ALLGEMEINE CHRONIK
Öffentliche Finanzen
Die Stimmbevölkerung lehnte die Volksinitiativen "Schluss mit den Steuerprivilegien für Millionäre" und "Schluss mit der MwSt-Diskriminierung des Gastgewerbes!" ab. - Die eidgenössischen Räte empfahlen die Volksinitiativen "Familien stärken! Steuerfreie Kinder- und Ausbildungszulagen" und "Millionen-Erbschaften besteuern für unsere AHV (Erbschaftssteuerreform)" zur Ablehnung. - Der Bundesrat präsentierte seine Vernehmlassungsvorlage zur Unternehmenssteuerreform III. - Die Staatsrechnung 2014 schloss mit einem Defizit von CHF 124 Mio. - Eine Einigungskonferenz brachte einen Voranschlag 2015 mit einem budgetierten Überschuss von CHF 411 Mio. hervor.
Direkte Steuern
Nachdem bereits der Ständerat im Vorjahr dem Bundesrat gefolgt war und die Volksinitiative "Schluss mit den Steuerprivilegien für Millionäre" zur Ablehnung empfohlen hatte, sprach sich im Mai 2014 auch der Nationalrat bei zwei Enthaltungen mit 119 zu 59 Stimmen gegen die Volksinitiative aus, die eine Abschaffung der Pauschalbesteuerung gefordert hatte. Die Ratslinke argumentierte, dass die bestehende Steuerpraxis, vermögende Ausländer, die nicht in der Schweiz erwerbstätig sind, nach ihrem Lebensaufwand zu besteuern, die Steuergerechtigkeit doppelt in Frage stellte. So würden wohlhabende Ausländer nicht nur im Vergleich zu reichen Schweizern, sondern auch gegenüber weniger Vermögenden privilegiert. Das bürgerliche Lager führte die Wichtigkeit der Standortattraktivität ins Feld, die grossen Einfluss auf die zukünftigen Steuereinnahmen etlicher Kantone habe.
Die Volksinitiative "Schluss mit den Steuerprivilegien für Millionäre" kam am 30. November 2014 zur Abstimmung. Bei der Parolenfassung im Vorfeld des Urnengangs zeigte sich auf nationaler Ebene wenig überraschend das gleiche Bild wie bei den Abstimmungen im Parlament: Die SP, die Grünen und die EVP befürworteten wie die Gewerkschaften die Volksinitiative, während sich die SVP, die FDP, die CVP und die Grünliberalen wie die Wirtschafts- und Gewerbeverbände gegen das Begehren aussprachen. Auf Ebene der Kantonalparteien überraschte das Ausscheren von acht GLP-Sektionen, die alle von der nationalen Parteilinie abwichen. Fünf unter ihnen beschlossen die Ja-Parole, die anderen drei erteilten die Stimmfreigabe. Im Abstimmungskampf war das gegnerische Lager sehr präsent und dominierte den gekauften Raum. Untersuchungen zeigten, dass weniger als jedes zwanzigste Inserat von den Befürwortern stammte. Auf Seite des Nein-Lagers wurden drei von vier Inseraten von Parteien und deren Politikern geschaltet. Auffällig dabei war, dass vor allem Vertreter der FDP präsent waren. Die Volksinitiative wurde schliesslich von Volk und Ständen verworfen. 40,8% der Partizipierenden stimmten der Vorlage zu. Die gesamtschweizerische Stimmbeteiligung betrug 49,2%. Als einziger Stand stimmte der Kanton Schaffhausen, der 2011 auf kantonaler Ebene bereits die Pauschalbesteuerung abgeschafft hatte, mit 50,8% dem Volksbegehren zu. In den Kantonen Zürich (49,1%), Appenzell Ausserrhoden (48,0%), Basel-Landschaft (46,0%) und Basel-Stadt (45,1%), die allesamt auf kantonaler Ebene keine Pauschalbesteuerung mehr kennen, sprachen sich die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger gegen eine landesweite Abschaffung der Steuerprivilegien für wohlhabende Ausländer aus. Die tiefsten Ja-Anteile wurden wenig überraschend in den Kantonen Wallis (21,7%) und Graubünden (28,8%) registriert, die zusammen mit den Kantonen Waadt (31,4%), Genf (31,7%) und Tessin (32,0%) die meisten pauschalbesteuerten Personen beheimaten.
Die
VOX-Analyse zur Volksinitiative "Schluss mit den Steuerprivilegien für Millionäre" zeigte, dass die Zustimmungsbereitschaft zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung in der linken Hälfte des politischen Spektrums gross war. Alle übrigen Stimmenden - von der Mitte bis zum rechten Rand - verwarfen das Volksbegehren deutlich. Am deutlichsten stimmte die Gruppe der FDP-Sympathisanten gegen die Vorlage. Nur jeder Sechste Freisinnige stimmte für die Abschaffung. Bei den der SVP nahestehenden Wählerinnen und Wählern gab es gut doppelt so viele Ja-Stimmen (35%), was in einem leichten Kontrast zur gefassten Parteiparole steht. Die Studie kam weiter zum Schluss, dass eine Vielzahl der Ja-Stimmen durch den Wunsch motiviert war, die bestehende Ungleichbehandlung von Schweizern und reichen Ausländern aufzuheben. Auf der Gegenseite waren die Stimmmotive vielfältiger: Neben der Befürchtung, dass ein Ja negative Auswirkungen auf die Steuereinnahmen haben könnte, wurden von den Befragten auch weiterführende Bedenken zur Steuerattraktivität und Wettbewerbsfähigkeit für die Schweiz als Gründe für den Stimmentscheid genannt
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Volksinitiative "Schluss mit den Steuerprivilegien für Millionäre"Abstimmung vom 30. November 2014
Beteiligung: 49,9%
Ja: 1 053 125 (40,8%) / 1 Stand
Nein: 1 528 114 (59,2%) / 19 6/2 Stände
Parolen: -
Ja: SPS, GPS, EVP, CSP, SGB, TravS, Unia.
-
Nein: SVP, FDP, CVP, GLP(8)*, BDP, eco, sgv, SAB.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen Der Nationalrat hiess im Juni 2014 ein Postulat seiner Finanzkommission (FK-NR) mit 97 zu 79 Stimmen gut, das den Bundesrat beauftragte,
konkrete Modelle der Individualbesteuerung zu erarbeiten. Der Bericht, der auch aufzuzeigen hatte, welche volkswirtschaftlichen und fiskalpolitischen Folgen die unterschiedlichen Modelle haben könnten, sollte als Ergänzung zur Botschaft zur Abschaffung der Heiratsstrafe veröffentlicht werden. Der Bundesrat sprach sich gegen den Vorstoss der nationalrätlichen Finanzkommission aus. Die Auswirkungen einer Einführung der Individualbesteuerung, so der Bundesrat, seien in den letzten Jahren bereits wiederholt untersucht worden. Diese Erkenntnisse besässen immer noch Gültigkeit. Während SVP, CVP und BDP den Bundesrat unterstützten, stimmten die anderen Fraktionen für das Postulat
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Im Juni 2014 unterbreitete der Bundesrat dem Parlament die Botschaft zum
Bundesgesetz über die Gewinnbesteuerung von juristischen Personen mit ideellen Zwecken, das auf eine Motion Kuprecht (svp, SZ) aus dem Jahr 2009 zurückgeht. Juristische Personen, die ideelle Zwecke verfolgen und deren Gewinne CHF 20'000 nicht überschreiten, sollten demnach von der direkten Bundessteuer befreit werden, sofern diese Gewinne ausschliesslich ideellen Zwecken gewidmet sind. Darunter fällt auch die Jugend- und Nachwuchsförderung von Vereinen, die unter geltendem Recht nur dann steuerbefreit ist, wenn sie konkret das Gemeinwohl fördert. Der Ständerat stimmte dieser Ausweitung der Steuerbefreiungstatbestände im September 2014 einstimmig zu. Die Vorlage war zum Jahresende im Nationalrat noch nicht behandelt worden
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Mit dem Nein des Ständerats in der Herbstsession 2014 war das am 11. Juli 2013 unterzeichnete
Erbschaftssteuerabkommen mit Frankreich endgültig vom Tisch. Noch vor dem endgültigen Entscheid des Ständerates hatte Frankreich am 17. Juni 2014 das seit 1953 geltende Abkommen auf Ende 2014 gekündigt. Bereits in der Wintersession 2013 hatte sich die grosse Kammer mit 122 zu 53 Stimmen deutlich gegen den neuen Abkommensentwurf ausgesprochen. Für Widerstand hatte vor allem gesorgt, dass der französische Staat nach dem neuen Abkommen Erbschaftssteuern hätte einziehen können, wenn ein in der Schweiz ansässiger Erblasser in Frankreich wohnhafte Erben hatte. Ab dem 1. Januar 2015 existiert damit zwischen der Schweiz und Frankreich kein bilaterales Erbschaftssteuerabkommen mehr. Eine Doppelbesteuerung sollte im Regelfall durch die französische Praxis, in der Schweiz bezahlte Steuern abzuziehen, verhindert werden
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Die Räte behandelten 2014 die Botschaft des Bundesrates zur
Volksinitiative "Millionen-Erbschaften besteuern für unsere AHV (Erbschaftssteuerreform)", die im Vorjahr zustande gekommen war. Das von der EVP, der SP, den Grünen, der CSP, dem SGB sowie dem Verein Christnet lancierte Begehren verlangt die Einführung einer nationalen Erbschafts- und Schenkungssteuer. Die Initiantinnen und Initianten fordern, dass Nachlässe und Schenkungen über CHF 2 Mio. zu einem Satz von 20 Prozent besteuert werden. Zwei Drittel der Erträge sollen dem Ausgleichsfonds der AHV und ein Drittel den Kantonen zukommen. Für Kontroversen sorgten im Vorfeld die im Initiativtext verankerte Rückwirkungsklausel, die besagt, dass im Falle einer Annahme der Vorlage Schenkungen ab dem 1. Januar 2012 dem Nachlass zuzurechnen wären und ein vom Schweizerischen Gewerbeverband (SGV) in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten, das zum Schluss kam, dass die Volksinitiative den Grundsatz der Einheit der Materie verletze. Die Frage der Gültigkeit der Volksinitiative prägte in der Sommersession 2014 denn auch den Auftakt der Beratungen im erstbehandelnden Ständerat. Die kleine Kammer nahm bei 5 Enthaltungen einen Ordnungsantrag Diener Lenz (glp, ZH) mit 25 zu 14 Stimmen an und wies die Vorlage mit dem Auftrag, die Gültigkeit vertieft zu prüfen und einen Mitbericht der Staatspolitischen Kommission (SPK) einzuholen, an die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-SR) zurück. Am 25. August 2014 teilte die WAK-SR mit, dass die Volksinitiative gemäss den geltenden Kriterien und der Praxis der Bundesversammlung für gültig erklärt werden müsse. Nach diesem Entscheid folgte der Ständerat in der Herbstsession schliesslich dem Bundesrat und empfahl die Initiative bei 2 Enthaltungen mit 32 zu 11 Stimmen zur Ablehnung. In der Wintersession schloss sich der Nationalrat dem Beschluss des Ständerates mit 124 zu 56 Stimmen und einer Enthaltung an. Das Initiativbegehren wurde ausserhalb der geschlossenen Linken nur von zwei CVP-Parlamentariern unterstützt
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Nachdem im Februar 2013 der Bundesrat seinen
Bericht zur Steigerung der Attraktivität des Stiftungsstandortes Schweiz veröffentlicht hatte, stimmten 2014 beide Kammern diskussionslos der Abschreibung einer entsprechenden Motion Luginbühl (bdp, BE) aus dem Jahr 2009 zu. Das Parlament teilte damit die Auffassung des Bundesrates, wonach im Stiftungsrecht kein steuerrechtlicher Handlungsbedarf bestehe
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Familienbesteuerung
Im Jahr 2014 folgten beide Kammern dem Bundesrat und lehnten die
Volksinitiative "Familien stärken! Steuerfreie Kinder- und Ausbildungszulagen" ab. Die CVP stand als Initiantin in beiden Räten weitgehend alleine da. In der Schlussabstimmung im September stimmten im Nationalrat nur gerade 35, im Ständerat 12 Parlamentarierinnen und Parlamentarier dem Begehren zu. Das in der Debatte immer wieder vorgebrachte Argument der erwarteten Mindereinnahmen von jährlich rund CHF 760 Mio. bei den Kantonen und Gemeinden bzw. CHF 200 Mio. beim Bund wog offenbar zu schwer. Daneben wiesen die Gegner der Volksinitiative darauf hin, dass die Hälfte der Haushalte mit Kindern bereits heute von der direkten Bundessteuer befreit sei und die Initiative damit fast ausschliesslich privilegierten Familien zugutekommen würde. Die Abstimmung über die Volksinitiative wurde auf den 8. März 2015 angesetzt
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Im Dezember 2014 sprach sich der Nationalrat bei einer Enthaltung mit 102 zu 86 Stimmen dafür aus, der von der CVP lancierten
Volksinitiative "Für Ehe und Familie - gegen die Heiratsstrafe" einen direkten Gegenentwurf gegenüberzustellen und die Volksinitiative zur Ablehnung zu empfehlen. Der direkte Gegenentwurf, der von der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-NR) mit 13 zu 12 Stimmen gefasst wurde, enthält im Kern ebenfalls die Abschaffung der sogenannten "Heiratsstrafe", verzichtet aber auf eine Definition des Ehebegriffs und eine Präzisierung der Ehe aus steuerlicher Sicht als Wirtschaftsgemeinschaft. In der Vernehmlassung zeigten sich wie in der Kommission zwei ähnlich grosse Lager, wobei in erster Linie steuerliche Präferenzen die Konfliktlinie bestimmten. 13 Kantone sowie die Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK) sprachen sich für eine Verankerung der Ehe als Wirtschaftsgemeinschaft in steuerlicher Hinsicht aus, 12 Kantone stellten sich hinter den Gegenvorschlag der Kommission. Bei der Frage der Ehe-Definition vertraten "nur" zwei Kantone (Basel-Landschaft und Wallis) die Auffassung, dass die Ehe vorbehaltlos als Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau in die Verfassung aufgenommen werden sollte. Im Parlament war es dann eine Koalition aus Ratslinken, FDP und GLP, die sich durchzusetzen vermochte. Während die Sozialdemokraten und die Grünen dem direkten Gegenvorschlag in erster Linie zustimmten, um eine künftige Besserstellung von eingetragenen Partnerschaften nicht zu verunmöglichen, sprach sich der Freisinn für den Vorschlag der Kommission aus, weil nur dieser eine "zivilstandsneutrale Besteuerung" ermöglichen könne. Der Ständerat hatte sich zum Jahresende noch nicht mit dem Geschäft befasst
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Unternehmensbesteuerung
Nachdem im Vorjahr eine Projektorganisation unter der Leitung von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf einen Zwischenbericht zur Unternehmenssteuerreform III vorgelegt hatte, der auf breite Zustimmung gestossen war, präsentierte der Bundesrat im September 2014 seine
Vernehmlassungsvorlage zur Unternehmenssteuerreform III. Diese enthält eine Liste mit Reformpunkten, die der drohenden Einbusse der Standortattraktivität bei einer Abschaffung der Sonderregeln der Kantone für Holdings und andere Spezialgesellschaften entgegenwirken sollen. Zur Vernehmlassung standen unter anderem die bereits vielerorts diskutierte Einführung neuer Steuerprivilegien in den Kantonen für Erträge aus geistigem Eigentum (sogenannte Lizenzboxen), die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital, ein Systemwechsel beim Beteiligungsabzug und eine Reduktion der Dividendenbesteuerung. Zudem enthielt die Vernehmlassungsvorlage auch eine Kapitalgewinnsteuer, mit der, laut Bundesrat, CHF 300 Mio. der 800 Mio. Mindereinnahmen auf Bundesebene aufgefangen werden könnten. Weitere CHF 250 Mio. beabsichtigte der Bundesrat mit der Einstellung von 75 zusätzlichen Steuerinspektoren zu kompensieren. Um die rund CHF 1,7 Mrd., die Kantone und Gemeinden durch die Anpassungen in Zukunft fehlen würden, auf das vom Bundesrat kommunizierte Opfersymmetrieverhältnis von 50:50 abfedern zu können, beabsichtige der Bundesrat, den Kantonsanteil der direkten Bundessteuer von 17% auf 20,5% zu erhöhen. Der Bericht zur Vernehmlassungsvorlage zur Unternehmenssteuerreform III wird Mitte 2015 erwartet
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Indirekte Steuern
Am 28. September 2014 gelangte die Volksinitiative "Schluss mit der MwSt-Diskriminierung des Gastgewerbes!" zur Abstimmung. Das drei Jahre zuvor vom Wirteverband GastroSuisse eingereichte Begehren forderte, dass gastgewerbliche Leistungen dem gleichen Steuersatz unterliegen wie die Lieferung von Nahrungsmitteln. Bislang wurden nur Take-away-Einkäufe zum reduzierten Satz von 2,5% besteuert. Für Restaurantleistungen galt der Normalsatz von 8%. Nachdem sich bereits der Nationalrat in der Wintersession 2013 bei 16 Enthaltungen mit 94 zu 78 Stimmen gegen die Initiative ausgesprochen hatte, empfahl im März 2014 auch der Ständerat die Ablehnung des Volksbegehrens. In der kleinen Kammer stimmten bei 2 Enthaltungen 24 Parlamentarierinnen und Parlamentarier gegen und 13 für die Annahme der Volksinitiative. Neben den geschätzten Mindereinnahmen von CHF 750 Mio., die eine Reduktion des Steuersatzes für Restaurants auf 2,5% mit sich gebracht hätte, sprach aus Sicht der Gegner gegen die Initiative, dass mit deren Annahme der bei vielen Personen beliebte Einheitssatz vom Tisch gewesen wäre, da sie zwei separate Sätze für Nahrungsmittel und andere gastgewerbliche Leistungen wie alkoholische Getränke, Tabak und andere Raucherwaren vorsah. Obgleich das Anliegen im Parlament einigen Anklang fand, war ein indirekter Gegenvorschlag der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-NR) bereits im Oktober 2013 zurückgezogen worden. Das eingeführte Abgrenzungskriterium zwischen warmen und kalten Speisen vermochte in der Vernehmlassung nicht zu überzeugen. Die nationalen Parteien folgten beim Fassen ihrer Parolen grösstenteils ihren Abgeordneten. Auf nationaler Ebene gaben die SVP und die EDU die Ja-Parole aus, die CVP beschloss die Stimmfreigabe und die restlichen nationalen Parteien fassten die Nein-Parole. Es wichen jedoch etliche Kantonalsektionen und Jungparteien von den Stimmempfehlungen ihrer Mutterparteien ab. Von den grossen Verbänden erhielt das Anliegen der GastroSuisse nur gerade Unterstützung durch den Schweizerischen Gewerbeverband (SGV). Der Abstimmungskampf verlief sehr einseitig. Die Befürworter der Vorlage bewarben ihre Position deutlich häufiger als die Gegner. Dennoch sprachen sich bei einer Wahlbeteiligung von 45,9% letztlich nur 28,5% der Stimmenden für die Vorlage aus, die auch in keinem Kanton eine Mehrheit auf sich vereinen konnte. Die höchsten Ja-Stimmenanteile wurden in den Kantonen Uri (35,4%), Tessin (35,3%) und Jura (35,1%) gezählt. In den Kantonen Zürich (23,9%), Zug (24,2%) und St. Gallen (26,8%) fand das Anliegen am wenigsten Rückhalt.
Gemäss der
VOX-Analyse zur Volksinitiative "Schluss mit der MwSt-Diskriminierung des Gastgewerbes!" waren vor allem Personen, die der SVP und der CVP nahestanden, sowie Parteiungebundene der Vorlage gegenüber wohlwollend. Dies deckte sich mit den Parolenfassungen der Parteien. Zudem zeigte die Analyse, dass Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, die sich auf der Links-Rechts-Skala an den beiden Polen verorten liessen, stärker zu einem Ja tendierten als die anderen Befragten. Die Studie führte dies darauf zurück, dass Personen am linken und rechten Rand des politischen Spektrums dem Gastgewerbe eine höhere Wichtigkeit beimassen als die anderen Stimmenden. Kaum Einfluss auf den Stimmentscheid schienen gemäss der VOX-Analyse derweil unterschiedliche Einstellungen in Bezug auf die staatliche Organisationsform und die Wettbewerbspolitik zu haben
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Volksinitiative "Schluss mit der MwSt-Diskriminierung des Gastgewerbes!"Abstimmung vom 28. September 2014
Beteiligung: 47,0%
Ja: 684 563 (28,5%) / 0 Stände
Nein: 1 718 827 (71,5%) / 20 6/2 Stände
Parolen: -
Ja: SVP, EDU, GastroSuisse, sgv.
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Nein: SPS, FDP(9)*, GPS, GLP, BDP, EVP, eco, SBV, TravS.
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Stimmfreigabe: CVP(13)*
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen Finanz- und Ausgabenordnung
In der Sommersession 2014 gab die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats (WAK-SR) einer parlamentarischen Initiative Niederberger (cvp, NW) Folge. Sie forderte einen
Abbau von bürokratischen Hürden beim Meldeverfahren und verlangte unter anderem, dass das Verrechnungssteuergesetz dahingehend angepasst wird, dass anstelle von Strafzinsen verschuldensabhängige Ordnungsbussen erhoben werden
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Im Juni 2014 befasste sich der Nationalrat mit der Frage der
steuerlichen Abzugsfähigkeit von Bussen gegen natürliche und juristische Personen, die im Zuge des US-Steuerstreits und einer Busse gegen die Grossbank Credit Suisse in der Höhe von CHF 2,8 Mrd. hohe Wellen schlug. Eine Mehrheit des Nationalrats kritisierte die Möglichkeit der Banken, einen Teil ihrer Bussen von den Steuern abziehen zu können und überwies mit 99 zu 81 Stimmen bei 6 Enthaltungen ein Postulat Oberholzer Leutenegger (sp, BL), das den Bundesrat beauftragte, die rechtliche Situation zu klären und dem Parlament in einem Bericht darzulegen, wie Bussen und andere finanzielle Sanktionen von natürlichen und juristischen Personen steuerlich beim Bund und in den einzelnen Kantonen behandelt werden. Bekämpft wurde das Postulat namentlich von Ruedi Noser (fdp, ZH), der argumentierte, dass nicht in jedem Fall klar sei, welcher Anteil einer Busse strafrechtlichen Charakter habe. Gewisse Bussen würden auch einen Teil Gewinnabschöpfung enthalten. Zudem gäbe es auch immer wieder Bussen, die im Ausland ausgesprochen würden, bei denen die "Rechtsstaatlichkeit teilweise fraglich" sei. In der gleichen Debatte lehnte der Nationalrat eine Motion Schelbert (gp, LU) ab. Diese forderte, dass alle Folgekosten (Verhandlungen, Verwaltung und Gerichte) aus der Bereinigung des Steuerstreits mit den USA den Finanzinstituten auferlegt werden
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Das Parlament sprach sich in der Sommersession 2014 einstimmig für das Bundesgesetz über eine Neuregelung des Steuererlasses aus. Mit dem neuen
Steuererlassgesetz erhalten die Kantone ab dem 1. Januar 2016 die alleinige Kompetenz zur Beurteilung aller Erlassgesuche, welche die direkte Bundessteuer betreffen. Die Eidgenössische Erlasskommission für die direkte Bundessteuer (EEK) wird aufgehoben
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Nur gerade drei Monate nach der Annahme eines Postulats Leutenegger Oberholzer (sp, BL) präsentierte der Bundesrat im September 2014 seinen
Bericht zur steuerlichen Abziehbarkeit von Bussen und finanziellen Verwaltungssanktionen. Gemäss Auffassung des Bundesrates stellten demnach Bussen "keinen geschäftsmässig begründeten Aufwand" dar und dürften aus diesem Grunde auch nicht von der Steuer abgezogen werden. Weiter argumentierte der Bundesrat, dass durch die steuerliche Abzugsfähigkeit die Strafwirkung verringert würde, was der beabsichtigen Wirkung von Bussen ("sie sollen die bestrafte Person direkt treffen") zuwiderlaufen würde. Unklar blieb indes weiter, was dies für die Grossbank Credit Suisse zu bedeuten hatte, die im Zuge des US-Steuerstreits eine Busse von CHF 2,8 Mrd. bezahlen musste, da sie durch den Kanton Zürich veranlagt wurde. In seinem Bericht betonte der Bundesrat denn auch, dass die steuerliche Behandlung von Bussen, finanziellen Verwaltungssanktionen und Gewinnabschöpfungen im Gesetz "nicht explizit" geregelt sei und bezeichnete es aufgrund der "bestehenden Unsicherheiten" als sinnvoll, entsprechende Bestimmungen in das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) und in das Gesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern von Bund und Kantonen (StHG) aufzunehmen
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Nur gerade drei Tage nach der Veröffentlichung des bundesrätlichen Berichts befasste sich auch der Ständerat mit der Thematik der
steuerlichen Abzugsfähigkeit von Bussen und überwies einstimmig eine Motion Luginbühl (bdp, BE) an den Nationalrat, die den Bundesrat beauftragen will, die im Bericht angesprochenen "bestehenden Unsicherheiten" anzugehen. Das Geschäft ist im Nationalrat auf das Frühjahr 2015 angesetzt. Nimmt auch die grosse Kammer den Vorstoss an, hat der Bundesrat dem Parlament eine Änderung von Artikel 59 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG) und Artikel 25 des Steuerharmonisierungsgesetzes (StHG) vorzuschlagen, die vorsieht, dass ausgesprochene Bussen mit Strafcharakter nicht zum geschäftsmässig begründeten Aufwand gehören
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In der Herbstsession stimmte der Nationalrat bei drei Enthaltungen mit 180 zu 6 Stimmen für eine Motion Fischer (glp, AG). Diese forderte vom Bundesrat, der den Vorstoss zur Ablehnung empfohlen hatte, dass das Finanzhaushaltsgesetz revidiert und
einheitliche Rechnungslegungsgrundsätze für die Sonderrechnungen des Bundes festlegt werden. Die grosse Kammer teilte die Auffassung des Motionärs, wonach die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Sonderrechnungen und der Jahresrechnung des Bundes "zu übersichtlich" sei. Der Ständerat wird sich voraussichtlich in der Frühjahrssession 2015 mit dem Vorstoss auseinandersetzen
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Staatsrechnung 2014
Der Bundeshaushalt schloss das Jahr 2014 mit einem
Defizit von CHF 124 Mio. ab. Es war das erste Defizit seit 2005. Der Voranschlag 2014 hatte noch einen Überschuss von CHF 121 Mio. vorgesehen. Gleichwohl wurden die Vorgaben der Schuldenbremse eingehalten, da diese ein konjunkturelles Defizit von rund CHF 450 Mio. zugelassen hätten. Die Verschlechterung des ordentlichen Finanzierungsergebnisses war im Wesentlichen auf einen Einnahmenrückgang bei der direkten Bundessteuer zurückzuführen; sowohl die Einkommenssteuer als auch die Gewinnsteuer entwickelten sich schwach. Gegenüber dem Vorjahr gingen die Einnahmen um 1,8% zurück, die Ausgaben verzeichneten ein geringes Wachstum (0,5%). Beim ausserordentlichen Haushalt konnten Einnahmen von CHF 213 Mio. verbucht werden, die sich aus neuerlichen Verkäufen von Swisscom-Aktien und diversen Gewinneinziehungen der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) bei verschiedenen Banken zusammensetzten. Unter Einschluss der ausserordentlichen Einnahmen ergab sich damit ein Finanzierungsüberschuss von CHF 89 Mio. Die Reduktion der Bruttoschulden um CHF 2,8 Mrd. auf CHF 108,8 Mrd. waren demnach in erster Linie der Reduktion der liquiden Mittel geschuldet
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Die realisierten
Einnahmen fielen um CHF 2,37 Mrd. tiefer aus als budgetiert. Neben der direkten Bundessteuer, die im Vergleich zum Voranschlag CHF 2,1 Mrd. und damit über einen Zehntel (10,6%) weniger einbrachte als geplant, kam es auch bei der Mehrwertsteuer (-0,3 Mrd.) und bei der Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) aus dem Jahr 2013 (-0,3 Mrd.) zu Mindereinnahmen. Im Gegensatz dazu schlossen die Einnahmen der Verrechnungssteuer über den Erwartungen und brachten CHF 0,8 Mrd. mehr ein als budgetiert. Bereits im Vorjahr hatte das Ergebnis der Verrechnungssteuer über dem Voranschlag gelegen
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Auf Seite der
Ausgaben des Bundes lagen die Budgetunterschreitungen von CHF 2,1 Mrd. (3,2%) über dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre (1,7%). Neben den Anteilen der Kantone an der direkten Bundessteuer, die um CHF 0,4 Mrd. tiefer ausfielen als budgetiert, trugen auch die Ablehnung des Fonds für die Gripen-Finanzierung, der Minderbedarf für die EU-Forschungsprogramme und die tieferen Passivzinsen, die allesamt rund CHF 0,3 Mrd. Minderausgaben zur Folge hatten, zur Unterschreitung des Voranschlags 2014 bei
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Den
Nachtrag I zum Voranschlag 2014 hiess das Parlament im Juni 2014 einstimmig gut. Der Bundesrat hatte dem Parlament 17 Nachtragskredite in einem finanzierungswirksamen Umfang von CHF 131 Mio. vorgelegt, wobei es sich mehrheitlich um Investitionen handelte. Neben einer Aufstockung des Unterhaltsbudgets der Immobilien der Armee um CHF 38 Mio. fielen die CHF 50 Mio. an Mehrbedarf für Investitionsbeiträge an die Fachhochschulen ins Gewicht. Die mit dem Nachtrag I beantragten Mehrausgaben entsprachen 0,1% der bewilligten Gesamtausgaben für die Staatsrechnung 2014 und lagen damit deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt von 0,2%
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Beide Kammern stimmten in der zweiten Jahreshälfte ohne Gegenstimme der
Immobilienbotschaft 2014 zu und gaben damit grünes Licht für diverse Bauvorhaben in der Bundesverwaltung. Der Bundesrat beantragte Kredite im Umfang von CHF 276,8 Mio. Der Löwenanteil von CHF 226,8 Mio. entfiel dabei auf die Finanzierung eines Neubaus in Ittigen bei Bern, der im Rahmen des Unterbringungskonzepts 2024 eine zentrale Rolle spielt
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In der Wintersession 2014 hiess das Parlament den
Nachtrag II zum Voranschlag 2014 gut. Der Bundesrat hatte dem Parlament 17 Nachtragskredite von insgesamt CHF 201,9 Mio. unterbreitet. Den Löwenanteil machten die CHF 94 Mio. zur Aufstockung für die Übergangsmassnahmen im Zusammenhang mit der Beteiligung der Schweiz am europäischen Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020 aus, die nach der Zustimmung zur Masseneinwanderungsinitiative am 9. Februar 2014 und dem vorübergehenden Ausschluss der Schweiz aus dem Forschungsprogramm kompensiert werden mussten. Des Weiteren kamen CHF 29,1 Mio. an Mehrbedarf für die Beiträge an die europäischen Satellitennavigationsprogramme Galileo und Egnos sowie je CHF 10 Mio. für die Beschaffung von Munition und den Immobilienunterhalt der Armee hinzu. Unter Berücksichtigung der erbrachten Kompensationen im Umfang von CHF 138 Mio. resultierten somit effektive Mehrausgaben von CHF 64 Mio. Diese Erhöhung entsprach 0,1% der mit dem Voranschlag 2014 bewilligten Ausgaben, womit auch der zweite Nachtrag deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt von 0,3% lag
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Voranschlag 2015
Im August verabschiedete der Bundesrat den
Voranschlag 2015, der bei Einnahmen von CHF 67,5 Mrd. einen ordentlichen Finanzierungsüberschuss von CHF 524 Mio. auswies. Um die Vorgaben der Schuldenbremse, die durch das schwache Ergebnis bei der direkten Bundessteuer im Jahr 2013 und die anhaltend tiefe Teuerung verschärft wurden, einhalten zu können, hatte der Bundesrat Sparmassnahmen im Umfang von CHF 700 Mio. umgesetzt. Der Bundesrat ging in der Finanzplanung weiterhin davon aus, dass das vom Parlament blockierte Konsolidierungs- und Aufgabenüberprüfungspaket 2014 (KAP 2014) vollständig umgesetzt werden würde
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In der Wintersession 2014 nahm sich der Nationalrat als Erstrat der
parlamentarischen Beratung zum Voranschlag 2015 an. Die Budgetdebatte erstreckte sich über drei Tage. Am ersten Tag lehnte die grosse Kammer einen Kürzungsantrag von CHF 99 Mio. bei der Entwicklungshilfe überraschend deutlich mit einem Stimmenverhältnis von 2 zu 1 ab. In der Finanzkommission des Nationalrats (FK-NR) hatte der Antrag in der Vorberatung noch eine Mehrheit gefunden. Die Kommission beabsichtigte mit der Einsparung bei der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) eine Budgeterhöhung über CHF 110 Mio. bei den Agrarsubventionen zu finanzieren. Der Empfehlung der Kommission folgten am Ende aber nur die SVP-Fraktion und vereinzelte Vertreterinnen und Vertreter des Freisinns und der Christlichdemokraten. Am zweiten Tag zeigte sich der Nationalrat dann aber dennoch den Bauern gegenüber grosszügiger als der Bundesrat und beschloss CHF 115 Mio. Mehrausgaben für die Landwirtschaft. Drei Viertel der zusätzlichen Gelder wurden für Direktzahlungen gesprochen, die restlichen gut CHF 30 Mio. sprach der Nationalrat unter anderem für die Qualitätssicherung bei der Milch, für Ausfuhrbeiträge für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte ("Schoggigesetz") und Umschulungsbeihilfen. Während die Fraktionen der SVP und CVP praktisch geschlossen für die Anliegen der Bauern votierten, stimmten rund zwei Drittel der Vertreter der FDP für die Mehrausgaben. Zudem stockte der Nationalrat die Budgets für Jugend und Sport (J+S) um CHF 12 Mio. und für die familienergänzende Kinderbetreuung um CHF 7,5 Mio. auf. Letzteres kam durch den Stichentscheid des Ratspräsidenten Rossini (sp, VS) zustande. Der Ständerat, der sich als Zweitrat mit dem Voranschlag 2015 auseinandersetzte, widersprach der grossen Kammer in mehreren Punkten. Eine Erhöhung der Ausfuhrbeiträge für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte um CHF 12 Mio. fand in der kleinen Kammer ebenso keine Mehrheit wie die Ausweitung der Pflanzenbauhilfen um CHF 11 Mio. und die Erhöhung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen um CHF 115 Mio. Letztere wollte der Ständerat nur um gut die Hälfte des vom Nationalrat vorgeschlagenen Betrags erhöhen. Neben den Differenzen im Bereich der Landwirtschaft waren sich die beiden Kammern auch in Bezug auf die J+S-Ausstattung nicht einig. Der Ständerat vertrat hier die Meinung des Bundesrates und sprach sich in der ersten Lesung gegen die von der grossen Kammer auf Antrag der Sozialdemokraten beschlossene Erhöhung der Mittel aus. Im weiteren Verlauf der Beratungen lenkte die kleine Kammer bei den Direktzahlungen an die Landwirtschaft ein und unterstützte die vom Nationalrat eingebrachte Erhöhung. Die grosse Kammer verzichtete ihrerseits auf die Erhöhung des Bundesratsvorschlags bei J+S. Keine Einigung konnte auch nach der jeweils dritten Lesung beim "Schoggigesetz" und den Pflanzenbauhilfen gefunden werden. Somit musste eine
Einigungskonferenz einberufen werden. Bei den Ausfuhrbeiträgen einigte man sich auf die vom Ständerat bevorzugte Bundesratsversion, bei den Beihilfen zum Pflanzenbau fanden sich die beiden Kammern bei der Hälfte des Differenzbetrags und stimmten so einer Erhöhung von CHF 6 Mio. gegenüber dem Entwurf zum Voranschlag 2015 zu. Dadurch resultierte unter dem Strich ein Budget mit Gesamteinnahmen von CHF 67,527 Mrd., Gesamtausgaben von CHF 67,116 Mrd. und einem ordentlichen Überschuss von CHF 411 Mio., der knapp über den von der Schuldenbremse geforderten CHF 338 Mio. Überschuss lag
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Finanzausgleich
Im September 2014 verabschiedete der Bundesrat die
Botschaft zur Festlegung des Ressourcen- und Lastenausgleichs zwischen Bund und Kantonen für die Beitragsperiode 2016-2019, die sich auf den zweiten Wirksamkeitsbericht des 2008 eingeführten Nationalen Finanzausgleichs (NFA) stützt. Der Bericht kam zum Schluss, dass der Finanzausgleich gut funktioniere und die Ziele weitgehend erreicht werden konnten. Zudem zeigten die Vernehmlassungsergebnisse, dass die Kantone das bestehende System des Finanzausgleichs grundsätzlich unterstützen. Aus Sicht des Bundesrates drängten sich damit keine grundlegenden Änderungen am System des Finanzausgleichs auf. Bei der Ausstattung der Ausgleichsgelder für die Periode von 2016-2019 sprach sich der Bundesrat entgegen der mehrheitlichen Auffassung der Kantone für eine Kürzung des Ressourcenausgleichs um CHF 330 Mio. aus. Die Kürzung, so der Bundesrat, sei "folgerichtig" und "systemkonform", weil der NFA-Zielwert, wonach die Kantone über mindestens 85% des durchschnittlichen Ressourcenpotenzials verfügen sollten, in der Periode 2012-2015 durchschnittlich übertroffen worden war. Zudem sprach sich der Bundesrat für eine Beibehaltung der Dotation des Lastenausgleichs und eine Weiterführung des Härteausgleichs aus. Der Wirksamkeitsbericht habe gezeigt, dass eine vorzeitige Abschaffung des Härteausgleichs für einzelne Kantone ernsthafte finanzielle Folgen hätte, so der Bundesrat weiter
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Der Bundesrat genehmigte im September 2014 zudem einen
Bericht über die Einhaltung der Grundsätze der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen, der auf ein Postulat Stadler (glp, UR) aus dem Jahr 2012 zurückging. Der Bundesrat zog nach der Überprüfung der relevanten Verfassungsgrundsätze (Subsidiaritätsprinzip, Prinzip der fiskalischen Äquivalenz, Respektierung der Organisations- und Finanzautonomie der Kantone) eine positive Bilanz, kam jedoch gleichzeitig zum Schluss, dass teilweise eine "systeminhärente Zentralisierungstendenz" festzustellen sei, da bei einem bedeutenden Anteil der rund 120 zwischen 2004 und 2013 erlassenen Vorlagen die Aufgabenerfüllung durch Bund und Kantone gemäss dem Grundsatz des Vollzugsföderalismus geregelt worden war. Der Bericht zeigte zudem, dass bei je vier der 120 Vorlagen die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips als "fragwürdig" bzw. die des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz als "kritisch" zu beurteilen war. Dennoch seien, so der Bundesrat, über alles gesehen die NFA-Grundsätze sowohl bei der Erarbeitung von Vorlagen als auch bei deren parlamentarischen Beratung beachtet und respektiert worden
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Bei der Frage zur Bestückung des
Ressourcen- und Lastenausgleichs zwischen Bund und Kantonen für die Beitragsperiode 2016-2019 setzten sich in der Wintersession 2014 im Ständerat die Nehmerkantone durch und votierten gegen den vom Bundesrat vorgebrachten Vorschlag, den Ressourcenausgleich auf CHF 2,15 Mrd. zu reduzieren. Im Vergleich zur Vorperiode hätte dies einer Kürzung von CHF 330 Mio. entsprochen, wobei der Bund um CHF 196 Mio. und die Geberkantone um CHF 134 Mio. entlastet worden wären. Dem Weiterführen des Lastenausgleichs stimmte der Ständerat diskussionslos zu. Ein Minderheitsantrag Fetz (sp, BS), der die vom Bundesrat geplanten Einsparungen im Ressourcenausgleich zum Ausgleich der Sonderlasten der städtischen Gebiete hätte einsetzen wollen, wurde durch den Entscheid im Bereich des Ressourcenausgleichs hinfällig. Im Nationalrat war das Geschäft zum Ende des Jahres noch hängig
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Ebenfalls im Dezember 2014 stimmte der Ständerat mit 25 zu 13 Stimmen bei einer Enthaltung einer Motion der nationalrätlichen Finanzkommission (FK-NR) zu, die eine verstärkte
Aufgabentrennung zwischen Bund und Kantonen anstrebt. Die Motion wurde mit der Änderung angenommen, dass die vollständige Analyse aller Verbundaufgaben zwischen Bund und Kantonen zeitlich zusammen mit dem dritten Wirksamkeitsbericht des Finanzausgleichs zwischen Bund und Kantonen erfolgen soll. Im März 2014 hatte die kleine Kammer die Motion nach einem Ordnungsantrag Eder (fdp, ZG) noch an die Kommission zurückgewiesen, da diese "zu einem ungünstigen Zeitpunkt" komme und "mit dem [zweiten] Wirksamkeitsbericht zum Finanzausgleich kollidiere". Der Bundesrat äusserte seine Bedenken zum geplanten Vorgehen. Der Entscheid des Nationalrats zur angepassten Version der Motion war zum Jahresende noch hängig
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Zudem gab der Ständerat im Dezember 2014 auf Anraten seiner Finanzkommission (FK-SR) einer Standesinitiative des Kantons Nidwalden, die eine
Revision des Bundesgesetzes über den Finanz- und Lastenausgleich (FiLaG) in sieben Punkten forderte, keine Folge. Der Kanton Nidwalden, der zu den Geberkantonen des nationalen Finanzausgleichs (NFA) gehört, verlangte unter anderem, dass der Ressourcenausgleich bei Steuerdumping reduziert, der Härteausgleich aufgehoben und die sogenannte Lizenzbox-Besteuerung bei der NFA-Veranlagung berücksichtigt wird. Der Kanton Nidwalden, der 2011 Steuervergünstigungen auf Erträge aus Lizenzen und anderen Quellen geistigen Eigentums eingeführt hatte, war Ende 2014 der einzige Kanton, der ein solches Steuermodell kannte. Der Nationalrat wird sich in der Frühjahrssession 2015 mit dem Vorstoss auseinandersetzen
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Finanzhaushalt der Kantone und Gemeinden
Die kantonalen Rechnungen schlossen 2014 mit einem
kumulierten Defizit von CHF 527 Mio. ab. CHF 521 Mio. an Überschüssen standen dabei CHF 1'048 Mio. an Defiziten gegenüber. Budgetiert hatten die Kantone einen Fehlbetrag in der Höhe von rund CHF 540 Mio. Die Differenz zwischen den Voranschlägen und Rechnungsabschlüssen von CHF 13 Mio. betrug beim Gesamtvolumen der Kantonshaushalte von CHF 87 Mrd. nur rund 0.15?. Während im Vorjahr noch 16 Kantone rote Zahlen geschrieben hatten, mussten 2014 noch exakt die Hälfte aller Kantone ein Defizit ausweisen. Die grössten Defizite fuhren mit den Kantonen Schwyz (CHF 211,1 Mio.) und Zug (CHF 139 Mio.) ausgerechnet zwei klassische NFA-Geberkantone ein. Das höchste Plus verzeichnete der Nehmerkanton Bern (CHF 211,6 Mio.). Gegenüber dem Vorjahr stiegen die Gesamtausgaben der Kantone um CHF 700 Mio., obwohl etliche Sparprogramme ergriffen worden waren. In erster Linie sorgten steigende Ausgaben in den Bereichen Gesundheit, Sozialleistungen und Bildung für Mehraufwand. Der Gesamtbetrag der kantonalen Nettoinvestitionen verharrte mit rund CHF 4,1 Mrd. auf dem Niveau des Vorjahrs
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Weiterführende Literatur
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