Mietverträge von über 65-Jährigen. Einschränkung des Kündigungsrechts der vermietenden Partei (St.Iv. 22.309)

Der Ständerat prüfte in der Sommersession 2023 eine Standesinitiative des Kantons Genf vor. In dieser hatte der Kanton gefordert, dass Mietverträge von über 65-Jährigen nicht mehr gekündigt werden dürfen sofern die Gründe für die Kündigung rein wirtschaftlicher Natur sind. Der Initiant im Grossen Rat des Kantons Genf, Ronald Zacharias (mcg, GE) hatte seinen Vorstoss damit begründet, dass Immobilienverwaltungen in der Stadt Genf systematisch Mieterinnen und Mietern kündigten, um ihre Immobilie für mehr Geld an andere Personen zu vermieten. Ältere Menschen sollten vor diesen Kündigungen geschützt werden. In der Debatte vertrat Philippe Bauer (fdp, NE) die Mehrheit der RK-SR, welche ihrem Rat empfahl, der Initiative keine Folge zu geben. Bauer begründete die ablehnende Haltung der Kommission damit, dass das Problem – und damit das Anliegen der Standesinitiative – hauptsächlich den Genfer Wohnungsmarkt betreffe. Die vorgeschlagene Lösung sei deshalb nicht für die gesamte Schweiz geeignet. Ausserdem würde ein Ausbau des Mietschutzes für über 65-Jährige zu einer «schwer zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung führen». Die beiden Genfer Standesstimmen in der kleinen Kammer, Lisa Mazzone (gp, GE) und Carlo Sommaruga (sp, GE), weibelten vergeblich für die Initiative, welche vom Ständerat schlussendlich mit 29 zu 9 Stimmen abgelehnt wurde.

Der Nationalrat beriet in der Frühjahrssession 2024 als Zweitrat eine Standesinitiative des Kantons Genf, welche forderte, dass Mietverträge von über 65-Jährigen nicht mehr gekündigt werden dürfen, wenn die Kündigung erfolgt, um im Anschluss den Mietzins anheben zu können. Die RK-NR vertrat mehrheitlich dieselbe Ansicht wie die RK-SR, dass sich die Standesinitiative stark auf den Genfer Wohnungsmarkt beziehe und sich ihre Forderung nicht für die gesamte Schweiz verallgemeinern lasse. Zudem würden dadurch Rentnerinnen und Rentner ungeachtet ihres Wohlstands von einem grösseren Mieterschutz profitieren, nicht aber andere Bevölkerungsgruppen, welche ebenfalls Mühe bekundeten, bezahlbaren Wohnraum zu finden. So empfahl eine Mehrheit der RK-NR, der Standesinitiative keine Folge zu geben. Eine Minderheit um den Genfer Nationalrat Christian Dandrès (sp, GE) argumentierte, dass es Rentnerinnen und Rentner im Falle einer Kündigung besonders schwer hätten, eine neue Wohngelegenheit zu finden, und deshalb durch Wohnungskündigungen besonders gefährdet seien. Der Nationalrat kam der Empfehlung der Kommissionsmehrheit nach und gab der Initiative mit 122 zu 60 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) keine Folge. Für den Vorstoss sprachen sich die geschlossen stimmenden SP- und Grünen-Fraktionen sowie Giorgio Fonio (mitte, TI) der Mitte-Fraktion aus.

Steigende Miet-Nebenkosten - Kündigungsschutz für private und Gewerbe-Mieterinnen und -Mieter (Mo. 22.4164)

In der Frühjahrssession 2024 beriet der Nationalrat eine Motion Schneider Schüttel (sp, FR), welche nach deren Ausscheiden aus der grossen Kammer von Christian Dandrès (sp, GE) übernommen worden war. Die Motionärin peilte einen stärkeren Kündigungsschutz für Mieterinnen und Mieter privater und gewerblicher Liegenschaften an. Insbesondere im Angesicht steigender Energie- und Lebenserhaltungskosten könnten viele Mieterinnen und Mieter die Nebenkostenabrechnung nur mit Schwierigkeiten begleichen, begründete die Motionärin ihren Vorstoss im September 2022.
Im Falle einer fehlenden Begleichung der Nebenkostenrechnung aufgrund der steigenden Inflation würden die finanziellen Interessen der vermietenden Partei nicht zu stark geschädigt werden, weshalb es legitim sei, eine Kündigung seitens Vermieterin oder Vermieter unter diesen Umständen zu erschweren, hob der SMV-Präsident Dandrès in der parlamentarischen Debatte hervor. Wirtschaftsminister Guy Parmelin begründete den bundesrätlichen Antrag auf Ablehnung der Motion damit, dass bereits genügend Schritte unternommen worden seien, um Zahlungsschwierigkeiten zu vermeiden – so unter anderem eine Anpassung der Höchstbeträge der Mieten und Pauschalen für Nebenkosten. Weiter sei die Inflation seit 2022 bereits zurückgegangen, womit es wiederum keines imminenten Handlungsbedarfs bedürfe. Die Nationalratsmehrheit folgte mit 131 zu 60 Stimmen dem Antrag des Bundesrats, wobei sich die geschlossen stimmenden Fraktionen der SP und Grünen als einzige für die Motion aussprachen.

Mieterlass bei Gasdrosselung infolge Gasmangellage (Mo. 22.4075)

In der Frühjahrssession 2024 beugte sich der Nationalrat über eine Motion der SP-Fraktion, welche einen Mieterlass bei Gasdrosselung infolge Gasmangellage forderte. Wenn die Beheizung also aufgrund einer akuten Gasmangellage nur eingeschränkt möglich sei, solle fortan der Mietzins während der entsprechenden Dauer angemessen reduziert werden. Dies, da Mieterinnen und Mieter keinen Einfluss auf die Wahl der Beheizungsart hätten, im Fall einer Mangellage aber trotzdem die Leidtragenden der Situation seien. Darüber hinaus sei es Entscheid der Vermieterin oder des Vermieters gewesen, die Liegenschaft mithilfe von Erdgas zu heizen, und die Mietenden seien nicht an dieser Wahl beteiligt gewesen, weshalb sie auch nicht die Kosten für ebendiese Entscheidung tragen sollten.
Obschon die Motion bereits im September 2022 in Antwort auf den Krieg in der Ukraine und die darauffolgende Versorgungsunsicherheit mit Erdgas lanciert worden war, bleibe die Motion aktuell, beteuerte SP-Fraktionssprecherin Nadine Masshardt (sp, BE) in der parlamentarischen Debatte, die in der Frühjahrssession 2024 stattfand. Wirtschaftsminister Parmelin erwiderte, dass es in diesem Bereich momentan keine zusätzlichen Unterstützungsmassnahmen für Mieterinnen und Mieter benötige, und empfahl die Motion zur Ablehnung. Die Nationalratsmehrheit folgte diesem Antrag und lehnte den Vorstoss mit 129 zu 61 Stimmen (bei 1 Enthaltung) ab, wobei sich lediglich die geschlossen stimmenden Fraktionen der SP und der Grünen sowie EVP-Nationalrat Niklaus-Samuel Gugger (evp, ZH) für die Motion aussprachen.

Mietzinstransparenz für neue Mietverträge schaffen (Mo. 23.4237)

In der Frühjahrssession 2024 beugte sich der Nationalrat über eine Motion Flach (glp, AG), welche mehr Mietzinstransparenz bei neuen Mietverträgen schaffen wollte. Der Nationalrat stimmte dabei zum zweiten Mal – nach der Beratung einer parlamentarischen Initiative Imboden (gp, BE; Pa.Iv. 22.486) in der Wintersession 2023 – innerhalb kurzer Frist über mehr Transparenz im Mietwesen ab. Der Motionär forderte konkret eine Anpassung des OR, womit Vermieterinnen und Vermieter künftig den Mietzins der Vertragsverhältnisse der letzten zwei Jahre bekanntgeben müssten. Diese Informationspflicht stelle nur einen geringen administrativen Mehraufwand dar und helfe neuen Mieterinnen und Mietern, missbräuchliche Mietzinserhöhungen einfacher zu identifizieren, betonte der Motionär. Auch der Bundesrat erachtete eine bundesweite Informationspflicht über den Mietzins der Vormieterinnen und Vormieter als wünschenswert und empfahl die Motion zur Annahme. Unter anderem USPI-Präsident Philippe Nantermod (fdp, VS) sprach sich in der parlamentarischen Debatte mit Hinweis auf seine Interessenvertretung gegen die Motion aus, nachdem er diese bereits in der Wintersession 2023 gemeinsam mit Gregor Rutz (svp, ZH) bekämpft hatte. Er bemängelte, dass der Vorstoss die Entscheidungsfreiheit der Kantone und die Vertragsfreiheit einschränken würde. Bereits nach geltendem Recht stehe es den Kantonen frei, entsprechende Massnahmen zu implementieren, wovon auch bereits einige Kantone Gebrauch gemacht hätten. Schliesslich wurde der Vorstoss mit 117 zu 73 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) in der grossen Kammer abgelehnt, wobei sich die geschlossen stimmenden Fraktionen der SP und der Grünen sowie eine Mehrheit der GLP-Fraktion und einige Mitglieder der Mitte-Fraktion für die Motion aussprachen.

Einführung einer Winterpause: Niemand soll im Winter ausser Haus schlafen müssen (Mo. 22.488)

In der Frühjahrssession 2024 befasste sich der Nationalrat mit einer parlamentarischen Initiative Marra (sp, VD) zur Einführung einer Winterpause bei Mieterinnen- und Mieterausweisungen. Die Initiantin forderte, dass im Zeitraum zwischen dem 1. November und dem 31. März Mieterinnen- und Mieterausweisungen ausgesetzt werden sollten. Christian Dandrès (sp, GE), welcher den Vorstoss nach Ada Marras Ausscheiden aus dem Rat übernommen hatte, machte in der grossen Kammer darauf aufmerksam, dass Vermieterinnen und Vermieter eine Mieterinnen- und Mieterausweisungen gemäss aktuellen Bestimmungen stets durchführen könnten. Dies ungeachtet dessen, ob die Mietenden über eine Übergangslösung verfügten, was auch darin resultiere, dass Personen bei kaltem und schlechtem Wetter auf der Strasse landen könnten. Mehrheitssprecher Manfred Bühler (svp, BE) wandte ein, dass eine Mieterinnen- und Mieterausweisung als allerletzter Schritt in einem langen Verfahren zur Anwendung komme und Mietende im Vorfeld über zahlreiche Möglichkeiten zur Anfechtung einer Mietkündigung verfügten. Komme es zu den von Dandrès aufgeführten Härtefällen, würden diese von lokalen Akteurinnen und Akteuren, allen voran den Sozialdiensten, aufgefangen werden, so Bühler. Aus diesem Grund empfehle die Mehrheit der RK-NR die Motion zur Ablehnung. Eine linke Kommissionsminderheit wollte der Initiative hingegen Folgegeben. Der Nationalrat folgte dem Antrag der Kommissionsmehrheit und lehnte Folgegeben mit 130 zu 61 Stimmen (bei 1 Enthaltung) ab. Für Folgegeben stimmte das rot-grüne Lager sowie Mitte-Nationalrat Giorgio Fonio (mitte, TI).

Wissenschaftliche Studie zu allfällig übersetzten Mieten (Mo. 23.3340)

In der Frühjahrssession 2023 behandelte der Nationalrat eine Motion Badran (sp, ZH). Die Motion forderte den Bundesrat auf, eine wissenschaftliche Studie zu allfällig übersetzten Mieten in Auftrag zu geben. Im Rahmen dieser Studie sollen das Ausmass übersetzter Mieten und deren Konsequenzen für die Volkswirtschaft aufgezeigt werden. Die Motionärin begründete ihren Vorstoss damit, dass die Mieten in den vergangenen 15 Jahren massiv gestiegen seien, obschon sie aufgrund tiefer Zinssätze hätten sinken sollen. Dass die Mieten fast ein Drittel zu hoch seien, sei bereits in Studien aufgezeigt worden, deren methodisches Vorgehen jedoch seitens Hauseigentümerinnen und -eigentümerkreisen stark kritisiert wurde. Folglich brauche es verifizierte Studien, um das tatsächliche Ausmass der übersetzten Mieten zu identifizieren. Bundesrat Guy Parmelin betonte, dass übersetzte Mieten im Einzelfall evaluiert werden müssten und in diesem Bereich keine pauschalen Aussagen getroffen werden könnten. Folglich empfahl die Landesregierung die Motion zur Ablehnung. Der Nationalrat lehnte den Vorstoss mit 128 zu 61 Stimmen ab, wobei die befürwortenden Voten aus dem rot-grünen Lager und von einigen Mitgliedern der Mitte-Fraktion stammten.

Rückkehrrecht für Mieterinnen und Mieter nach Sanierung und Umbau (Pa.Iv. 23.435)

In der Sommersession 2024 beugte sich der Nationalrat über eine parlamentarische Initiative von Samira Marti (sp, BL), welche ein Rückkehrrecht für Mieterinnen und Mieter nach Sanierung und Umbau forderte. Die Initiantin bemängelte, dass vielen Mieterinnen und Mietern nach Sanierung, Umbau und Renovation die Wohnungskündigung drohe. Um dies zu verhindern, könne unter anderem ein Rückkehrrecht geschaffen werden. Jedoch sei das Rückkehrrecht auf kantonaler Ebene durch das Bundesgericht für ungültig erklärt worden, da das «Verhältnis von Mietenden und Vermietenden [...] bundesrechtlich abschliessend geklärt» sei. Folglich solle den Kantonen im Mietrecht Handlungsspielraum zur Schaffung eines Rückkehrrechts zugesprochen werden. Diese könnten beispielsweise das Erteilen von Baugenehmigungen an das Rückkehrrecht knüpfen. Die RK-NR empfahl mit 16 zu 9 Stimmen, der Initiative keine Folge zu geben. Kommissionssprecher Vincent Maitre (mitte, GE) argumentierte, dass es nach geltendem Recht bereits schwierig sei, einer Mieterin oder einem Mieter im Falle einer Sanierung oder eines Umbaus zu kündigen, da dieses Vorgehen an extensive Richtlinien geknüpft sei und Mietende eine mehrjährige Mietvertragsverlängerung beantragen könnten. Weiter sei unklar, wie oft Mieterinnen und Mieter überhaupt von einem solchen Rückkehrrecht Gebrauch machen würden, da sie schon während der Dauer einer Sanierung anderweitig leben müssten. Schliesslich vermische der Vorstoss problematischerweise Elemente des öffentlichen Rechts – namentlich die Erteilung von Baugenehmigungen – mit der privatrechtlichen Vertragsfreiheit des Mietrechts. Auf Antrag seiner Rechtskommission gab der Nationalrat mit 125 zu 61 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) der parlamentarischen Initiative keine Folge. Lediglich die geschlossen stimmenden SP- und Grünen-Fraktionen sprachen sich für den Vorstoss aus.

Gesetzliche Grundlagen zur Überprüfung der Miet-Renditen auf Gesetzmässigkeit durch den Preisüberwacher (Mo. 23.4242)

Der Nationalrat beschäftigte sich in der Sommersession 2024 mit einer Motion Badran (sp, ZH) für gesetzliche Grundlagen zur Überprüfung der Miet-Renditen auf Gesetzmässigkeit durch den Preisüberwacher. Da der Mietmarkt eine stark asymmetrische Marktmacht aufweise, komme es oftmals zu übersetzten Mietrenditen, äusserte sich die Motionärin. Obschon dies gesetzlich untersagt sei, gebe es kaum Mechanismen, um die Renditen zu überwachen, da eine gesetzliche Grundlage fehle. Speziell solle der Bundesrat Regelungen vorstellen, damit Preisüberwacherinnen und -überwacher ad hoc Mietrenditen auf ihre Rechtmässigkeit prüfen könnten. Wirtschaftsminister Parmelin konterte, dass das PüG bereits auf den Mietmarkt anzuwenden sei und entsprechende, auf den Mietmarkt zugeschnittene Preisüberwachungsmechanismen international kaum gefruchtet hätten. Weiter plane der Bundesrat bereits Massnahmen, um die angespannte Situation auf dem Mietmarkt zu beruhigen. Der Bundesrat empfahl den Vorstoss zur Ablehnung. Der Nationalrat folgte diesem Antrag und lehnte die Motion mit 128 zu 66 Stimmen ab. Befürwortende Stimmen liessen sich ausschliesslich in den geschlossen stimmenden Fraktionen der SP und der Grünen sowie bei je zwei Mitgliedern der Mitte- und der GLP-Fraktion verorten.

CO2-Abgabe: Aufteilung der Kosten zwischen Eigentümerschaft und Mieterschaft (Mo. 22.3985)

In der Herbstsession 2024 behandelte der Nationalrat eine Motion Klopfenstein Broggini (gp, GE), welche eine Aufteilung der Kosten der CO2-Abgabe zwischen Eigentümerschaft und Mieterschaft forderte. Um unter anderem die energetische Sanierung und Optimierung attraktiver zu gestalten, solle bei Mietobjekten mit Zentralheizung ein Teil der CO2-Abgaben – ohne Auswirkungen auf die Mieten – bis zur Umsetzung einer bestimmten Anzahl von energetischen Massnahmen von den Eigentümerinnen und Eigentümern getragen werden. Die Motionärin bemängelte, dass nach geltendem Recht in Mietobjekten ohne individuelle Abrechnung kaum Anreize zum Sparen von energetischen Ressourcen bestünden – weder seitens Mieterinnen und Mietern noch seitens der Eigentümerinnen und Eigentümer. Umweltminister Rösti konterte in der parlamentarischen Debatte, dass Regelungen betreffend den Verbrauch von Energie in Gebäuden in den kantonalen Aufgabereich fielen und eine Verstärkung der bestehenden Anreizsysteme für die energetische Sanierung von Gebäuden bereits in der Umsetzung des Klimagesetzes verfolgt werde. Folglich empfahl der Bundesrat die Motion zur Ablehnung. Die Volkskammer kam diesem Antrag nach und sprach sich mit 123 zu 62 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) gegen den Vorstoss aus. Unterstützung kam der Motion lediglich von den geschlossen stimmenden Fraktionen der SP und Grünen zu.