Staatsrechnung 2023 (BRG 24.003)

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Der Bundesrat präsentierte im März 2024 die Staatsrechnung 2023. Erstmals basierte diese auf der Erfolgsrechnung und nicht mehr auf der Finanzierungsrechnung, wie eine Motion Hegglin (mitte, ZG; Mo. 16.4018) verlangt hatte.
Dabei wies der Bundesrat eine positive Selbstfinanzierung von CHF 3.4 Mrd. aus, die sich aus dem Saldo der laufenden Einnahmen von CHF 78.6 Mrd. und den laufenden Ausgaben von CHF 75.2 Mrd. ergab. Die laufenden Einnahmen waren gegenüber dem Vorjahr um 5.1 Prozent (CHF +3.8 Mrd.) gewachsen, was der Bundesrat auf die angestiegenen Fiskaleinnahmen (+CHF 5.3 Mrd.) und dort vor allem auf die Einnahmen aus der direkten Bundessteuer (+18.3%) und der Einkommenssteuer (+6.5%) zurückführte. Zudem fielen durch die Übernahme der CS durch die UBS Einnahmen in der Höhe von CHF 201.3 Mio. an. Jedoch machte sich bei den laufenden Einnahmen auch die ausgebliebene Gewinnausschüttung der SNB in der Höhe von CHF 2 Mrd. bemerkbar. Gegenüber dem Vorjahr kaum verändert hatten sich die laufenden Ausgaben (+0.2%), bei denen die wegfallenden Corona-Ausgaben (2022: CHF 1.1 Mrd.) den Anstieg im Bereich der Migration (+29.6%) und der AHV (+3.5%) kompensierten.
Der Unterschied der aus der Erfolgsrechnung stammenden laufenden Einnahmen und Ausgaben zu den ordentlichen Einnahmen und Ausgaben der Finanzierungsrechnung besteht darin, dass Letztere auch die Investitionseinnahmen und -ausgaben beinhalten. Diese lagen 2023 bei CHF 1.0 Mrd. (Einnahmen) respektive CHF 5.8 Mrd. (Ausgaben), wobei insbesondere in den Bereichen Verkehrsinfrastruktur und Armeeausgaben Investitionsausgaben anfielen. Diese Differenz zwischen Investitionseinnahmen und -ausgaben in der Höhe von CHF -4.8 Mrd. führte dazu, dass die Finanzierungsrechnung 2023 trotz positiver Selbstfinanzierung ein Finanzierungsdefizit von CHF 1.4 Mrd. aufwies. Dass das Finanzierungsdefizit nicht höher ausfiel (budgetiert war ein Defizit von CHF 4.8 Mrd.), war dem Umstand geschuldet, dass die Axpo Holding AG den geplanten Rettungsschirm nicht hatte in Anspruch nehmen müssen.
Der Finanzierungssaldo beinhaltet sowohl die ordentlichen als auch die ausserordentlichen Einnahmen und Ausgaben, Letztere fielen etwa für die Schutzsuchenden aus der Ukraine an und betrugen insgesamt CHF -760 Mio. Das ordentliche Finanzierungsdefizit, das für die Schuldenbremse ausschlaggebend ist, kam folglich bei CHF -672 Mio. zu liegen. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation – das Wirtschaftswachstum gemäss realem BIP lag bei vergleichsweise geringen 1.3 Prozent – liess die Schuldenbremse ein ordentliches Finanzierungsdefizit von CHF -238 Mio. zu – folglich wurde das Ziel der Schuldenbremse 2023 um CHF 434 Mio. verpasst. Wie bereits im Vorjahr lag folglich ein strukturelles Finanzierungsdefizit vor, dieses fiel jedoch kleiner aus als noch im Vorjahr (2022: CHF -3.4 Mrd.).
Trotz des positiven Ergebnisses aus der Erfolgsrechnung führte das Finanzierungsdefizit folglich zu einer weiteren Zunahme der Nettoschulden, die Ende 2023 bei CHF 142 Mrd. lagen. Der Bundesrat plant für die kommenden Jahre weitere Massnahmen, um ein strukturelles Defizit künftig zu verhindern.

Dossier: Bundeshaushalt 2023: Voranschlag und Staatsrechnung

In der Sommersession 2024 präsentierten Felix Wettstein (gp, SO) und Anna Giacometti (fdp, GR) dem Nationalrat im Namen der FK-NR die Staatsrechnung 2023. Das Finanzierungsdefizit von CHF 1.4 Mrd. könne mehrheitlich auf die ausserordentlichen Mittel von CHF 1.1 Mrd. an Schutzsuchende aus der Ukraine und die gestiegenen Transfergelder an die Sozialversicherungen zurückgeführt werden, erklärten sie. Die Kommission habe festgestellt, dass die Departemente insgesamt haushälterisch mit den Mitteln umgingen und das Nettoergebnis der ordentlichen Rechnung mit einem Defizit von CHF 672 Mio. fast eine «Punktladung» darstelle, wie Wettstein anmerkte. Änderungsanträge wurden nicht gestellt.
In der Debatte setzten die Fraktionssprecherinnen und -sprecher unterschiedliche Akzente, wobei das Ausgabenwachstum im Mittelpunkt stand. Die Fraktionssprechenden der SVP, FDP, GLP und Mitte äusserten Besorgnis über das kontinuierliche Ausgabenwachstum. Lars Guggisberg (svp, BE) kritisierte eine aus seiner Sicht unverantwortliche Ausgabenpolitik, weshalb die SVP die Staatsrechnung 2023 ablehnen werde. Er forderte Einsparungen, darunter eine Halbierung der Auslandausgaben zugunsten nationaler Projekte wie der Stärkung der Armee. Damien Cottier (fdp, NE) sprach sich für Kürzungen bei Sozial- und Migrationsausgaben aus, Corina Gredig (glp, ZH) plädierte für eine Kombination aus Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen und Pius Kaufmann (mitte, LU) argumentierte, dass nach Möglichkeiten gesucht werden müsse, wie neue Einnahmequellen erschlossen werden könnten. Auf neue Einnahmequellen setzten in der Folge auch die Fraktionen der Grünen und der SP: Gerhard Andrey (gp, FR) forderte die Schaffung neuer Einnahmequellen wie einer Erbschaftssteuer, um dringend erforderliche Investitionen sozial gerecht zu finanzieren, während Tamara Funiciello (sp, BE) zusätzlich auch auf Steuererhöhungen für Wohlhabende oder eine konsequente Bekämpfung von Steuerhinterziehung setzte.
Finanzministerin Karin Keller-Sutter wies darauf hin, dass nun bereits das zweite Jahr in Folge ein strukturelles Defizit zu verzeichnen sei und betonte die Notwendigkeit von Reformen und Neupriorisierungen zur Sicherung der langfristigen finanziellen Stabilität. Die Bundesrätin skizzierte auch den weiteren Fahrplan: Der Bundesrat veröffentliche im Spätsommer Vorschläge aus einer umfassenden Überprüfung der Bundesausgaben und Subventionen. Erste Massnahmen daraus sollten ab 2026 greifen, langfristigere Reformen ab 2027. Um die geplanten Massnahmen breit abzustützen, werde der Bundesrat ab Herbst 2024 eine Vernehmlassung durchführen.
In der Folge sprach sich der Nationalrat mit 127 zu 63 Stimmen – Letztere stammten von den Mitgliedern der SVP-Fraktion – für die Annahme der Staatsrechnung 2023 aus. Erneut mit den ablehnenden Stimmen aus der SVP-Fraktion nahm der Nationalrat den Bundesbeschluss über die Rechnung des Bahninfrastrukturfonds für das Jahr 2023 mit 129 zu 63 Stimmen und den Bundesbeschluss über die Rechnung des Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds für das Jahr 2023 einstimmig an.

Der Ständerat verzichtete zwei Tage später auf eine Debatte zur Staatsrechnung. Kommissionssprecher Jakob Stark (svp, TG) nannte das Ergebnis der ordentlichen Rechnung ebenfalls eine «Punktladung» und empfahl die Staatsrechnung im Namen der Kommission zur Genehmigung. Mit 38 zu 0 Stimmen folgte der Ständerat diesem Antrag einstimmig und nahm auch mit 40 zu 0 Stimmen die Rechnungen des Bahninfrastrukturfonds und des Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds für das Jahr 2023 an.

Dossier: Bundeshaushalt 2023: Voranschlag und Staatsrechnung