Wahlkampf und Resultate der CVP bei den eidgenössischen Wahlen 2011

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Die Wahlplattform der CVP wurde an der Delegiertenversammlung am 22. Januar in Pratteln vorgestellt. Als Kernthemen wurden Familie, Wirtschaft, Sicherheit und Umwelt festgehalten. Betreuungsgutschriften und -plätze für Kinder, ein stabiles Rechts- und Währungssystem, die Pflege des dualen Bildungssystems und Versorgungssicherheit bei der Energie und in der Landwirtschaft waren die hauptsächlichen Forderungen. Darüber hinaus wollte sich die CVP für ein Rentenalter von 65 Jahren für Mann und Frau und für eine Entlastung der Familien bei den Krankenversicherungskosten einsetzen. Bei der Energiepolitik sprach sich die Partei im Januar noch gegen einen Ausstieg aus der Atomenergie aus. Die Kampagne lief unter den Slogans „Erfolg. Schweiz. CVP“ und „Keine Schweiz ohne uns“.

Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Im März sprang die CVP auf den Zug der Parteien auf, die eigentliche Wahlkampfinitiativen lancierten. Hatten sich die Christdemokraten 2010 noch gegen die Instrumentalisierung direktdemokratischer Mittel im Wahlkampf ausgesprochen, kündigten sie im März 2011 gleich zwei eigene Initiativen zum Kernthema Familie an: Die eine verlangt die Beseitigung der Diskriminierung von Ehegatten im Vergleich zu Konkubinatspaaren bei der Besteuerung und der AHV. Die andere zielt auf die Steuerbefreiung der Kinderzulagen ab. Lanciert wurden beide Anfang Mai an der Delegiertenversammlung in Chur. Die Parteileitung betonte, dass es sich bei den Vorstössen nicht um „Wahlgags“ handle, sondern dass man damit Kernanliegen durchsetzen wolle. Seit Jahrzehnten hätte die CVP keine Initiative mehr lanciert, da sie 90% ihrer Forderungen im Parlament durchbringe.

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Bei den nationalen Wahlen nahm sich die CVP vor, in jenen Kantonen zu punkten, in denen sie noch nicht stark vertreten war. Zum obersten Ziel der eidgenössischen Wahlen erklärte sie einen Wähleranteil von 17% und damit auch die Rückeroberung des zweiten, 2003 verlorenen Bundesratssitzes. Zudem wolle man die stärkste Kraft im Ständerat bleiben. Nicht emotionale, auf Missstände fokussierte Boulevard-Debatten, sondern sachpolitische Diskussionen wollte die CVP im Wahljahr führen. Mit einem Budget von CHF 3 Mio. und den Familien-Initiativen wollte die CVP vor allem auch Wählerinnen und Wähler von Mitte-Links überzeugen. Zur Führung der Wahlkampagne bestimmte die CVP eine leitende Kommission, bestehend aus den Nationalräten Gerhard Pfister (ZG) und Luc Barthassat (GE) sowie dem Parteipräsidenten Christophe Darbellay (VS).

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Immerhin wurde das Ziel, stärkste Partei der kleinen Kammer zu bleiben, erreicht. Allerdings mussten auch bei den Ständeratswahlen Verluste verkraftet werden. Mit insgesamt dreizehn Mandaten präsentierte sich die CVP zwar um zwei Sitze stärker als die FDP und SP (je elf Sitze), musste aber im Vergleich zu 2007 per Saldo zwei Mandate abgeben. Den Urner Sitz hatte die Partei bereits bei den Ersatzwahlen 2010 an die GLP verloren. Bei den ordentlichen Wahlen büsste sie zudem beide Sitze in den Kantonen Schwyz und St. Gallen ein. In Schwyz konnte der langjährige Ständerat Bruno Frick seinen Sitz nicht gegen die Angriffe der SVP halten. Im Kanton St. Gallen fiel der Sitz der CVP der SP zu. Auch hier verteidigte mit Eugen David ein langjähriger Ständerat seinen Sitz erfolglos. David trat nicht mehr zum zweiten Wahlgang an und mit ihrem Ersatzkandidaten war die CVP gegen die Angriffe von links und rechts chancenlos. Dass sie im Vergleich zu 2007 nicht drei Mandatsverluste beklagen musste, verdankte sie Pirmin Bischof, der den Sitz der FDP im Kanton Solothurn erobern konnte. Ihre Sitze verteidigen konnte die CVP zudem in den Kantonen Luzern (Graber), Nidwalden (Niederberger), Zug (Bieri), Freiburg (Schwaller), Appenzell Innerrhoden (Bischofberger), Tessin (Lombardi), Wallis (Fournier und Imoberdorf) und Jura (Seydoux). Neue CVP-Kantonsvertreter verteidigten den Sitz ihrer Partei in den Kantonen Uri (Isidor Baumann), Graubünden (Stefan Engler) und Thurgau (Brigitte Häberli). Chancenlos waren die Christlichdemokraten in den Kantonen Zürich, Bern, Basel-Landschaft, Aargau, Waadt, Neuenburg und Genf.

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Das Ziel eines Wähleranteils von 17% wurde bei den Wahlen für den Nationalrat deutlich verfehlt. Die CVP schrieb 2,2 Prozentpunkte Verlust und wusste neu nur noch 12,3% der Wählerinnen und Wähler hinter sich, was den geringsten Anteil in ihrer Geschichte bedeutete. Zwar konnte die CVP tatsächlich wie geplant in denjenigen Kantonen etwas zulegen, die nicht als Hochburgen gelten: etwa in Schaffhausen (+5,2 Prozentpunkte), Neuenburg (+0,1 Prozentpunkte) oder in Genf (+0,1 Prozentpunkte). Im Kanton Jura, wo der vor vier Jahren an die SVP verlorene Sitz zurückerobert werden konnte, legte die CVP gar um 8,3 Prozentpunkte zu. Die Verluste in den Stammlanden waren aber auch 2011 hoch. So verringerte sich in den Kantonen Freiburg und Wallis sowie im Tessin der Wähleranteil jeweils um mehr als 4 Prozentpunkte. Im Wallis (39,9%) im Jura (33,2%) und in Luzern (27,1%) blieb die CVP allerdings wählerstärkste Partei. Im sprachregionalen Vergleich fand die CVP in der italienischsprachigen Schweiz (20,3%) etwas mehr Rückhalt als in der Romandie (13,4%) und in der Deutschschweiz (11.5%). Die Wählerverluste resultierten in total drei Sitzverlusten, wobei ein Sitz bereits vor den Wahlen aufgrund des Parteiwechsels von Thomas Müller (SG) zur SVP verloren gegangen war. Neben dem Kanton Jura konnte die CVP auch im Kanton Basel-Stadt dazugewinnen. Der dortige Sitzgewinn resultierte aufgrund einer geschickten Listenverbindung mit BDP, EVP und GLP, aus der die CVP knapp als stärkste Partnerin hervorging. Diesem Erfolg standen jedoch Verluste in Zürich, Bern und Wallis (je -1 Sitz) sowie im Kanton Aargau (-2 Sitze) gegenüber. Mit insgesamt 28 Mandaten blieb die CVP im Nationalrat die viertstärkste Kraft.

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Aufgrund des schlechten Abschneidens bei den Nationalratswahlen war rasch klar, dass die CVP nicht wie geplant einen Anspruch auf einen zweiten Bundesratssitz erheben konnte. Gleichzeitig war der Sitz von Doris Leuthard unbestritten. Die Christdemokraten spielten bei den Bundesratswahlen dann vielmehr das Zünglein an der Waage. Rasch wurde klar, dass die intensivierten Gespräche mit der BDP auch die Unterstützung von deren Bundesrätin Widmer-Schlumpf beinhaltete. Diese verdankte ihre Wiederwahl denn auch zu einem nicht unbedeutenden Teil der CVP-Fraktion. Die CVP-Bundesrätin ihrerseits wurde als erste in der Wahlabfolge mit glanzvollen 216 von 227 gültigen Stimmen bestätigt.

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