Keine Einigkeit zwischen den Regierungsparteien in wichtigen Fragen 1998

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Auch im Berichtsjahr herrschte zwischen den Regierungsparteien in wichtigen Fragen keine Einigkeit, was sich auch bei den eidgenössischen Abstimmungen zeigte. Bei den zehn durchgeführten Volksabstimmungen waren die vier Bundesratsparteien bloss bei der Revision des Arbeitsgesetzes sowie beim befristeten Getreideartikel einer Meinung (1997: 2 von 5). Während die CVP und die FDP bei allen Vorlagen der Empfehlung von Bundesrat und Parlament folgten, scherte die SVP in der Verkehrspolitik (LSVA, Finanzierung der Eisenbahngrossprojekte) aus, die SP beim Haushaltsziel 2001, bei der Gen-Schutz-Initiative, bei der AHV-Auffanginitiative sowie bei den Volksinitiativen «S.o.S. Schweiz ohne Schnüffelpolizei» und «für eine vernünftige Drogenpolitik». Zusätzlich beschloss sie Stimmfreigabe bei der Kleinbauern-Initiative. Das Volk verhielt sich bei jeder Abstimmung regierungstreu.

In der Finanzpolitik einigten sich die Regierungsparteien nach zähem Ringen auf einen Kompromiss zur Verabschiedung des Stabilisierungsprogramms 98, welches zur Sanierung des Bundeshaushalts Einsparungen von 2 Mia CHF und Mehreinnahmen von 20 Mio CHF bringen sollte. Umstritten waren von Anfang an die Sparmassnahmen im Sozialbereich sowie die Frage von zusätzlichen Einnahmen. Die SP hatte sich vehement gegen Einsparungen bei der AHV und ALV eingesetzt und gefordert, dass die Haushaltssanierung auch durch Mehreinnahmen, etwa durch die Einführung einer Kapitalgewinnsteuer erfolgen sollte. Auf bürgerlicher Seite war die Bereitschaft zur Erschliessung weiterer Einnahmequellen klein: FDP und CVP waren zwar mit dem Bundesrat darin einig, das dritte ALV-Lohnprozent weiterzuführen und den Plafond für das zweite Lohnprozent zu erhöhen, darüber hinaus kamen neue Abgaben nur in Frage, wenn der Börsenstempel abgeschafft würde und somit beträchtliche Steuerausfälle kompensiert werden müssten. Die SVP wendete sich ausser beim zusätzlichen Mehrwertsteuerprozent für die Sozialversicherungen generell gegen neue Steuern.
Die erste ernsthafte Bewährungsprobe für den Zusammenhalt des runden Tisches erfolgte, als die SP zusammen mit den Gewerkschaften am Nein zum Haushaltsziel 2001 festhielten, was ihnen heftige Kritik von bürgerlicher Seite einbrachte. Umgekehrt stellten zahlreiche bürgerliche Parlamentarier durch ihren Eintritt in das Pro-Komitee der Wohneigentumsinitiative den runden Tisch in Frage, nachdem vorgängig beschlossen worden war, die Volksinitiative «Wohneigentum für alle» des Hauseigentümerverbandes abzulehnen und auf einen Gegenvorschlag bis zum Ausgleich der Bundesfinanzen zu verzichten. Die SVP gab zu dieser Initiative die Ja-Parole aus.