Viel Spannung erwarteten die Medien vor den Ständeratswahlen 2023 im Kanton Thurgau nicht: Da die zwei Bisherigen, Brigitte Häberli-Koller (mitte) und Jakob Stark (svp), erneut zur Wahl antraten und sich gegenseitig zur Wiederwahl empfahlen, spekulierten die Medien hauptsächlich darüber, ob es beiden gelingen würde, bereits im ersten Wahlgang das absolute Mehr zu erreichen. Brigitte Häberli-Koller galt in den Medien als Favoritin, da sie über die Parteigrenzen hinaus beliebt und unter anderem dank ihrer Ständeratspräsidentschaft sehr bekannt sei. Jakob Stark hingegen lag laut einer von der Thurgauer Zeitung publizierten Umfrage einen Monat vor der Wahl nur knapp über dem absoluten Mehr, obwohl er der mit Abstand wählerstärksten Partei angehört.
Den übrigen vier Kandidierenden unterstellten die Medien, dass sie mit ihren Ständeratskandidaturen vor allem ihre Bekanntheit oder auch ihre Chancen bei den Nationalratswahlen erhöhen wollten. Für die FDP kandidierte die Präsidentin der Industrie- und Handelskammer Thurgau, Kris Vietze, die als erste freisinnige Thurgauerin den Sprung ins Stöckli schaffen wollte. Die GLP schickte Stefan Leuthold ins Rennen und unterstützte auch Brigitte Häberli-Koller. Gleichzeitig kritisierten die Grünliberalen die Ständerätin für ihren «Pakt» mit ihrem Ratskollegen: diese Allianz sei «opportunistisch» und «legitimiere die teils populistischen Kräfte innerhalb der SVP». Die SP und die Grünen verzichteten auf eigene Kandidaturen, was laut Medien als Zugeständnis an die GLP für die gemeinsame Listenverbindung bei den Nationalratswahlen zu verstehen sei. Sowohl die Sozialdemokraten als auch die Grünen empfahlen nur den Grünliberalen Leuthold zur Wahl. Zusätzlich kandidierten Robin Spiri von Aufrecht Thurgau und die Parteilose Gabriela Coray, die in der Vergangenheit schon mehrfach für politische Ämter kandidiert hatte, so auf kantonaler Ebene zuletzt bei den Regierungsratsersatzwahlen 2015 und auf eidgenössischer Ebene bereits bei den Ständeratswahlen 2019.
Am Wahltermin setzte der Kanton Thurgau bei den Ständeratswahlen auf Kontinuität: Brigitte Häberli-Koller (51'209 Stimmen) wurde mit einem Glanzresultat, wie die Medien schrieben, für ihre bereits vierte Legislatur im Ständerat gewählt. Auch Jakob Stark (46'126 Stimmen) übertraf das absolute Mehr (37'391 Stimmen) deutlich und darf den Thurgau für eine zweite Vierjahresperiode im Ständerat vertreten. Eine kleine Überraschung machten die Medien bei der Platzierung hinter den Gewählten aus: Stefan Leuthold (19'290 Stimmen) verwies Kris Vietze (17'665 Stimmen) auf den vierten Platz, obwohl die Umfragen vor der Wahl die Freisinnige auf dem dritten Platz gesehen hatten. Stattdessen wurde die FDP-Kantonsrätin in den Nationalrat gewählt, während der Grünliberale Leuthold den Sprung nach Bundesbern auch bei der Nationalratswahl verpasste. Deutlich weniger Stimmen erzielten Robin Spiri (7'397 Stimmen) und Gabriela Coray (3'623 Stimmen), Vereinzelte erzielten insgesamt 5'227 Stimmen. Die Wahlbeteiligung stieg im Vergleich zu vor vier Jahren auf 47.3 Prozent (+4.7 Prozentpunkte). In der Folge spekulierten die Medien bereits über einen möglichen vorzeitigen Rücktritt der beiden Gewählten während der neuen Legislatur, da diese das Pensionsalter bereits erreicht hatten. Einen solchen verneinten die beiden wiedergewählten Thurgauer Standesvertretenden jedoch dezidiert.