenen Bergregionen über ein vom Bund anerkanntes Planungsinstrument, welches die Voraussetzung für die Ausrichtung von Bundesbeiträgen im Rahmen des Investitionshilfegesetzes für Berggebiete (IHG) bildet. Die Interessenvertreter der Berggebiete stellten an einer gemeinsamen Pressekonferenz ihre politischen Schlüsse aus den im Vorjahr präsentierten Ergebnissen des Nationalen Forschungsprogramms «Regionalprobleme der Schweiz» vor und verlangten eine Neuorientierung der Regionalpolitik. Wie diese aussehen sollte, blieb allerdings, mit Ausnahme der Forderung um Aufstockung des Investitionshilfefonds von CHF 800 auf 1'200 Mio, noch recht unbestimmt.

Innovationsrisikogarantie (BRG 83.048)

Wie bereits während der parlamentarischen Behandlung abzusehen war, ergriffen die Gegner der IRG unter Anführung des Gewerbeverbandes, dem sich mit dem Vorort auch die andere grosse Unternehmerorganisation anschloss, das Referendum. Dabei stützten sie sich neben den bereits erwähnten ordnungspolitischen Argumenten auch auf Umfragen unter ihren Mitgliedern, die diese Art staatlicher Innovationsförderung mehrheitlich ablehnten. Dieses Desinteresse ist freilich nicht überraschend, da einerseits nur ein kleiner Teil von ihnen im allein begünstigten Bereich der Entwicklung technologisch fortgeschrittener Produkte, Verfahren und Dienstleistungen tätig ist und ihnen andererseits von derartigen Innovationen unliebsame Konkurrenz erwachsen kann. Die Banken, denen bei der Aufbringung und Vermittlung von Investionskapital eine wichtige Rolle zukommt, haben gegen die IRG in ihrer redimensionierten Form keine grundlegenden Einwände, obwohl auch sie generelle fiskalische Entlastungen für Risikokapital vorziehen würden.

Da der Gewerbeverband mit Unterstützung des Vororts erfolgreich das Referendum gegen die Innovationsrisikogarantie (IRG) ergriffen hatte, kam es auf dem Gebiet der Strukturpolitik im Berichtsjahr zu einer Volksabstimmung. Die Fronten waren spätestens seit der Parlamentsdebatte von 1984 bezogen und auch neue Argumente tauchten im Abstimmungskampf keine mehr auf. Von Anfang an war klar, dass die Auseinandersetzung nicht die an sich geringe Summe zum Thema hatte, die der Staat zur Risikoabdeckung zur Verfügung stellen wollte, sondern die grundsätzliche Frage nach der Rolle des Staates im Wirtschaftssystem. Nach den Befürwortern handelte es sich bei der angestrebten staatlichen Rückversicherung für die Anbieter von Risikokapital zugunsten technologisch fortschrittlicher Projekte um eine wichtige Hilfe für kleinere Unternehmen. Diese Massnahme würde ihrer Meinung nach nicht nur die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Gegenwart förden, sondern auch verhindern helfen, dass die Schweiz künftig im weltweiten Konkurrenzkampf ins Hintertreffen gerät. In den Augen der Gegner sind derartige Stützungsmassnahmen völlig inopportun, da erstens kein technologischer Rückstand der einheimischen Industrie auszumachen sei und zweitens ernsthafte Probleme bei der Finanzierung von erfolgversprechenden Projekten nicht bestehen würden. Die Wirtschaft erwarte vom Staat keine Hilfestellung bei unternehmerischen Investitionsentscheiden, sondern Zurückhaltung in der Steuerpolitik, den Abbau von administrativen Vorschriften und die Förderung der Forschung und Ausbildung.

Im Sinne einer allgemeinen Begünstigung von Risikokapital überwies der NR eine Motion Feigenwinter (cvp, BL), welche unter anderem die Aufhebung bzw. Reduktion der Emissionsabgabe bei der Bildung von neuem Risikokapital bei Aktiengesellschaften verlangt

Von den Parteien und Verbänden sprachen sich die CVP, die SP, der Landesring und die PdA sowie die beiden Gewerkschaften SGB und CNG für die Innovationsrisikogarantie aus, FDP, SVP, Liberale, EVP, NA und POCH bekämpften sie ebenso wie der Vorort und der Gewerbeverband. Abweichende Losungen gaben folgende Kantonalsektionen aus: LdU/SH, CVP/ZG (Nein) sowie FDP/GE, SVP/GR, LP/NE, EVP/SG (Ja). Das Nein der POCH orientierte sich an wachstumskritischen Argumenten.

Am 22. September lehnte der Souverän die Vorlage mit 695'288 : 917'507 Stimmen recht deutlich ab. Eine klare Zustimmung ergab sich lediglich in den Kantonen Jura, Neuenburg, Genf und Tessin; damit zeigte sich einmal mehr, dass die deutschsprachige Schweiz staatliche Eingriffe ins Wirtschaftssystem spürbar kritischer beurteilt. Eine Nachanalyse auf Befragungsbasis ergab, dass die Stimmbürger über die IRG zwar angesichts des komplexen Inhalts recht gut informiert waren, dass sie sich in ihrer grossen Mehrheit davon jedoch kaum stark betroffen fühlten. Nach der Abstimmung konnte als Fazit zumindest festgehalten werden, dass die Diskussion über die IRG dazu geführt hatte, dass gewisse Probleme kleiner und mittlerer Firmen bei der Beschaffung von Risikokapital erkannt und von Kantonal- und Geschäftsbanken entsprechende Lösungsmodelle ausgearbeitet worden sind.


Abstimmung vom 22.09.1985

Beteiligung: 40.87%
Ja: 695'288 (43.11%) / Stände: 5.5
Nein: 917'507 (56.89%) / Stände: 17.5

Parolen:
- Ja: CVP (2*), LdU (1*), PdA, SPS (1*), GPS; SGB, CNG
- Nein: EVP (1*), FDP (2*), LPS (1*), NA, POCH, SVP (1*), EDU; Vorort, SGV
- Stimmfreigabe:
*In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen


Im Nationalrat regte der Freisinnige Bonny (BE) mit einem Postulat die schwergewichtige Ausrichtung dieses Bundesamtes auf Fragen im Zusammenhang mit der Technologieförderung an.

Beschäftigungsprogramm (BRG 83.003)

Die befriedigende Konjunkturlage erlaubte es den zuständigen Behörden, ihre im wesentlichen auf die Erhaltung einer relativen Preisstabilität ausgerichtete Konjunkturpolitik fortzuführen. Die Ausdehnung der bereinigten Notenbankgeldmenge blieb mit 2.2 Prozent unter den ursprünglich als Richtwert angegebenen drei Prozent. Sie näherte sich damit jener Grösse von zwei Prozent an, welche die Behörden über längere Zeit einhalten möchten, um eine Übereinstimmung von realem Wirtschaftswachstum und Geldmengenexpansion zu erreichen. Für das Jahr 1986 peilt die Nationalbank im Einvernehmen mit dem Bundesrat ein Geldmengenziel von rund +2 Prozent an. Die noch verbleibende Arbeitslosigkeit ist gemäss übereinstimmender Meinung von Bundesrat und Fachleuten struktureller Art und kann mit nachfrageorientierten Interventionen wie staatlichen Beschäftigungsprogrammen nicht dauerhaft beseitigt werden.

Revision des Bundesgesetzes über die Förderung des Hotel- und Kurortskredites (BRG. 87.039)

Förderungsmassnahmen für die Hotellerie und das Gastgewerbe werden in der Schweiz weniger als Hilfe an einen bestimmten Wirtschaftszweig, denn als regionalpolitisches Instrument betrachtet. Dies wurde besonders deutlich bei der Revision des «Bundesgesetzes über die Förderung des Hotel- und Kurortskredites» und einem dazugehörigen Finanzierungsbeschluss. Der Bundesrat verfolgte mit dieser Vorlage im wesentlichen drei Ziele: Die Aufstockung der Bundesdarlehen an die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredite (SGH) um CHF 80 Mio für die nächsten zehn Jahre, die zeitliche Erstreckung der Zinsverbilligungsmassnahmen sowie die Ausdehnung dieser Massnahmen auf gewisse Tourismusregionen, die nicht im Berggebiet liegen. Bereits im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens hatten der Vorort und vor allem der Arbeitgeberverband – nicht aber der Gewerbeverband – ordnungspolitische Einwände gegen die staatliche Subventionierung von privaten Unternehmen angemeldet. Diese Kritik – gepaart mit ökologischen Einwänden gegen die Tourismusförderung – wurde im Nationalrat auch von Vertretern des LdU, der POCH und der Grünen sowie einem Freisinnigen (Auer, BL) vorgebracht, ein Nichteintretensantrag Fierz (gp, BE) scheiterte jedoch mit 118:16 Stimmen deutlich. Für die Regierungsparteien überwogen die regionalpolitischen Argumente zugunsten der Vorlage, obwohl auch in ihren Voten Zweifel an der Systemkonformität und am Nutzen dieser Finanzbeihilfen für die Renovation von Beherbergungsbetrieben nicht zu überhören waren.