Informationspolitik des Bundes

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Mehrere Ereignisse des abgelaufenen Jahres boten Anlass zum Überdenken der Informationspolitik. Im Anschluss an die Abstimmung über die Überfremdungsinitiative meinte Pierre Béguin, unser Land setze sich grossen Gefahren des inneren Auseinanderlebens aus, wenn die Information und der Kontakt zwischen den sozialen Gruppen nicht neu überdacht würden. Im Zusammenhang mit den Flugzeugentführungen wurde festgestellt, dass die Information aus dem Bundeshaus in Krisensituationen ungenügend sei. Von verschiedener Seite ertönte der Ruf nach einem Informationszentrum und nach Einsetzung eines Sprechers des Bundesrates. Der Wunsch nach regelmässigen Sendezeiten für den Bundesrat am Fernsehen verstärkte sich, als bekannt wurde, dass Bundesrat Celio vor der Abstimmung über die Bundesfinanzreform keine Gelegenheit zur Verteidigung seiner Vorlage geboten worden war. Dem weiteren Ausbau der sachlichen Information dienten die vom Bundesrat erlassenen internen Richtlinien über das Vorverfahren der Gesetzgebung. Bei Einleitung eines Vernehmlassungsverfahrens soll in der Regel auch die Presse die einschlägige Dokumentation erhalten; ausserdem haben die Ergebnisse des Verfahrens normalerweise nicht mehr vertraulichen Charakter.

Die im Jahre 1970 erhobene Kritik, dass die Information aus dem Bundeshaus in Krisensituationen ungenügend sei, bewog den Bundesrat, zwei von der Bundeskanzlei ausgearbeitete Erlasse in Kraft zu setzen. Der eine sah die Einrichtung von Einsatzzentralen in allen Departementen vor, und der andere betraf die Aufgaben und Zuständigkeiten eines Informationschefs für Krisensituationen. Für dieses Amt sah man den Vizekanzler für Information vor, der mit der Presse und den Massenmedien in enger Verbindung stehen sollte. Um das Auftreten von Bundesräten am Fernsehen zu regeln, sah eine Vereinbarung zwischen dem Bundesrat und der SRG drei Arten von Auftritten vor, nämlich die Verlesung einer offiziellen Erklärung zu wichtigen Ereignissen, das Auftreten vor Abstimmungen in Form einer Unterhaltung mit Journalisten, auf die unmittelbar eine kontradiktorische Aussprache ohne Beteiligung des Magistraten folgen sollte, und schliesslich Plaudereien am Kaminfeuer. Die gleichzeitig getroffene Regelung, dass Journalisten nur noch auf dem Dienstweg Kontakt mit hohen Beamten aufnehmen dürften, wurde nach einer Beanstandung durch die Arbeitsgemeinschaft Berufsjournalisten SRG zurückgenommen. Gegenüber der Schaffung eines umfassenden eidgenössischen Informationssystems und einer informatorischen Koordination zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden zeigte sich der Bundesrat eher zurückhaltend, nahm jedoch ein entsprechendes Postulat entgegen.

Der Bundesrat widmete dem Verlangen nach einer ungehinderten und möglichst breiten Information der Bürger als Voraussetzung der Demokratie seine Aufmerksamkeit. Er erklärte sich zur Prüfung der Frage bereit, ob den eidgenössischen Abstimmungsvorlagen künftig ein erläuternder Text beigegeben werden solle, der sich durch grösste Objektivität von den parteipolitischen Stellungnahmen abzuheben hätte.

Die Informationspolitik stand verschiedentlich zur Diskussion, vor allem im Zusammenhang mit den Volksabstimmungen über finanz- und konjunkturpolitische Regierungsvorlagen, deren Verwerfung als Zeichen eines «Informationsnotstandes» gedeutet werden konnte. Informations- und Verständigungsprobleme stellten sich aber nicht nur in der Finanz- und Konjunkturpolitik, sondern auch in zahlreichen anderen Bereichen, am dringlichsten wohl in den Auseinandersetzungen um den Bau von Atomkraftwerken. Daneben zeigten auch bereits zur Sprache gekommene Fragen der Aussenpolitik, der Raumplanung und des Umweltschutzes die Notwendigkeit eines vielfältigen und leistungsfähigen Kommunikationssystems auf. Die Informationspolitik des EMD geriet von verschiedenen Seiten unter Beschuss, namentlich im Zusammenhang einer Intervention des Pressechefs E. Mörgeli gegen eine vom Fernsehen ausgestrahlte «Guetnacht»-Geschichte für Kleinkinder. Die SPS forderte bei den Verhandlungen um die Legislaturziele den Rücktritt E. Mörgelis. Eine Studiengruppe der CVP veröffentlichte «Ziele und mögliche Massnahmen für eine schweizerische Kommunikationspolitik», und eine Motion Oehler (cvp, SG), die ein Gesamtkonzept über die Massenmedien forderte, wurde vom Bundesrat als Postulat entgegengenommen.