Jahresrückblick 2024: Raumplanung und Wohnungswesen
Die Diskussionen im Bereich des Wohnungswesens waren in diesem Jahr vorwiegend durch die Abstimmung zu zwei Mietrechtsvorlagen geprägt. Jedoch fanden auch andere Diskussionen ihre Fortsetzung, so insbesondere zur Wohnungsknappheit und zu der seit Jahren antizipierten Abschaffung des Eigenmietwert. Diese Diskussionen fanden auch Eingang in die Schweizer Medienberichterstattung, vor allem im Bereich des Mietwesens (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse).
Wie bereits im Vorjahr blieb die Lage auf dem Schweizer Miet- und Wohnungsmarkt weiter angespannt. Die Zunahme der Mietzinse kann unter anderem auf das geringe Angebot an Wohnraum zurückgeführt werden: Wie bereits in den Vorjahren sank die Leerwohnungsziffer auch im Jahr 2024. Vor diesem Hintergrund lancierte Wirtschaftsminister Parmelin einen zweiten Runden Tisch zum Thema Wohnungsknappheit, bei welchem ein Aktionsplan zur Erhöhung des Wohnangebots vorgestellt wurde. Als zentralen Grund für die Mangellage an Wohnraum eruierten die Medien 2024 nicht zuletzt die tiefe Bautätigkeit in der Schweiz. Um diese zu erhöhen, entschied sich das Parlament, das Verbandbeschwerderecht bei Wohnbauten zu lockern. Ferner überwies das Parlament eine Motion, die eine Abweichung von den ISOS-Normen zugunsten von Bauvorhaben erlauben will, wenn insbesondere kantonale oder lokale Interessen überwiegen. Dieser Mangel an Wohnraum sowie ein Bundesgerichtsentscheid über die Mietvertragskündigungen von Mieterinnen und Mietern in Zürich aufgrund einer zu tiefen Auslastung der Wohnfläche sorgten für grosses mediales Interesse zum Thema optimale Wohnraumnutzung.
Wie bereits im Vorjahr wies die Legislative eine Reihe von Vorstössen aus dem links-grünen Lager für eine Stärkung des Mieterinnen- und Mieterschutzes ab. Trotz dieser Entwicklungen im Parlament konnten Mieterinnen und Mieter im Berichtsjahr an der Urne eher überraschend zwei Siege verbuchen: Sowohl die Vorlage für eine Beschleunigung des Verfahrens bei der Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs als auch diejenige für eine stärkere Regulierung der Untermiete wurden von der Mehrheit der Stimmbevölkerung im November 2024 in zwei Referendumsabstimmungen abgelehnt. Die zwei Abstimmungen führten im November zu einem starken Anstieg der Medienberichtserstattung im Bereich des Mietwesens (vgl. Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse). Da sich zur Anfechtung des Anfangsmietzinses und zur Orts- und Quartierüblichkeit von Mieten bereits zwei weitere Forderungen aus der Feder des Hauseigentümerverbands in parlamentarischer Umsetzung befinden, ist in naher Zukunft ein weiteres Kräftemessen zwischen Mietenden und Vermietenden zu erwarten.
Die Raumplanung stand in diesem Jahr im Zeichen des Genfer CERN. Die beiden Räte stimmten nach intensiven Diskussionen einer Änderung des Bundesgesetzes über die Förderung der Forschung und der Innovation zu, womit zukünftig der Bund anstelle des Kantons Genf Sachpläne zu zukünftigen Ausbauschritten des CERN im französisch-schweizerischen Grenzgebiet verfassen kann. Mit der Änderung des Geoinformationsgesetzes, welches eine Digitalisierung des Untergrunds und die kostenfreie Bereitstellung von Geodaten bezweckte, stiess ein anderer Gesetzesentwurf im Bereich der Raumplanung im Parlament indes auf Widerstand. Während der Ständerat nicht auf die Vorlage eintreten wollte, entschied sich der Nationalrat, diese per Rückweisungsantrag dem Bundesrat zur Überarbeitung zu übertragen.
Auch die Wohnsituation in den Bergkantonen wurde in diesem Jahr näher beleuchtet. Einerseits wurden infolge starker Überschwemmungen und Erdrutsche im Wallis, Tessin und Graubünden Stimmen laut, welche forderten, das Wohnen im Alpenraum zukünftig kritischer zu überdenken und die entsprechenden Zoneneinteilungen in betroffenen Gebieten allenfalls zu ändern. Entsprechend gross war denn auch die mediale Aufmerksamkeit für dieses Thema. Andererseits wurde auch die Wohnungsknappheit in Berg- und Tourismuskantonen von den Medien diskutiert. Gerade in Gebieten mit einem hohen Anteil an Zweitwohnungen suchten politische Akteurinnen und Akteuere Lösungen zur Erstellung von bezahlbarem Erstwohnraum. In diesem Zusammenhang wurde etwa in der Engadiner Gemeinde Pontresina die Diskussion um eine Zweitwohnungssteuer lanciert. Der Ständerat verfolgte im Berichtsjahr einen anderen Weg und sprach sich für eine Lockerung des Zweitwohnungsgesetzes aus. Durch die Bestätigung des nationalrätlichen Entscheids aus dem Vorjahr soll es in Zukunft einfacher werden, altrechtlich erbaute Zweitwohnungen zu erweitern und neuen Wohnraum zu schaffen.
Wie auch im Vorjahr prägten die Verhandlungen über die Abschaffung des Eigenmietwerts – neben den eidgenössischen Abstimmungen – das Schweizer Wohnungswesen. Bis zur Herbstsession blieben die Fronten verhärtet. So forderte der Nationalrat weiterhin einen vollständigen Systemwechsel, während sich die Bergkantone aufgrund potenzieller Steuereinbussen gegen eine Ausweitung der Vorlage auf Zweitliegenschaften aussprachen. Um diesen Ausfällen entgegenzuwirken, hatte die WAK-NR einen Entwurf zur Einführung einer Objektsteuer auf Zweitliegenschaften erarbeitet, auf welchen der Ständerat – entgegen der Empfehlung der WAK-SR – nicht eintrat. Stattdessen bestand er weiterhin auf eine Beschränkung der Abschaffung des Eigenmietwert ausschliesslich auf Erstwohnungen. Nachdem auch der Nationalrat weiter an seinem Entscheid festgehalten hatte, gelangte der Entwurf in die Einigungskonferenz. Überraschenderweise entschied der Ständerat schliesslich auf einstimmigen Antrag der Einigungskonferenz, das Konzept des Nationalrats anzunehmen, und im Anschluss passierte auch die Objektsteuer das Stöckli im zweiten Versuch. In den Schlussabstimmungen Ende 2024 wurden die beiden Vorlagen von den Parlamentskammern angenommen – die Abschaffung des Eigenmietwerts hat somit 2024 nach unzähligen Anläufen die parlamentarische Hürde überwunden.
Schliesslich waren sich die Räte uneinig, inwiefern die Frist zur Meldung von Baumängeln verlängert werden soll. In der Einigungskonferenz in der Wintersession konnten sie jedoch ihre Differenzen nach intensivem Hin und Her ausräumen, womit auch diese Vorlage die Schlussabstimmung Ende 2024 passierte.