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Politique sociale
Santé, assistance sociale, sport
La loi sur la médecine de transplantation a été adoptée. – En votation populaire, la loi sur les cellules-souche a été acceptée. Les Chambres ont approuvé la loi fédérale sur l’analyse génétique humaine. – La révision de la loi sur les stupéfiants a échoué définitivement. – Le parlement a donné son aval au Protocole additionnel à la Convention européenne contre le dopage.
Gesundheitspolitik
Die Komplementärmedizin soll politisch und rechtlich verankert und der Schulmedizin gleichgestellt werden. Das verlangt eine Volksinitiative, die Ende September lanciert wurde. Bund und Kantone sollen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für die umfassende Berücksichtigung der Komplementärmedizin sorgen. Das Volksbegehren will die alternativen Heilmethoden definitiv in der Grundversicherung nach KVG verankern und den Stellenwert der Komplementärmedizin in der Ausbildung, in Lehre und Forschung verbessern. Hinter dem Begehren stehen Organisationen der ärztlichen und nichtärztlichen Komplementärmedizin, Patientenorganisationen, Wissenschafter, Exponenten von Krankenversicherern und Vertreter der nationalen und kantonalen Politik, so etwa die Nationalräte Günter (sp, BE) und Müller (gp, AG), Nationalrätin Hollenstein (gp, SG), Ständerätin Sommaruga (sp,BE) sowie alt Bundesrat Otto Stich [1].
Über ein Drittel der Schweizer Bevölkerung ist übergewichtig. Dieser alarmierende Befund veranlasste das Bundesamt für Gesundheit (BAG), eine Studie zur Abschätzung der medizinischen und volkswirtschaftlichen Kosten der Fettleibigkeit in Auftrag zu geben. Auch vorsichtig geschätzt, betragen diese rund 2,7 Mia Fr. pro Jahr resp. 370 Fr. pro Einwohner. Darin sind die indirekten Kosten (Leiden der Betroffenen und ihrer Angehöriger) nicht enthalten [2].
Frauen verursachen weniger Gesundheitskosten als bisher angenommen. Zu diesem Schluss kam eine Untersuchung des Gesundheitsobservatoriums Schweiz und des BAG. Zwar beziehen Frauen mehr Leistungen als Männer, doch ist die Differenz zu Lasten der Frauen eine Folge der längeren Lebenserwartung sowie der Kosten für Schwangerschaft und Geburt. Auch werden Ausgaben als Folge der Gewalt gegen Frauen (1998: 134 Mio Fr.) einseitig diesen zugeordnet. Stellt man diese Faktoren in Rechnung, so verursachen Frauen auf ein durchschnittliches Lebensjahr bezogen nur geringfügig höhere Kosten als Männer. Andererseits tragen sie weit mehr als die Männer zur Entlastung des Gesundheitswesens bei, da sie zu Hause bedeutend stärker in der Pflege engagiert sind als die Männer [3].
Laut einer weiteren Studie des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums leidet jeder zweite Einwohner der Schweiz zumindest einmal im Leben an einer psychischen Störung; jeder Zehnte begeht einen Selbstmordversuch. Dennoch gebe es keinen Gesundheitsbereich, der durch ähnlich viele Vorurteile geprägt sei. Nur wenn das allgemeine Wissen über psychische Erkrankungen verbessert werde, könnten Störungen rechtzeitig erkannt und adäquat behandelt werden [4].
Im Vorjahr hatte der Ständerat eine Motion verabschiedet, die den Bundesrat beauftragt, Vorschläge für eine gesetzliche Regelung der indirekten aktiven und der passiven Sterbehilfe zu unterbreiten und Massnahmen zur Förderung der Palliativmedizin zu treffen. Der Nationalrat überwies den Vorstoss mit 72 zu 69 Stimmen ebenfalls. Dagegen sprachen sich die Vertreter der SP und der GP aus, weil sie den Motionstext in seiner offenen Formulierung zu unverbindlich fanden und zudem der Meinung waren, dass die Förderung der Palliativmedizin ein Ziel in sich darstelle und es falsch sei, sie in Verbindung mit der Sterbehilfe zu bringen [5].
Die Im Vorjahr ins Leben gerufene Stiftung für Patientensicherheit stand Ende Jahr bereits wieder knapp vor dem Aus. Der Bund hatte ihr 200 000 Fr. als Startkapital für 2004 zugesprochen, diese Unterstützung allerdings an die Auflage geknüpft, dass die Stiftung mittelfristig selbsttragend sein resp. von den Zuschüssen der involvierten Kreise (Kantone, Interessengruppen) finanziert werden müsse. Es gelang nun dem Sekretariat der Stiftung im ersten Betriebsjahr nicht, die Finanzierung sicherzustellen, da insbesondere die Kantone (mit Ausnahme des Tessin) sich mit verbindlichen Zusagen schwer taten [6].
Die nationalrätliche Rechtskommission war 2000 einstimmig mit einer parlamentarischen Initiative beauftragt worden, ein Entschädigungsgesetz für die Opfer von Zwangssterilisationen auszuarbeiten. Die konkrete Umsetzung – die Kommission schlug eine pauschale Genugtuungszahlung von 5000 Fr. pro Fall vor – war nun aber bedeutend umstrittener. Im Einvernehmen mit dem Bundesrat, der kein Präjudiz für spätere anderweitige Wiedergutmachungen an Opfer behördlicher Fehleinschätzungen (beispielsweise ehemalige Verdingkinder oder Zwangsinternierte in der Psychiatrie) schaffen wollte, sprachen sich SVP und FDP gegen die Entschädigungen aus. Es wurde argumentiert, die Zwangssterilisationen seien im Zeitpunkt ihrer Durchführung als angemessen empfunden worden, weshalb Entschädigungszahlungen eine fragwürdige Vergangenheitsbewältigung ohne genügende verfassungsrechtliche Grundlage darstellen würden. SP, Grüne und CVP vertraten hingegen die Auffassung, derart formaljuristische Argumentationen seien rechtsstaatlich unsensibel, der Staat habe die Pflicht, ein in seinem Namen begangenes Unrecht wieder gutzumachen. Mit 91 zu 84 Stimmen wurden die Anträge des Bundesrates sowie eines Vertreters der SVP auf Nichteintreten abgelehnt. Gehör fand der Bundesrat dann aber im Ständerat, der sich mit 28 zu 8 Stimmen gegen Eintreten aussprach, worauf sich der Nationalrat mit 103 zu 66 anschloss.
Unbestritten war in beiden Kammern hingegen das eigentliche Sterilisationsgesetz. Dieses betrifft vor allem die rund 50 000 geistig behinderten Menschen, die in gemischtgeschlechtlichen Heimen leben, in denen Sexualität kein Tabu mehr ist. Um hier unerwünschte Schwangerschaften zu vermeiden, soll die Sterilisation als ultima Ratio zugelassen werden, allerdings unter strengen Bedingungen: sie ist erst ab 18 Jahren möglich und darf nur im Interesse der betroffenen Person vorgenommen werden [7].
Anfang Dezember verschickte der Bund Jodtabletten an alle Haushalte, die im Umkreis von 20 Kilometern eines Atomkraftwerks liegen. Im Notfall sollen sie bei rund 1,2 Mio Menschen eine Verseuchung der Schilddrüse verhindern. Zehn Jahre zuvor hatten nur Haushalte im Umfeld von fünf Kilometern die Jodtabletten als Hausvorrat erhalten. Die Gemeinden, die im Abstand von fünf bis 20 Kilometer liegen, lagerten den Jodvorrat zentral. Abklärungen hatten seither gezeigt, dass mit diesem System die Tabletten nicht rechtzeitig an die Bevölkerung verteilt werden könnten [8].
Die hoch spezialisierte Medizin soll gesamtschweizerisch konzentriert und von den Kantonen gemeinsam geplant werden. Die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren unterbreitete den Kantonen Ende Jahr eine entsprechende Vereinbarung zur Ratifikation. Bis im Herbst 2007 will sie die Standorte für bestimmte Bereiche verbindlich festlegen. Diese Koordination geschieht sowohl im Interesse der Wirtschaftlichkeit als auch der Qualität. Mit der „Interkantonalen Vereinbarung über die Koordination und Konzentration der hoch spezialisierten Medizin“ (IVKKM) werden die Kantone ihre Planungshoheit in der Spitzenmedizin an die GDK abtreten. Durch dieses Vorgehen soll eine Bundeslösung abgewendet werden, wie sie eine 2002 vom Ständerat überwiesene Motion verlangt, die nun vom Nationalrat ebenfalls angenommen wurde [9].
Im November startete im Kanton Tessin ein Pilotversuch mit einer elektronischen Patientenkarte. Rund 2500 Freiwillige aus der Region Lugano erhalten die Gelegenheit, die Karte während anderthalb Jahren zu testen. Jeder Karteninhaber entscheidet selbst, welche Informationen auf dem Mikrochip gespeichert werden. Vorgesehen sind administrative Daten, Gesundheitsinformationen für den Notfall sowie Details der Krankengeschichte (Diagnosen, Röntgenaufnahmen, Labordaten etc.). Damit sollen doppelte und allenfalls sogar widersprüchliche Behandlungen und die damit verbundenen Kosten und gesundheitlichen Beeinträchtigungen vermieden werden. Die Krankenkassen erhalten keinen Einblick in die gespeicherten Daten [10].
Zu Spitälern und Pflegeheimen siehe unten, Teil I, 7c (Krankenversicherung).
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Auf den 1. Januar trat der TarMed, der erste gesamtschweizerisch einheitliche Arzttarif auch für den KVG-Bereich in Kraft. Eine Bilanz nach den ersten Monaten zeigte, dass sich die Einführung des TarMed im ambulanten krankenversicherungsrechtlichen Bereich problemloser abspielte als ursprünglich befürchtet. Bei den medizinischen Leistungen, die von eidgenössischen Sozialversicherungen erbracht werden (Unfall-, Militär- und Invalidenversicherung) wurde der so genannte Taxpunktwert auf den 1. November von 1 Franken auf 92 Rappen gesenkt [11].
Konsumentenschutzkreise und Preisüberwachung hatten schon seit längerem die Offenlegung der Tarife in den Zahnarztpraxen verlangt. Auf den 1. Juni setzte der Bundesrat die entsprechend abgeänderte Preisbekanntgabeverordnung in Kraft [12].
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Im Mai lancierte ein Verein Pro Gesundheit Schweiz eine Volksinitiative „für einen freien Zugang zu Nahrungsergänzungen“ („Vitamininitiative“). Sie verlangt, dass Nahrungsergänzungen wie hoch dosierte Vitaminpräparate frei hergestellt, eingeführt und verkauft werden dürfen. Heute unterstehen diese dem Heilmittelgesetz. Im Initiativkomitee sitzen weder nationale noch kantonale politische Persönlichkeiten [13].
Mit je einer Standesinitiative beantragten die Kantone Genf und Wallis eine Präzisierung des Heilmittelgesetzes. Dort war im Sinn der Korruptionsbekämpfung die Bestimmung eingeführt worden, dass den Personen und Institutionen, welche Medikamente verschreiben oder abgeben, dafür von den Herstellern keine geldwerten Vorteile angeboten werden dürfen. Dies führte dazu, dass die Pharmaindustrie die bisherige Praxis, Spitälern als Grosskunden Rabatte zu gewähren, ebenfalls aufhob, was zu beträchtlichen Mehrkosten für die Kantone und die Krankenkassen führte. Beide Kammern gaben den Initiativen praktisch diskussionslos Folge [14].
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Jene Kreise, welche das Stammzellenforschungsgesetz als ersten Schritt hin zum „gläsernen Menschen“ und zur Eugenik bekämpft hatten (siehe unten), sahen sich in ihren Befürchtungen bestätigt, als der Bundesrat nur wenige Tage nach Annahme des Gesetzes in der Volksabstimmung bekannt gab, er beabsichtige, dem Parlament ein Gesetz zur Präimplantationsdiagnostik (PID) vorzulegen. Diese würde die gentechnische Untersuchung eines künstlich erzeugten Embryos erlauben, bevor er der Mutter eingepflanzt wird. So könnte man genetische Defekte frühzeitig erkennen und verhindern, dass ein derart geschädigter Embryo übertragen würde. Gemäss geltendem Gesetz über die Fortpflanzungsmedizin ist die Präimplantationsdiagnostik verboten. Das Parlament hatte bisher Vorstösse zur Regelung der PID stets abgelehnt [15].
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Als Zweitrat befasste sich die kleine Kammer in der Sommersession mit dem Transplantationsgesetz. Ein Rückweisungsantrag Schmid (cvp, AI), der fand, das Gesetz baue eine unnötige Bürokratie auf und greife mit der Bestimmung, dass der Bund Transplantationszentren bestimmen kann, ungebührlich in die Kompetenz der Kantone ein, wurde mit 27 zu 10 Stimmen abgelehnt. In den zentralen Punkten der erweiterten Zustimmungslösung, der Todesdefinition, der Xenotransplantation und des Inländervorrangs folgte der Ständerat der grossen Kammer. Im Zweckartikel gab er dem Gesetz aber eine neue Richtung, indem er es nicht auf die Bekämpfung von Missbräuchen beschränkte, insbesondere die Vermeidung von Organhandel, sondern festschrieb, dass ein Ziel des Gesetzes auch die Förderung der Verfügbarkeit von Transplantaten sei. Die vom Nationalrat eingefügte Verpflichtung für den Bundesrat, ein zentrales Lebendspenderregister zu führen, um die gesundheitliche Nachsorge der Spender sicherzustellen, lehnte er ab, da er nicht eine weitere Bundesstelle schaffen wollte. Mit 22 zu 16 Stimmen und gegen den Willen von Bundesrat Couchepin, welcher die Auffassung vertrat, ein offizielles und deshalb vom Einzelnen nicht veränderbares Dokument sei nicht der richtige Ort dafür, beschloss er, dem Bundesrat die Kompetenz zu erteilen, einen Organspendervermerk im Fahrausweis vorzusehen. Ein Antrag Pfisterer (fdp, AG), bei der Zuteilung der Organe im Sinn der Reziprozität Personen zu bevorzugen, die einen Spenderausweis haben, wurde mit 23 zu 8 Stimmen abgelehnt, da damit die Freiwilligkeit der Spende eingeschränkt würde. Einstimmig wurde ein Minderheitsantrag angenommen, der für die Organzuteilung eine spezielle Rekursmöglichkeit schafft [16].
In der Herbstsession konnten die Differenzen bereinigt werden. In der Ausdehnung des Zweckartikels schloss sich der Nationalrat der kleinen Kammer an. Einen Organspendervermerk im Fahrausweis lehnte er hingegen als wesensfremd ab, worauf der Ständerat einer Formulierung zustimmte, wonach der Vermerk „auf einem geeigneten Dokument oder Datenträger“ angebracht werden kann, beispielsweise auf der geplanten Versichertenkarte. Auch in der Frage des Lebendspenderregisters setzte sich ein Kompromissvorschlag durch. Bei den Voraussetzungen, unter denen Kliniken die Erlaubnis erhalten, Transplantationen durchzuführen, wurden die Qualitätssicherungssysteme durch den Zusatz ergänzt, dass diese auch die Nachverfolgung des Gesundheitszustands der Spender sicherstellen müssen. Bei der vorerst von ihr bekämpften Bestimmung, wonach die Kontrollbehörde bei vermutetem Missbrauch zur Erfüllung ihrer Aufgaben auch Grundstücke, Betriebe, Räume und Fahrzeuge betreten, also Hausdurchsuchungen durchführen kann, schloss sich die kleine Kammer der grossen an. Das Gesetz wurde im Ständerat einstimmig und im Nationalrat mit 145 zu 10 Stimmen gutgeheissen. Die grüne Fraktion enthielt sich der Stimme, weil sie der Auffassung war, die erstmals in einem Gesetz verankerte Todesdefinition sei zu wenig vertieft diskutiert worden [17].
Da der Bundesbeschluss über die Kontrolle von Transplantaten Ende 2005 ausläuft, das neue Gesetz und das Ausführungsrecht aber nicht auf Anfang 2006 in Kraft treten können, beantragte der Bundesrat dem Parlament, den geltenden Bundesbeschluss maximal um fünf Jahre (d.h. bis Ende 2010) zu verlängern [18].
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Wie bereits nach den Schlussabstimmungen in der Wintersession des Vorjahres angekündigt, wurde Mitte Januar von zwei Seiten erfolgreich das Referendum gegen das neue Stammzellenforschungsgesetz (StFG) ergriffen. Pro-Leben-Organisationen vertraten die Auffassung, das Gesetz widerspreche fundamentalen ethischen Werten und verletze die jedem Lebewesen in der Verfassung garantierten Grundrechte des Lebensschutzes und der Menschenwürde. Gentechnik-kritische Kreise orteten ebenfalls Widersprüche mit der Verfassung und anderen bereits bestehenden Gesetzen und verlangten, sich auf alternative Methoden wie die Forschung an adulten Stammzellen zu konzentrieren. Die Befürworter einer gesetzlichen Regelung machten in der Abstimmungskampagne geltend, die Schweiz würde durch ein Verbot bei dieser zukunftsträchtigen medizinischen Forschung international in Rückstand geraten. Es gelte abzuwägen zwischen der Möglichkeit neuartiger Therapien, die Leiden mindern könnten, und dem Schutz des Embryos. Die Forschung beschränke sich zudem auf die bei einer assistierten Fortpflanzung als überzählig anfallenden Embryonen, die sowieso keine Überlebenschance hätten. Ausser den Grünen, der EVP und der EDU unterstützten alle Parteien das Gesetz. Dieses wurde in der Volksabstimmung vom 28. November mit über 66% Ja deutlich angenommen [19].
Stammzellenforschungsgesetz
Abstimmung vom 28. November 2004

Beteiligung: 37,0%
Ja: 1 156 706 (66,4%)
Nein: 585 530 (33,6%)
Parolen:
Ja: CVP, FDP, SP (*3), SVP, LP, Lega; Economiesuisse, SAGV, SGV, SBV; SEK
Nein: GP, EVP, EDU; SBK
Stimmenthaltung: PdA, CSP; SGB, Travail suisse

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen
Die Vox-Analyse dieses Urnengangs zeigte, dass das Abstimmungsverhalten von der Weltanschauung, insbesondere der Religiosität recht stark beeinflusst wurde, wobei die Konfessionszugehörigkeit nur eine sekundäre Rolle spielte. Hingegen war kein Konflikt zwischen Links und Rechts festzustellen. Am negativsten eingestellt waren CVP-nahe Stimmende, am positivsten die Anhänger der FDP; die Sympathisanten von SP und SVP verhielten sich sehr ähnlich und positionierten sich in der Mitte zwischen CVP und FDP. Nicht von Bedeutung waren Geschlecht, Einkommen und Siedlungsform [20].
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Der Nationalrat beriet als erster das Bundesgesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMG). Mit dem neuen Gesetz werden die Voraussetzungen für genetische Untersuchungen im Medizinal-, Arbeits-, Versicherungs- und Haftpflichtbereich festgelegt sowie die Erstellung von DNA-Profilen geregelt, sofern diese nicht schon im DNA-Profil-Gesetz erfasst sind. Ausgenommen bleibt der ganze Forschungsbereich; er soll in einem separaten Gesetz geregelt werden. Bundesrat Blocher steckte das Spannungsfeld der Diskussionen ab, indem er meinte, die genetische Diagnostik sei für die Kranken mit Hoffnung, für die Wirtschaft mit Visionen und für die Gesellschaft mit Ängsten verbunden. Eintreten wurde ohne Gegenantrag beschlossen. In der Detailberatung gaben vor allem zwei Punkte zu reden, nämlich pränatale Tests und das Einsichtsrecht der Versicherer in frühere genetische Untersuchungen. Bei den Untersuchungen am Ungeborenen setzte sich die gegenüber der Version des Bundesrates restriktivere Formulierung der Kommission durch, welche die genetischen Untersuchungen strikt auf den medizinischen Bereich einschränkte und Begriffe wie „Lebensplanung“ ausmerzte, welche eine eugenische Note enthalten könnten; pränatale Tests sind lediglich zugelassen, um beim ungeborenen Kind mögliche Anomalien zu diagnostizieren. Neben der allgemeinen Information, wie sie der Bundesrat postuliert hatte, soll den Eltern auch eine psychosoziale Beratung angeboten werden. Ein Antrag Wäfler (edu, ZH) für ein völliges Verbot derartiger Tests wurde mit 134 zu 12 Stimmen deutlich verworfen.
In der Frage des Einsichtsrechts von Privatversicherungen vor Abschluss eines Versicherungsvertrags hatte der Bundesrat vorgeschlagen, Nachforschungen zuzulassen, falls die Versicherungssumme einen gewissen Betrag übersteigt (400 000 Fr. für eine Lebensversicherung, 40 000 Fr. pro Jahr bei Invalidität). Er begründete dies damit, dass es zu verhindern gelte, dass sich Personen im Wissen um ihr hohes Risiko zu günstigen Prämien einen teuren Versicherungsschutz auf Kosten des Kollektivs verschaffen. Die Kommission schlug demgegenüber ein striktes Nachforschungsverbot vor, weil Genanalysen zu einem mächtigen Instrument der Versicherer werden und zum „gläsernen Menschen“ führen könnten. Eine Minderheit Noser (fdp, ZH) unterstützte grundsätzlich die Fassung des Bundesrates, wollte die Hürden für Nachforschungen aber tiefer halten (250 000 resp. 25 000 Fr.). Schliesslich setzte sich der Bundesrat mit 94 zu 82 Stimmen gegen den Antrag Noser und mit 97 zu 59 gegen die Kommission durch [21].
Der Ständerat schloss sich in allen wesentlichen Punkten der grossen Kammer an. Ein Antrag Fetz (sp, BS) für ein völliges Nachforschungsverbot für Privatversicherungen wurde mit 32 zu 9 Stimmen abgelehnt. Eine Differenz schuf die kleine Kammer bei den Informationsstellen für pränatale Untersuchungen. Er befand, die psychosoziale Beratungspflicht würde die kantonalen Stellen für Schwangerschaftsberatung überfordern und zu zusätzlichen Kosten für die Kantone führen; die medizinische Information durch die Ärzteschaft sei ausreichend. Diese Differenz konnte erst in der dritten Runde durch eine Kompromissformulierung des Ständerates ausgeräumt werden, wonach die zuständigen Stellen informieren und „in allgemeiner Weise“ eine Beratung über pränatale Untersuchungen anbieten. Das neue Gesetz wurde in der Schlussabstimmung im Nationalrat mit 169 zu 9 Stimmen und im Ständerat einstimmig angenommen [22].
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Suchtmittel
Laut einem vom BAG in Auftrag gegebenen Expertenbericht ist die schweizerische Suchtpolitik inkohärent und zu wenig wirksam. Die Aufteilung in legale und illegale Substanzen sowie die starke Fokussierung auf die illegalen Drogen gegenüber den volkswirtschaftlich um ein Vielfaches schädlicheren legalen Substanzen Alkohol und Tabak sei aus fachlicher Hinsicht nicht gerechtfertigt. Auch die Ausblendung von weiteren Suchtformen wie Fett- oder Spielsucht trage zu einer nicht zusammenhängenden Sachpolitik bei [23].
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Die Regierung beschloss, das multilaterale Übereinkommen zur Tabakprävention der WHO zu unterzeichenen. Das Abkommen verlangt von den beitretenden Staaten verbindliche Massnahmen zur Tabakprävention und wird von einer grossen Mehrheit der WHO-Staaten getragen. Für die Ratifikation durch die Schweiz müssen einige gesetzliche Anpassungen vorgenommen werden [24].
Der Bundesrat verschärfte auf den 1. November die Tabakverordnung und passte sie damit den seit September für die EU geltenden Richtlinien an. Für Schadstoffe in Zigaretten gelten neu Höchstwerte. Bezeichnungen wie „mild“ und „light“ werden verboten. Aus Rücksicht auf die Tabakindustrie verzichtete er aber auf die Festsetzung von Höchstwerten für Schadstoffe bei den Export-Zigaretten [25].
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In Ausführung einer im Vorjahr angenommenen parlamentarischen Initiative stimmte das Parlament im Einverständnis mit dem Bundesrat einer Änderung zweier Gesetze (Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände sowie gebrannte Wasser) zu, mit welcher das in der neuen Bundesverfassung nicht mehr aufgeführte Absinth-Verbot auch auf Gesetzesebene aufgehoben wird [26].
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Aufgrund von Verstössen gegen das Betäubungsmittelgesetz werden in der Schweiz jährlich rund 45 000 Personen verzeigt, ein Fünftel wegen Drogenhandels, vier Fünftel wegen des Konsums, zwei Drittel von letzteren wegen Cannabis. Das zeigte eine Anfang Jahr publizierte Mehrjahresstudie des Bundesamtes für Statistik. Danach hat sich die Zahl der Verzeigungen in der ersten Hälfte des letzten Jahrzehnts von 20 000 auf über 40 000 verdoppelt; seit fünf Jahren liegt sie relativ stabil bei 45 000. Während polizeiliche Verzeigungen wegen des Konsums von Cannabis stark zugenommen haben, vor allem bei Minderjährigen, ist die Zahl der Strafverfolgungen wegen des Konsums anderer Betäubungsmittel seit Mitte der 90er Jahre rückläufig [27].
Im Vorjahr hatte der Nationalrat in einer sehr emotionalen, wahlkampfgefärbten Debatte entschieden, auf die Revision des Betäubungsmittelgesetzes (BetMG) nicht einzutreten, womit der Ball wieder beim Ständerat lag, welcher die Revision bereits 2001 nach gelassener Diskussion einstimmig verabschiedet hatte. Die kleine Kammer liess sich von der nationalrätlichen Verweigerung nicht beeindrucken. Mit 28 zu 12 Stimmen beschloss sie erneut, auf das Gesetz einzutreten; angesichts der unsicheren Entwicklung im Nationalrat wurde keine Detailberatung durchgeführt, doch wurde in einzelnen Punkten (Opportunitätsprinzip anstatt völlige Entkriminalisierung des Konsums, Lenkungsabgabe) ein mögliches Entgegenkommen signalisiert [28].
Das erneute Scheitern im Nationalrat zeichnete sich bereits in der Kommission ab. Hatte sie 2003 noch mehrheitlich beantragt, auf die Revision einzutreten, sprach sie sich nun, wenn auch ganz knapp, dagegen aus. Da klar war, dass vor allem FDP und CVP das Zünglein an der Waage spielen würden, setzten sich FDP-Präsident und Ständerat Schweiger (SZ) sowie die Jungparteien von FDP und CVP vehement für Eintreten ein. Die Diskussion drehte sich nicht um die Revision als Ganzes (so etwa die Überführung der kontrollierten Heroinabgabe in ordentliches Recht), sondern ausschliesslich um die Frage der Entkriminalisierung des Cannabis-Konsums. Erneut standen sich zwei unversöhnliche Lager von Befürwortern und Gegnern gegenüber. Mit 102 zu 92 Stimmen wurde Eintreten abgelehnt, womit die Revision definitiv gescheitert ist. Für Eintreten sprachen sich SP und Grüne geschlossen aus, dagegen die SVP (ohne Siegrist, AG, und Gadient, GR), die CVP (mit Ausnahme von Interimspräsidentin Leuthard, AG, und den beiden Zürcherinnen Zapfl und Ricklin) sowie eine knappe Mehrheit der FDP [29].
Wenige Tage darauf lancierte ein Komitee „Pro Jugendschutz – gegen Drogenkriminalität“ die Volksinitiative „Für eine vernünftige Hanf-Politik mit wirksamem Jugendschutz“. Diese „Hanfinitiative“ verlangt die Straffreiheit für den Konsum, Besitz und Erwerb von psychoaktivem Hanf zum Eigenbedarf sowie eine staatliche Kontrolle von Anbau und Handel. Letzteres könnte in Konflikt stehen mit einer UNO-Vereinbarung, die seit 1970 auch für die Schweiz gilt. Der Entwurf zur BetMG-Revision hatte ebenfalls ein behördliches Toleranzregime für Anbau und Handel vorgesehen, dieses aber mit einer Kann-Formulierung versehen, was jederzeit eine Aufhebung ermöglicht hätte. Trotz dieser völkerrechtlichen Unklarheit nahmen im Initiativkomitee neben Vertretern der SP – Cavalli (TI), Fetz (BS), Garbani (NE), Janiak (BL) und Wyss (BE) – und der Grünen (Lang, ZG und Müller, AG) – auch Abgeordnete aus den bürgerlichen Bundesratsparteien – Kleiner (AR), Markwalder-Bär (BE) und Noser (ZH) für die FDP sowie Frick (SZ) und Maissen (GR) für die CVP – bis hin zur SVP (Jenny, GL) Einsitz [30].
Noch schärfer formuliert als die Vereinbarung von 1970 ist die UNO-Konvention von 1989, welche die Schweiz unterschrieben aber bisher nicht ratifiziert hatte, da vorerst grundlegende drogenpolitische Weichenstellungen (Volksabstimmungen, allfällige BetMG-Revision) abgewartet wurden. Sie verbietet explizit Anbau, Erwerb und Besitz von Drogen. Als Vorbedingung für den Beitritt zum Schengener Abkommen, welches auf diese UNO-Konvention verweist, drängte der Bundesrat nun auf eine Ratifizierung, allerdings mit dem Vorbehalt, dass die Schweiz Anbau, Erwerb und Besitz zum Eigenkonsum straffrei erklären kann. Der Nationalrat wies einen Antrag aus den Reihen der SVP, welche der Konvention vorbehaltlos zustimmen wollte, mit 90 zu 70 Stimmen zurück. Das Übereinkommen wurde klar angenommen [31].
Die Stimmbevölkerung der Stadt Zürich sprach sich Ende September mit rund 75% Ja sehr deutlich für die unbefristete Weiterführung der medizinisch indizierten Heroinabgabe aus [32].
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Sozialhilfe
Gemäss einer Analyse des Bundesamtes für Statistik (BFS) nahm 2003 die Zahl der Working Poor in der Schweiz erstmals seit vier Jahren wieder zu. Besonders betroffen sind nach wie vor Alleinerziehende, Kinderreiche, Selbständigerwerbende und Ausländer. 2003 waren 7,4% jener 20- bis 59-jährigen Erwerbstätigen arm, die in einem Haushalt mit einem Erwerbsumfang von mindestens einer Vollzeitstelle (ab 90%) leben. 2002 hatte dieser Anteil 6,4% betragen. In der Krise zu Beginn der 90er Jahre war die Working-Poor-Quote auf 9% (1996) angestiegen; danach stabilisierte sie sich und ging nach 2000 sogar auf unter 7% zurück. Seit 2002 beobachtete das BFS wieder einen Anstieg. Betroffen waren im Jahr 2003 231 000 Working Poor in 137 000 Haushalten mit total 513 000 Personen, davon 223 000 Kinder. Die Working-Poor-Quote hängt zumindest teilweise mit dem Verlauf der Erwerbslosenquote zusammen. Der Anteil armer Erwerbstätiger folge der Arbeitslosenquote mit einem Abstand von zwei bis drei Jahren, stellte das BFS fest. Offenbar gehe ein Anstieg der Erwerbslosigkeit mit einem Wachstum der Zahl prekärer Arbeitsverhältnisse einher [33].
Um die Kostenexplosion in der Sozialhilfe zu stoppen, drängen sich nach Ansicht der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) und der „Städteinitiative“ verschiedene Massnahmen auf. So sollen Anreizmodelle geschaffen werden, damit sich Arbeit lohnt. Weiter sollen schweizweit harmonisierte Standards in der Sozialhilfe gelten, um eine weitere Zuwanderung Bedürftiger in die Städte zu vermeiden. Die SKOS verabschiedete entsprechende Richtlinien. Als besonders wichtig erachtet wurde eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen ALV, IV und Sozialhilfe, um nach Möglichkeiten den so genannten „Drehtür-Effekt“, das Weiterreichen einer desintegrierten Person von einer Institution zur anderen, zu vermeiden. Die Präsidenten des Verbands schweizerischer Arbeitsämter, der SKOS und der schweizerischen IV-Konferenz plädierten für die Errichtung von gemeinsamen Assessment-Centers zur professionellen Integration. Dazu erarbeitete das Seco ein Handbuch mit Tipps und Hinweisen zur interinstitutionellen Zusammenarbeit [34].
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Sport
Im November setzte der Bundesrat eine Massnahme des Entlastungsprogramms 03 um und strich seinen allgemeinen Förderbeitrag an die kantonalen Jugend- und Sportämter in der Höhe von rund 5 Mio Fr.; er kündigte an, im Rahmen des EP 04 noch einmal 2,5 Mio Fr. einsparen zu wollen. Im Voranschlag 2004 beantragte er eine Kürzung der Gelder für Jugend + Sport um weitere 1,5 Mio Fr., da ja neuerdings Gelder aus dem Tabakpräventionsfonds in die Sportförderung fliessen. Gegen diesen Plan formierte sich parlamentarischer Widerstand. Viele Abgeordnete stiessen sich an den Kürzungen, die zeitlich mit dem UNO-Jahr des Sports korrelieren. Dieses war wenige Tage zuvor in New York lanciert worden und basiert im Wesentlichen auf einer Initiative von alt Bundesrat Ogi. Im Nationalrat erreichte Humbel Näf (cvp, AG) mit 103 zu 59 Stimmen den Verzicht auf die Kürzung. Im Ständerat wurde ein ähnlicher Antrag Bieri (cvp, ZG), der allerdings die Subvention nur um 1 Mio Fr. anheben wollte, was den der Pro Helvetia gestrichenen Mitteln entsprochen hätte (siehe unten, Teil I, 8b, Kulturpolitik), abgelehnt. Mit 104 zu 63 Stimmen beharrte der Nationalrat auf seinem ersten Entscheid. Auch der Ständerat war nicht zum Nachgeben bereit: mit 27 zu 11 Stimmen blieb er beim Entwurf des Bundesrates, worauf die grosse Kammer ihre Haltung mit 114 zu 65 Stimmen bekräftigte. Die Einigungskonferenz wollte dem Nationalrat zustimmen. Ihr Antrag scheiterte jedoch in beiden Kammern, womit es bei der vom Bundesrat vorgeschlagenen Kürzung blieb [35].
Das Parlament genehmigte diskussionslos das Zusatzprotokoll zur Konvention des Europarates gegen Doping. In Anbetracht des Ausmasses der Dopingproblematik hatte der Europarat eine Konvention gegen Doping angenommen, die in der Schweiz am 1. Januar 1993 in Kraft trat. Mittels des Zusatzprotokoll soll einerseits die gegenseitige Anerkennung der Dopingkontrollen vereinbart und anderseits ein verbindlicher Kontrollmechanismus verankert werden [36].
Für den Ständerat ist Doping im Sport Betrug. Mit 27 zu 4 Stimmen nahm die kleine Kammer eine Motion Büttiker (fdp, SO) an, die vom Bundesrat die Ausarbeitung einer Strafnorm gegen fehlbare Athleten verlangt. Mit dem Argument, eine juristische Expertise habe 1999 festgestellt, dass Sporttreibende in der Schweiz bei einem Dopingvergehen den Betrugstatbestand nicht erfüllen, hatte der Bundesrat Ablehnung beantragt [37].
Die Aspirationen auf eine Kandidatur der Schweiz für die Olympischen Winterspiele 2014 zerschlugen sich. Mitte Februar legten die privaten Promotoren der Variante mit Zürich als so genannter Host City , welche die Unterstützung der Kantone Schwyz und Graubünden fand, in denen die meisten Wettkämpfe hätten stattfinden sollen, dem Zürcher Regierungsrat ihr Bewerbungsdossier vor. Dieser sprach sich für eine vertiefte Prüfung des Projekts aus, welches aber bereits zu diesem Zeitpunkt im Kantonsrat auf Skepsis stiess, umso mehr, als sich die Stadt schon früher von jeglicher finanziellen Beteiligung distanziert hatte. Gleichzeitig wurde bekannt, dass auch die Gemeinde Davos (GR) eine Bewerbung ins Auge fasste. Beide Interessengruppen machten Anfang März eine entsprechende offizielle Eingabe an Swiss Olympic. Dessen Exekutivrat erteilte der Kandidatur von Davos eine klare Absage: Das Vorhaben werde weder von der Bündner Regierung unterstützt, noch entspreche es dem von Swiss Olympic vorgegebenen Profil. Das Zürcher Projekt wurde nur lau unterstützt. Das technische Dossier entsprach zwar den Anforderungen, durch wurde der ungenügende politische Sukkurs von Kanton und Stadt bemängelt, weshalb den Zürcher Promotoren diesbezüglich klare Vorgaben gemacht wurden, um eine Wiederholung des Debakels der Kandidatur „Berne 2010“ zu vermeiden. Da die Stadt Zürich ihre Haltung nicht änderte, warfen die Promotoren Mitte September das Handtuch. Der Kanton Wallis hatte bereits Ende Februar seinen Verzicht auf eine Bewerbung bekannt gegeben [38].
Die Fussball-Europameisterschaft 2008, die in Österreich und der Schweiz durchgeführt werden soll, geriet etwas in Turbulenzen, weil der Stadionneubau im Zürcher Hardturm durch Einsprachen von Anwohnern und Umweltschutz-Organisationen massiv verzögert wurde und zu scheitern drohte. Die für Zürich vorgesehenen Vorrundenspiele müssten deshalb nach Basel, Bern oder Genf verlegt werden, es sei denn, der ohnehin geplante Ausbau des Letzigrund-Stadions könne rechtzeitig realisiert werden [39]. Die Zürcher Querelen beschäftigten schliesslich auch den Nationalrat. In einer Erklärung, der sich alle Fraktionen anschlossen, richtete er den Aufruf an alle Beteiligten, sich für die planmässige Durchführung zu engagieren [40]. Der Bundesrat setzte eine interdepartementale Arbeitsgruppe für die Realisierung der Euro 2008 ein. Die zentrale Aufgabe des Gremiums unter Federführung des BASPO ist die Koordination der durch die öffentliche Hand zu erbringenden Leistungen bei der Vorbereitung und Durchführung des Grossanlasses. Eine weitere Arbeitsgruppe unter der Leitung des BAP beschäftigt sich mit der Lösung der komplexen Sicherheitsproblematik [41].
Gegen den vehementen Widerstand der Grünen, welche das Ganze als unverantwortliche Spielerei bezeichneten, nahm der Nationalrat mit 88 zu 75 Stimmen eine parlamentarische Initiative Giezendanner (svp, AG) für eine Aufhebung des geltenden Verbots für Autorennen auf Rundstrecken in der Schweiz an. SP- und GP-Fraktion lehnten geschlossen ab, eine Mehrheit der bürgerlichen Fraktionen sprach sich dafür aus, insbesondere jene von FDP und SVP, bei denen es jeweils nur zwei ablehnende Stimmen gab. Fachleute stuften allerdings die Wahrscheinlichkeit, dass jemals ein Formel-1-Rennen in der Schweiz durchgeführt werden könnte, als äusserst gering ein [42].
Basierend auf ihrer Ethik-Charta und im Rahmen der im Vorjahr lancierten nationalen Fairplay-Kampagne verstärkten Swiss Olympic und das BASPO den Kampf gegen sexuelle Übergriffe im Sport. Die Kampagne, die auf Prävention, aber auch auf Intervention und Hilfestellung setzt, richtet sich in einem ersten Schritt an Jugendliche. Mit verschiedenen Partnern in allen Landesteilen wurde ein breites Beratungsangebot entwickelt [43].
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Weiterführende Literatur
Bisig, Brigitte / Gutzwiller, Felix (Hg.), Gesundheitswesen Schweiz: gibt es Unter- oder Überversorgung? Die Bedeutung von Sozialschicht, Wohnregion, Nationalität, Geschlecht und Versicherungsstatus, Zürich 2004 (NFP 45).
Camenzind, Paul / Meier, Claudia, Gesundheitskosten und Geschlecht, eine genderspezifische Datenanalyse für die Schweiz, Bern 2004.
Schaffhauser, René / Poledna, Tomas (Hg.), Wettbewerb im Gesundheitsrecht. Krankenversicherung, Arzt und Arzneimittel zwischen staatlicher Lenkung und Markt, St. Gallen 2004.
Telser, Harry et al., Was leistet unser Gesundheitswesen?, Zürich 2004.
Wächter, Mathias, Für eine solidarische Gesundheitspolitik: Der Reformprozess des schweizerischen Gesundheitswesens aus sozialpolitischer Sicht, Bern 2004.
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Spinatsch, Markus / Hofer, Silvia, Eine neue Suchtpolitik für die Schweiz? Grundlagen und Materialien für eine verstärkte Integration der Suchtpolitik des Bundes, Bern (BAG) 2004.
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Davelaar, Maarten / Swinnen, Hugo / ter Woerds, Sandra, Europäische Städte und lokale Sozialpolitik. Studie zu den Entwicklungen und politischen Debatten in sechs europäischen Ländern, Bern (BSV, Forschungsbeiträge 7/04) 2004.
Drilling, Mathias, Young urban poor. Abstiegsprozesse in den Zentren des Sozialstaates, Wiesbaden 2004 (Diss. Uni Freiburg i. Br. 2004).
Kutzner, Stefan / Mäder, Ueli / Knöpfel, Carlo (Hg.), Working Poor in der Schweiz – Wege aus der Sozialhilfe: eine Untersuchung über Lebensverhältnisse und Lebensführung Sozialhilfe beziehender Erwerbstätiger, Zürich 2004.
Tschudi, Carlo (Hg.), Das Grundrecht auf Hilfe in Notlagen. Menschenwürdige Überlebenshilfe oder Ruhekissen für Arbeitsscheue?, Bern 2004.
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[1] BBl, 2004, S. 4984 ff.; Presse vom 27.7.04; NZZ, 24.9.04.
[2] Presse vom 3.9.04. Siehe auch die Antwort des BR auf eine Interpellation im NR (AB NR, 2004, Beilagen III, S. 264 ff.). Vgl. SPJ 2002, S. 192.
[3] Lit. Camenzind / Meier; Zusammenfassung in CHSS, 2004, S. 238-242. Zu den Ausführungen des BR bezüglich der 2001 vom Bund eingerichteten Fachstelle „Gender Health“ siehe AB NR, 2004, S. 1030.
[4] Presse vom 9.3.04.
[5] AB NR, 2004, S. 266 ff.; TA, 13.2.04. Vgl. SPJ 2003, S. 204 f. Im Spätsommer kündigte der Direktor des BJ die Einsetzung einer Arbeitsgruppe zu diesen Fragen an (TA, 20.9.04).
[6] NZZ, 27.4. und 21.10.05. Siehe dazu auch die Ausführungen des BR in AB NR, 2004, S. 1547 und Beilagen V, S. 293 ff.
[7] AB NR, 2004, S. 244 ff., 2108 ff. und 2186; AB SR, 2004, S. 262 ff. und 945; BBl, 2004, S. 7265 ff. Siehe SPJ 2000, S. 196 f.
[8] BaZ, 30.10.04.
[9] AB NR, 2004, S.17 ff.; TA, 27.4.04; Presse vom 2.12.04; NZZ, 18.12.04. Siehe SPJ 2002, S. 196.
[10] NZZ, 30.9.04; TA, 3.11.04; Presse vom 9.11.04. Für die Einführung einer gesamtschweizerischen primär administrativen Versichertenkarte siehe unten, Teil I, 7c (Krankenversicherung). Im NR wurde eine Motion Noser (fdp, ZH) zur Förderung der elektronischen Mittel im Gesundheitswesen bekämpft und deshalb noch nicht behandelt (AB NR, 2004, S. 1740).
[11] CHSS, S. 42-44; NZZ, 18.4., 19.6., 20.8., 21.8., 28.10. und 7.11.04. Zur datenschutzrechtlich heiklen Erhebung zusätzlicher Patientendaten mit dem neuen Tarifsystem siehe Presse vom 26.6.04 (Bericht des eidg. Datenschutzbeauftragten); NZZ, 27.7.04. Vgl. SPJ 2003, S. 209 f. Für die Weiterführung des „Ärztestopps“ vgl. unten, Teil I, 7c, Krankenversicherung. Zu einem neuen Bundesgesetz über die universitären Medizinalberufe siehe unten, Teil I, 8a (Hochschulen).
[12] Presse vom 22.1.04.
[13] BBl, 2004, S. 2056 ff.; TA, 10.4. und 6.5.04.
[14] AB SR, 2004, S. 308; AB NR, 2004, S. 1738 ff.
[15] NZZ, 28.1.04; Presse vom 1.12.04. Siehe SPJ 2002, S. 201.
[16] AB SR, 2004, S. 176 ff. und 199 ff.
[17] AB NR, 2004, S. 1338 ff., 1522 ff. und 1759; AB SR, 2004, S. 517 ff., 560 und 649; BBl, 2004, S. 5453 ff. Gegen das Gesetz wurde aus Kreisen der EDU und der „Lebensrecht-Bewegung“ das Referendum ergriffen (NZZ, 1.12.04). Siehe SPJ 2003, S. 210 f.
[18] BBl, 2004, S. 6685 ff.
[19] BBl, 2004, S. 2429 ff. und 2005, S. 951 ff.; AS, 2005, S. 947 ff.; Presse vom 16.1. und 29.9.-29.11.04, insbesondere NZZ, 7.10. (Interview BR Couchepin) und 8.11.04 (Vergleich mit dem Ausland). Siehe SPJ 2003, S. 211 ff.
[20] Hirter, Hans / Linder, Wolf Analyse der eidg. Abstimmungen vom 28. November 2004, VOX Nr. 85, gfs.bern und Institut für Politikwissenschaft, Universität Bern, Bern 2004.
[21] AB NR, 2004, S. 303 ff. und 449 ff.
[22] AB SR, 2004, S. 380 ff., 563 ff. und 650; AB NR, 2004, S. 1248 ff., 1616 und 1760; BBl, 2004, S. 5483 ff.
[23] Lit. Spinatsch / Hofer; NZZ, 10.6.04. Für Studien zum Suchtverhalten der Bevölkerung, insbesondere auch der Jugendlichen, siehe Presse vom 19.2., 19.11. und 15.12.04; Bund, 14.8.04; SGT, 19.8.04. Das Bundesgericht bekräftigte erstmals die Auffassung, dass Fahren unter Cannabis-Einfluss dem Fahren in angetrunkenem Zustand gleichzusetzen ist (BaZ, 14.4.04). Siehe dazu die Antwort des BR auf eine Ip. im NR: AB NR, 2004, Beilagen V, S. 281 f. Vgl. oben, Teil I, 6b (Strassenverkehr).
[24] Presse vom 24.6.04.
[25] Presse vom 28.10.04. Zu weiter gehenden Präventionsbestrebungen des BAG siehe Presse vom 19.7. und 20.7.04.
[26] BBl, 2004, S. 1455 ff. und 1465 ff. (BR); AB SR, 2004, S. 137 und 437; AB NR, 2004, S. 1036 f. und 1237. Siehe SPJ 2003, S. 216.
[27] Presse vom 14.1.04. Fachleute befassten sich Anfang Juni an einer nationalen Drogenkonferenz mit dem auch unter Jugendlichen zunehmenden Konsum von Kokain und sogenannten Designer-Drogen (Presse vom 4.6.04). Zur Möglichkeit eines Pilotversuchs mit der ärztlich kontrollierten Abgabe von Kokain siehe die Antwort des BR auf eine Ip. im NR (AB NR, 2004, Beilagen IV, S. 374 ff.); SoZ, 18.4.04. Für die Verwendung beschlagnahmter Drogengelder für die Suchtrehabilitation siehe oben, Teil I, 1b, Strafrecht.
[28] AB SR, 2004, S. 17 ff.; TA, 24.1.04; Presse vom 27.1. (Kommission) und 3.3.04 (Plenum); Siehe SPJ 2003, S. 216 f.
[29] AB NR, 2004, S. 1038 ff.; NZZ, 2.4. (Kommission) und 9.6.04 (Fraktionen); Bund, 28.5.04; Presse vom 15.6.04. Im Nachgang an das Scheitern der Revision wurde eine Reihe von parlamentarischen Vorstössen mit ganz verschiedener Stossrichtung eingereicht (Geschäfte 04.3376, 04.443, 04.439, 04.459, 04.3582). Die Kammern nahmen mehrere Petitionen mit unterschiedlichen Forderungen zur Kenntnis, ohne ihnen Folge zu geben. (AB SR, 2004, S. 647 f.; AB NR, 2004, S. 1738 f.).
[30] BBl, 2004, S. 4223 ff.; TA, 23.6.04; NZZ, 25.6.04; BZ, 7.7.04; BaZ, 21.7.04.
[31] AB NR, 2004, S. 1897 ff.
[32] Presse vom 27.9.04.
[33] NZZ, 27.11.04. Zu den Working Poor siehe auch die Antwort des BR auf eine Anfrage im NR (AB NR, 2004, Beilagen V, S. 371).
[34] Presse vom 4.1., 6.1., 30.1. 14.7. und 15.7.04; Bund, 2.9.04; WoZ, 14.10.04; NZZ, 16.6. und 4.12.04; SoZ, 5.12.04. Zu einer Vergleichsstudie der „Städteinitiative“, welche die rapide Zunahme der Sozialhilfefälle auf die anhaltend schlechte Wirtschaftslage sowie die Verkürzung der Bezugsdauer von Arbeitslosentaggeldern zurückführte, siehe NZZ, 14.7.04. Als schweizerisches Novum führte die Gemeinde Emmen (LU) die Stelle eines „Sozialinspektors“ ein, um vermutete Missbräuche in der Sozialhilfe aufzuspüren (NLZ, 21.10.04). Für die Korrelation zwischen Arbeit und Bildung siehe unten, Teil I, 8a (Einleitung).
[35] AB NR, 2004, S. 1839 f., 2044 f. und 2137 ff.; AB SR, 2004, S. 815 f., 869 f., 905 und 941 ff.; TA, 19.1.04; BZ, 6.11. und 11.11.04; NLZ, 15.11.04. Siehe dazu auch die Antwort des BR auf eine Frage im NR (AB NR, 2004, S. 1553). Zum Tabakpräventionsfonds siehe zwei ähnlich lautende Interpellationen im SR und im NR (AB SR, 2004, S. 85 f.; AB NR, 2004, S. 154 f.). Vgl. SPJ 2003, S. 214. Zu den EP und dem Voranschlag vgl. oben, Teil I, 5 (Sanierungsmassnahmen und Voranschlag).
[36] AB SR, 2004, S. 122 f.; AB NR, 2004, S. 924; AS, 2005, S. 415 f. Siehe SPJ 2003, S. 220.
[37] AB SR, 2004, S. 771 ff.
[38] Presse vom 22.1., 16.2., 24.2., 25.2., 27.2., 2.3., 3.3., 28.3., 30.3., 1.4., 2.4., 7.5. und 15.9.04. Für eine von 106 Mitunterzeichnern signierte, aber noch nicht behandelte Motion, die den Bundesrat auffordert, ein Führungsteam zu schaffen, das bei sportlichen Anliegen von nationaler oder internationaler Bedeutung sportpolitische Verantwortung übernehmen kann, siehe Geschäft 04.3458. Vgl. SPJ 2003, S. 220.
[39] Presse vom 14.1., 27.2., 3.4., 15.4., 23.4., 25.5., 10.6., 11.6., 13.6., 7.7., 29.8., 6.9., 9.9., 10.10., 28.10., 5.11., 7.11., 2.12., 21.12. und 22.12.04, insbesondere TA, 4.10. (Fifa-Präsident) und 7.10.04 (Uefa-Präsident). Zu den Einsprachen aus Umweltschutzkreisen siehe oben, Teil I, 6d (Protection des sites et de la nature).
[40] AB NR, 2004, S. 992 ff. Siehe auch die (zurückhaltende) Beantwortung mehrerer parlamentarischer Vorstösse durch den Bundesrat in AB NR, 2004, 319 f., 914 f., 1401 sowie Beilagen I, S. 316 ff. und 349 ff., Beilagen III, S. 451, Beilagen IV, S. 437 ff. und Beilagen V, S. 117, 258 f., 260 und 279 f.
[41] Presse vom 27.5.04. Für die auf über 50 Mio Fr. geschätzten Sicherheitskosten und deren Verteilung auf Bund, Kantone, Gastgeberstädte und SFV siehe Presse vom 11.12.04. Vgl. SPJ 2002, S. 209. Zu den geplanten Massnahmen gegen Hooligans siehe oben, Teil I, 1b, Strafrecht. Der Bund will die „sportökonomischen“ Auswirkungen dieses Grossanlasses in Österreich und in der Schweiz evaluieren lassen (NZZ, 15.7.04). Zu einer im Auftrag von Uefa und SFV erstellten Berechnung siehe BaZ, 10.11.04.
[42] AB NR, 2004, S. 1350 ff.; Presse vom 23.9.04.
[43] Presse vom 29.10.04.
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