Teilrevision des Bankengesetzes (BRG 10.049)

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Die Vorschläge zu einer privatrechtlichen Lösung im Umgang mit nachrichtenlosen Vermögen, die das EJPD 2009 in die Vernehmlassung geschickt hatte, fanden keinen Sukkurs. Dies, nachdem bereits in den Jahren zuvor der öffentlich-rechtliche Ansatz über ein entsprechendes Bundesgesetz keine Akzeptanz gefunden hatte. Deshalb sah der Bundesrat davon ab, das Problem einer Gesamtlösung zuzuführen. Stattdessen entschied er sich zu einer Zusatzbotschaft im Rahmen der anstehenden Teilrevision des Bankengesetzes (BankG). Demnach soll das Bankengesetz mit einer Bestimmung über die Liquidation nachrichtenloser Vermögenswerte ergänzt werden. Diese eröffnet den betroffenen Finanzinstituten die Möglichkeit einer Liquidation solcher Vermögen nach vorgängiger Publikation. Ohne Reaktion auf die Publikation soll der Anspruch allfälliger Berechtigter an den Vermögenswerten erlöschen und der Erlös an den Bund fallen. Die Beratung der Zusatzbotschaft in der nationalrätlichen Wirtschafts- und Abgabekommission (WAK-NR) steht im nächsten Jahr an.

Dossier: Too-big-to-fail (TBTF) nach der Finanzkrise 2008

Im Zusammenhang mit der Finanzmarktkrise hatte das Parlament Ende 2008 eine dringliche Änderung des Bankengesetzes (BankG) beschlossen. Zum verbesserten Schutz von Bankeinlagen waren fünf auf Ende 2010 befristete Massnahmen ergriffen worden. Nachdem der Entwurf eines Bundesgesetzes über die Sicherung von Bankeinlagen in der Vernehmlassung gescheitert war, beschloss der Bundesrat, nur die unbestrittenen Massnahmen (Sanierungsverfahren, Auszahlungsfrist, Insolvenzregeln) umzusetzen und die befristeten Regelungen über eine Teilrevision des Bankengesetzes in dauerhaftes Recht zu überführen. Im Mai unterbreitete er dem Parlament die entsprechende Botschaft. Um den nötigen Zeitrahmen für die Revisionsarbeit samt einzuhaltender Referendumsfrist zu schaffen, wurde die Gültigkeitsdauer der Dringlichkeitsmassnahmen per Bundesbeschluss auf Ende 2012 verlängert. Als Erstrat beschäftigte sich nur der Ständerat 2010 mit der Teilrevision des Bankengesetzes. Eintreten wurde ohne Gegenvorschlag beschlossen. In der Detailberatung folgte die kleine Kammer mit einer kleinen Ausnahme (rechtliche Verbindlichkeit der im Rahmen von Swap-Geschäften eingegangen Netting-Vereinbarungen auch im Sanierungs- und Liquidationsfall) dem Entwurf des Bundesrats und verabschiedete diesen einstimmig.

Dossier: Too-big-to-fail (TBTF) nach der Finanzkrise 2008

Im Dezember 2008 war unter dem Eindruck der sich verschärfenden Bankenkrise der Einlegerschutz per dringlichem Bundesgesetz verbessert worden. Diese Massnahmen waren im Jahr 2010 bis maximal Ende 2012 verlängert worden. Der Bundesrat strebte jedoch eine Überführung der damals getroffenen Regelung in ordentliches Recht an. Dies, nachdem ein vertiefter Umbau des Einlegerschutzes (öffentlichrechtlicher Einlagesicherungsfonds, Bundesgarantie) schon nach der Vernehmlassung nicht weiter verfolgt wurde, weil er als nicht mehrheitsfähig eingestuft worden war. Die Beratungen zum bundesrätlichen Vorschlag wurden 2011 zu einem erfolgreichen Abschluss geführt. Der verstärkte Einlegerschutz von 2008, der in ordentliches Recht überführt wurde, enthält folgende Kernelemente: Die Summe der geschützten Einlagen wurde von CHF 30'000 auf CHF 100'000 pro Einleger erhöht. Die Banken wurden verpflichtet, Schweizer Aktiven von mindestens 125 Prozent der privilegierten Einlagen zu halten. Drittens wurde die Gesamtheit der garantierten Summe (Systemobergrenze) von CHF vier Mrd. auf CHF sechs Mrd. erhöht. In der Eintretensdebatte wurde unter anderem der Nichteintretensantrag der SP-Fraktion abgelehnt. Sie forderte vergeblich eine Ergänzung der Vorlage mit Bestimmungen zum Kleinanlegerschutz. Ebenso scheiterte in den Detailberatungen der von der Linken unterstützte Minderheitsantrag, hinsichtlich Einrichtung eines privatenrechtlichen Einlagensicherungsfonds. Die Gegner verwiesen auf dessen negative Beurteilung in der Vernehmlassung und die Kosten der Fondslösung. Der nationalrätliche Kommissionsantrag (WAK-NR), die Gesamtsumme der garantierten Einlagen periodisch anzupassen, setzte sich zwar gegen den Minderheitsantrag der Ratslinken durch, welche die gesetzliche Erhöhung der garantierten Summe auf CHF zehn Mrd. forderte, scheiterte aber im Ständerat. Als wichtige Neuregelung soll die Weiterführung einzelner Bankdienstleistungen neu auch im Konkursfall ermöglicht werden. Dazu sollen die relevanten Abteilungen eines konkursiten Instituts auf eine andere Bank übertragen werden können. Bisher sah das Gesetz vor, einzelne Dienstleistungsabteilungen der Bank bis zum definitiven Entscheid über die Zukunft der Bank weiterzuführen, diese aber im Konkursfall ebenfalls zu liquidieren.

Dossier: Too-big-to-fail (TBTF) nach der Finanzkrise 2008

Der Bundesrat hatte bereits 2010 in einer Zusatzbotschaft zum genannten Geschäft einen erneuten Anlauf genommen, Regelungen im Zusammenhang mit nachrichtenlosen Vermögen zu treffen. Der Entwurf wurde im Berichtsjahr von der nationalrätlichen Wirtschafts- und Abgabekommission (WAK-NR) behandelt und leicht modifiziert. Die Vorlage wird im 2012 von den Räten behandelt werden.

Dossier: Too-big-to-fail (TBTF) nach der Finanzkrise 2008

Im Berichtsjahr wurde die im Zusammenhang mit der Revision des Bundesgesetzes über Banken und Sparkassen (BankG) publizierte Zusatzbotschaft zu den nachrichtenlosen Vermögen (Entwurf 3) in den Räten diskutiert. Die Entwürfe 1 und 2, die die Verstärkung des Einlegerschutzes und die Sicherung der Einlagen betrafen, waren bereits 2011 angenommen worden. Der Bundesrat unternahm mit der Zusatzbotschaft einen erneuten Anlauf, eine Gesamtlösung für das seit Jahren ungelöste Problem der nachrichtenlosen Vermögen zu präsentieren. Ein im Jahr 2000 lanciertes Bundesgesetz über nachrichtenlose Vermögen war 2004 ebenso gescheitert wie eine 2009 in die Vernehmlassung geschickte Vorlage, die einen privatrechtlichen Lösungsansatz vorgesehen hatte. Die neuste Vorlage wollte den Banken ermöglichen, übernommene nachrichtenlose Vermögen nach vorgängiger Publikation zu liquidieren, wodurch die Ansprüche der berechtigten Personen erlöschen sollten. Die Vermögen, welche gesamthaft auf rund CHF 400 Mio. geschätzt wurden, sollten an den Bund fallen, der in keinem Fall zur Rückerstattung der Vermögen verpflichtet sein sollte – auch nicht, wenn sich der rechtmässige Gläubiger nach Publikation und Liquidation der Vermögenswerte melden würde. Im Nationalrat (Erstrat) wurde der bundesrätliche Vorschlag in zentralen Punkten angepasst. Grundsätzlich wollte die Regierung nach 50 Jahren allen Banken die Möglichkeit der Liquidation zusprechen, für Beträge unter CHF 100 auch ohne vorgängige Publikation. Der von der SP, den Grünen und Teilen der SVP und CVP unterstützte Mehrheitsantrag sah im Gegensatz zum Bundesrat jedoch vor, dass die berechtigten Personen ihre Ansprüche während 50 Jahren nach Liquidation weiterhin beim Bund geltend machen konnten (zweistufiges Verfahren). Befürworter dieses Forderungsrechts gegenüber dem Bund argumentierten, dass es moralisch fragwürdig sei, wenn eine berechtigte Person nach Liquidation ihrer Vermögenswerte dieses nicht mehr geltend machen könnte, obwohl sie beweisen könnte, dass die Forderung (gegenüber der Bank) bestanden hatte. Der Bundesrat verteidigte seinen Entwurf mit dem Argument, dass die Dokumentation einen «riesigen» Verwaltungsaufwand generieren würde und der Bund mögliche Prozessrisiken zu tragen hätte. Der Ständerat befasste sich in der Herbstsession mit dem Geschäft. Er beschloss, in Differenz zum Nationalrat, in Sachen Forderungsrecht der Gläubiger dem Bundesrat zu folgen. Betreffend der Regelung, wonach alle Banken nach 50 Jahren das Recht zur Liquidation von nachrichtenlosen Vermögen zugestanden werden sollte, stimmte der Ständerat dem nationalrätlichen Vorschlag zu, hob allerdings die Grenze der ohne vorgängige Publikation liquidierbaren Vermögen auf CHF 500 an, was in der zweiten Beratung vom Nationalrat akzeptiert wurde. Wiederum keine Mehrheit fand jedoch das einstufige, vom Bundesrat favorisierte Verfahren, das den Gläubigern nach Liquidation der Vermögenswerte kein Forderungsrecht gegenüber dem Bund einräumen wollte. Diese Differenz blieb bis zum Jahresende bestehen, weil auch der Ständerat in seiner zweiten Beratung Festhalten beschloss. Das Geschäft muss 2013 weiter beraten werden.

Dossier: Too-big-to-fail (TBTF) nach der Finanzkrise 2008

In der Frühjahrssession 2013 befasste sich der Nationalrat bereits zum dritten Mal mit der bundesrätlichen Vorlage zur Änderung des Bankgesetzes (BankG) im Zusammenhang mit den nachrichtenlosen Vermögen (Entwurf 3). Die Entwürfe 1 und 2 waren bereits 2011 verabschiedet worden und hatten die Verstärkung des Einlegerschutzes und die Sicherung der Einlagen betroffen. Der bundesrätliche Entwurf sah vor, dass nachrichtenlose Vermögen (ein Vermögen galt als nachrichtenlos, wenn zehn Jahre kein Kontakt zu den anspruchsberechtigen Personen bestand), nach 50 Jahren, unter Einhaltung einer vorgängigen Publikation (Frist: zwei Jahre) liquidiert werden konnten. Für Beträge unter CHF 500 hatte der Ständerat mit Einverständnis des Nationalrats bereits 2012 eine Befreiung von der Publikationspflicht eingefügt. Im Gegensatz zum Ständerat hatte der Nationalrat jedoch die Absicht, ein zweistufiges Verfahren vorzuschreiben. Dieses sollte den anspruchsberechtigten Personen während weiterer 50 Jahre ein Anspruchsrecht beim Bund einräumen. In der nationalrätlichen Debatte hielten Vertreter der SP und Grünen sowie Teile der SVP erneut fest, dass die Verwaltung der bei den Banken liquidierten Gelder für weitere 50 Jahre durch den Bund aufgrund der Zinserträge ertragsneutral durchgeführt werden könnte. Ein zweistufiges Verfahren würde demnach keine Kosten verursachen, jedoch mögliche Reputationsschäden von der Schweiz abwenden. Die Gegner des zweistufigen Verfahrens verwiesen auf das zuletzt einstimmig bestätigte einstufige Verfahren im Ständerat. Sie erwarteten deshalb, dass das vom Nationalrat bevorzugte zweistufige Verfahren in der Einigungskonferenz nur wenige Chancen hätte. Zudem sei die Beweisführung nach mehr als 50 Jahren schwierig. Mit Unterstützung der Mitteparteien und rund der Hälfte der SVP passierte das vom Stände- und Bundesrat favorisierte einstufige Verfahren mit 100 zu 88 Stimmen, worauf die Vorlage in der Schlussabstimmung mit 35 zu 1 Stimme (6 Enthaltungen) im Ständerat und mit 112 zu 75 Stimmen im Nationalrat verabschiedet wurde.

Dossier: Too-big-to-fail (TBTF) nach der Finanzkrise 2008