Jurafrage geklärt, Fragezeichen bei vertikaler Aufgabenteilung

Mit dem Übergang der Gemeinde Moutier vom Kanton Bern zum Kanton Jura am 1. Januar 2026 schliesst sich mit dem Jurakonflikt eines der längsten und konfliktreichsten Kapitel der Schweizer Geschichte. Der bereits 2015 angestossene Übergangsprozess fand 2025 ein formales Ende, als auch die beiden eidgenössischen Räte den Gebietswechsel der Gemeinde Moutier genehmigten. Dieser historische Schritt erhielt entsprechend eine hohe mediale Aufmerksamkeit und wurde im Parlament von allen im Berichtsjahr beratenen Geschäften im Themenbereich «Föderativer Aufbau» am ausführlichsten diskutiert (vgl. Tabelle 1 der APS-Analyse der Wortmeldungen). Da der Kanton Jura durch den Wechsel mit einem Bevölkerungswachstum von mehr als 10 Prozent konfrontiert wird und der nationale Finanzausgleich nicht alle damit einhergehenden finanziellen Nachteile abfedern kann, haben sich die ressourcenstarken Kantone nach langen Diskussionen bereit erklärt, die Mindereinnahmen von CHF 65 Mio. während fünf Jahren zu übernehmen. Im Gegenzug sollte sie der Kanton Jura jedoch im Kampf gegen die vom Bundesrat im Entlastungspaket 27 geplante Kürzung beim soziodemografischen Lastenausgleich unterstützen. Dem Parlament lagen zu diesem Thema auch zwei noch hängige Vorstösse (Mo. 25.3165; Mo. 25.3425) vor.

Auch gegenüber anderen Punkten des im Frühjahr 2025 in die Vernehmlassung geschickten Entlastungspakets waren die Kantone kritisch eingestellt. Sie warfen dem Bundesrat vor, statt Sparmassnahmen lediglich eine Kostenüberwälzung auf die Kantone vorzunehmen. In seiner im September präsentierten Botschaft kam der Bundesrat den Kantonen bei einigen Punkten entgegen. Inwiefern dies ausreicht, um die Bedenken der Kantone zu zerstreuen, wird die Zukunft weisen. Für die Kantone sind die Entscheide zum Entlastungspaket eng mit den Entwicklungen zum Anfang 2025 gestarteten Projekt «Entflechtung 27» verknüpft. Dieses will die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen überprüfen und gegebenenfalls neu regeln. Ein erster Zwischenbericht zum Projekt wird im Frühjahr 2026 erwartet. Wie Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse zeigt, erhielt das Thema im Vergleich zu den Vorjahren etwas mehr mediale Aufmerksamkeit, obwohl generell weniger über föderale Themen berichtet wurde.
Im Zusammenhang mit der Aufgabenteilung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden gab es auch Debatten über die Stellung des kantonalen Rechts. Einerseits sorgte der Entscheid des Nationalrates, dass Gesamtarbeitsverträge kantonalen Mindestlohnbestimmungen vorgehen sollen (vgl. Jahresrückblick «Bevölkerung und Arbeit»), für einige Diskussionen. Andererseits überwies der Ständerat ein Postulat, das Abklärungen dazu verlangt, ob das Bundesgericht durch seine Auslegung von Grund- und Menschenrechten vermehrt kantonale Gesetze übersteuert.
Nicht zuletzt regte sich in den Gemeinden im Jahr 2025 Widerstand gegen nationale und kantonale Vorschriften betreffend Tempo 30 (vgl. auch Jahresrückblick «Verkehr und Kommunikation»).

In den Medien ebenfalls rege diskutiert wurde die Frage, ob für die Abstimmung über das neue Vertragspaket zwischen der Schweiz und der EU (Bilaterale III) das Ständemehr erforderlich sei (vgl. Jahresrückblick «Aussenpolitik»). Während sich im Herbst eine klare Mehrheit der Kantone für das Vertragspaket aussprach, gaben sich die Kantone in der Frage des Ständemehrs weniger geeint. Ende Oktober gab die Konferenz der Kantonsregierungen schliesslich bekannt, dass sich eine Mehrheit der Kantone gegen die Notwendigkeit des Ständemehrs stellt.

Die vom Parlament genehmigten Änderungen der Kantonsverfassungen führten hingegen kaum zu Diskussionen. Nennenswert war hierbei vor allem die Revision der Kantonsverfassung des Kantons Appenzell Innerrhoden und zwar weniger aufgrund des Inhalts der Revision, sondern vielmehr wegen der Revision an und für sich. Denn dies war das erste Mal in der Geschichte des Kantons Appenzell Innerrhoden, dass die Landsgemeinde eine Totalrevision der Kantonsverfassung beschloss. Damit ist die Kantonsverfassung des Kantons Zug aus dem Jahr 1894 nun die älteste Kantonsverfassung der Schweiz.

Medial kaum diskutiert, im Rat aber durchaus umstritten, war der Entscheid der beiden Kammern, nicht auf das Bundesgesetz über Finanzhilfen zugunsten des Instituts für Föderalismus einzutreten. Der Bundesrat hatte dieses Gesetz in Erfüllung einer Motion ausgearbeitet, aufgrund der angespannten finanziellen Lage jedoch Nichteintreten auf die eigene Vorlage empfohlen. Auch die immer wieder aufflammende Forderung der beiden Basler Kantone nach einem vollen Ständerecht fand 2025 keinen Zuspruch im Parlament.

Dossier: Rétrospective annuelle 2025