Im Dezember 2024 schickte die RK-NR in Erfüllung einer parlamentarischen Initiative Flach (glp, AG) zwei Varianten für einen neuen Straftatbestand Folter in die Vernehmlassung. In der ersten Variante wären dabei ausschliesslich staatliche oder staatsähnliche Akteurinnen und Akteure wie Behörden, Beamtinnen und Beamte oder Mitglieder politischer Organisationen von der neuen Strafnorm betroffen und könnten mit zwei bis zehn Jahren Freiheitsstrafe sanktioniert werden. Die zweite Variante würde den Straftatbestand auch auf Privatpersonen ausweiten, wobei Freiheitsstrafen von einem bis zehn Jahre möglich wären. Mit der neuen Strafnorm sollte die Gesetzgebung und die Gewährung von internationaler Rechtshilfe in Strafsachen gestärkt sowie ein wichtiges Zeichen gegen derartige Verbrechen gesetzt werden, so die Kommission in ihrer Medienmitteilung.
In der Vernehmlassung stiess der Entwurf auf gemischte Rückmeldungen. Während sich von den total 49 eingegangenen Stellungnahmen 22 positiv äusserten, stiess die Vorlage vor allem bei der mittleren föderalen Ebene auf wenig Zustimmung: Von den 25 teilnehmenden Kantonen lehnten 21 die Vorlage ganz ab. Als Hauptargument wurde der fehlende strafrechtliche Handlungsbedarf genannt, da Folterhandlungen nach geltendem Recht bereits sanktioniert würden. Überdies könnte aufgrund von Abgrenzungsschwierigkeiten zu anderen Delikten Rechtsunsicherheit entstehen, zudem könnte die Einführung eines Foltertatbestands zu einer Mehrbelastung der Strafverfolgungsbehörden führen. Dieser Argumentation und Ablehnung schloss sich die SVP in ihrer Rückmeldung an. Die weiteren teilnehmenden politischen Parteien EVP, FDP, Grüne, SP und GLP begrüssten hingegen die Einführung eines Foltertatbestands, weil dieser die Glaubwürdigkeit der Schweiz im internationalen Kontext erhöhe und die Konsistenz zwischen Innen- und Aussenpolitik vor allem mit Blick auf die internationalen Verpflichtungen gemäss UNO-Antifolterkonvention gewährleisten könne. Weitere befürwortende Organisationen betonten zudem die Signal- respektive die präventive Wirkung eines solchen Straftatbestandes sowie verfahrensökonomische Vorteile, wenn Folterhandlungen nicht mehr unter einer Kombination verschiedener Strafnormen beurteilt werden müssten.
Zusätzliche gemischte Rückmeldungen gab es auch bezüglich der Abwägung zwischen den vorliegenden zwei Varianten. Sowohl die grundsätzlich zustimmenden als auch die grundsätzlich ablehnenden Stellungnahmen führten unterschiedliche Argumente für oder gegen eine der beiden Varianten aus, wobei eine Mehrheit der teilnehmenden Organisationen die Ausweitung des Straftatbestandes auch auf Privatpersonen befürwortete. Als Argumente für diese Variante wurde unter anderem der Einbezug möglichst breiter Täterkreise, eine einheitliche Behandlung aller Fälle von Folterhandlungen oder die Verstärkung des Opferschutzes genannt.
Nach Kenntnisnahme der Vernehmlassungsergebnisse entschied die nationalrätliche Rechtskommission mit 19 zu 0 Stimmen (3 Enthaltungen), an der zweiten Variante weiterzuarbeiten. Gleichzeitig erteilte sie der Verwaltung den Auftrag, das Gespräch mit den Kantonen zur Integration ihrer Anregungen aufzunehmen.