Debatte nach dem Rücktritt von Elisabeth Kopp

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Die Umstände, die zum Rücktritt von Elisabeth Kopp geführt hatten, entfachten eine Diskussion über die Rolle der Medien in der Politik. Einige Politiker und vor allem eine Flut von Leserbriefen gaben den Medien die Schuld am Geschehen: Nicht die Handlungen der Bundesrätin und ihres Ehemannes, sondern eine beispiellose Medienkampagne hätten dazu geführt. Alt-Bundesrat Friedrich kreierte in diesem Zusammenhang den Ausdruck «Kloakenjournalismus». Unter Berücksichtigung des Berichts Hungerbühler ist dazu zu sagen, dass einige Medien zwar massgeblich an der Aufklärung der Zusammenhänge beteiligt waren und die meisten nachdrücklich auf die Gefahr von Interessenkollisionen hingewiesen hatten, dass sie sich aber in den daraus zu ziehenden Folgerungen Zurückhaltung auferlegten. Erst als Frau Kopp ihr Telefongespräch zugab, kam es zur Rücktrittsforderung. Die Medien konnten ihr eigenes aktives Verhalten auch mit der Passivität der Politiker rechtfertigen. In Anbetracht der in der Presse und von den Linksparteien ausgesprochenen Verdächtigungen wäre es an der Bundesversammlung und der freisinnigen Fraktion gewesen, spätestens vor der Wahl von Kopp zur Vizepräsidentin die nötigen Abklärungen voranzutreiben.

Dossier: Affäre Kopp

Der Wechsel in der Einschätzung von Bundesrätin Kopp durch die Mehrheit der Politiker deckte sich immerhin mit der Volksmeinung. Im Oktober wies eine Umfrage sie als beliebtestes Regierungsmitglied aus. Während sich anfangs November noch 70 Prozent gegen einen Rücktritt von E. Kopp aussprachen, kehrten sich die Verhältnisse nach der Aufdeckung des ominösen Telefongesprächs ins Gegenteil: 72 Prozent der Befragten forderten nun ihre Demission.

Dossier: Affäre Kopp

Beim Rücktritt von Elisabeth Kopp lässt sich schliesslich auch eine geschlechtspolitische Komponente ausmachen. Im Grunde genommen war die erste Bundesrätin weniger an eigenen Fehlern gescheitert, als an den ins Gerede geratenen beruflichen Aktivitäten ihres Ehemannes. Während für die Regierungsmitglieder die Unvereinbarkeit mit anderen Erwerbstätigkeiten in der Verfassung verankert ist, bestehen für deren Ehegatinnen resp. -gatten keine diesbezüglichen Vorschriften. Solange es sich bei diesen ausschliesslich um Frauen gehandelt hatte, entstanden daraus infolge der herkömmlichen geschlechtsspezifischen Rollenverteilung offenbar keine Probleme. Unmittelbar nachdem E. Kopp ihr Telefongespräch zugegeben hatte, regte Nationalrat Reichling (svp, ZH) mit einer parlamentarischen Initiative (Pa.Iv. 88.242) die gesetzliche Regelung der erlaubten Erwerbstätigkeiten von Bundesratsgatten und –gattinnen an.

Dossier: Affäre Kopp

Der Fall Kopp zeigte aber auch eine über das persönliche Schicksal hinausweisende potentielle Schwachstelle des schweizerischen politischen Systems auf: die enge Verbindung von Politik und Wirtschaft. Diese kann zwar in den Bereichen der Entscheidvorbereitung und des Vollzugs durchaus sinnvoll sein, sie enthält aber stets auch die Gefahr von unzulässigen Rücksichtnahmen und Verfilzungen. Dass die Affäre eine Angehörige des wirtschaftsnahen Zürcher Freisinns betraf, war nach der Meinung verschiedener Kommentatoren denn auch kein Zufall. Gerade dem Freisinn verbundene Zeitungen aus anderen Kantonen meldeten schon recht früh ihre Vorbehalte gegen Elisabeth Kopp an und forderten nach der Aufdeckung des Telefongesprächs nicht nur deren Rücktritt, sondern auch eine Durchleuchtung des Zürcher Freisinns durch die nationale Partei.

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