Änderung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (Sanierungsverfahren für natürliche Personen; BRG 25.019)

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In Erfüllung zweier Motionen (Mo. 18.3510; Mo. 18.3683) gab der Bundesrat im Juni 2022 eine Änderung des SchKG in die Vernehmlassung. Konkret sollen zwei neue Instrumente zur finanziellen Sanierung von verschuldeten Personen eingeführt werden: Mit dem vereinfachten Nachlassverfahren könnte künftig ein Teil der Schulden einer Schuldnerin oder eines Schuldners im Rahmen einer aussergerichtlichen Einigung durch einen Mehrheitsentscheid der Gläubigerinnen und Gläubiger erlassen werden. Bedingung dafür ist ein regelmässiges Einkommen der verschuldeten Person und eine gerichtliche Bestätigung der Angemessenheit des entsprechenden Vorschlags. Als zweite Massnahme soll das konkursrechtliche Sanierungsverfahren eingeführt werden, das sich an Personen ohne regelmässiges Einkommen richtet. Dabei muss die verschuldete Person während vier Jahren alle verfügbaren Mittel den Gläubigerinnen und Gläubigern abgeben und ihre Bemühungen für die Erzielung eines regelmässigen Einkommens nachweisen. Nach Ablauf der vierjährigen Frist wird die verschuldete Person von den verbleibenden offenen Forderungen befreit. Dies stellt eine Änderung gegenüber dem heutigen Privatkonkurs dar, bei welchem alle Lohnpfändungen aufgehoben werden und die Gläubigerinnen und Gläubiger Konkursverlustscheine erhalten, mit denen sie jederzeit Betreibungen auslösen können. Nach dieser sogenannten Restschuldbefreiung soll während fünfzehn Jahre kein neues Sanierungsverfahren mehr eröffnet werden können, um Missbrauch vorzubeugen. Für das vereinfachte Nachlassverfahren ist keine solche Frist vorgesehen. Nebst dem, dass bereits heute in vielen Fällen die Schulden gar nicht mehr eingetrieben werden können, erhoffe man sich durch diese Änderungen eine raschere finanzielle Sanierung der betroffenen Personen, wodurch ein längerfristiges Abrutschen in die Sozialhilfe verhindert werden könne, so die Regierung.

Bis zum Ablauf der Frist im September 2022 äusserten sich 24 Kantone, 7 Parteien und 60 weitere Teilnehmende zu den geplanten Änderungen im SchKG, wie dem im November 2023 veröffentlichten Ergebnisbericht zu entnehmen ist. Die Mehrheit der Rückmeldungen betonte die Wichtigkeit eines möglichen wirtschaftlichen Neustarts. Mit den beiden Massnahmen erhöhe man die Motivation zur Erzielung eines höheren Einkommens, da ein schuldenfreies Leben künftig einfacher erreichbar werde, was sowohl der Schuldner- als auch der Gläubigerseite zugutekomme. So begrüssten 25 Kantone und die SP, die FDP, die Grünen, die Mitte und die GLP die Vorlage im Grundsatz. Die SVP und acht Organisationen, darunter der SGV und die Universität Lausanne, lehnten den Gesetzesentwurf insgesamt ab. Die SVP befürchtete eine künftige Verteuerung von Krediten durch die Kreditgebenden aus Angst vor drohenden Forderungsverlusten, andere sahen damit das Prinzip des guten Glaubens und die Rechte der Gläubigerinnen und Gläubiger verletzt. Während das vereinfachte Nachlassverfahren grossmehrheitlich begrüsst wurde, sorgte der Vorschlag zum konkursrechtlichen Sanierungsverfahren für einige Reaktionen. Insbesondere die Dauer des Konkursverfahrens und die vorgesehene anschliessende Sperrfrist wurden kritisiert. So schlugen drei Kantone (BS, JU, TG) sowie diverse Organisationen aus dem Sozialbereich eine Kürzung der Sperrfrist von 15 auf 10 Jahre vor, was der Rechtsprechung in Nachbarländern entspreche. Ebenfalls regten zehn Kantonen, eine Mehrheit der Parteien sowie der Grossteil der teilnehmenden Organisationen an, die Dauer des Konkursverfahrens von 4 auf 3 Jahre zu kürzen. Dies entspreche den Erfahrungen von Schuldenexpertinnen und -experten und verringere die Belastung der betroffenen Personen, die oftmals bereits vorher am Existenzminimum gelebt hätten. Zudem forderten eine Mehrheit der Parteien und verschiedene Organisationen aus dem Schuldenberatungsbereich die Kantone zur Schaffung von Beratungsangeboten auf, die während des laufenden Verfahrens genutzt werden können. Einige Organisationen aus dem Sozialbereich, darunter Caritas und die SKOS, verlangten zudem, dass die während des Verfahrens bezogene Sozialhilfe ebenfalls unter die Restschuldbefreiung fallen soll. Der Bundesrat hatte die sozialhilferechtlichen Rückerstattungsforderungen von der Restschuldbefreiung ausnehmen wollen. Drei Kantone (BS, NW, ZH) sowie die GLP verlangten überdies unter anderen eine Regelung für den Fall, dass die betroffene Person nach Abschluss des Verfahrens unverhofft zu einem ausserordentlichen Vermögen kommen sollte. Dieses sollte innerhalb einer bestimmten Dauer weiterhin an die Gläubigerinnen und Gläubiger gehen, um Missbrauchspotenzial zu verringern.

Im Januar 2025 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zur Änderung des SchKG. Aufgrund der überwiegend positiven Rückmeldungen aus der Vernehmlassung sah sich die Regierung darin bestätigt, mit der Einführung des vereinfachten Nachlassverfahrens und des konkursrechtlichen Sanierungsverfahrens wünschenswerte Effekte für die Betroffenen und die Volkswirtschaft erzielen zu können. Basierend auf den Vernehmlassungsantworten kürzte der Bundesrat die Länge des konkursrechtlichen Sanierungsverfahrens von vier auf drei Jahre und die Sperrfrist nach einem abgeschlossenen Verfahren von 15 auf 10 Jahre. Sollte die verschuldete Person innerhalb einer gewissen Zeit nach dem Sanierungsverfahren zudem von einer unerwarteten Erbschaft oder Schenkung profitieren, käme dies ebenfalls den Gläubigerinnen und Gläubiger zugute. Zudem müssen die Kantone während des Sanierungsverfahrens den betroffenen Personen eine Schulden- und Budgetberatung anbieten. Gleichzeitig beantragte der Bundesrat, die der Gesetzesrevision zugrundeliegenden Motionen (Mo. 18.3510; Mo. 18.3683) abzuschreiben.