Änderungen im Steueramtshilfegesetz

Als PDF speichern

Im Herbst 2015 startete der Bundesrat einen neuen Versuch, Änderungen im Steueramtshilfegesetz vorzunehmen und schickte dazu einen Revisionsentwurf in die Vernehmlassung. Im Wesentlichen wollte die Landesregierung damit die Amtshilfepraxis dahingehend abändern, dass es der Schweiz künftig auch erlaubt sein sollte, in Fällen Amtshilfe zu leisten, die auf gestohlenen Bankdaten beruhten. Bedingung dafür war gemäss bundesrätlichem Entwurf aber, dass das gesuchstellende Land die betreffenden Daten „auf ordentlichem Amtshilfeweg oder aus öffentlich zugänglichen Quellen" erhalten hat; Amtshilfe auf Basis gestohlener Daten, die durch einen Staat „aktiv erworben" worden sind, sollte auch weiterhin nicht gewährt werden. Die bisherige Regelung, wonach auf gestohlene Bankdaten beruhenden Amtshilfegesuchen generell nicht nachgekommen werden durfte, widersprach den OECD-Standards betreffend Informationsaustausch und lief dementsprechend Gefahr, die Kritik des Global Forum und anderer Staaten auf sich zu ziehen. Aus diesem Grunde hatte die Schweizer Regierung bereits 2013 im Rahmen der damaligen Änderung des Steueramtshilfegesetzes versucht, eine entsprechende Gesetzesänderung zu realisieren. Aufgrund weitreichender Kritik im damaligen Vernehmlassungsverfahren an diesem Vorhaben hatte sich der Bundesrat damals schliesslich dazu entschieden, darauf zu verzichten, um die Revision des Steueramtshilfegesetzes nicht zu gefährden. Ihren neuerlichen Versuch auf eine entsprechende Gesetzesänderung nur gut zwei Jahre später rechtfertigte die Landesregierung mit dem erheblichen Druck von Seiten anderer Staaten und internationaler Institutionen auf die Schweiz, ihre Amtshilfepraxis an die internationalen Standards anzupassen.

Dossier: Informationsaustausch - Steueramtshilfeverordnung (AIA)

Auch nach Abschluss und Auswertung des Vernehmlassungsverfahrens zu den vorgeschlagenen Änderungen im Steueramtshilfegesetz, wonach Steueramtshilfe auch auf Basis gestohlener Bankdaten erlaubt werden sollte, sofern sie nicht durch aktives Zutun des gesuchstellenden Landes in dessen Besitz gelangt sind, hielt der Bundesrat an seinen oben beschriebenen Revisionsabsichten fest – im Gegensatz zum Jahr 2013, als die Regierung auf die negativen Vernehmlassungsantworten der Mehrheit der Kantone und Parteien mit der Streichung der entsprechenden Gesetzesänderung reagiert hatte. Das bundesrätliche Festhalten an der eingeschlagenen Marschroute überraschte insofern, als dass sich die bürgerlichen Parteien CVP, FDP und SVP auch in dieser Vernehmlassungsphase gegen das Ansinnen des Bundesrates ausgesprochen hatten. Erklären liess sich die bundesrätliche Standfestigkeit jedoch mit dem gegenüber 2013 noch einmal gewachsenen internationalen Druck auf die bisherige schweizerische Amtshilfepraxis: Auf der Basis von 2008 bei der Genfer Filiale der britischen Bank HSBC entwendeten und über Frankreich in vielerlei Staaten gelangten Bankdaten war in letzter Zeit eine grosse Zahl von Amtshilfegesuchen an die Schweiz herangetragen worden, insbesondere aus Indien, Deutschland, Spanien und Frankreich.
Die Opposition gegen die vorgesehenen Änderungen, der neben der drei genannten Parteien unter anderem der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) und der Kanton Schwyz angehörten, führten in erster Linie rechtsstaatliche Bedenken ins Feld. Sie argumentierten, Amtshilfe auf Basis gestohlener Bankdaten würde den Straftatbestand des Datendiebstahls gewissermassen belohnen und damit attraktiver machen. Überdies erachteten FDP und SVP die geplante Revision als übereifrig, da auf Ende Juni 2016 der Bericht des Global Forum, des Prüforgans der OECD, erwartet wurde, der die schweizerische Amtshilfepraxis auf ihre Kongruenz mit internationalen Standards überprüfen sollte. Die Befürworter der bundesrätlichen Linie, bestehend aus sämtlichen Kantonen ausser dem Kanton Schwyz, den Parteien BDP, SP und Grüne und den Interessenverbänden Economiesuisse und SBVg ihrerseits nahmen die Überprüfungen durch das Global Forum zum Anlass, die geplante Änderung des Steueramtshilfegesetzes zu unterstützen. Aus Angst vor einem ungenügenden Zeugnis des Global Forum für die schweizerische Amtshilfepraxis und daraus resultierenden negativen Konsequenzen in Form von wirtschaftlichen Sanktionen zeigten sich diese Akteure bestrebt, die schweizerische Gesetzgebung den internationalen Standards anzugleichen. Ganz allgemein wurde die geplante Revision auch als Präventions- und Aufklärungsbeitrag der Schweiz gegen Steuerhinterziehung begrüsst.

Dossier: Informationsaustausch - Steueramtshilfeverordnung (AIA)

Die WAK-NR sprach sich im Herbst 2016 jedoch deutlich, mit 18 zu 4 Stimmen dafür aus, die vom Bundesrat angeregten Änderungen im Steueramtshilfegesetz zu sistieren und damit das Geschäft bis auf Weiteres auf Eis zu legen. Da internationale Standards eine solche Gesetzgebung fordern und ein Zuwiderhandeln Sanktionen nach sich ziehen könnte, wird der Bundesrat allerdings voraussichtlich bereits im Laufe des nächsten Jahres wieder einen Vorschlag unterbreiten, um das Steueramtshilfegesetz dahingehend zu verändern, dass Steueramtshilfe auch auf Basis von gestohlenen Bankdaten möglich sein soll.

Dossier: Informationsaustausch - Steueramtshilfeverordnung (AIA)