Überführung der Anstossfinanzierung in eine zeitgemässe Lösung (Pa.Iv. 21.403)

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Im Februar 2021 lancierte die WBK-NR mit 15 zu 9 Stimmen eine parlamentarische Initiative mit dem Ziel, das bereits mehrfach verlängerte Impulsprogramm für die Schaffung von Betreuungsplätzen in familienergänzenden Strukturen von einer zeitlich befristeten in eine stetige Lösung zu überführen. Die Kommission tat dies in Kenntnis eines jüngst erschienenen bundesrätlichen Berichts «Politik der frühen Kindheit» und unter anderem nach Konsultation der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK), des Gewerkschaftsbundes und des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes.
Gleichzeitig beantragte die Kommissionmehrheit, einer parlamentarischen Initiative Prelicz-Huber (gp, ZH; Pa.Iv. 20.413) mit der Forderung nach Schaffung einer Verfassungsgrundlage für familien- und schulergänzende Betreuung keine Folge zu geben. Weiter wollte die Kommission die parlamentarische Initiative Aebischer (sp, BE) zur Förderung der Chancengleichheit vor dem Kindergarteneintritt aufgrund der in Angriff genommenen Arbeiten bis Ende Jahr sistieren.

Dossier: Aides financières à l'accueil extra-familial pour enfants

Ende März 2021 gab auch die WBK-SR einer durch ihre Schwesterkommission lancierten parlamentarischen Initiative Folge, mit der die befristete Finanzierung für die familienergänzende Kinderbetreuung in eine dauerhafte Lösung überführt werden soll (Pa.Iv. 21.403). Sie fasste ihren Beschluss mit 7 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Ausschlaggebend für diesen Entscheid war auch die Überlegung, dass die Unterstützungsmassnahmen aufgrund unterschiedlicher kantonaler Kontexte überarbeitet werden sollten.
Gleichzeitig beriet die Kommission über eine Standesinitiative aus dem Kanton Genf, die unter anderem plante, die dauerhafte finanzielle Beteiligung des Bundes in der Verfassung zu verankern (Kt.Iv. 20.308). Die Kommission stellte sich klar gegen die Schaffung eines spezifischen Verfassungsartikels und beantragte ihrem Rat mit 9 zu 0 Stimmen (4 Enthaltungen), der Standesinitiative zugunsten der parlamentarischen Initiative der WBK-NR keine Folge zu geben. Der Ständerat kam diesem Antrag in der Sommersession 2021 nach.

Dossier: Aides financières à l'accueil extra-familial pour enfants

In der Sommersession 2021 bestätigte der Ständerat den Entscheid seiner WBK-SR und gab einer Standesinitiative aus dem Kanton Genf zur Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung keine Folge. Er stellte sich somit gegen die Schaffung eines spezifischen Verfassungsartikels, der eine dauerhafte Bundesbeteiligung für die Finanzierung familienergänzender Kinderbetreuungsplätze sowie die Förderung von vorschulischen Betreuungsplätzen auf Kantons- und Gemeindeebene verankern sollte. Stattdessen verwies er auf die hängige parlamentarische Initiative der WBK-NR, welche die Überführung der Anstossfinanzierung in eine stetige Lösung für die familienexterne Kinderbetreuung forderte. Zum Zeitpunkt der Beratung der Genfer Standesinitiative lag jedoch noch kein Entwurf der Kommission zur parlamentarischen Initiative vor.

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Auch die WBK-NR wollte auf die Schaffung eines spezifischen Verfassungsartikels verzichten, der den Bund zur dauerhaften Förderung von familienergänzenden Betreuungsangeboten im Vorschulalter verpflichten würde, wie dies eine Standesinitiative aus dem Kanton Genf forderte. Die Kommission lehnte dieses Anliegen im November 2021 mit 20 zu 4 Stimmen (1 Enthaltung) ab. Eine Minderheit hatte vergeblich für Folgegeben plädiert, um die Überlegungen der Initiative in die laufenden Arbeiten zur eigenen Kommissionsinitiative (Pa.Iv. 21.403) einfliessen zu lassen. Besser erging es einer parlamentarischen Initiative Brenzikofer (gp, BL; Pa.Iv. 21.412) mit der Forderung nach einer gesetzlichen Grundlage zur Finanzierung von Tagesschulangeboten: Hier entschloss sich eine Mehrheit der Kommission für Folgegeben, um das Anliegen in die Umsetzung der Kommissionsinitiative zu integrieren.

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Im Mai 2022 präsentierte die WBK-NR die Vernehmlassungsvorlage zur Umsetzung einer eigenen parlamentarischen Initiative, mit der die finanzielle Unterstützung für die familienexterne Kinderbetreuung in eine dauerhafte Lösung überführt werden soll. Seit Umsetzung einer parlamentarischen Initiative Fehr (sp, ZH; Pa.Iv. 00.403) im Jahr 2003 erfolgte die finanzielle Unterstützung durch den Bund zeitlich befristet, wobei diese befristete Lösung mehrfach verlängert und die Förderinstrumente erweitert worden waren. Die Festlegung einer dauerhaften Kostenbeteiligung des Bundes an den Ausgaben der Eltern für die familienexterne Kinderbetreuung ist das erste Förderinstrument des Entwurfs. Als zweites Förderinstrument sieht die Kommission Programmvereinbarungen zwischen Bund und Kantonen vor, mit denen der Bund den Kantonen globale Finanzhilfen zur Weiterentwicklung des familienexternen Betreuungsangebots oder zur Förderung der Politik der frühen Kindheit gewähren könnte. Mit diesen Instrumenten sollen die Kernziele der Vorlage erreicht werden, die von der Kommission in der verstärkten Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit sowie der Erhöhung der Chancengerechtigkeit für Kinder im Vorschulalter, mit besonderem Fokus auf Kinder mit Behinderungen gesehen wurden. In ihrem Entwurf schlug die WBK-NR eine finanzielle Beteiligung des Bundes an den Betreuungsausgaben der Eltern von CHF 530 Mio. pro Jahr vor. Hinzu kämen gemäss Kommissionsentwurf CHF 160 Mio. im Rahmen der Programmvereinbarung gesprochene Gelder – dies insgesamt für eine erste, vierjährige Projektphase. Damit würde sich der Bund finanziell deutlich stärker an den Kosten der ausserfamiliären Kinderbetreuung beteiligen als bisher: Wie dem Bericht zur Verlängerung der Bundesbeiträge an die familienergänzende Kinderbetreuung bis und mit 2024 (Pa.Iv. 22.403) zu entnehmen ist, gab der Bund bisher rund CHF 300 Mio aus – zur Schaffung neuer Betreuungsplätze für die letzte Vierjahresperiode insgesamt einen Verpflichtungskredit von CHF 124.5 Mio. sowie ab Mitte 2018 Verpflichtungskredite für die beiden neu geschaffenen Finanzhilfen in der Höhe von insgesamt CHF 176.8 Mio. für fünf Jahre.
Eine Kommissionsminderheit lehnte die Vorlage ab, da sie den Zuständigkeitsbereich für diese Förderung alleine bei den Kantonen und Gemeinden sah. Die Kommissionsmehrheit begründete den ihrer Ansicht nach gegebenen Handlungsbedarf mit Blick ins Ausland: Gemäss einer UNICEF-Studie aus dem Vorjahr belege die Schweiz im Bereich der vorschulischen familienergänzenden Kinderbetreuung Rang 38 von 41. Betreffend Bezahlbarkeit «müss[t]en die Eltern in keinem anderen Land einen so hohen Anteil ihres Verdienstes für die familienergänzende Kinderbetreuung aufbringen wie in der Schweiz», so die Kommission in ihrer Medienmitteilung. Die Vernehmlassung dauert bis zum 7. September 2022.

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Im Dezember 2022 präsentierte die WBK-NR ihren Entwurf zur Überführung der Anstossfinanzierung der ausserfamiliären Kinderbetreuung in eine zeitgemässe Lösung, der sich in nicht unwesentlichen Punkten vom zuvor in die Vernehmlassung geschickten Vorentwurf unterschied.
Insgesamt 275 Stellungnahmen waren in der Vernehmlassung eingegangen, die grosse Mehrheit davon fiel positiv aus. So unterstützten 23 Kantone den Vorentwurf, ebenso wie acht von zehn stellungnehmenden Wirtschaftsverbänden – darunter GastroSuisse, SGB und Travail.Suisse – und acht Parteien – darunter die SP, die Grünen, die GLP und die Mitte. Abgelehnt wurde die Vorlage von der SVP und der FDP; die FDP-Frauen sprachen sich hingegen für den Vorentwurf aus. Bei den Wirtschaftsverbänden äusserte economiesuisse trotz Unterstützung der Vorlage erhebliche Vorbehalte, während sich der SGV gänzlich ablehnend zur Vorlage positionierte. Die Befürwortenden begrüssten grundsätzlich, dass das seit 2003 bestehende Impulsprogramm in eine dauerhafte Lösung überführt werden soll, ebenso wie das stärkere Engagement durch den Bund. Ferner vertraten sie die Ansicht, die Vorlage verbessere die Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf, wirke dem Fachkräftemangel entgegen und fördere die Chancengerechtigkeit für Kinder im Vorschulalter. Die gegnerischen Stimmen, darunter die drei ablehnenden Kantone Bern, Graubünden und Zug, sahen durch den Vorentwurf die Kompetenzverteilung zwischen dem Bund und den Kantonen verletzt. In eine ähnliche Stossrichtung gingen die Bedenken des SGV sowie der SVP und der FDP. Anders beurteilten dies die meisten Kantone und die SODK, ebenso wie die für den Vorentwurf zuständige WBK-NR, die die neue Rolle des Bundes nicht nur mit Rückgriff auf die in Art. 116 Abs. 1 BV erwähnte Unterstützungskompetenz, sondern darüber hinaus mit Bezug auf Art. 110 Abs. 1 Bst. a BV (Arbeitnehmendenschutz) und Art. 8 Abs. 3 BV (Gleichstellung von Mann und Frau) legitimierte. Die SVP vertrat zusätzlich die Ansicht, dass die Vorlage die Wahlfreiheit der Eltern, die ihre Kinder nicht extern betreuen lassen wollen, einschränke. Economiesuisse und der SGV sorgten sich auch um die Kosten, insbesondere verbunden mit der offenen Frage der (Gegen-)Finanzierung.
Aufgrund der im Vernehmlassungsverfahren eingegangenen Rückmeldungen passte die WBK-NR ihren Entwurf im Vergleich zum Vorentwurf in zwei Punkten an. Erstens verlangte der Entwurf neu für jeden Kanton während der ersten vier Jahre eine Bundesbeteiligung von 20 Prozent an den durchschnittlichen Betreuungskosten der Eltern. Bei unzulänglichem finanziellen Engagement der Kantone könnte der Betrag daraufhin auf bis zu 10 Prozent der Betreuungskosten gekürzt werden. Im Vorentwurf hatte die Kommission eine umgekehrte Lösung vorgeschlagen, wonach der Bund zu Beginn einen Sockelbeitrag von 10 Prozent entrichtet hätte. Kantone mit vergleichsweise hohem finanziellen Engagement hätten in der Folge noch einen Zusatzbeitrag (+5% oder +10%) erhalten können. Die zweite Änderung im Vergleich zum Vorentwurf betraf die Höhe des Verpflichtungskredites zur Unterstützung von Programmen zur Schliessung der Angebotslücken in der familienexternen Betreuung. Während der Vorentwurf für die ersten vier Jahre hierfür insgesamt einen Betrag von CHF 160 Mio. bereitstellen wollte, wurde dieser Betrag im Entwurf auf CHF 240 Mio. erhöht. Dies, nachdem diverse Vernehmlassungsteilnehmende bemängelt hatten, dass zusätzliches Gewicht auf die Qualitätssicherung und -entwicklung gelegt werden sollte. Mit diesen Änderungen versehen genehmigte die Kommission den Entwurf in der Gesamtabstimmung mit 17 zu 7 Stimmen bei einer Enthaltung. Dass die Diskussion um die Vorlage damit noch lange nicht abgeschlossen sein würde, liessen bereits die zahlreichen Anträge diverser Kommissionsminderheiten erahnen, die die WBK-NR in ihrem Bericht und teilweise bereits in ihrer Medienmitteilung aufführte.

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Nachdem die WAK-NR ihren Entwurf zur Überführung der Anstossfinanzierung der ausserfamiliären Kinderbetreuung in eine zeitgemässe Lösung beschlossen hatte, nahm der Bundesrat dazu Stellung. Dieser stellte sich gänzlich ablehnend zu einem Bundesbeitrag zur Senkung der Betreuungskosten der Eltern. Ebenfalls stellte er sich gegen die im Entwurf vorgesehenen Programmvereinbarungen, gemäss welchen der Bund die Hälfte der Kosten zur Weiterentwicklung des familienergänzenden Betreuungsangebots und der frühkindlichen Förderung zu tragen hätte. Als Gründe für seine Haltung gab der Bundesrat an, dass die ausserfamiliäre Kinderbetreuung «in der Kompetenz der Kantone und auch in der Verantwortlichkeit der Arbeitgeber» liege und die angespannte Lage der Bundesfinanzen ein solches Engagement nicht zuliesse, ohne dass an einer anderen bedeutenden Stelle gespart werden müsse. Für den Fall, dass das Parlament doch Eintreten auf die Vorlage beschliessen sollte, gab der Bundesrat bekannt, welche Änderungsanträge er unterstützen würde. So sprach er sich für eine maximale Höhe der Bundesbeteiligung von 10 Prozent der Kinderbetreuungskosten aus – unter gleichzeitiger Beteiligung der Kantone an deren Finanzierung. Eine 10-Prozent-Beteiligung würde Ausgaben für den Bund von CHF 360 Mio. mit sich bringen, welche teilweise über eine Senkung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer um 0.7 Prozentpunkte kompensiert werden könnten. Mit den so generierten Mehreinnahmen bei der direkten Bundessteuer von CHF 200 Mio. würde sich die finanzielle Zusatzbelastung des Bundes auf CHF 160 Mio. reduzieren. Darüber hinaus machte sich die Exekutive für weitere Anpassungen am Entwurf stark: So soll der Bundesbeitrag lediglich bis zum Ende der Primarstufe entrichtet werden und zwar nur in denjenigen Fällen, in denen die familienexterne Betreuung aufgrund Erwerbstätigkeit oder laufender Ausbildung der Eltern in Anspruch genommen wird.

Auch innerhalb der Kommission fanden sich etliche Stimmen, die mit dem in der Kommission ausgearbeiteten Entwurf nicht einverstanden waren. So hatte sich der Nationalrat in der Frühjahrssession 2023 zuerst mit einem Ordnungsantrag von Beat Walti (fdp, ZH) auseinanderzusetzen. Walti beantragte, die Behandlung des Geschäfts bis nach der Abstimmung über die OECD-Mindeststeuer vom 18. Juni 2023 zu vertagen. Walti vertrat die Ansicht, dass die finanziell angespannte Lage des Bundeshaushalts keine Ausgaben in dieser Höhe zuliessen. Zudem warnte der Freisinnige davor, «das Fell [zu verteilen], bevor der Bär erlegt ist». So seien die zusätzlichen Einnahmen durch die OECD-Mindeststeuer, die die Kommissionsmehrheit wohl zur Finanzierung der Kinderbetreuungskosten verwenden wolle, aufgrund der anstehenden Volksabstimmungen noch nicht gesichert. Der Ordnungsantrag Walti fand indes nur Unterstützung in den geschlossen stimmenden Fraktionen der FDP und SVP, während ihn die restlichen Fraktionen ebenso geschlossen ablehnten. So scheiterte der Ordnungsantrag mit 79 zu 111 Stimmen (4 Enthaltungen).

In der darauf folgenden Eintretensdebatte hatte sich der Nationalrat gleich mit drei Minderheitsanträgen auseinanderzusetzen. Eine durch Nadja Umbricht Pieren (svp, BE) vertretene Kommissionsminderheit bestehend aus SVP-Vertretenden forderte, nicht auf das Bundesgesetz einzutreten. Eine weitere, durch FDP-Vertretende ergänzte und durch Christian Wasserfallen (fdp, BE) vertretene Minderheit richtete sich explizit gegen die durch den Bund einzugehenden Programmvereinbarungen und stellte den Antrag, nur auf den entsprechenden Bundesbeschluss 2 nicht einzutreten. Sie nahm damit auch den Antrag der FK-NR auf, die zum Entwurf Stellung genommen hatte. Nicht zuletzt verlangte eine aus SVP-Vertretenden zusammengesetzte und von Diana Gutjahr (svp, TG) angeführte Kommissionsminderheit die Rückweisung des Geschäfts an die Kommission, damit eine neue Vorlage erarbeitet werden könne, die für alle Eltern, die für die Kinderbetreuung bezahlen, eine finanzielle Entlastung vorsieht. Stein des Anstosses für die Minderheit war, dass die Vorlage lediglich Vergünstigungen für Betreuungskosten für Kindertagesstätten, Tagesschulen oder staatlich anerkannte Tagesfamilien, also lediglich für die «rein externe[] und staatlich anerkannte[] Kinderbetreuung» (Gutjahr), nicht aber für andere Betreuungstypen, etwa für die Kinderbetreuung durch Nannys und Au-pairs oder durch Verwandte, Bekannte und Nachbarn vorsah. Mit 124 zu 59 Stimmen (bei 13 Enthaltungen) beschloss der Nationalrat schliesslich, entgegen dem Willen der Minderheit Umbricht Pieren auf die Vorlage einzutreten. Zu der geschlossen gegen Eintreten votierenden SVP-Fraktion gesellte sich eine aus sechs männlichen Nationalräten bestehende Minderheit der Mitte-Fraktion, die den Nichteintretensantrag unterstützte. Zudem enthielten sich 11 Mitglieder der FDP.Liberalen-Fraktion der Stimme. Auch der Rückweisungsantrag Gutjahr konnte kaum über die Parteigrenze hinaus mobilisieren und wurde mit 129 zu 61 Stimmen (6 Enthaltungen) abgelehnt. Auch der Minderheitsantrag Wasserfallen, gemäss dem nicht auf die Programmvereinbarungen eingetreten werden sollte, scheiterte; die 87 unterstützenden Stimmen aus den Fraktionen der FDP, SVP sowie von einer Minderheit der Mitte-Fraktion reichten gegen die 103 Stimmen ablehnenden Stimmen nicht aus.

Auch in der Detailberatung lagen zahlreiche Minderheitsanträge vor – häufig mehrere zu demselben Paragrafen und in den meisten Fällen angeführt durch FDP- oder SVP-Kommissionsmitglieder. In den zwei zentralen Punkten setzte sich indes die Kommissionsmehrheit durch, so namentlich bei der Höhe der Bundesbeiträge. Hier obsiegte die Kommissionsmehrheit, welche den Bund zu maximal 20 Prozent an den Betreuungskosten der Eltern beteiligen wollte, gegen eine Minderheit I Gutjahr (maximal 10%), eine Minderheit II Wasserfallen (genau 15%) und eine Minderheit III Umbricht Pieren (genau 10%). Erfolglos blieb auch eine weitere, durch Diana Gutjahr angeführte Minderheit, die den Verpflichtungskredit für die Programmvereinbarungen mit den Kantonen zur Weiterentwicklung ihres Betreuungsangebots oder der Politik der frühen Kindheit halbieren wollte (von CHF 224 Mio. auf CHF 112 Mio.).
Durchsetzen konnte sich die Kommissionsminderheit in Form einer Minderheit de Montmollin (fdp, GE), die – ebenso wie der Bundesrat – forderte, dass die Regierung einen gewissen kumulierten Mindestbeschäftigungsgrad der Eltern festlegen kann, ab welchem der Anspruch auf Kostenbeteiligung durch den Bund besteht. Hier gesellte sich eine beinahe geschlossen stimmende GLP-Fraktion zu den Fraktionen der SVP, FDP und einer Minderheit der Mitte-Fraktion. Zudem setzte sich im Rat die Ansicht des Bundesrates durch, dass die Kostenbeteiligung lediglich bis zum Ende der Primarstufe erfolgen soll. Diese Ansicht teilte unterdessen auch die Kommissionsmehrheit, die sich im Nationalrat nicht zuletzt auch gegen eine Minderheit Prezioso (egsols, GE) durchsetzte, die – dem ursprünglichen Entwurf der Kommissionsmehrheit folgend – eine Kostenbeteiligung bis zum Ende der obligatorischen Schulzeit forderte. Zudem sprach sich der Nationalrat einer Minderheit Nantermod (fdp, VS) folgend gegen einen Antrag der Kommissionsmehrheit aus, gemäss welchem die Einnahmen aus der OECD-Mindeststeuer in erster Linie zur Finanzierung des Bundesbeitrags für die familienexterne Kinderbetreuung eingesetzt werden sollen. Gleichzeitig lehnte der Nationalrat hingegen einen Minderheitsantrag ab, der gemäss Stellungnahme des Bundesrates den Kantonsanteil an den Bundessteuern zur Gegenfinanzierung um 0.7 Prozentpunkte hatte senken wollen. Somit blieb die Frage der (Gegen-)Finanzierung nach der nationalrätlichen Debatte gänzlich offen.

Nach etlichen Stunden Debatte verabschiedete der Nationalrat in der Gesamtabstimmung den Entwurf zum Bundesgesetz über die Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung und der Kantone in ihrer Politik der frühen Förderung von Kindern (UKibeG) mit 107 zu 79 Stimmen (5 Enthaltungen) sowie den Bundesbeschluss 2 zu den Programmvereinbarungen mit 104 zu 84 Stimmen (5 Enthaltungen) zuhanden des Ständerates.

Dossier: Aides financières à l'accueil extra-familial pour enfants

Der Nationalrat hatte in der Frühjahrssession 2023 einer von der WBK-NR erarbeiteten Version des Bundesgesetzes über die Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung und der Kantone in ihrer Politik der frühen Förderung von Kindern (UKibeG) zugestimmt. Der Entwurf sah eine bis zu zwanzigprozentige Beteiligung des Bundes an den Kinderbetreuungskosten der Eltern vor.
Im Juni 2023 bezog die FK-SR im Rahmen eines Mitberichtsverfahrens Stellung zum Vorhaben. Dabei äusserte sie in erster Linie aufgrund der angespannten Finanzlage des Bundes «grosse Vorbehalte» gegenüber den vorgeschlagenen Instrumenten, die Kosten im Umfang von jährlich CHF 710 Mio. nach sich ziehen würden. Darüber hinaus vertrat die Kommissionsmehrheit die Ansicht, dass der Bund durch eine solche Unterstützung seine föderalen Kompetenzen überschreiten würde; vielmehr solle die Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf namentlich durch steuerliche Anreize gefördert werden.
Nach Kenntnisnahme des Mitberichts und nach Anhörung diverser Kreise gab die beratende WBK-SR Ende August 2023 bekannt, einen anderen Weg verfolgen zu wollen als ihre Schwesterkommission. Sie beabsichtige die Schaffung einer neuen Betreuungszulage als Ergänzung zu den bestehenden Familienzulagen. Durch Festhalten am «eingespielten Vollzugssystem» sah die Kommission die föderale Kompetenzverteilung gewahrt. Darüber hinaus wären Eltern nicht an ein bestimmtes Modell der ausserfamiliären Kinderbetreuung gebunden und auch die Wirtschaft würde so zu einem finanziellen Beitrag verpflichtet, so die Kommission.
Um die bestehenden Fördermassnahmen unterdessen nicht ersatzlos auslaufen zu lassen, lancierte die WBK-SR im November 2023 eine Kommissionsinitiative, welche die Verlängerung der bisherigen Bundesbeiträge bis zur Inkraftsetzung der neuen Lösung oder bis spätestens Ende des Jahres 2026 bezweckte.

Dossier: Aides financières à l'accueil extra-familial pour enfants

Anfang März 2024 schickte die WBK-SR ein alternatives Modell zur Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung in die Vernehmlassung. Während der Nationalrat seiner Kommission folgend eine 20-prozentige Beteiligung des Bundes an den Drittbetreuungskosten der Eltern vorsehen wollte, beinhaltete das Modell der WBK-SR anstelle einer Kostenbeteiligung die Einführung einer Betreuungszulage. Diese sollte für Kinder bis zur Vollendung des siebten Lebensjahres bezogen werden können, wobei die Höhe der Zulage in Abhängigkeit der Anzahl Betreuungstage bestimmt werden sollte. Vorteile sah die ständerätliche Kommission in einem solchen Modell unter anderem folgende: Zum einen könne dadurch an ein bestehendes System angeknüpft werden, denn ebenso wie die Kinder- und Ausbildungszulagen könnte auch eine Betreuungszulage via die Familienausgleichskassen respektive die Arbeitgebenden entrichtet werden. Damit könnte der administrative Aufwand massgeblich verringert werden, so die Kommission in ihrem Zusatzbericht zuhanden der Vernehmlassungsteilnehmenden. Zum anderen wäre auch der finanzielle Aufwand des Bundes deutlich tiefer, respektive abgesehen von den Programmvereinbarungen gar «haushaltsneutral», während die WBK-SR im Falle der Umsetzung des nationalrätlichen Modells mit Mehrausgaben in der Höhe von CHF 700 Mio. pro Jahr rechnete. Die eigene Vorlage könne gemäss Zusatzbericht somit «einen massgeblichen Beitrag zur Haushaltbereinigung in den Finanzplanjahren leisten». Bezahlen würden somit die Arbeitgebenden. Dies sei legitim, da es schliesslich auch im Interesse der Wirtschaft liege, die Erwerbsbeteiligung in der Schweiz zu erhöhen, so Benedikt Würth (mitte, SG), der das ständerätliche Modell in der Kommission mitgezimmert hatte. Bereits im Vorfeld der Vernehmlassung liess der Arbeitgeberverband im Tages-Anzeiger verlauten, dass er das nationalrätliche Modell unterstütze und es seinerseits als staatliche Aufgabe betrachte, dass genügend finanzierbare Betreuungsplätze vorhanden seien. Ob auch die Arbeitnehmenden in die Pflicht genommen würden, liess die Vernehmlassungsvorlage als Möglichkeit offen.
Ein weiterer Unterschied zur Version des Nationalrates ergab sich bei den Programmvereinbarungen. Hier beantragte die Kommissionsmehrheit, die Förderbereiche für Massnahmen der Qualitätsförderung und für eine bessere Abstimmung der familienergänzenden Kinderbetreuung auf die Bedürfnisse der Eltern zu streichen, da diese Bereiche vorwiegend in die Zuständigkeit der Kantone und Gemeinden fielen. Somit verblieben drei Förderbereiche, namentlich die Förderbereiche zur Schaffung von mehr institutionellen Betreuungsplätzen, zur Weiterentwicklung der Politik der frühen Förderung von Kindern sowie der neu eingeführte Förderbereich für Kinder mit Behinderungen, für die die Kommissionsmehrheit für die ersten vier Jahre einen Verpflichtungskredit von CHF 128 Mio. vorsah. In der Kommission fanden sich diverse Minderheiten, die sowohl einen tieferen als auch einen höheren Verpflichtungskredit befürworteten, oder die sich nicht einverstanden zeigten mit der Auswahl der Förderbereiche. Bis am 12. Juni 2024 können Vernehmlassende Stellung nehmen zu den verschiedenen Anträgen zum Entwurf der WBK-SR.

Dossier: Aides financières à l'accueil extra-familial pour enfants

Mitte Oktober 2024 veröffentlichte die WBK-SR den Ergebnisbericht zur Vernehmlassung zum von ihr erarbeiteten Alternativmodell zur Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung. Im Unterschied zum ersten, von der WBK-NR in Erfüllung einer eigenen parlamentarischen Initiative ausgearbeiteten Entwurf, der vom Bund eine Kostenbeteiligung an den familienexternen Kinderbetreuungskosten der Eltern forderte, sah das Alternativmodell die Einführung einer Betreuungszulage im Rahmen des Familienzulagengesetzes vor. Die Betreuungszulage würde somit über Beiträge der Arbeitgebenden und allenfalls auch der Arbeitnehmenden finanziert. Mit Ausnahme der Förderbeiträge für die Programmvereinbarungen wären die Ausgaben für den Bund somit haushaltsneutral. Im Unterschied zum Entwurf der WBK-NR verzichtete die WBK-SR in ihrem Entwurf zudem darauf, Massnahmen zur Verbesserung der Qualität der externen Kinderbetreuung in die Programmvereinbarungen aufzunehmen, da solche Massnahmen vorderhand in die Kompetenz der Kantone und Gemeinden fielen.
In der Vernehmlassung zum Alternativmodell äusserten sich neben 25 Kantonen und elf Parteien auch 20 Wirtschaftsverbände, über 50 Organisationen im Bereich der Kinderbetreuung und weitere interessierte Kreise, darunter insbesondere Frauen-, Kinder- und Familienorganisationen sowie Organisationen für Menschen mit Behinderungen. Der Ergebnisbericht zeigte ein deutlich gemischteres Bild der Reaktionen im Vergleich zum ersten, von der WBK-NR erarbeiteten Vernehmlassungsentwurf, welcher auf überwiegende Zustimmung gestossen war.

Von den Parteien stellten sich die EVP, die GLP sowie die Mitte (inklusive Mitte Frauen und Junge Mitte) im Grunde hinter den Entwurf, lehnten teilweise aber die vorgeschlagene Finanzierung ab. Die FDP und die SVP lehnten die Erarbeitung einer Vorlage zur Unterstützung der familienergänzenden Kinderbetreuung im Grundsatz ab – so auch den neuen Entwurf – während sich die FDP-Frauen, die Grünen, die SP und die SP Frauen explizit gegen das nun präsentierte Modell stellten, dem ursprünglichen Modell jedoch positiv gegenüberstanden. Trotz ihrer Unterstützung der Vorlage forderten die GLP und die Mitte Frauen ebenfalls eine Rückkehr zu einer Finanzierung durch den Bund. Während die GLP eine reine Bundesfinanzierung bevorzugte, sprach sich die Mitte für eine gemischte Finanzierung durch Arbeitnehmende, Arbeitgebende und die Kantone aus, während sich die SP und die SP Frauen gegenüber einer paritätischen Finanzierung durch Arbeitgebende und den Bund offen zeigten. Nicht zuletzt forderten die Grünen, die SP (inklusive Frauen) sowie die Mitte Frauen, den Geltungsbereich nicht auf Kinder bis zum Ende des 7. Lebensjahres zu beschränken, sondern bis zur Vollendung des 12. Jahres auszudehnen, da auch im Primarschulalter noch Betreuungsbedarf für die Kinder bestehe. Diese Forderung wurde auch von einem Grossteil der Interessenorganisationen eingebracht. Die Beschränkung der Betreuungszulage auf die institutionelle Betreuung hingegen wurde abgesehen von der SVP von den Parteien entweder nicht kommentiert oder gar explizit begrüsst.

Von den 25 Kantonen stellten sich deren 12 im Grunde hinter den von der zuständigen Kommission der Kantonskammer ausgearbeiteten Entwurf. Der Kanton Appenzell Ausserrhoden stand der Vorlage als dreizehnter Kanton zwar ebenfalls positiv gegenüber, betonte jedoch, dass demjenigen Modell Vorrang gegeben werden sollte, das politisch mehrheitsfähiger sei und dem Sinne der zugrunde liegenden parlamentarischen Initiative besser entspreche. Die verbleibenden 12 stellungnehmenden Kantone stellten sich gegen den neuen Entwurf, teilweise da sie das erste Modell bevorzugten. Das Modell mit Bundesbeteiligung hatten in der ersten Vernehmlassung zum Geschäft 23 von 26 stellungnehmende Kantonen unterstützt. Auch unter denjenigen Kantonen, die sich explizit zur Finanzierungsfrage äusserten, stellte sich lediglich eine Minderheit hinter die vorgeschlagene Finanzierung über die Arbeitgebendenbeiträge (BS, GL, NW, SH und ZH). Weitere sieben Kantone präferierten eine Mischfinanzierung durch zusätzliche Bundesbeteiligung und forderten in einzelnen Fällen auch dazu auf, die Arbeitnehmenden in die Pflicht zu nehmen. Sechs weitere Kantone sahen ausschliesslich den Bund in der Finanzierungspflicht (AG, GE, NE, SO, TI und VD). Mehrheitlich positiv äusserten sich die Kantone hingegen zur Möglichkeit, die Betreuungszulage über die Familienausgleichskassen zu entrichten; der mutmassliche administrative Aufwand wurde als vertretbar eingeschätzt.

Unter den Wirtschaftsverbänden fand sich kaum Unterstützung für das vorgelegte Alternativmodell, das in erster Linie durch deren Mitglieder finanziert würde. Eine solche Finanzierung wurde von Arbeitgebendenverbänden klar abgelehnt, so auch vom Schweizerischen Arbeitgeberverband, der die Vorlage ansonsten im Grunde unterstützte. Zehn Wirtschaftsverbände, darunter economiesuisse, lehnten die Vorlage grundsätzlich ab. Nicht zuletzt brachten einige dieser Akteure vor, dass sie die Kantone und Gemeinden in der Finanzierungspflicht sehen. Acht weitere Verbände, unter anderem der SGV, SGB, Travail.Suisse und Gastro.Suisse, betonten, dass sie einem anderen Modell als dem nun vorgelegten zustimmen würden, wobei sie sich teilweise auf die nationalrätliche Vorlage bezogen.

Obwohl auch die Mehrheit der Organisationen und interessierten Kreise die Vorlage grundsätzlich unterstützte, zeigten sich nur wenige mit der vorgeschlagenen Finanzierung einverstanden. Während sich etwa Alliance Enfance, Kinderschutz Schweiz und Pro Juventute für eine alleinige Finanzierung durch den Bund aussprachen, befürworteten unter anderem kibesuisse und verschiedene eidgenössische Kommissionen (EKFF, EKF, EKKJ) eine geteilte Finanzierung zwischen Arbeitgebenden und Bund. Die EKFF stellte sich zudem explizit gegen eine Mitfinanzierung durch die Arbeitnehmenden. Auch erachteten viele Interessenorganisationen, aber auch die SP, die Mitte Frauen und der SGB, die vorgeschlagene Höhe der Zulage als zu tief – der Entwurf der WBK-SR sah einen Mindestbetrag der monatlichen Zulage von CHF 100 pro Kind und Betreuungstag vor. Zudem forderten weitgehend dieselben Kreise eine starke Erhöhung der Betreuungszulage für Kinder mit Behinderungen, wobei nicht selten auch eine einkommensabhängige und an den tatsächlichen Betreuungskosten orientierte finanzielle Unterstützung gefordert wurde.

Die Interessenorganisationen begrüssten ebenso wie die Mehrheit der restlichen Vernehmlassungsteilnehmenden die drei mit Programmvereinbarungen unterstützten Förderbereiche, wovon diejenigen zur frühen Förderung von Kindern und zur Schaffung zusätzlicher institutioneller Betreuungsplätze bereits bestehen und derjenige zur Schaffung von Plätzen für Kinder mit Behinderungen neu eingeführt werden soll. Darüber hinaus forderten sie, ebenso wie elf Kantone und verschiedene Parteien (Grüne, SP, EVP, Mitte Frauen), die Wiederaufnahme des Förderbereichs Qualität. Dabei vertraten die Interessenorganisationen die Position, dass nur qualitativ hochwertige Kinderbetreuungsangebote in Anspruch genommen würden und sich somit nur diese positiv auf die Erwerbstätigkeit von Eltern auswirken können. Nicht zuletzt forderte die Mehrheit der Organisationen und interessierten Kreise zusätzliche Mittel für die Programmvereinbarungen, wobei sie Sukkurs erhielten von der SP, den Mitte Frauen, den Grünen, dem SGB und einigen Kantonen (AR, BL, BS, FR, OW, SO, TI, VD).

Nach Vorliegen der Vernehmlassungsergebnisse machte sich die WBK-SR daran, ihren Entwurf zu finalisieren, um ihn daraufhin ihrem Rat zur Beratung vorzulegen.

Dossier: Aides financières à l'accueil extra-familial pour enfants