Sozialversicherungen - weniger virulent als 2024

Im Jahr 2025 waren die Diskussionen im Themenbereich «Sozialversicherungen» nach den direktdemokratischen Turbulenzen im Vorjahr so divers wie seit langem nicht mehr. Insbesondere die Finanzierung der 13. AHV-Rente, die Anpassung der Hinterlassenenrente sowie die EL-Reform sorgten für Gesprächsstoff in und ausserhalb des Parlaments.

Der AHV-Bereich war noch immer von der Annahme der 13. AHV-Rente im März 2024 geprägt. In der Frühjahrssession legte das Parlament die Auszahlungsformalitäten für die zusätzliche Rente fest und diskutierte in der Folge über deren Finanzierung – fand diesbezüglich bis Ende 2025 jedoch keine gemeinsame Position. Dies hatte sich bereits zu Beginn des Jahres abgezeichnet, als unterschiedliche Vorstösse für alternative AHV-Finanzierungsmöglichkeiten diskutiert worden waren (etwa Mo. 25.3424, Mo. 25.3423, Po. 22.4450). Jedoch beabsichtigten Mehrheiten in beiden Kammern, die 13. AHV-Rente bereits jetzt zu finanzieren und damit nicht bis zur nächsten grossen AHV-Reform – der AHV2030 – zu warten. Zu Letzterer legte der Bundesrat im Mai und November unter relativ grossem medialen Interesse (vgl. Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse) die ersten Leitlinien vor, von denen insbesondere die geplanten Anreize zur Weiterarbeit über das Referenzalter hinaus zu Diskussionen in den Medien führten. Auch dass der Bundesrat darin von einer weiteren Zusatzfinanzierung für die AHV absehen wollte, sofern die 13. AHV-Rente mit der aktuellen Reform vollständig finanziert wird, löste einige Überraschung aus.

Daneben erhielt das Vorhaben des Bundesrates, Witwenrenten zukünftig an die weniger grosszügigen Witwerrenten anzupassen, einige Aufmerksamkeit. Der Bundesrat hatte die Abschaffung der Witwenrente ursprünglich im Rahmen seiner Sparprogramme eingebracht. Nun schlug jedoch die Mehrheit der SGK-NR vor, den bundesrätlichen Entwurf um zusätzliche zivilstandsunabhängige Elemente, insbesondere um die Abschaffung des Ehepaarplafonds, zu erweitern und der Volksinitiative «Ja zu fairen AHV-Renten auch für Ehepaare – Diskriminierung der Ehe endlich abschaffen!» als indirekten Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Diese Verbindung einer Schlechterstellung von Witwen mit einer Besserstellung von verheirateten Rentnerpaaren in der AHV stiess teilweise auf heftige Kritik. Der Nationalrat hiess die entsprechende Änderung relativ knapp gut, das ständerätliche Verdikt zu diesem Vorschlag steht aber noch aus.

Nicht nur in Verbindung mit der Abschaffung der Witwenrente wurde über die Volksinitiative «Ja zu fairen AHV-Renten auch für Ehepaare» diskutiert, sondern auch im Rahmen der Finanzierung der 13. AHV-Rente: Noch bevor die Initiative vom Parlament überhaupt beraten worden war, hatte der Ständerat auf Antrag seiner SGK eine potenzielle Finanzierung für die Abschaffung des Ehepaarplafonds geschaffen. Der Nationalrat strich diese in der Folge jedoch wieder aus der Vorlage. In der Wintersession verlängerte der Ständerat die Behandlungsfrist der Initiative um ein Jahr, um mehr Zeit zur Bearbeitung des Gegenvorschlags zu haben.

Relevante Neuerungen gab es im Bereich der Ergänzungsleistungen, wo das Parlament die Finanzierung von Hilfe und Betreuung zuhause im ELG gegenüber dem bundesrätlichen Entwurf noch stärker ausbaute und die Gesetzesänderung verabschiedete.

Änderungen gab es auch bei der Invalidenversicherung. Das Parlament verankerte die Kofinanzierung der intensiven Frühintervention bei Autismus-Spektrum-Störungen durch die IV und die Kantone im IVG. In der Wintersession startete der Nationalrat die Beratung eines Entwurfs, der bezwecken will, dass sich die IV-Stelle und die versicherte Person gemeinsam auf eine Fachperson für die Ausarbeitung eines IV-Gutachtens einigen. Der Bundesrat legte zudem eine erste Basis für eine grössere IV-Revision, mit der er der Zunahme der Neurenten mit einer verstärkten Integration in den Arbeitsmarkt begegnen und die verschlechterten Finanzperspektiven der IV durch eine Zusatzfinanzierung bekämpfen will. Auch der indirekte Gegenvorschlag zur Inklusions-Initiative sieht Massnahmen im Bereich der IV vor.

Wunden lecken war bei der beruflichen Vorsorge angesagt. Nachdem die BVG 21-Reform im September 2024 an der Urne gescheitert war, diskutierte der Ständerat in der Frühjahrssession zahlreiche Vorstösse für eine Neuregelung der Versicherung von Mehrfachbeschäftigten und Teilzeitarbeitenden in der zweiten Säule – dem mehr oder weniger unbestrittenen Teil der BVG 21-Vorlage – und wies sie seiner Kommission zur Vorberatung zu. Der Bundesrat hatte sämtliche dieser Vorstösse mit Verweis auf den ausstehenden Postulatsbericht zur Situation der Mehrfachbeschäftigten in der zweiten Säule zur Ablehnung empfohlen. Diesen Bericht legte er im Oktober vor und hielt darin fest, dass er eine Kombination aus Senkung der Eintrittsschwelle und des Koordinationsabzugs zur Besserstellung von Mehrfach- oder Teilzeitbeschäftigten sowie von Personen mit niedrigen Einkommen präferiere.

Vergleichsweise wenig Aktivität auf gesetzgeberischer Ebene gab es 2025 im Bereich der Krankenversicherung. In der Frühjahrssession bereinigte das Parlament das zweite Massnahmenpaket zur Kostendämpfung, das zahlreiche Sparmassnahmen beinhaltet. Die Räte nahmen viele, teilweise sehr gewichtige Änderungen am Paket vor, verabschiedeten dieses zum Schluss aber fast einstimmig. Zudem hiessen beide Kammern in der Frühjahrssession die Änderung des KVAG gut, mit der die Kantone stärker in das Prämiengenehmigungsverfahren einbezogen werden. Hingegen lehnte es der Ständerat auch in seiner zweiten Beratung ab, auf das Gesetz zur Ausarbeitung der Tarife für die Analyseliste durch die Tarifpartner einzutreten, womit der Entwurf vom Tisch war. Der Bundesrat genehmigte Anpassungen und Ergänzungen zu Tardoc und den ambulanten Pauschalen, die per 2026 eingeführt werden. Er hiess zudem mehrere Tarifverträge im stationären Bereich gut. Zudem einigte sich im Oktober ein Runder Tisch zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen auf ein Konzept mit kurz- und mittelfristigen Massnahmen.

In der Unfallversicherung regelte das Parlament zwei Detailfragen: Es entschied, dass die SUVA künftig mit Ertragsüberschüssen aus der obligatorischen Versicherung die Stiftung «Entschädigungsfonds für Asbestopfer» gegen Berufsunfälle und Berufskrankheiten mitfinanzieren kann. Überdies sollen Rückfälle oder Spätfolgen von Unfällen im Jugendalter zukünftig durch die Unfallversicherung übernommen werden.

Die Neuregelungen im Bereich der Arbeitslosenversicherung waren geprägt von den Zoll-Diskussionen mit den USA. Das Parlament setzte eine parlamentarische Initiative um, gemäss der die Höchstbezugsdauer bei Kurzarbeit um zwölf statt um sechs Abrechnungsperioden verlängert werden können soll. Gleichzeitig verlangte der Nationalrat in einer Motion, dass die Temporärbranche nicht weiter von der Schlechtwetterentschädigung ausgeschlossen werden soll.

Dossier: Rétrospective annuelle 2025