Lancierung der Volksinitiative «Wahrung der schweizerischen Neutralität (Neutralitätsinitative)»

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Am 15. Oktober 2022 enstand aus der Fusion der «Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns)», dem «Komitee Nein zum schleichenden EU-Beitritt (EU-No)» und der «Unternehmer-Vereinigung gegen den EU-Beitritt» ein neuer nationalkonservativer und EU-skeptischer Verein namens «Pro Schweiz». An dessen Gründungsversammlung beschlossen die anwesenden Mitglieder, die von Alt-Bundesrat Christoph Blocher lancierte Neutralitätsinitiative inhaltlich sowie finanziell zu unterstützen. Die Volksinitiative entstand in Reaktion auf die Übernahme der EU-Sanktionen gegen Russland und die neue Auslegung der Neutralitätspolitik. Die Initiative wurde am 19. Oktober lanciert und hat das Ziel, eine «immerwährende» und «bewaffnete» Neutralität in der Verfassung zu verankern. Das Begehren will der Schweiz den Beitritt zu Militär- und Verteidigungsbündnissen und die Beteiligung an militärischen Auseinandersetzungen verbieten. Auch nichtmilitärische Zwangsmassnahmen wie Wirtschaftssanktionen sollen laut Initiative tabu werden. Die einzigen Ausnahmen bilden die Verpflichtungen gegenüber der UNO und Massnahmen zur Verhinderung der Umgehung von Sanktionen von Drittstaaten. Eine weitere Forderung der Initiative beinhaltet, dass die Schweiz ihre Neutralität nutzt, um Konflikte zu verhindern oder aufzulösen, indem sie sich als Vermittlerin einsetzt. Erstaunlicherweise war Christoph Blocher, der die Initiative massgebend vorangetrieben hatte, nicht Teil des Initiativkomitees. Blocher liess verlauten, dass er in seinem Alter keinen Abstimmungskampf mehr führen wolle. Präsidiert wurde das Initiativkomitee von SVP-Nationalrat Walter Wobmann (svp, SO), der in der Rolle des Abstimmungskämpfers schon bei der Minarett- und der Burka-Initiative erfolgreich gewesen war. Die Frist für das Sammeln der nötigen 100'000 Unterschriften läuft bis zum 8. Mai 2024.

Die Initiative stiess bei den Parlamentariern und Parlamentarierinnen anderer Parteien auf wenig Gegenliebe. Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy (mitte, VS) sprach sich gegen das Begehren aus, da sich die Schweiz nicht «in jeder Krise hinter der Neutralität verstecken» dürfe. FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann (fdp, ZH) erachtete die SVP-Initiative als falschen Weg.

Ende November 2024 publizierte der Bundesrat seine Botschaft zur Neutralitätsinitiative, die im Herbst 2022 von Pro Schweiz lanciert worden war. Der Bundesrat empfahl die Initiative zur Ablehnung und beantragte, ihr weder einen direkten Gegenentwurf noch einen indirekten Gegenvorschlag gegenüberzustellen.
Der Bundesrat führte aus, dass zwar ein gewisser Teil der Bestimmungen des Initiativtexts mit der gängigen Praxis der Auslegung der Neutralität kompatibel seien, der übrige Teil der Forderungen jedoch zu grossen Änderungen in der Schweizer Aussenpolitik führen würde. Die geforderte rigide Anwendung der Neutralität sei im heutigen «volatilen internationalen Umfeld» nicht sinnvoll. So würden beispielsweise die sicherheits- und verteidigungspolitischen Kooperationsmöglichkeiten durch Annahme der Initiative stark limitiert, was wiederum die Verteidigungsfähigkeit der Schweiz insgesamt schwächen würde. Zudem würde das Verbot, gewisse internationale Sanktionen anzuwenden, den Handlungsspielraum der Schweiz limitieren und negative aussen-, sicherheits- und wirtschaftspolitische Folgen zeitigen.