Der Ständerat stimmte einer Motion Delalay (cvp, VS) für eine Steueramnestie mit 22 zu 10 Stimmen zu (Mo. 92.3249). Zwei gleichlautende Standesinitiativen der Kantone Wallis (Kt.Iv. 92.304) und Jura (Kt.Iv. 93.301) wurden deshalb abgeschrieben. Die Befürworter versprechen sich von der Amnestie wie in den Jahren 1945 und 1969 mehrere Milliarden zusätzliche Steuereinnahmen. Auch die nationalrätliche Kommission für Rechtsfragen hat sich, allerdings nur ganz knapp, für die Steueramnestie ausgesprochen. Sie reichte aber auch eine Motion ein (Mo. 92.3249), die vom Bundesrat Vorschläge für eine wirksamere Bekämpfung der Steuerhinterziehung fordert.

Eine vom Ständerat im Vorjahr überwiesene Motion Delalay (cvp, VS) für eine Steueramnestie nahm im Frühjahr mit knappem Mehr von 95 gegen 87 Stimmen auch der Nationalrat an. Die Vorlage beauftragt den Bundesrat gegen seinen Willen, die gesetzlichen Bestimmungen für eine generelle Steueramnestie von 1993 bis 1997, die sich auf Bundes-, Kantons- und Gemeindesteuern erstreckt, auszuarbeiten. Der Motionär machte geltend, dass eine Begnadigung zur Sanierung der Finanzlage beitrage und dass die Amnestien von 1945 und 1969 diesbezüglich positive Ergebnisse gezeitigt hätten. So brachte die Steueramnestie von 1969 nicht deklariertes Vermögen von CHF 11.5 Mrd. zutage. Gemäss Bundesrat Stich sowie der Ratsminderheit stellen Steueramnestien jedoch eine schwere Verletzung der Rechtsstaatlichkeit dar. Eine Minderheit der vorberatenden Kommission für Rechtsfragen (Rechsteiner, sp, SG) brachte als Alternative eine Motion ein, die den Bundesrat aufforderte, den eidgenössischen Räten Vorschläge für eine wirksamere Ausgestaltung des Steuerhinterziehungsverfahrens zu unterbreiten. Diese wurde jedoch von der grossen Kammer knapp mit 91 zu 89 Stimmen verworfen. Im Gegensatz zu den Räten zeigten die kantonalen Finanzdirektoren wenig Begeisterung für die Steureramnestie; 22 von 26 Kantonen lehnten eine solche ab. Bundesrat Stich machte nach seiner Niederlage deutlich, dass Steuerhinterzieher nicht mehr wie 1969 mit Samthandschuhen angefasst würden. Er kündigte flankierende Massnahmen zur Steueramnestie an, die auch eine Verschärfung der Strafbestimmungen sowie hohe Nachsteuern beinhalten sollen.

Gegen seinen Willen schickte der Bundesrat Ende März einen Entwurf zu einer generellen Steueramnestie für 1997, 1999 oder 2001 in die Vernehmlassung und kam damit dem Auftrag einer Motion Delalay (cvp, VS) nach. Der Entwurf enthielt allerdings - anders als die früheren Amnestien von 1945 und 1969 - Fussangeln für reuige Steuersünder, denn er sieht zwar eine Entkriminalisierung der Steuerhinterzieher vor, verlangt aber eine Nachbezahlung der hinterzogenen Steuern samt Verzugszinsen sowie eine schriftliche Schuldanerkennung. Ausserdem will der Bundesrat die Einzelheiten der Amnestie in der Verfassung regeln, damit die Stimmbürger dazu Stellung nehmen können. Der Ständerat, der den Entwurf als ungenügend taxierte und eine Verschleppungstaktik des Bundesrats befürchtete, schob in der Sommersession mit 28:7 Stimmen eine parlamentarische Initiative Delalay (cvp, VS) für eine einmalige «echte» Steueramnestie nach. Die Auswertung des Vernehmlassungsverfahrens ergab ein gemischtes Bild: Während sich die bürgerlichen Parteien eine grosszügigere Lösung wünschten, verlangten SP, Grüne und der LdU sowie 17 Kantone einen Übungsabbruch. Im September beantragte deshalb auch der Bundesrat dem Parlament die Abschreibung der Motion Delalay und damit den Verzicht auf die Amnestie.

Trotz des letztjährigen Antrags des Bundesrates, auf eine allgemeine Steueramnestie zu verzichten und damit eine parlamentarische Initiative Delalay (cvp, VS) abzuschreiben, setzte die Rechtskommission des Ständerates eine Subkommission ein. Diese soll Vorschläge für eine Steueramnestie ausarbeiten und auf die Herbstsession 1997 hin dem Plenum Antrag stellen.

1995 hatte der Ständerat einer parlamentarischen Initiative Delalay (cvp, VS) Folge gegeben, die die Durchführung einer einmaligen allgemeinen Steueramnestie verlangt. Seine Rechtskommission wurde beauftragt, einen entsprechenden Entwurf auszuarbeiten. Zu Beginn des Berichtsjahres beantragte diese dem Rat jedoch die Abschreibung der Initiative, da eine Steueramnestie bei den Kantonen und der Bevölkerung auf Widerstand stossen würde. Dafür beschloss die Kommission, eine Vorlage für eine individuelle Steueramnestie nach dem Prinzip der straflosen Selbstanzeige auszuarbeiten, die sowohl für den Bund als auch für die Kantone und Gemeinden gelten soll. Wer bisher nicht versteuertes Vermögen und Einkommen angibt, müsste damit keine Strafsteuer, sondern lediglich die Nachsteuern samt Verzugszins bezahlen. Im Gegensatz zur allgemeinen Amnestie wäre diese individuelle Amnestie nicht an einen Zeitpunkt gebunden. Der Ständerat stimmte diesem Konzept mit 27 zu 13 Stimmen zu. Den Antrag Delalays, auf die Initiative zu einem späteren Zeitpunkt zurückzukommen, verwarf er.