Die Vorsorgesituation von Selbstständigerwerbenden analysieren (Po. 16.3908)

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Mittels eines Postulats wollte die SGK-NR im Oktober 2016 die Vorsorgesituation von Selbständigerwerbenden analysieren lassen. Da für Selbständigerwerbende keine Versicherungspflicht herrsche, bestünde für sie ein erhöhtes Risiko, aufgrund ungenügender Vorsorge bereits ab ihrer Pensionierung Ergänzungsleistungen beziehen zu müssen. Mithilfe dieses Postulats wollte die Kommission nun Klarheit bezüglich des Ausmasses dieses Problems schaffen, das im Rahmen der EL-Revision zur Sprache gekommen war. Insbesondere mögliche Vorsorgelücken, Versicherungsmodelle – zum Beispiel ein BVG-Obligatorium – sowie die Auswirkungen auf die Ergänzungsleistungen sollten untersucht werden. Der Bundesrat pflichtete der Kommission bei und empfahl das Postulat zur Annahme. Eine Minderheit Brunner (svp, SG) lehnte den Vorstoss jedoch ab, weil die Bundesverwaltung – wie in der Budgetdebatte deutlich geworden sei – sparen müsse und eine solche Abklärung gemäss ihren eigenen Aussagen grossen Aufwand mit sich bringen würde. Trotz dieses Einwandes nahm der Nationalrat das Postulat mit 102 zu 72 Stimmen an.

Im Juni 2022 veröffentlichte der Bundesrat seinen Bericht zu der von der SGK-NR geforderten Analyse der Vorsorgesituation von Selbständigerwerbenden. Konkret sollte überprüft werden, ob Selbständigerwerbende aufgrund des fehlenden Zwangs zur Versicherung bei der 2. oder 3. Säule überdurchschnittlich häufig Ergänzungsleistungen beziehen. Diesbezüglich zeigte der Bericht auf, dass ehemalige Selbständigerwerbende mit 69 oder 70 Jahren zwar ein höheres durchschnittliches Einkommen, jedoch ein tieferes Medianeinkommen haben als ehemalige Unselbständigerwerbende. Das bedeutet, dass zwar einige Selbständigerwerbende hohe Einkommen aufweisen, die einkommensschwächere Hälfte der Selbständigerwerbenden jedoch tiefere Einkommen erhält als die einkommensschwächere Hälfte der Unselbständigerwerbenden. Besonders ausgeprägt ist der Unterschied zwischen den ehemals Selbständig- und Unselbständigerwerbenden bei den Personen mit den geringsten Einkommen.
In der Folge lieferte der Bericht einen historischen Überblick über die Entwicklung der beruflichen Vorsorge für Selbständige und eine Darstellung zweier Studien zur Abdeckung von Selbständigen und Personen, die sowohl selbständig als auch unselbständig tätig sind, durch die Altersvorsorge. Anschliessend wurden Verbesserungsmöglichkeiten bei der obligatorischen Absicherung von besonders gefährdeten Gruppen Selbständigerwerbender diskutiert. Als allgemein wichtige Massnahmen wurde eine bessere Information über die bestehenden Möglichkeiten, aber auch der Ausbau der Angebote für Selbständigerwerbende eruiert. Des Weiteren wurden im Bericht Massnahmen für verschiedene Personengruppen diskutiert. So sollten Personen, die sich erst nach einiger Zeit selbständig machen, ihren bereits aufgebauten Versicherungsschutz etwa durch den Erhalt ihrer Austrittsleistung aufrechterhalten. Die Situation von Personen, die sowohl selbständig als auch unselbständig tätig sind, wollte der Bundesrat durch eine Erhöhung der Abzüge ihrer Beiträge für die Säule 3a verbessern. Diskutiert wurden auch Vor- und Nachteile eines BVG-Obligatoriums für Selbständigerwerbende, was der Bundesrat aber aufgrund mangelnder Erfolgsaussichten verwarf. Abschliessend hielt der Bericht fest, dass das Prekaritätsrisiko in erster Linie von der Einkommenshöhe und nur zweitrangig von der Art der Erwerbstätigkeit bestimmt wird.