Volksinitiative „für ein konstruktives Referendum“ (99.021)

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Im Herbst lancierte die SP die Volksinitiative „Mehr Rechte für das Volk dank dem Referendum mit Gegenvorschlag“, welche die Einführung des sog. konstruktiven Referendums verlangt. Der neue Verfassungsartikel sieht vor, dass zusätzlich zum bisherigen Referendum auch noch ein ebenfalls 50'000 Unterschriften erforderndes Referendum mit einem konkreten Gegenvorschlag zu einem Gesetz oder einem allgemeinverbindlichen Bundesbeschluss eingereicht werden kann. Voraussetzung dazu ist allerdings, dass der Gegenvorschlag bereits in einer der beiden Parlamentskammern beantragt worden ist, und dort bei mindestens 5% der Ratsmitglieder Unterstützung fand. Das Verfahren bei der Volksabstimmung wäre analog zu demjenigen bei einer Volksinitiative mit einem Gegenvorschlag (doppeltes Ja möglich, Stichfrage für den Fall, dass beide angenommen werden); mehrere sich konkurrierende Referenden würden einander zuerst in Eventualabstimmungen gegenübergestellt. (Zur Einführung des konstruktiven Referendums im Kanton Bern siehe hier.)

Die SPS konnte ihre Volksinitiative „mehr Rechte für das Volk dank dem Referendum mit Gegenvorschlag“, welche die Einführung des sogenannten konstruktiven Referendums verlangt, im März mit 123'205 gültigen Unterschriften einreichen. Im Kanton Bern, der diese Form des Referendums 1993 als erster Kanton eingeführt hat, wurde davon erstmals Gebrauch gemacht. Das Volk stimmte dem Parlamentsbeschluss zu einer Steuergesetzrevision zu und lehnte den Gegenvorschlag der FDP ab.

Im März legte der Bundesrat seine Botschaft zu der 1997 eingereichten Volksinitiative der SP für die Einführung des konstruktiven Referendums (Referendum mit Gegenvorschlag) vor. Er empfahl das Begehren zur Ablehnung. Dabei verzichtete er auch darauf, einen Gegenvorschlag zu formulieren, da er Alternativmöglichkeiten (wie etwa die Möglichkeit, dem Volk Varianten zur Abstimmung vorzulegen) bereits in seinem Entwurf zur Reform der Volksrechte im Rahmen der Verfassungsrevision vorgeschlagen habe. Gegen das konstruktive Referendum brachte er vor allem das Argument vor, dass es zu praktischen abstimmungstechnischen Problemen führen könne, wenn zu einem Beschluss mehrere konstruktive Referenden eingereicht würden. Im Ständerat fand die Volksinitiative nur bei den Abgeordneten der SP Unterstützung. Nicht besser erging es auch einem Kompromissvorschlag Plattner (sp, BS), der das Geschäft an den Bundesrat zurückweisen wollte mit der Auflage, einen Gegenvorschlag auszuarbeiten, der das konstruktive Referendum einführt, aber dessen Schwachstellen (zugelassener Inhalt eines Gegenantrags und Ungültigkeitserklärungen bei Unvereinbarkeit mit geltendem Recht; Vorgehen, wenn mehr als ein derartiges Referendum eingereicht wird) mit präzisen Regelungen zu beheben.

Nach dem Stände- lehnte auch der Nationalrat die 1997 eingereichten Volksinitiative der SP für die Einführung des konstruktiven Referendums (Referendum mit Gegenvorschlag) ab. Dafür stimmten neben der SP auch die Grünen und die EVP. Die Ratsmehrheit begründete ihre Ablehnung namentlich mit dem Argument, dass mit der Möglichkeit, einzelne Elemente aus einer Gesamtvorlage herauszupflücken, die Bemühungen der Regierung und des Parlaments um optimale Kompromisslösungen vereitelt würden. Damit würde auch die Funktion des Parlaments entwertet.

In der Kampagne zur anschliessenden Volksabstimmung betonten die Befürworter vor allem die Praktikabilität ihres Vorschlags, der in den Kantonen Bern und Nidwalden, wo dieses Recht existiert, noch nie zu Problemen geführt habe. Die Gegner warnten vor „Rosinenpickerei“. Eine breite Diskussion über die Volksrechte vermochte die Initiative jedoch nicht auszulösen.

In der Volksabstimmung vom 24. September sprachen sich nur gut ein Drittel der Stimmenden für das Begehren aus. In der französischsprachigen Schweiz war die Ablehnung etwas weniger deutlich und im Tessin schnitt die Initiative mit 43% Ja am besten ab. Gemäss der Vox-Analyse hatte die politische Linke mehrheitlich zugestimmt. Obwohl es sich um eine SP-Initiative gehandelt hatte, waren die Sympathisanten der SP in ihrer Meinung hälftig geteilt. Praktisch einhellig erfolgte die Ablehnung durch Personen, welche der FDP nahestehen.


Abstimmung vom 24. September 2000

Beteiligung: 44,8%
Ja: 676'776 (34,1%) / 0 Stände
Nein: 1'308'030 (65,9%) / 20 6/2 Stände

Parolen:
– Ja: SP, GP, EVP, PdA, Lega; SGB, CNG.
– Nein: FDP, CVP, SVP, LP, SD , EDU, CSP; Economiesuisse (Vorort), SGV, SBV.