Übersicht 2013

Im Berichtsjahr fanden in vier Kantonen Gesamterneuerungswahlen statt. Während sich in Genf, Neuenburg und Solothurn der seit den nationalen Wahlen beobachtbare Trend hin zu einem tripolaren System mit Gewinnen für die so genannte neue Mitte mehr oder weniger bestätigte, wurde im Kanton Wallis die historische Vormachtstellung der CVP zugunsten der SVP gebrochen. Alle vier Wahlen zusammen betrachtet, fallen insbesondere die total 18 Sitzgewinne der SVP ins Auge. Vor allem in den Kantonen Wallis (+ 9 Sitze) und Neuenburg (+ 6 Sitze) konnte die Volkspartei nicht nur einen Zuwachs an Wählerprozenten sondern auch eine zusätzliche Regierungsbeteiligung als Grosserfolg verbuchen (siehe dazu auch unten, Wahlen in kantonale Regierungen). Auch die GLP konnte sich als Siegerin feiern lassen. Im Kanton Solothurn konnten die Grünliberalen ihre Sitzzahl auf 4 verdoppeln und in Neuenburg errangen sie auf Anhieb fünf Mandate. Im Kanton Genf reichte der Wähleranteil von 3% nicht für einen Sitz und im Wallis war die GLP nicht angetreten. Der Erfolg der BDP fiel bescheidener aus: Zwar erreichte die Partei weder in Genf noch in Neuenburg mehr als 1% der Wählerschaft, konnte aber in Solothurn, wo sie ebenfalls zum ersten Mal antrat, zwei Sitze verbuchen. Auch die BDP verzichtete im Kanton Wallis auf eine Teilnahme. Herbe Verluste, insbesondere in den Kantonen Neuenburg und Genf musste 2013 die FDP hinnehmen. Insgesamt gaben die Freisinnigen im Berichtjahr nicht weniger als 14 Parlamentssitze ab. Immerhin konnten sie im Kanton Wallis ihre Sitzzahl halten und blieben in den anderen drei (NE, GE, SO) Kantonen stärkste Partei. Im Wallis verfügte die CVP – zusammen mit der CSP – nach den Wahlen 2013 zum ersten Mal nicht mehr über die absolute Mehrheit. Die Christdemokraten büssten sieben Sitze ein und mussten auch im Kanton Solothurn Federn lassen (- 3 Sitze). In Neuenburg gelang der CVP dank geschickter Listenverbindung der Gewinn eines Sitzes, was gleichzeitig bedeutete, dass die Partei erstmals in allen kantonalen Parlamenten der Schweiz vertreten war. In schlechter Erinnerung wird die Linke das Berichtjahr behalten. Die SP verlor insgesamt acht Mandate: je drei in den Kantonen Wallis und Neuenburg und zwei im Kanton Solothurn. Auch die Grünen büssten per Saldo acht Sitze ein, sieben davon alleine im Kanton Genf. Auch die zwei Sitzverluste im Kanton Neuenburg konnten durch den Sitzgewinn im Kanton Solothurn nicht wettgemacht werden. Freilich täuscht diese gesamthafte Betrachtung der Jahresresultate über den Umstand hinweg, dass kantonale Wahlen eigene Kontexte haben. Dies zeigt sich exemplarisch im Kanton Genf, wo der Mouvement Citoyen Genevois (MCG) erneut grosse Erfolge feiern konnte und neu nicht nur über 20 Mandate verfügte, sondern auch zweitstärkste Legislativkraft und Regierungspartei wurde. Die SP und die GP mussten im Kanton Genf zwar Sitzverluste hinnehmen, der Erfolg von Ensemble à Gauche (EaG) – die vereinigte extreme Linke eroberte neun Sitze – machte diese aber mehr als wett.

Die Betrachtung aller 26 kantonalen Parlamente Ende 2013 zeigt, dass die SVP mit den Sitzgewinnen ihre Spitzenposition hinsichtlich der aggregierten kantonalen Volksvertretung noch weiter ausbauen konnte: 562 aller 2559 kantonalen Parlamentsmandate (exklusive AI), also mehr als jeder fünfte Sitz, werden von SVP-Politikerinnen und Politikern besetzt. Die zweitstärkste Vertretung stellt die FDP, die Ende 2013 noch 530 kantonale Sitze inne hatte (20,7%). Die CVP mit total 460 Legislativmandaten auf Kantonsebene (18%) und die SP mit 452 kantonalen Parlamentssitzen (17,7%) sind etwas weniger stark vertreten. Die GP ist mit einem Anteil von 7,2% aller kantonalen Sitze (183 Sitze) bereits etwas abgeschlagen von den grossen vier. Die BDP (88 Sitze; 3,4%) und die GLP (78 Sitze; 3,0%) verfügten Ende 2013 zusammen immer noch über weniger Mandate als die GP. Die in zehn Kantonen vertretene EVP, die im Berichtsjahr ihren Sitz im Kanton Solothurn verteidigen konnte, ist mit 38 Mandaten die achtstärkste Partei auf kantonaler Ebene, gefolgt von der alternativen Linken, die – in unterschiedlicher Zusammensetzung – insgesamt über 28 Sitze verfügt, die sie vor allem in der Westschweiz hält. Die noch in fünf Kantonen vertretene EDU hat insgesamt 20 kantonale Legislativmandate inne. Verschiedene kantonale Gruppierungen – etwa die Lega im Tessin, der MCG in Genf oder die Parteiunabhängigen im Kanton Appenzell Ausserrhoden – belegen insgesamt 110 Sitze (Bei den Angaben berücksichtigt sind die Sitzverteilungen unmittelbar nach den jeweiligen kantonalen Wahlen; Verschiebungen während den Legislaturen, z.B. aufgrund von Parteiwechseln - wie etwa im Kanton Freiburg, wo 2 BDP Grossräte zur CVP wechselten - fliessen also nicht in die Berechnungen mit ein).

Der Trend abnehmender Frauenquoten in den kantonalen Parlamenten setzte sich auch 2013 fort. Im Vergleich zu den Wahlen vor vier Jahren nahm der Frauenanteil in drei der vier kantonalen Parlamenten, die 2013 gesamterneuert wurden, ab. In Genf und Neuenburg verloren die Frauen je vier und im Wallis gar acht Sitze. Während sich im Walliser Grossrat gleichzeitig auch das Durchschnittsalter erhöhte, wurde im Kanton Solothurn das mittlere Alter der Abgeordneten tiefer. Zudem erhöhte sich hier auch der Frauenanteil um 4 Sitze. Ende 2013 betrug der Frauenanteil in allen Kantonen zusammen – wobei nur die jeweiligen Resultate unmittelbar nach den Wahlen berücksichtigt werden - 24,6%, gegenüber 25,3% im Jahr 2011 und 25,1% im Vorjahr.

Die Wahlbeteiligung hat in drei der vier Kantone, in welchen 2013 Gesamterneuerungswahlen stattfanden, im Vergleich zu den Vorwahlen zugenommen. Auffällig war der Anstieg vor allem im Kanton Wallis, wo über zwei Drittel der Wahlberechtigten an die Urne ging. Dies wurde allerdings auch auf die gleichzeitig stattfindende Abstimmung zum Raumplanungsgesetz zurückgeführt. Im Gegensatz dazu nahm im Kanton Neuenburg nicht einmal mehr ein Drittel der BürgerInnen das Wahlrecht wahr. Die tiefe und im Vergleich zu 2009 noch einmal gesunkene Wahlbeteiligung von nur knapp 31% gab im Kanton zu reden. Zwar konnte sie zumindest teilweise durch strukturelle und politische Probleme erklärt werden, trotzdem wurden Stimmen laut, die gar die Legitimation des Neuenburger Parlamentes hinterfragten.

Aufgrund des bundesgerichtlichen Urteils zur Kantonsverfassung des Kantons Schwyz entbrannte im Berichtsjahr in zahlreichen Kantonen eine virulente Diskussion um die kantonalen Wahlverfahren. Die neue Schwyzer Kantonsverfassung sah ein Mischverfahren zwischen Proporz und Majorz vor, welches vom Bundesgericht als nicht bundesverfassungskonform beurteilt wurde, worauf das Parlament den Passus nicht gewährleistete. Der Entscheid zu Schwyz brachte namentlich die Kantone Uri, Nidwalden und Zug in die Bredouille, weil deren Proporzverfahren ebenfalls zu hohe Quoren aufweisen; das Bundesgericht setzte 10% als Höchstgrenze für einen Sitzgewinn an. Zudem geriet – weniger in der juristischen als in der politischen Diskussion – auch das reine Majorzverfahren zusehends in die Kritik. Dieses findet bisher noch in den Kantonen Graubünden, Appenzell Innerrhoden und Appenzell Ausserrhoden Anwendung (mit Ausnahme des Wahlkreises Herisau). Eine Proporzinitiative wurde im Kanton Graubünden Anfang März abgelehnt – zum insgesamt achten Mal verwarf die Bündner Stimmbevölkerung damit den Wechsel von Majorz zu Proporz. Nicht zur Diskussion stand das Wahlrecht in den beiden Appenzell. Als möglicher Ausweg für die gerügten Kantone wurde die Einführung des so genannten doppelten Pukelsheim (Doppelproporz) diskutiert. Dieser war bereits 2013 in drei Kantonen (ZH, AG, SH) eingeführt worden. Das Wahlverfahren nach Pukelsheim sieht vor, dass die Wählerstimmen und Mandate in zwei Schritten verteilt werden, zuerst an die einzelnen Parteien und Gruppierungen über den ganzen Kanton hinweg, und danach mittels Zuteilung der Sitze in den einzelnen Wahlkreisen. Im Berichtjahr stimmte die Bevölkerung des Kantons Nidwalden und des Kantons Zug diesem System an der Urne überraschend deutlich zu. Im Kanton Freiburg liebäugelte die Regierung mit dem doppelten Pukelsheim und gab einen entsprechenden Vorschlag in die Vernehmlassung. Im Kanton Schwyz wird die Bevölkerung voraussichtlich 2015 zwischen Majorz und Pukelsheim wählen können. Auf Ablehnung in den Parlamenten stiess das Doppeltproporzverfahren nach Pukelsheim bisher in den Kantonen Bern, Luzern, Solothurn und St. Gallen. Im Kanton Thurgau hatte die Stimmbevölkerung die Einführung des Verfahrens an der Urne 2011 abgelehnt. In diesen fünf Kantonen werden die Parlamente wie in den meisten übrigen Kantonen (Uri, Obwalden, Glarus, Basel-Landschaft, Wallis, Neuenburg, Genf, Jura) nach dem auch auf nationaler Ebene zur Anwendung kommenden Hagenbach-Bischoff-Verfahren bestellt. Spezialverfahren dazu finden sich in den Kantonen Basel-Stadt (seit 2011 Sainte-Laguë; ein System, das ein leicht anderes Rundungsverfahren als Hagenbach-Bischoff anwendet), Tessin (der ganze Kanton ist hier ein Wahlkreis womit die Verteilung keine Rolle spielt) und Waadt (Hare/Niemeyer-Verfahren, das mit Quoten statt mit Divisoren verfährt). Diskutiert wurden neben dem Wahlverfahren auf kantonaler Ebene auch die Regelungen zu den Listenverbindungen. Die Kantone mit doppeltem Pukelsheim (ZH, NW, ZG, SH, AG) und die Majorzkantone (AR, AI, GR) kennen keine Listenverbindungen (mehr). In den restlichen Kantonen werden Listenverbindungen entweder zugelassen (BE, LU, UR, OW, GL, SO, SG, TG, VD, NE, GE), explizit verboten (FR, VS) oder sie wurden abgeschafft (BS). In den Kantonen Schwyz, Basel-Landschaft, Tessin und Jura schliesslich, sind Listenverbindungen nicht vorgesehen.

Kantonsratswahlen Solothurn 2013

Dossier: Kantonale Wahlen - Solothurn

Für die Gesamterneuerung des 100-köpfigen Kantonsrats im Kanton Solothurn konnten die Wahlberechtigten aus 447 Personen auf sieben bis neun Listen (abhängig von der Grösse des Wahlbezirkes, im Kanton Solothurn Amtei genannt) auswählen. Das waren genau gleich viele Kandidierende wie bei den Wahlen vor vier Jahren, wobei allerdings etwas weniger Frauen (130) antraten als noch 2009 (135). 23 aktuelle Mitglieder des Kantonsrates kandidierten nicht mehr für eine weitere Amtsperiode. Die FDP war vor den Wahlen mit 27 Sitzen die stärkste Partei im traditionell freisinnig geprägten Parlament. Allerdings musste die Solothurner FDP in den letzten Jahren einige Dämpfer einstecken. So wurde etwa bei den Ständeratswahlen 2011 erstmals in der Geschichte kein Freisinniger Kantonsvertreter gewählt und der Sitzanteil im kantonalen Parlament nahm seit Jahren kontinuierlich ab. Hinzu stellte die FDP eine im Vergleich zu den Vorwahlen eher geringe Kandidatenzahl von 68 Personen, die vor allem mit Finanz- und Sicherheitspolitik punkten sollten. Ursächlich für das freisinnige Schwächeln war, wie in anderen Kantonen auch, das Erstarken der SVP, die vor den Wahlen 18 Sitze innehatte und mit 57 Kandidierenden zulegen wollte. Die Volkspartei warb damit, die Partei für Freiheit und Sicherheit zu sein. Die Konkurrenz der beiden rechts-bürgerlichen Parteien zeigte sich auch darin, dass sie keine gemeinsame Listenverbindung eingingen, obwohl auch im Kanton Solothurn das Gerangel in der politischen Mitte zunahm. Die erstmals bei kantonalen Wahlen antretende BDP, die GLP (bisher 2 Sitze) und die CVP (25 Sitze) gingen eine Wahlallianz ein. Diese Mitteallianz wurde insbesondere von der CVP getragen, die mit 71 Kandidierenden antrat und vor allem auf Familienpolitik setzte. Die BDP (16 Kandidierende) und die GLP (47 Kandidierende) traten zwar auch in allen Amteien, aber eher als Juniorpartner an. Interessant war, dass sich die BDP, die sich als neue Kraft anpries, bei den nationalen Wahlen in Solothurn noch mit der FDP verbunden hatte. Die über einen Legislativsitz verfügende EVP, die in zwei Amteien insgesamt 24 Personen ins Rennen schickte, trat im einen (Solothurn-Lebern) zusammen mit dem Mitte-Bündnis an, im anderen (Olten-Gösgen) alleine. Das linke Spektrum wird im Kanton Solothurn von der SP (bisher 21 Sitze) und den Grünen (bisher 6 Sitze) abgedeckt, ist aber deutlich in der Minderheit. Beide Parteien verbanden sich in allen Amteien. Die SP konnte ihre Listen am besten, nämlich mit 93 Kandidierenden, füllen. Dieser Umstand war vor allem auf die engagierte Jungpartei der Sozialdemokraten zurückzuführen. Die SP übernahm den Slogan der Nationalratswahlen von 2011, als sie ihren Sitz erfolgreich verteidigen konnte: „Für alle statt für wenige“. Die GP, auch sie trat mit Jungsektionen an und setzte vor allem auf Energie- und Siedlungspolitik, schickte 65 Personen ins Rennen. Sitze erobern wollte auch die EDU, die zwar 2009 erfolglos angetreten war, für die Wahlen 2013 jedoch sechs Kandidierende aufstellte. Allgemein wurden keine grossen Sitzverschiebungen erwartet. Aufgrund der Ergebnisse bei den Nationalratswahlen 2011 stellte sich allerdings die Frage, ob und wie viele Sitze die GLP und die BDP erringen könnten und auf wessen Kosten.
Tatsächlich zeigte sich auch bei den Solothurner Wahlen die seit den Nationalratswahlen 2011 in den meisten Kantonen festzustellende Entwicklung: einige der arrivierten Parteien verlieren zu Gunsten der neuen Mitteparteien an Sitzen. In Solothurn traf es dabei vor allem die CVP, die drei Sitze abgeben (neu: 22 Sitze) und einen Wählerverlust hinnehmen musste (neu: 18,4%; 2009: 20,8%). Die Christdemokraten führten die Verluste auch auf den Umstand zurück, dass von 23 zurücktretenden Grossräten deren zehn der CVP angehörten. Einen Sitzverlust musste auch die FDP verkraften, die sich allerdings mit neu 26 Sitzen und einem Wähleranteil von 24,8% (2009: 26,8%) als wählerstärkste Partei in der Solothurner Legislative halten konnte. Erstmals in ihrer Geschichte vereinigte sie jedoch weniger als einen Viertel der Wählerschaft hinter sich. Etwas überraschend verlor auch die SP zwei Sitze. Insgeheim hatten die Genossinnen und Genossen gehofft, dass die gleichzeitig stattfindende Abstimmung zur Abzockerinitiative viele linke Wählerinnen und Wähler mobilisieren würde. Der Wähleranteil der SP sank allerdings zum dritten Mal in Folge ab. Neu konnten die Sozialdemokraten noch 19,1% der Solothurner Wählerschaft für sich mobilisieren (2009: 20,7%), was für 19 Parlamentssitze reichte. Damit hatte die SP genau gleich viele Sitze wie die SVP, die einen Sitz erobern (neu: 19 Sitze), leicht an Wählerstärke zulegen (20,2%; 2009: 19,4%) und diesbezüglich die SP überflügeln konnte. Im linken Lager veränderte sich allerdings nur wenig, weil der SP-Verlust durch einen Sitzgewinn der Grünen kompensiert wurde, die in der Wählergunst um 1,2 Prozentpunkte zulegen konnten (7,7%) und neu mit sieben Mandatsträgern vertreten waren. Zu den Gewinnerinnen zählten dank der Listenverbindung in der Mitte auch die BDP (neu: 2 Sitze) und die GLP (neu 4 Sitze), die je zwei Sitzgewinne für sich verbuchen konnten. Die neu angetretene BDP konnte dabei auf Anhieb 2,9% der Wählerschaft von sich überzeugen. Die GLP erreichte ihr Ziel der Fraktionsstärke nicht, konnte aber ebenfalls an Wählerstärke zulegen (5,3%; 2009: 3,7%). Die EVP konnte trotz leichten Wählerverlusten (1,4%; 2009: 1,8%) ihren Sitz verteidigen. Die vier Mitte-Parteien schlossen sich in der Folge im Rat zu einer Fraktion zusammen. Die EDU (0,4%) hatte erwartungsgemäss keine Chance auf einen Sitzgewinn. Nach der rekordtiefen Beteiligung bei den Wahlen 2009 (36,8%) nahmen 2013 wieder 43,3% der Solothurner Bevölkerung ihr Wahlrecht wahr. Aufgrund von Rücktritten und Nichtwiederwahl von älteren Ratsmitgliedern sank das Durchschnittsalter von 55 auf 48 Jahre. Zugenommen hat hingegen der Frauenanteil von 26% auf 30%.

Grossratswahlen Wallis 2013

Dossier: Kantonale Wahlen - Wallis

Im Kanton Wallis traten in den 14 Wahlbezirken insgesamt 249 Kandidierende an. Die zentrale Frage war, ob die CVP und die CSP ihre bisherige Mehrheit im 130-köpfigen Grossen Rat würden halten können. Die Nationalratswahlen 2011 hatten gezeigt, dass die Christdemokraten im Kanton Wallis sowohl von links als auch von rechts bedrängt werden. Die C-Parteien verfügten vor den Wahlen zusammen über 68 Sitze, wobei die CVP 54 Mandatsträger nach Sion schickte und in allen 14 Wahlbezirken mit insgesamt 67 Kandidierenden antrat. Die CVP hatte insbesondere im Oberwallis viele Zurückgetretene zu ersetzen. Die CSP (bisher 14 Sitze) trat in sechs Bezirken alleine an. Dort schickte sie 19 Kandidierende ins Rennen. Die FDP trat in neun Wahlkreisen mit 37 Personen an, um ihre 28 Sitze zu verteidigen; im Gegensatz zu 2009 kandidierte der Freisinn im Oberwallis allerdings nur noch im Wahlkreis Visp. Insbesondere die SVP plante einen Angriff auf die Hegemonie der C-Parteien mit dem Ziel, die seit 1999 sukzessive eroberten 12 Sitze weiter auszubauen. Ausser in zwei Kleinstbezirken trat die Volkspartei im ganzen Kanton – in vier Wahlkreisen zusammen mit den „Freien Wählern“ – mit dem insgesamt grössten Kandidatenensemble von 70 Personen an. Die SVP konnte dabei auf ihr für den Regierungsrat antretendes Zugpferd Oskar Freysinger setzen (siehe unten). Die Linke wollte die insgesamt 22 Mandate mit unterschiedlichen Listen in den verschiedenen Wahlkreisen ausbauen. Die SP trat in drei Bezirken (Conthey, Hérens und Monthey) alleine, in Visp mit ihrer Jungpartei und Gewerkschaften, in Brig zusätzlich mit den Grünen und in Leuk mit Unabhängigen an. In Sion und St. Maurice kandidierte eine „Alliance“ aus SP und CSP. Insgesamt wurden in diesen sieben Bezirken 29 Personen mit Bezug zur SP gelistet. Die Sozialdemokraten traten in Martigny und Sierre zudem auch unter dem Label Alliance de Gauche (AdG) zusammen mit der CSP und der GP an. 14 Personen warben auf diesen Listen um die Gunst der Wählerschaft. Die Grünen verbanden sich nicht überall mit der SP, sondern traten in drei Bezirken (Conthey, Monthey und Sion) alleine mit 8 Kandidierenden an. Vor vier Jahren war die GP lediglich in einem Bezirk alleine angetreten. Eine ebenfalls dem linken Lager zuzuordnende parochiale Vereinigung unter dem Namen Entremont Autrement schickte im Bezirk Entremont fünf Kandidierende ins Rennen. Im Gegensatz zu 2009 traten die Piratenpartei und die alternative Linke nicht mehr an. Im gleichen Wahlkreis kam es vor, dass mehrere Kandidierende mit gleichem Namen (also gleichem Vor- und Nachnamen) antraten. Die Wählerschaft war deshalb aufgefordert worden, die Listennummer und/oder den Beruf der gewählten Politiker/innen ebenfalls auf dem Wahlzettel zu vermerken. Die Grossratswahlen standen deutlich im Schatten der Regierungswahlen, die zu einem Zweikampf zwischen Christian Varone (fdp) und Oskar Freysinger (svp) hochstilisiert wurden (siehe unten). Darüber hinaus fand am 3. März die für den Kanton Wallis bedeutende Abstimmung zum revidierten Raumplanungsgesetz (RPG) statt. Der Wahlkampf für den Grossen Rat war deshalb unaufgeregt.

Nicht wenige Kommentare nach den Wahlen liessen vermuten, dass besagte Abstimmung zum RPG mitverantwortlich war für den Wahlausgang und die ausserordentlich hohe Wahlbeteiligung von 68,2% (2009: 54,6%). Der Verlust der CVP von fünf Sitzen wurde denn auch darauf zurückgeführt, dass sich die CVP-Bundesrätin Doris Leuthard stark für die Revision des RPG eingesetzt hatte. Allerdings büsste auch die CSP zwei Sitze ein. Mit neu noch 61 Sitzen verfügten die C-Parteien damit zwar nach 150 Jahren erstmals nicht mehr über eine absolute Mehrheit im Grossen Rat, blieben aber nach wie vor mit Abstand stärkste Kraft. Insgesamt erhielten sie 41,6% der Wählerstimmen (2009: 48,5%). Von den Verlusten der CVP (neu 49 Sitze) und der CSP (neu 12 Sitze) profitierte die SVP, die gleich um neun Sitze (neu 21 Sitze) und um fast sechs Prozentpunkte an Wählerstärke zulegte (neu: 17,2%; 2009: 11,5%). Die FDP konnte ihre 28 Mandate verteidigen und an Wählerstärke sogar leicht zulegen (neu: 24,6%; 2009: 22,3%). Die Linke hingegen büsste insgesamt zwei Sitze ein: die AdG musste drei Sitze abgeben, während die Entremont Autrement neu einen Vertreter in den grossen Rat schicken konnte. Dort wo SP (4 Sitze) und Grüne (2 Sitze) alleine antraten, konnten sie ihre Besitzstände wahren. Insgesamt verfügte die Linke damit insgesamt über weniger Rückhalt in der Wählerschaft (16,6%) als noch vor vier Jahren (17,7%). Trotz Bruch mit der CVP-CSP-Hegemonie, wurden keine grossen politischen Veränderungen erwartet. Kommentatoren interpretierten die (verloren gegangene) absolute Mehrheit der C-Parteien als lediglich symbolisch, weil zahlreiche Geschäfte sowieso von einer erdrückenden bürgerlichen Mehrheit unterstützt werden würden. Bedeutender seien im Parlament von je her die regionalpolitischen Unterschiede, die sich nicht selten quer durch die Fraktionen zeigen. Insgesamt hatte der Grosse Rat einen leichten Rechtsrutsch zu verzeichnen. Darüber hinaus wies das Parlament auch ein höheres Durchschnittsalter als vor vier Jahren auf. Waren die Gewählten 2009 im Schnitt noch 43 Jahre alt gewesen, wiesen die 2013 neu bestellten Mandatsträger ein mittleres Alter von 48 Jahren auf. Der Frauenanteil nahm hingegen deutlich ab. Waren 2009 noch 28 Sitze von Frauen besetzt (21,5%) nahmen ab 2013 lediglich noch 20 Frauen Einsitz im kantonalen Parlament (15,3%). Ein weiterer augenfälliger Unterschied zu den Wahlen 2009 zeigte sich hinsichtlich der Fluktuation. Waren 2009 nicht weniger als 53% der Gewählten neu im Parlament, betrug dieser Anteil 2013 noch 29%.

Grossratswahlen Neuenburg 2013

Dossier: Kantonale Wahlen - Neuenburg

Die Wahlen für den 115-köpfigen Grand Conseil des Kantons Neuenburg standen etwas im Schatten der Regierungsratswahlen. Da letztere aufgrund eines Todesfalls eines der Kandidierenden um zwei Wochen verschoben wurden, mussten die Wahllisten zwar bis zum 14. April eingeworfen werden, ausgezählt wurde allerdings erst zwei Wochen später, zusammen mit den Regierungsratswahlen. Die Urnen wurden bis dann versiegelt. Zu den Erneuerungswahlen traten insgesamt 483 Kandidierende auf neun Listen an. Die Linke hielt im Parlament eine knappe Mehrheit von 60 Sitzen: die SP war mit 36 Sitzen zweitstärkste Partei, die Grünen hielten 14 Sitze und die PdA zusammen mit SolidaritéS 10 Sitze. Mit dem Ziel, diese Mehrheit zu halten, trat die SP in allen sechs Wahlkreisen mit insgesamt 115 Kandidierenden an. Die vergangene Legislatur sei eine Zeitverschwendung gewesen; die SP wolle nun wieder frischen Wind bringen, Vertrauen schaffen und eine bessere Zukunft für den Kanton aufbauen. Auch die Grünen konnten ihre Listen gut besetzen und schickten 84 Personen ins Rennen. Sie wollten zusammen mit SP und PdA – die drei Parteien präsentierten auch gemeinsam eine Regierungsrats-Kandidatenliste – die Kohabitation aus linker Parlamentsmehrheit und bürgerlicher Regierungsmehrheit sprengen. Die PdA, die sich wie bereits vier Jahre zuvor mit SolidaritéS verband, ging mit 41 Kandidierenden an den Start. Die extreme Linke wollte dabei auch eine Alternative zur SP sein, da die Sozialdemokraten in der Regierung zu häufig Kompromisse mit der Rechten eingegangen seien. Die FDP strebte die Eroberung einer rechtsbürgerlichen Vormacht im Parlament und die Verteidigung der Regierungsmehrheit an. Für die Grossratswahlen schickte die mit 41 Sitzen stärkste Partei in der Legislative 97 Kandidierende ins Rennen. Die Freisinnigen fokussierten in ihrem Wahlkampf auf die Sanierung der Kantonsfinanzen. Der Kanton dürfe nicht weiter über seine Verhältnisse leben. Zusammen mit den 14 Sitzen der SVP war die Rechte knapp in der Minderheit. Um dies zu ändern, trat die SVP mit 36 Kandidierenden in allen sechs Wahlkreisen an. Die Volkspartei erhoffte sich Schwung durch ihren Regierungsratskandidaten Yvan Perrin und machte sich für die Streichung von Sozialleistungen, die Gesundung der Kantonsfinanzen und eine Quellenbesteuerung von Grenzgängern stark. Neben den fünf arrivierten Parteien traten die CVP, die im Kanton Neuenburg eine marginale Rolle spielt und die hohe 10%-Hürde bei den letzten Wahlen jeweils verpasst hatte, und neu die BDP und die GLP an. Die Grünliberalen strebten mit 55 Kandidierenden Fraktionsstärke (5 Sitze) an. Die Ziele der BDP, die mit 12 Personen antrat und der CVP, die 34 Kandidierende ins Rennen schickte, waren etwas bescheidener: einen bis drei Sitze erobern. Die CVP, die vor allem ihre Familienpolitik hervorhob, wollte ursprünglich mit 36 Kandidierenden starten, musste aber zwei Personen streichen, die nicht im Besitz der Schweizer Staatsbürgerschaft waren. Seit einer 2007 von der SVP gewonnenen Referendumsabstimmung wurde der ausländischen Wohnbevölkerung von Neuenburg das passive Wahlrecht wieder verwehrt. Dieses war ihnen vorher gemeinsam mit dem 2013 weiterhin bestehenden aktiven Wahlrecht zugestanden worden. Die BDP wollte sich für mehr Sicherheit einsetzen und ging dazu ein Wahlbündnis mit CVP, GLP und FDP ein. Die neunte Liste, die Nouveau Parti Libéral (NPL), portierte neun Personen, die vorwiegend in La Chaux-de-Fonds und zwei weiteren Wahlkreisen antraten. Die NPL wurde vom 2011 aus der Regierung geschassten Frédéric Hainard gegründet, der sich selber auch zur Wahl stellte, was von einigen Politikern mit wenig Wohlwollen zur Kenntnis genommen wurde. Die neue Partei ging mit der SVP ein Listenbündnis ein.
Die Urnen für die Grossratswahlen wurden zwei Wochen nach dem Wahltermin entsiegelt und brachten eine Verschiebung nach Mitte-Rechts zum Vorschein. Die Linke musste Federn lassen, die Rechte stagnierte und in der Mitte mischten zwei neue Parteien mit, die GLP und die CVP. Die SP (26,5% Wähleranteil; 2009: 28,2%) büsste drei Sitze ein (neu 33 Sitze), die Grünen (11,2%; 2009: 12,6%) mussten zwei Sitzverluste (neu 12 Sitze) hinnehmen und die Allianz zwischen PdA und SolidaritéS (7,6%; 2009: 8,5%) verlor einen Sitz (neu 9 Sitze). Damit kam die Linke insgesamt noch auf 54 von 115 Sitzen. Die Rechte, bestehend aus FDP und SVP konnte die gesamthaft 61 Sitze halten, wobei sich allerdings Verschiebungen innerhalb des Lagers zeigten. Die FDP (28,7% Wähleranteil; 2009: 33,2%) musste auf sechs Sitze verzichten (neu: 35 Sitze) und die SVP (16,9%; 2009: 12,7%) legte um sechs Sitze zu (neu 20 Sitze). Sie überholte damit die Grünen als drittstärkste Partei. Ihr Regierungskandidat Yvan Perrin fungierte dabei wie erhofft als Lokomotive und holte in seinem Distrikt (Val-de-Travers) die meisten Stimmen. Ein weiterer Grundstein für den Erfolg sei auch gewesen, dass die SVP als einzige Partei die S-Bahn-Linie „Trans-Run“ abgelehnt habe, spekulierten die Medien. Neu ins Parlament zogen die GLP und die CVP ein. Dass die GLP, die erst seit wenigen Monaten im Kanton Neuenburg existierte, gleich fünf Sitze und 4,8% der Wählerschaft für sich gewinnen konnte, wurde als grosse Überraschung gewertet. Weil zwei Kandidierende der GLP genau die gleiche Anzahl Stimmen erhalten hatten, musste das Los entscheiden, wer als fünfter Kandidat in den Grossrat einzog. Auch für die CVP war der Sitzgewinn ein Erfolg, der allerdings vor allem der eingegangenen Listenverbindung und weniger dem leichten Wählerstimmenzuwachs zugeschrieben werden muss (2,7%; 2009: 3,2%); die im Kanton Neuenburg vorhandene 10%-Hürde gilt auch als übersprungen, wenn die verbundenen Listen zusammen über 20% Wähleranteile aufweisen. Mit diesem Sitzgewinn war die CVP erstmals in allen kantonalen Parlamenten der Schweiz vertreten. Keine Chance hatten die BDP (0,8%) und die NPL (0,8%) – trotz Listenverbindungen. In Zukunft dürfte der Grossrat im Kanton Neuenburg tripolar funktionieren. Erwartet wurde, dass die beiden neuen Parteien GLP und CVP, obwohl sie zusammen nur über sechs Sitze verfügen, im 115-köpfigen Grand Conseil Schiedsrichter und Zünglein an der Waage zwischen Links (54 Sitze) und Rechts (55 Sitze) spielen würden. Die bisherige Kohabitation zwischen linker Mehrheit im Parlament und bürgerlicher Mehrheit im Staatsrat kehrte sich im Berichtsjahr um, weil die Linke neu die Mehrheit in der Exekutive stellte (siehe unten). Der Frauenanteil hatte wie bereits 2009 (26,1%) erneut abgenommen: Nach den Erneuerungswahlen von 2013 sassen noch 26 Frauen im Grand Conseil (22,6%). Zu reden gab die tiefe Stimmbeteiligung von 30,8%. Eine Abgeordnete der SolidaritéS warf die Frage auf, ob das Parlament damit überhaupt noch über genügend Legitimation verfüge. In der Presse wurde eine bessere politische Bildung gefordert, damit Interesse und Verantwortungsgefühl wieder gesteigert werden können. Zum ersten Mal durften rund 25 000 der 133 000 Wahlberechtigten im Kanton Neuenburg auch elektronisch wählen. Von diesem Angebot machten allerdings nur rund 4 500 Personen Gebrauch (18%).

Grossratswahlen Genf 2013

Dossier: Kantonale Wahlen - Genf

Mit der 2012 angenommenen Totalrevision der Genfer Verfassung änderten sich auch einige Regeln für die Wahlen. Zum einen fanden die Wahlen für den Grand Conseil (Legislative) neu gleichzeitig mit den Wahlen für den Conseil d’Etat (Exekutive) statt. Um zu verhindern, dass ein neues Parlament und eine neue Regierung als erstes über das Budget befinden müssen, wird die im Berichtsjahr anlaufende Legislatur nur von November 2013 bis Frühling 2018 dauern, also lediglich viereinhalb Jahre. Ab 2018 sollen die Wahlen für die fünfjährigen Legislaturperioden dann jeweils im Frühling stattfinden. Für die 100 am 6. Oktober neu zu bestellenden Parlamentssitze bewarben sich 476 Personen auf zehn Listen, was eine Rekordzahl an Kandidierenden bedeutete (2009: 390 Kandidierende auf 9 Listen). 33 Bisherige stellten sich nicht mehr zur Verfügung. Die FDP, vor den Neuwahlen mit 31 Sitzen im Grand Conseil vertreten, schickte 81 Kandidierende ins Rennen. Der Freisinn war dank der Fusion mit den Liberalen im Jahr 2011 die stärkste Partei im Genfer Kantonsparlament. Es wurde allerdings erwartet, dass die FDP diese Position nicht würde halten können und Federn lassen müsste. Neun der Bisherigen FDP-Mandatsträger traten nicht mehr an. Bei den Grünen wurde eine Wachstumskrise erwartet: Zwar war die Partei bei den letzten Gesamterneuerungswahlen 2009 zur zweitstärksten Partei aufgestiegen und hatte ihre beiden Regierungssitze halten können, bei den nationalen Wahlen 2011 hatte die GP des Kantons Genf aber eine Niederlage einfahren müssen. Zudem trat auch in Genf erstmals die GLP an, die als starke Konkurrenz der GP betrachtet wurde. Erschwerend hinzu kam der Rücktritt von David Hiler aus der Regierung sowie von einigen Grossräten, die noch der ersten Garde angehört hatten – die GP in Genf wurde 1983 gegründet. Tatsächlich traten nur sechs der 17 bisherigen grünen Parlamentarier noch einmal an, zusammen mit 36 weiteren Bewerberinnen und Bewerbern. Der Mouvement Citoyens Genevois (MCG), nach dem Wahlerfolg von 2009 mit 17 Sitzen drittstärkste Partei im Grand Conseil, trat mit nicht weniger als 99 Kandidierenden an, darunter rund ein Viertel Frauen und alle 17 Bisherigen. Die Frage war, ob die Bewegung ihre Erfolge der letzten kantonalen und nationalen Wahlen würde wiederholen können. Unklar war zudem, ob und wie stark der rechte Schulterschluss mit der SVP von der Stammwählerschaft als taktisches Spiel betrachtet werden und diese vergraulen könnte; immerhin behauptete die Bewegung bisher von sich „ni de gauche, ni de droite“ zu sein. In der Budgetkrise, von welcher der Kanton während Monaten durchgeschüttelt wurde, spannte der MCG allerdings stark mit der SVP zusammen. Die SP, die seit 1997 (20,7%) nur Niederlagen einstecken musste und nach den letzten Wahlen 2009 mit 12,9% Wähleranteil und noch 15 Abgeordneten im Grand Conseil sogar von den Grünen überholt wurde, wollte mit 44 Kandidierenden einen weiteren Rückgang des Wähleranteils verhindern. Die CVP trat an, um ihre elf bisherigen Sitze zu verteidigen. Die mitgliederstärkste Partei im Kanton Genf stagnierte seit einigen Legislaturen bei 10% Wählerstimmenanteil, profitierte aber jeweils von der Entente mit der FDP. Auch für die Regierungswahlen spannten die beiden bürgerlichen Parteien zusammen. Unter den 48 CVP-Kandidierenden sollten auch die beiden Regierungskandidaten Luc Barthassat und Serge Dal Busco als Lokomotiven Stimmen für die Christdemokraten holen. Die SVP, bisher mit neun Sitzen im Parlament vertreten, präsentierte im Vergleich zu den Wahlen 2009 doppelt so viele Kandidierende, nämlich 52. Das Wahlbündnis mit dem MCG, das allerdings nur für die Parlaments- nicht aber für die Regierungsratswahlen beschlossen wurde (siehe unten), sollte der in Genf vergleichsweise schwachen SVP zum Erfolg und zu einem Ausbau der bisher 9 Mandate verhelfen. Ein möglicher Erfolg könnte sich – so wurde in der Presse gemutmasst – auch dank der Präsidentin der Kantonalgenfer SVP und Nationalrätin Céline Amaudruz einstellen, mit der die Partei ein Gesicht bekommen habe. Unter dem Label „Ensemble à Gauche“ trat die extreme Linke mit 51 Kandidierenden aus SolidaritéS, der Partei der Arbeit, Indépendents de Gauche, Défense des Aînés, des Locataires, du Logement et du Social (DAL), La Gauche, Parti Communiste Genevois und Action de Citoyen-ne-s et de Travailleurs-euses En lutte (ACTE) an. 2009 waren die DAL sowie SolidaritéS/PdA noch mit zwei getrennten Listen angetreten, die total zwar 12,3% der Stimmen holten, aufgrund des jeweils verpassten Quorums von 7% aber keinen Sitz gewinnen konnten. Einer vereinigten linken Liste wurden 2013 deshalb Chancen auf eine Rückeroberung eines Parlamentssitzes – seit 2005 war die extreme Linke, die 1993 noch 21 Sitze inne gehabt hatte, nicht mehr im Grand Conseil vertreten – und eine Korrektur der übergrossen bürgerlichen Mehrheit in der Legislative eingeräumt. Drei Parteien traten zum ersten Mal bei Wahlen im Kanton Genf an: die GLP, die BDP und die Piratenpartei. Die GLP schickte 25 Kandidierende ins Rennen, die vom gleichzeitig auch für die Regierung kandidierenden Kantonalpräsidenten Laurent Seydoux als Zugpferd profitieren wollten. Ein Sitzgewinn der Grünliberalen wurde als möglich betrachtet, weil sie bei den Gemeindewahlen von 2011 neun Sitze in den kommunalen Parlamenten erobert hatten. Zudem wurde vermutet, dass zahlreiche mit der Fusion zwischen FDP und LP unzufriedene, ehemalige Liberale ein potentielles Wählersegment für die GLP darstellten. Die 7%-Hürde wurde für die beiden anderen Neulinge als zu hoch betrachtet. Die Piraten stachen mit 17 Kandidierenden in See und auch auf der BDP-Liste figurierten 17 Personen. Aufgrund fehlender Unterstützung durch andere Parteien verzichtete die EVP auf eine Liste. Die hohe Zahl an Kandidierenden auf einzelnen Listen und die Vorschrift, dass alle Listen mit dem gleichen Layout versehen sein müssen, führte zu einer Polemik über die sehr kleine Schriftgrösse auf den Wahlzetteln. Die Presse empfahl den Wählern, die Listen mit einer Lupe auszufüllen, nachdem die Regierung einen Neudruck ablehnte. Als wichtigste Themen im Wahlkampf entpuppten sich die im schweizweiten Vergleich relativ hohe Arbeitslosigkeit im Kanton Genf, die bedrohlichen Finanzaussichten, die Verkehrspolitik und die hohen Mieten. Der MCG versuchte zudem mit seinem zentralen Dauerthema „Grenzgänger“ Stimmung zu machen. Darüber hinaus nutzte die Bewegung den Mordfall „Adeline“, um auf populistische Weise das Thema Sicherheit für sich zu beanspruchen. Weil jede Partei versuchte, mit ihrem Thema zu punkten, kam es relativ selten zu informativen Debatten.

Die Wahlen Anfang Oktober brachten eine Bestätigung des tripolaren Systems aus drei praktisch gleich starken Gruppen: die aus den Entente-Parteien CVP (10,6% Wähleranteil; 2009: 9,9%) und FDP (22,4%; 2009 erreichten die FDP und die LP zusammen 26,3%) bestehende Mitte, ein linker Pol aus Ensemble à Gauche (8,8%; 2009 erreichten die beiden Listen zusammen 12,2%), SP (14,4%; 2009: 12,9%) und Grünen (9,2%; 2009: 15,3%), sowie ein rechter Pol aus MCG (19,2%; 2009: 14,7%) und SVP (10,3%; 2009: 8,6%). Federn lassen mussten insbesondere die FDP (neu: 24 Sitze) und die Grünen (neu: 10 Sitze), die beide je sieben Sitze verloren. Weil Ensemble à Gauche allerdings gleich neun Sitze eroberte und die SP ihre 15 Sitze halten konnte, konnte sich der linke Pol trotz der Ohrfeige für die Grünen leicht auf insgesamt 34 Sitze verbessern. Fünf zusätzliche Sitze eroberte Rechtsaussen: die SVP konnte um 2 Sitze zulegen (neu: 11 Sitze) und der MCG, neu zweitstärkste Partei hinter der FDP, eroberte drei zusätzliche Mandate (neu: 20 Sitze). Rechts blieb damit mit total 31 Sitzen also etwas schwächer als Links. Die Sitzgewinne an den Polen gingen auf Kosten der FDP, die allerdings mit fast einem Viertel aller Sitze im Grand Conseil stärkste Partei blieb. Die Entente hielt insgesamt 35 Sitze, da die CVP ihre elf Sitze verteidigen konnte. Die GLP (3,1% Wähleranteil), die BDP (0,6% Wähleranteil) und die Piraten (1,6% Wähleranteil) verpassten das Quorum deutlich. Für die Zukunft bedeutete die Bestätigung der Dreiteilung weiterhin je nach Thema wechselnde Mehrheiten im Parlament. Allerdings wurden bei transversalen Themen, insbesondere beim Budget, auch nicht auflösbare Blockaden befürchtet. Die Stimmbeteiligung war mit 41,0% etwas höher als 2009 (39,5%). Im neuen Parlament sitzen neu 24 Frauen (24%). Der Frauenanteil war damit zum zweiten Mal hintereinander rückläufig (2005: 31%; 2009: 28%).