SVP Volksinitiative "gegen die illegale Einwanderung"

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Von ihrer Zürcher Kantonalsektion in Zugzwang gebracht, beschloss auch die SVP eine Volksinitiative «gegen die illegale Einwanderung» – übrigens das erste Volksbegehren in ihrer Parteigeschichte überhaupt – zu lancieren. Auf Asylgesuche illegal Eingereister soll nicht mehr eingetreten werden, wobei aber, im Gegensatz zum Wortlaut der SD-Initiative, in jedem Einzelfall überprüft werden muss, ob der Asylbewerber abgeschoben werden darf. Um die wirtschaftliche Attraktivität der Schweiz zu senken, will die SVP zudem eine staatliche Lohnverwaltung einführen. Das Beschwerdeverfahren soll weiter gestrafft werden, nicht aber gänzlich abgeschafft, wie dies die SD möchten. Die SD zeigten sich enttäuscht, dass die SVP eine Parallelinitiative lancierte anstatt ihre mitzutragen. Die SVP begründete ihren Alleingang damit, dass die SD-Initiative völkerrechtswidrige und rechtsstaatlich unzulässige Elemente enthalte. Wie bereits bei der zürcherischen, ging die Bündner SVP auch bei der nationalen Initiative auf Distanz, da sie der Ansicht war, auch dieser lnitiativtext verstosse gegen völkerrechtliche Vereinbarungen.

Dossier: Volksinitiativen „Für eine vernünftige Asylpolitik“ und „Gegen die illegale Einwanderung“ (BRG 94.061)

Kurz vor Ablauf der Sammelfrist konnte die SVP vermelden, dass ihre Volksinitiative "gegen die illegale Einwanderung" mit rund 110 000 Unterschriften zustandegekommen ist. Die SVP will damit erreichen, dass auf Asylgesuche illegal eingereister Asylbewerber nicht mehr eingetreten wird, wobei aber — anders als in einer im Vorjahr von der SD mit ähnlicher Stossrichtung eingereichten Initiative — der Grundsatz des Non-Refoulement gewahrt bleiben soll. Um die wirtschaftliche Attraktivität der Schweiz zu senken, will die SVP eine staatliche Lohnverwaltung für Asylbewerber einführen. Das Volksbegehren der SVP — übrigens das erste in ihrer Parteigeschichte — fand vor allem Unterstützung in den Kantonen Aargau, Bern und Zürich.

Dossier: Volksinitiativen „Für eine vernünftige Asylpolitik“ und „Gegen die illegale Einwanderung“ (BRG 94.061)

Bei der 1993 zustandegekommenen Initiative der SVP "gegen die illegale Einwanderung" stellt sich die Frage der Ungültigerklärung nicht, da sie das Non-refoulement-Prinzip ausdrücklich einhält. Der Bundesrat empfiehlt sie aber ebenfalls zur Ablehnung, da sie inhaltlich nichts bringe, vor allem nicht die angestrebte Vereinfachung der Verfahren, und zu einander widersprechenden Ergebnissen führe. Zudem habe sich die Situation im Asylbereich markant entspannt, weshalb eine Verschärfung der Asylpolitik nicht angezeigt sei. Die SVP-Initiative verlangt, dass auf Asylgesuche illegal eingereister Asylbewerber nur eingetreten wird, falls eine individuelle Gefährdung wahrscheinlich erscheint. Zudem soll das allfällige Erwerbseinkommen der Asylsuchenden von den staatlichen Behörden verwaltet werden.

Dossier: Volksinitiativen „Für eine vernünftige Asylpolitik“ und „Gegen die illegale Einwanderung“ (BRG 94.061)

Juristisch unbestritten war die von der SVP eingereichte Volksinitiative "gegen die illegale Einwanderung". Sie verlangte, dass auf Asylgesuche illegal Eingereister nicht eingetreten werden soll. Anders als die SD-Initiative bekannte sie sich aber zum Grundsatz des Non-Refoulements, wonach ein Flüchtling nur abgewiesen werden darf, wenn garantiert werden kann, dass ihm in seinem Heimatland weder Folter noch Tod drohen. Als Massnahme gegen die Attraktivität der Schweiz als Einwanderungsland wollte die SVP zudem eine staatliche Lohnverwaltung für die Asylbewerber einführen. Dies bringe einerseits keine Verbesserungen, andererseits aber einen übertriebenen Bürokratismus, begründete Heberlein (fdp, ZH) die ablehnende Haltung der Staatspolitischen Kommission und des Bundesrates. Die Initiative, welche ausserhalb der eigenen Partei nur gerade die Unterstützung der FP und der EDU fand, wurde vom Nationalrat mit 137 zu 37 Stimmen Volk und Ständen zur Verwerfung empfohlen.

Dossier: Volksinitiativen „Für eine vernünftige Asylpolitik“ und „Gegen die illegale Einwanderung“ (BRG 94.061)

Dass am ersten Dezembersonntag gleich zwei emotional befrachtete Vorlagen - neben der Asylinitiative noch das revidierte Arbeitsgesetz - zur Abstimmung gelangten, schlug sich in der hohen Stimmbeteiligung von fast 47% nieder. Das Resultat fiel relativ knapp aus. 53,7% der Stimmenden lehnten die Initiative ab, 46,3% stimmten ihr zu. Noch enger war die Differenz bei den Kantonen: 12 ablehnenden standen 11 befürwortende gegenüber. Vor allem die Romandie reagierte gar nicht gnädig auf die in Zürich ausgebrütete SVP-Initiative. Das deutlichste Resultat lieferte Genf, wo nur rund 30% Ja-Stimmen gezählt wurden. Basel-Stadt stimmte mit einem Nein-Anteil von knapp 60% einmal mehr ähnlich wie die Westschweiz. Abgelehnt wurde die Initiative auch von Zürich, Bern, Basel-Land, Zug, Obwalden, Appenzell-Ausserrhoden und Graubünden. Das Tessin und die restlichen Deutschschweizer Kantone stimmten zu, am deutlichsten die Kantone Schwyz und Appenzell-Innerrhoden mit knapp 60% Ja-Stimmen.

Am Abend des Abstimmungssonntags äusserte Bundesrat Koller Genugtuung darüber, dass sich eine Mehrheit der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger vom Titel der Asylinitiative nicht habe verführen lassen und erkannt habe, dass das Anliegen der SVP letztlich menschenunwürdig gewesen sei und zur weiteren Isolation der Schweiz beigetragen hätte. Bei aller Freude über das Nein gelte es aber zur Kenntnis zu nehmen, dass ein bedeutender Teil der Bevölkerung der Initiative zugestimmt und damit unübersehbar eine deutliche Unzufriedenheit über die Ausländer- und Asylpolitik der Schweiz zum Ausdruck gebracht habe. Diese Unzufriedenheit hänge sicher damit zusammen, dass viele den Ausländeranteil in der Schweiz als zu hoch empfänden. Er werte das Abstimmungsergebnis deshalb als Aufforderung an den Bundesrat, den Zuwachs der ausländischen Bevölkerung weiter zu bremsen.


Volksinitiative "gegen die illegale Einwanderung"
Abstimmung vom 1. Dezember 1996

Beteiligung: 46,8%
Ja: 982 867 (46,3%) / 10 2/2 Stände
Nein: 1 138 301 (53,7%) / 10 4/2 Stände

Parolen:- Ja: SVP (2*), SD, FP, EDU, KVP; RN
- Nein: FDP (1*), CVP, SPS, GP, LP, LdU, EVP, PdA; SGB; Hotelier-Verein; Landeskirchen; AI, SFH, Bods, Asylkoordination Schweiz.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen


Gemäss der Vox-Analyse dieses Urnengangs ist das recht knappe Nein von rund 54% der Stimmenden in erster Linie als Erfolg der bundesrätlichen Abstimmungskampagne zu werten. Grosses Gewicht habe vor allem das Argument gehabt, die Initiative sei nicht wirksam. Die Parteibindung und die Orientierung der Stimmberechtigten entlang der Links-Rechts-Achse hatten offensichtlich einen wichtigen Einfluss auf das Stimmverhalten. 80% der SP-Sympathisanten sagten nein, 75% der SVP-Wähler stimmten zu. In dieser parteipolitisch polarisierten Konstellation war das Stimmverhalten in der bürgerlichen Mitte entscheidend. Die Analyse zeigte, dass die Wähler und Wählerinnen der CVP der offiziellen Parteiparole weitgehend folgten. Die Nein-Parole der FDP und der LP wurde von ihren Wählerinnen und Wählern hingegen nur teilweise befolgt (58% Neinstimmen).

Dossier: Volksinitiativen „Für eine vernünftige Asylpolitik“ und „Gegen die illegale Einwanderung“ (BRG 94.061)