Überprüfung des Strafvollzugs in den Kantonen (Po. 11.4072)

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Die Flucht von Jean-Louis B. 2011 warf Fragen auf über die Qualität des Strafvollzugs in den Kantonen. Ein überwiesenes Postulat Amherd (cvp, VS) beauftragte nun den Bundesrat mit der Ausarbeitung eines Berichtes über den Stand des Straf- und Massnahmenvollzuges in der Schweiz. Auch die Kantone ergriffen Massnahmen, um künftig Missverständnisse im Strafvollzug zu verhindern. Dazu verabschiedete die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) am 29. März ein fünfseitiges Merkblatt, das die drei regionalen Strafvollzugskonkordate präzisiert und damit Ausgangs- und Urlaubsregeln für Strafgefangene vereinheitlichen soll.

Dossier: Straf- und Massnahmenvollzug bei gefährlichen Tätern

Auch 2014 prägte die Debatte über den Umgang mit Straftätern die Medien. Dabei bildeten sich jeweils zwei oppositionelle Lager: Die Befürworter härterer Strafmassnahmen bezeichneten das aktuelle Strafrecht als "Kuscheljustiz" und wurden dafür von ihren Gegnern als „Wutbürger“ bezeichnet. Letztere hielten fest, es brauche für ein funktionierendes Rechtssystem keinen Rückschritt in das Fehdewesen und in die Lynchjustiz, vielmehr müssten die ausgesprochenen Strafen verhältnismässig sein, aber auch den Wunsch nach Bestrafung erfüllen. Tragische Vorfälle in den vergangenen Jahren hatten das Sicherheitsbedürfnis der Schweizer Bevölkerung erhöht. Insgesamt wurden häufig längere Freiheitsstrafen verhängt. Da gleichzeitig die Bereitschaft zur vorzeitigen Entlassung sank, überstieg der Bedarf an Gefängnisplätzen 2013 erstmals die Kapazität. Besonders prekär war die Situation in der Westschweiz, wo die Auslastung über 113% betrug.
Die komplexer werdenden Herausforderungen im Straf- und Massnahmenvollzug erfordere eine verstärkte Zusammenarbeit der Kantone. Zu diesem Schluss gelangte ein Bericht, den der Bundesrat in Beantwortung eines Postulats Amherd (cvp, VS) erstellt hatte. Da jedoch keine Lücken in der bestehenden Gesetzeslage entdeckt wurden, sah der Bundesrat von der Schaffung eines Bundesgesetzes über den Straf- und Massnahmenvollzug ab. Vielmehr wäre eine verstärkte interdisziplinäre und interkantonale Zusammenarbeit notwendig. Diese sei besonders im Umgang mit Risikostraftätern wichtig, da dieser einen Professionalisierungsschub benötigte. Einen ersten Schritt in die vorgeschlagene Richtung stellte die im Herbst 2013 von der KKJPD beschlossene Schaffung eines Kompetenzzentrums Justizvollzug dar.

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