Änderungen im Steueramtshilfegesetz

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Die verkürzte Vernehmlassung zu den Änderungen im Steueramtshilfegesetz wurde im August 2013 eröffnet. Das Gesetz war zu diesem Zeitpunkt noch keine sieben Monate in Kraft, musste aber aufgrund der Anforderungen des Global Forum, im Speziellen betreffend Notifikation der von Amtshilfe betroffenen Personen, bereits revidiert werden. Die in die Vernehmlassung geschickte Vorlage wollte, in Erfüllung der Erfordernisse des Global Forum, die Vorinformation von beschwerdeberechtigten Personen einschränken, sofern der gesuchstellende Staat Geheimhaltungsgründe glaubhaft machen konnte. Zudem sprach sich der Bundesrat dafür aus, Amtshilfe auf Basis von gestohlenen (Bank-)Daten zu leisten, sofern der ersuchende Staat die Daten nicht „aktiv erlangt“ hatte. Zum Zeitpunkt der Beratungen waren mehrere hundert indische Amtshilfegesuche blockiert, die auf gestohlenen Bankdaten beruhten, welche jedoch nicht direkt vom indischen Staat erworben worden waren. Weiter wollte die Landesregierung sich das Recht geben, Änderungen der OECD-Standards bezüglich Gruppenanfragen in eigener Kompetenz umzusetzen. Von der SP wurde der Entwurf gelobt; die SVP lehnte ihn integral ab. Die in internationalen Amtshilfeabstimmungen häufig ausschlaggebende CVP äusserte sich ebenfalls kritisch: Hehlerei bleibe Hehlerei, weshalb Amtshilfe auf keinen Fall auf Basis von gestohlen Daten gewährt werden sollte. Zudem sei die Einschränkung der Vorinformation von betroffenen Personen rechtsstaatlich stossend. Die Kompetenzverlagerungen zum Bundesrat bezeichnete die Partei als „inakzeptable Aushebelung des Parlaments“. Vor der Verabschiedung der Botschaft korrigierte der Bundesrat die Vorlage aufgrund der teils heftigen Kritik in der Vernehmlassung in mehreren Punkten. Amtshilfe auf Basis von gestohlenen Daten sollte – wie nach damals gültigem Recht – in keinem Fall gewährt werden. Ebenfalls ergänzte er explizit, dass die Vorinformation von betroffenen Personen nur „ausnahmsweise“ nicht vorgenommen werde durfte. Damit trat er Bedenken entgegen, wonach die nachträgliche Information zum Regelfall werden könnte. Als „Ausnahmen“ im Sinne der Vorlage nannte der Bundesrat die Dringlichkeit ausländischer Begehren und laufende (ausländische) verdeckte Ermittlungen. Ebenfalls einen Schritt zurück machte die Landesregierung im Zusammenhang mit der geplanten Kompetenzverlagerung. Neu beantragte die Exekutive, nur den Inhalt einer Gruppenanfrage in eigener Kompetenz festlegen zu können.
Die parlamentarische Erstberatung fand in der Wintersession 2013 statt. Der Nationalrat beschloss klar und nur gegen den Willen der SVP auf die Vorlage einzutreten (123 zu 46 Stimmen). In der Detailberatung befasste er sich dann mehrheitlich mit Minderheitsanträgen von SVP und Ratslinken. Die Volkspartei wollte die Kompetenz zur Festlegung des Inhalts einer Gruppenanfrage nicht dem Bundesrat zusprechen, scheiterte aber deutlich mit 50 zu 120 Stimmen (2 Enthaltungen). Auch ein Antrag, der die Vorinformation in jedem Fall gewährleisten wollte (und damit das Kernstück der Vorlage direkt angriff), wurde klar mit 130 zu 55 Stimmen bei 4 Enthaltungen abgelehnt. Der Rat entschied sich jedoch dafür, die Bedingungen für eine Einschränkung der Vorinformation leicht zu verschärfen (Einschränkung der Vorinformation nur, wenn der Zweck der Amtshilfe und der Erfolg der Untersuchung kumulativ gefährdet waren). Der Bundesrat und die Ratslinken verwiesen vergeblich darauf, dass der internationale Wortlaut („oder“) kaum Unterschiede zum Mehrheitsvorschlag („und“) machte, aber sicherstellte, dass den Anforderungen des Global Forums Genüge getan würde. Ein weiterer Minderheitsantrag betraf zweitens die Amtshilfe auf Basis von gestohlenen Daten. Ratslinke Parlamentarier/innen wollten diese grundsätzlich erlauben, scheiterten damit aber deutlich mit 50 zu 125 Stimmen. Schliesslich ersuchten SP und GP den Rat, Amtshilfe auch gegenüber Staaten zu gewähren, mit denen die Schweiz kein bilaterales oder multilaterales Steuerabkommen abgeschlossen habe, sofern der ersuchende Staat Gegenrecht einräumte und als „rechtsstaatlich“ galt. Auch dieser Antrag wurde klar mit 54 zu 121 Stimmen abgelehnt. Die Gegner verwiesen dabei auf die Komplexität der Steueramtshilfe, die nur auf Basis einer soliden rechtlichen Grundlage gewährt werden sollte. Ohne Gegenantrag wurde die vom Bundesrat vorgeschlagene Definition von Gruppenersuchen präzisiert. Gruppenanfragen sollten sich nach dem Willen der grossen Kammer dadurch auszeichnen, dass sie Informationen über mehrere Personen verlangten, die nach identischen Verhaltensmuster vorgegangen und anhand präziser Angaben identifizierbar sind. In der Gesamtabstimmung passierte die Vorlage gegen den Widerstand der SVP mit 130 zu 55 Stimmen bei 4 Enthaltungen.

Dossier: Informationsaustausch - Steueramtshilfeverordnung (AIA)

Die Anpassungen im Steueramtshilfegesetz wurden 2014 vom Ständerat (Zweitrat) behandelt. Die grosse Kammer hatte das Geschäft bereits 2013 diskutiert und mit wenigen Anpassungen gutgeheissen. Die Vorlage wollte, in Erfüllung einer Empfehlung des Global Forum, die Vorinformation von beschwerdeberechtigten Personen in Sachen Amtshilfe einschränken. Diese sollte nach nationalrätlicher Version in Ausnahmefällen nicht vorgenommen werden dürfen. Im Speziellen sollten die betroffenen Personen nicht vorinformiert werden, wenn der Zweck der Amtshilfe und deren Erfolg kumulativ gefährdet war. In dieser Präzisierung hatte der Nationalrat eine Differenz zum Bundesrat geschaffen, der eine „oder“-Regelung vorgeschlagen hatte. Im Ständerat war Eintreten unbestritten. Ebenso wurden vergleichsweise weniger weitreichende Änderungsvorschläge des Bundesrats (betreffend Kompetenz zur Festlegung des Inhalts einer Gruppenanfrage) und des Nationalrats (Präzisierung der Definition von Gruppenersuchen) ohne Gegenantrag bestätigt. Zu reden gab einzig die Bestimmung betreffend der nötigen Bedingungen zur Ausnahme von der Vorinformation. Nach bundesrätlichem Vorschlag sollte von der Vorinformation abgesehen werden, wenn entweder der Zweck oder der Erfolg der Amtshilfe durch die Vorinformation gefährdet waren. Wie der Nationalrat wollte die Kleine Kammer jedoch an der etwas restriktiveren Formulierung („und“) festhalten. Bundesrätin Widmer-Schlumpf plädierte auch im Ständerat für den „oder“-Wortlaut. Materiell mache es zwar keinen Unterschied, wie die Regelung formuliert sei. Der „oder“-Wortlaut sei aber zu bevorzugen, weil er dem internationalen Standard entspreche und deshalb sicherstellen würde, dass die schweizerischen Regelungen als OECD-konform beurteilt würden. Der Ständerat folgte dieser Argumentation nicht und bestätigte die nationalrätliche Version mit Stichentscheid des Präsidenten. Darauf nahmen die Kantonsvertreter die Vorlage in der Gesamtabstimmung mit 34 zu 1 Stimmen bei einer Enthaltung an. In der Schlussabstimmung passierte das Geschäft einzig gegen den Willen der SVP mit 137 zu 56 Stimmen bei 3 Enthaltungen im Nationalrat und mit 39 zu 3 Stimmen im Ständerat. Mit der Annahme der Gesetzesrevision schufen die eidgenössischen Räte die Voraussetzungen zum Übertritt in Phase 2 des Peer-Review des Global Forum (wenngleich mit Einschränkungen, weil der verabschiedete Text nicht exakt den internationalen Standards entsprach). Zum Übertritt in Phase 2 des Peer-Review musste mindestens eine der drei Empfehlungen des Global Forum von 2011 (Einschränkung der Vorinformation in Amtshilfesachen, Vergrösserung der Anzahl Doppelbesteuerungsabkommen nach OECD-Standard und Identifikation des Halters von Inhaberaktien) erfüllt sein. Für das Bestehen der Phase 2 mussten alle drei Empfehlungen umgesetzt werden.

Dossier: Informationsaustausch - Steueramtshilfeverordnung (AIA)