Freizügigkeitsgesetz. Ansprüche bei Wahl der Anlagestrategie durch die versicherte Person

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In Erfüllung einer 2010 überwiesenen Motion (08.3702) Stahl (svp, ZH) legte der Bundesrat Im Februar 2015 eine Botschaft zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes vor. Dabei geht es um eine Neuregelung der Ansprüche jener Personen, die im überobligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge die Anlagestrategie für ihre Gelder selbst auswählen. Gemäss aktueller Rechslage können die Versicherten beim Austritt aus einer entsprechenden Vorsorgeeinrichtung allfällige Gewinne, welche sich aus der selbst gewählten Strategie ergaben, mitnehmen. Allfällige Verluste werden dagegen durch das Kollektiv der verbleibenden Versicherten getragen, da die Einrichtung Austrittsleistungen gemäss zwingenden gesetzlichen Vorschriften auszahlen muss. Neu soll den Versicherten der effektive Wert des Vorsorgeguthabens als Austrittsleistung mitgegeben werden, auch dann, wenn die gewählte Anlagestrategie zu Verlusten führte. Um einen gewissen Schutz zu wahren, müssen die Versicherten durch die Vorsorgeeinrichtungen umfassend informiert werden, und ihnen muss mindestens eine risikoarme Anlagestrategie zur Verfügung gestellt werden, so der Entwurf des Bundesrates.

Der Nationalrat war als Erstrat mit der Beratung der Änderung des Freizügigkeitsgesetzes betraut. Die Debatte verlief kurz, wenig kontrovers und generierte keine öffentliche Aufmerksamkeit. Die vorberatende SGK empfahl dem Plenum einstimmig mit 19 Stimmen und 6 Enthaltungen, die Vorlage ohne Änderungen anzunehmen. Die Notwendigkeit zur Korrektur eines offensichtlichen Konstruktionsfehlers war denn auch im Plenum unbestritten. Eine Kommissionsminderheit Schenker (sp, BS) verlangte eine Ergänzung der Vorlage durch einen Punkt, welchen der Bundesrat nach der Vernehmlassung aus seiner Botschaft gestrichen hatte: Will eine versicherte Person zu einer Anlagestrategie wechseln, welche ein Risiko mit sich bringt, dann soll der Ehemann/die Ehefrau beziehungsweise die eingetragene Partnerin/der eingetragene Partner dem Wechsel schriftlich zustimmen müssen. Schliesslich seien die entsprechenden Personen von der Wahl direkt betroffen, so die von der SP-Fraktion gestützte Minderheit. Diesem Votum folgten 53 Ratsmitglieder – die geschlossenen Fraktionen der SP und Grünen. 122 Nationalrätinnen und Nationalräte stimmten dagegen. In der Gesamtabstimmung passierte der Entwurf einstimmig mit 165 Stimmen bei 12 Enthaltungen.

Der Ständerat behandelte die Bundesratsvorlage zum Freizügigkeitsgesetz noch im selben Jahr, in dem der Nationalrat ihr zugestimmt hatte. Zu Beginn der Wintersession 2015 nahm er die Gesetzesänderung, dem Beschluss der grossen Kammer und dem Antrag seiner Kommission folgend, mit 36 Stimmen einstimmig und ohne Enthaltung an.

In der Schlussabstimmung passierte die Änderung des Freizügigkeitsgesetzes am Ende der Wintersession 2015 in beiden Räten einstimmig und ohne Enthaltung.

Im August 2017 gab der Bundesrat bekannt, zwei Verordnungen zur beruflichen Vorsorge und zur Wohneigentumsförderung (BVV2 und WEFV) zu ändern. In Übereinstimmung mit der Motion Stahl (svp, ZH; Mo. 08.3702) und der Änderung des Freizügigkeitsgesetzes sollen zukünftig Personen, die Lohnanteile über CHF 126'900 in sogenannten 1e-Plänen versichern und in der beruflichen Vorsorge entsprechend zwischen verschiedenen Anlagestrategien wählen können, bei einem Pensionskassenaustritt ihre Gewinne mitnehmen können, aber auch für ihre erlittenen Anlageverluste bezahlen müssen. Gleichzeitig definierte der Bundesrat die risikoarmen Anlagen, welche die Pensionskassen ebendiesen Versicherten anbieten müssen, legte Regeln für die Angemessenheit der 1e-Pläne fest und begrenzte die Zahl der möglichen Anlagestrategien pro angeschlossenem Arbeitgeber.
Als Reaktion auf das Postulat Zanetti (sp, SO; Po. 14.3210) senkte der Bundesrat zudem den Mindestbetrag zur Rückzahlung von zur Wohneigentumsförderung vorbezogenem Pensionskassen-Kapital von CHF 20'000 auf CHF 10'000.