Kommunale Wahlen Luzern 2012

Für einen der 48 Sitze im Grossen Stadtrat bewarben sich 55 Kandidatinnen und 136 Kandidaten auf insgesamt 12 Listen. Neben den acht etablierten und im Rat vertretenen Parteien – SP (10 Sitze), CVP (10 Sitze), FDP (9 Sitze), SVP (7 Sitze), GP (7 Sitze), GLP (3 Sitze), Juso (1 Sitz) und junge Grüne (1 Sitz) – traten die Second@sPlus und die Gruppierung „Parteilose.ch - für Transparenz“ wie vor vier Jahren wieder an. Neu wollten sich zudem der auch für den Stadtrat (kommunale Exekutive) kandidierende Parteilose Marc César Welti auf einer Einzelliste sowie die EVP für Mandate empfehlen. Auf den Listen fanden sich 33 Bisherige. Im Vorfeld der Wahlen wurde aufgrund nationaler Trends ein Sieg der GLP bei gleichzeitigen Verlusten von FDP, CVP und auch SVP vorausgesagt. Links-Grün wollte die Sitzzahl ausbauen, um zusammen mit der GLP zumindest in Umwelt- und Verkehrsfragen eine Mehrheit im Parlament zu haben. Listenverbindungen gingen die FDP mit der CVP und die SP mit den Grünen inklusive der Jungparteien und der Second@sPlus ein. Sowohl die SVP und die GLP als auch die kleinen Gruppierungen traten alleine an. Die Wahlen brachten nur marginale Verschiebungen innerhalb der Blöcke. Die SP (20,5%, neu: 11 Sitze) konnte auf Kosten der Grünen (11.6%, neu: 6 Sitze) einen Sitz zulegen, während die GLP (10,3%, neu: 4 Sitze) einen Sitz der CVP (17,9%, neu: 9 Sitze) erobern konnte. Die FDP (17,7%, 9 Sitze) und die SVP (15,3%, 7 Sitze) konnten ihre Besitzstände wahren. Auch die Juso (3,1%, 1 Sitz) und die jungen Grünen (1,6%, 1 Sitz) konnten ihren jeweiligen Sitz verteidigen. Die restlichen vier Parteien erhielten alle weniger als 1% an Stimmen. Während sich die SP über den Sitzgewinn und den Umstand freute, die stärkste Partei im Rat zu sein, zeigten sich die Grünen etwas frustriert. Auch die GLP beklagte ihren für sie zu geringen Erfolg, für den die fehlende Listenverbindung verantwortlich gemacht wurde. Angesichts der nationalen und kantonalen Entwicklung werteten FDP und CVP ihre Resultate als (Teil-)Erfolg. Die Stadtluzerner Bevölkerung setzte damit offensichtlich auf Kontinuität. Als weiterer Beleg dafür kann die Bestätigung aller 33 antretenden Bisherigen betrachtet werden. Aufgrund der Stabilität war klar, dass Mehrheiten im Stadtluzerner Parlament auch in Zukunft pragmatisch entwickelt werden müssen, da keines der Lager über eine stabile Majorität verfügt. Die Wahlbeteiligung war mit 35,2% höher als 2009 (31,7%), als die Wahlen aufgrund der Fusion mit Littau ein Jahr später als normal angesetzt worden waren. Der Frauenanteil fiel von 45,8% (2009) auf 37,5%.

Die SP setzte sich zusammen mit den Grünen zum Ziel, die bürgerliche Mehrheit im fünfköpfigen Stadtrat, der Exekutive der Kantonshauptstadt, zu sprengen. Links-Grün witterte Morgenluft, da der parteilose, ehemals der FDP angehörige Stadtpräsident Urs W. Studer nicht mehr antrat. Studer hatte sich 1996 mit der FDP überworfen, und war damals als wilder, parteiloser Kandidat in einer Kampfwahl gewählt worden. Er blickte auf eine 16-jährige Amtszeit zurück. Darüber hinaus trat auch der 2000 gewählte Baudirektor Kurt Bieder (fdp) nicht mehr an. Die FDP wollte ihn mit Martin Merki ersetzen. Die bürgerliche Mehrheit – neben Studer und Bieder war die CVP mit dem wieder antretenden Stefan Roth vertreten – sollte mit zwei SP- und einer GP-Kandidatur geknackt werden. Die SP setzte nach längerer Diskussion auf ein Zweierticket mit der bisherigen Ursula Stämmer und dem neu antretenden Beat Züsli. In der internen Ausmarchung über die Klinge springen musste Kantonsrätin und Kantonalparteipräsidentin Felicitas Zopfi. Die Grünen schickten den langjährigen Kantonsrat Adrian Borgula ins Rennen, der den zurücktretenden, seit 2000 amtierenden Sozialdirektor Ruedi Meier ersetzten sollte. Nicht nur Links-Grün wollte die aufgrund der drei vakanten Sitze Spannung verheissende Situation ausnutzen. Auch die SVP und die GLP wollten einen Sitz in der Stadtregierung erobern. Die SVP schickte Kantonsrat Rolf Hermetschweiler ins Rennen und die GLP wollte mit der Kantonsrätin und Grossstadtratsfraktionschefin Manuela Jost einen Stadtratssitz gewinnen. Neben diesen sieben Kandidierenden traten der von der Juso portierte Adelino De Sa und die parteilosen Marc César Welti und Philipp Federer an. Welti war Wirt und Federer gehörte dem Grossen Stadtrat an und war bis 2010 Mitglied der GP, trat dann aber aus, weil er nach eigener Aussage den Protestcharakter der Partei vermisste. Die SP und die GP traten im Wahlkampf gemeinsam auf. Die bürgerliche Allianz war hingegen eher schwach. Zwar unterstützten sich die CVP und die FDP gegenseitig – beide Parteien bestritten auch den Anspruch der SP auf einen zweiten Regierungssitz – aber Hand bieten für ein bürgerliches Trio mit der SVP wollten sie doch nicht. Nicht nur die SVP, sondern auch die GLP, die ebenfalls mit einem Schulterschluss mit FDP und CVP geliebäugelt hatte, mussten ohne Unterstützung antreten. Der Wirtschaftsverband warb für eine bürgerliche Stadtregierung aus CVP, FDP und SVP. Für das Stadtpräsidium, das ebenfalls direkt gewählt wurde, traten Ursula Stämmer (sp), Adrian Borgula (gp), Stefan Roth (cvp), Manuela Jost (GLP) und Marc César Welti (parteilos) an. Für Kritik sorgte die Kandidatur von Stefan Roth, da dieser ankündigte, das Finanzdepartement behalten zu wollen. In der Stadt Luzern ist das Stadtpräsidium vor allem mit repräsentativen Funktionen verbunden und wird deshalb mit einem eigenen Departement verknüpft. Die Kombination von Präsidium und Finanzdepartement kam vor allem in links-grünen Augen einer ungebührlichen Machtballung gleich. Aufgrund der hohen Zahl an Kandidierenden wurde ein zweiter Wahlgang erwartet. Dass dann im ersten Wahlgang bereits vier Personen gewählt waren, wurde als Überraschung taxiert. Am meisten Stimmen erhielt Stefan Roth (10'019 Stimmen) gefolgt von Martin'Merki (9 912 Stimmen). Auch Links-Grün konnte die beiden bisherigen Sitze bereits im ersten Umgang verteidigen: Ursula Stämmer (9'799 Stimmen) und Adrian Borgula (9'664) übersprangen das absolute Mehr (9 501). Die Richtungswahl wurde also auf den zweiten Wahlgang verschoben. Aufgrund der Resultate im ersten Wahlgang waren Züsli (7'410 Stimmen) und Jost (6'456 Stimmen) in der Poleposition. Beide wurden von ihren Parteien für den zweiten Wahlgang nominiert. Einen Achtungserfolg erzielte der von der SVP als Jux-Kandidat bezeichnete Jungsozialist De Sa (5'312 Stimmen), der sogar noch vor dem SVP-Kandidaten Hermetschweiler (4'278 Stimmen) lag. Federer und Welti waren abgeschlagen. Auch das Rennen um das Stadtpräsidium musste in einen zweiten Umgang. Zwar hatte Roth mit 8'624 Stimmen auch hier das beste Resultat erzielt, das absolute Mehr aber verpasst. Stämmer (3'981 Stimmen) und Borgula (3'439 Stimmen) kamen zusammen nahe an Roth heran. Borgula verzichtete in der Folge zugunsten von Stämmer auf eine erneute Kandidatur. Für den zweiten Wahlgang der Stadtratswahlen überlegten sich sowohl CVP und FDP, mit einer neuen Kandidatur anzutreten, um die bürgerliche Mehrheit in der Stadtexekutive zu verteidigen, verzichteten schliesslich aber darauf. Die Verhinderung einer Links-Grünen Mehrheit schien jedoch dadurch gefährdet, dass die SVP mit Hermetschweiler nochmals antreten wollte und die CVP und die FDP Jost unterstützten. Für Diskussionen im bürgerlichen Lager sorgte der Umstand, dass der gewählte Roth sowohl zusammen mit Jost als auch mit Hermetschweiler auf Plakaten für eine bürgerliche Mehrheit warb. Begründet wurde dies zuerst mit der Unterstützung der SVP für Roth im Kampf ums Stadtpräsidium. Die CVP intervenierte jedoch und in der Folge musste die SVP das Konterfei von Roth auf ihren Plakaten grau überdecken. Den Wirbel um seine Person überstand Roth dann allerdings schadlos. Beim zweiten Wahlgang für das Präsidium erhielt er mit 12'016 Stimmen rund 3500 Stimmen mehr als Stämmer (8'484 Stimmen). Knapper war der Ausgang um den fünften Stadtratssitz, den die noch junge GLP erobern konnte. Manuela Jost (8'725 Stimmen) lag nur ungefähr 700 Stimmen vor dem Sozialdemokraten Beat Züsli (8'026 Stimmen). Wie erwartet keine Chance hatte Rolf Hermetschweiler (3'488 Stimmen). Damit war der gemeinsame Angriff der SP und der GP gescheitert und die Fünfparteienregierung mit bürgerlicher Mehrheit hatte Bestand. Insgesamt wurde die Wahl deshalb trotz drei neuer Gesichter als Auftrag für Kontinuität betrachtet. Die Politik von Jost sei jener des zurücktretenden Studer näher als es der pointiert linke Politstil von Züsli gewesen wäre. Mit ihrer Ankündigung, in Zukunft vermehrt auch Oppositionspolitik zu betreiben, sendete die SP allerdings Zeichen für künftig schwieriger werdende Arbeit der neuen Stadtregierung, in der neu zwei Sitze von Frauen besetzt wurden. Die Wahlbeteiligung war beim zweiten Wahlgang mit 39,7% sogar etwas höher als noch beim ersten Wahlgang (37,0%). Weil Ursula Stämmer von der Baudirektion in die Bildungsdirektion wechselte, kam es zu einer Rochade. Die Baudirektion übernahm Manuela Jost und Adrian Borgula wurde Vorsteher der Umwelt-, Verkehrs- und Sicherheitsdirektion. Für die FDP, die vor den Wahlen die Baudirektion besetzte, übernahm Martin Merki die Sozialdirektion. Einzig Stefan Roth behielt die Finanzdirektion. Die auch aufgrund des Umstandes, dass Roth Kantonsrat bleiben wollte nicht abklingende linke Kritik an der grossen Machtfülle konterte das Regierungskollegium mit dem Argument der nötigen Kontinuität in finanziellen Fragen.

Ersatzwahl Stadtrat Winterthur 2012

Mit dem gleichzeitigen Rücktritt von Verena Gick (fdp) und Ernst Wohlwend (sp), der 20 Jahre im Amt und seit 2002 auch Stadtpräsident war, mussten in Winterthur Ersatzwahlen sowohl für den siebenköpfigen Stadtrat als auch für das Stadtpräsidium abgehalten werden. Der Kampf um das Präsidialamt, das die SP 2002 erstmals mit Wohlwend in Besitz nehmen konnte, wurde von der CVP angeführt: sie griff mit Polizeivorsteher Michael Künzle an. Die zwei verbliebenen SP-Stadträte – Pearl Pedergnana und Nicolas Galladé – stellten sich für ihre Partei hingegen nicht zur Verfügung, so dass die neu portierte Gemeinderätin Yvonne Beutler nicht nur den vakanten SP-Stadtratssitze, sondern auch das Präsidium verteidigen sollte. Obwohl sie bei den letzten Gesamterneuerungswahlen für den Gemeinderat (Legislative) das beste Resultat erzielt hatte, wurden ihr gegen den amtierenden und über die Parteigrenzen hinaus beliebten Künzle kaum Chancen eingeräumt. Die FDP wollte ihren frei werdenden Sitz mit Barbara Günthard-Maier verteidigen. Drei Parteien ritten einen Angriff auf den Stadtrat: bei der SVP, die ihren vor zehn Jahren verlorenen Sitz zurückerobern wollte, hatte die Kronfavoritin Natalie Rickli früh abgesagt. Die Volkspartei schickte deshalb Kantonsrat René Isler ins Rennen. Die EVP wollte mit Nik Gugger, der bei den letzten Gesamterneuerungswahlen 2010 das absolute Mehr zwar erreicht hatte, als Überzähliger aber ausgeschieden war, und die GLP mit Kantonsrat Michael Zeugin in die Winterthurer Stadtregierung einziehen. Mit einem deutlichen Vorsprung wurde Michael Künzle zum Stadtpräsidenten gewählt. Er konnte mit 15'104 Stimmen fast doppelt so viele Wählerinnen und Wähler von sich überzeugen als Yvonne Beutler (7'937 Stimmen). Allerdings schaffte die Sozialdemokratin die Verteidigung des SP-Sitzes im Stadtrat ebenfalls klar. Sie übersprang mit 11'892 Stimmen das absolute Mehr als einzige. Die FDP konnte ihren Sitz im ersten Wahlgang hingegen nicht verteidigen: Barbara Günthard-Maier (7'846 Stimmen) lag gar noch hinter Michael Zeugin (7'911 Stimmen). Obwohl René Isler (6'360 Stimmen) noch hinter Nik Gugger (6'393 Stimmen) lag, trat er wie Günthard-Maier und Zeugin noch einmal an. Die Juso schickte den 19jährigen Simon Walter in den zweiten Wahlgang, weil sie eine rein bürgerliche Auswahl verhindern wollte. Es war schliesslich diese Juso-Kandidatur – so wurde jedenfalls in der Presse gemutmasst – die der FDP zur Verteidigung ihres Sitzes verhalf. Im zweiten Wahlgang obsiegte Barbara Günthard-Maier nämlich mit 6'843 Stimmen knapp vor Michael Zeugin (6'587), der wahrscheinlich einige Stimmen an Simon Walter (1'303 Stimmen) verloren hatte. Die SVP mit René Isler (4'786) konnte hingegen nicht in die Entscheidung eingreifen. Die Wahlbeteiligung beim ersten Wahlgang lag mit 42,8% mehr als zehn Prozentpunkte höher als beim zweiten (31,3%), was wohl ein weiterer Erklärungsfaktor für die erfolgreiche Verteidigung des FDP-Sitzes war. Die auffällig hohe Zahl an ungültigen Stimmen im ersten Umgang – rund 13% der Wahlzettel zählten nicht – war darauf zurückzuführen, dass viele Wählerinnen und Wähler Michael Künzle zweimal auf den Wahlzettel aufführten, obwohl er als Amtierender nur für das Präsidialamt, natürlich aber nicht für den Stadtrat antrat.

Kommunale Wahlen St.Gallen 2012

Nach den kantonalen Wahlen im März standen in St. Gallen im September auch die kommunalen Gesamterneuerungswahlen an. War die Fluktuation während der Legislatur 2008 bis 2012 im Stadtparlament noch hoch – rund ein Drittel der 63 Sitze waren durch Rücktritte neu besetzt worden – traten für die Wahlen 53 Bisherige (von insgesamt 63 Sitzen) wieder an. Im Rennen waren 14 Listen. Für die CVP traten 27 Kandidierende an, alle 13 amtierenden und 14 neue. Der Frauenanteil auf der CVP-Liste betrug 30%. Bei der FDP traten elf der zwölf Bisherigen wieder an. Auf der 32 Kandidaten umfassenden Liste fanden sich neun Frauen. Auf der 32-köpfigen Liste der SP waren 13 Bisherige und getreu den Grundsätzen der Partei gleich viele Frauen und Männer. Auffallend war das niedrige Durchschnittsalter der SP-Liste (43 Jahre). Auf der mit 38 Kandidierenden zahlenmässig grössten Liste der Grünen waren die Frauen in der Überzahl (60%). Drei der vier Bisherigen Grünen stellten sich der Wiederwahl. Zur Verteidigung ihrer elf Sitze traten für die SVP sieben Bisherige und zwölf neue Kandidierende an, darunter zwei Frauen. Erstaunlich war, dass die SVP zu wenig Personal fand, um ihre Liste zu füllen. Die Politische Frauengruppe (PFG) wollte ihren Sitz mit 31 Kandidatinnen verteidigen. Die EVP wollte mit 18 Männern und 10 Frauen einen dritten Sitz gewinnen und die erstmals antretende, in der Stadt St. Gallen erst im Sommer gegründete BDP wollte mit fünf Männern den Erfolg der Kantonalpartei bei den Grossratswahlen im Frühjahr kopieren (siehe oben). Die Juso, die in der Stadt St. Gallen einen Sitz hielt, trat mit 16 Kandidatinnen und 15 Kandidaten an und die jungen Grünen – mit 2 Sitzen vertreten – schickten 29 Kandidierende, davon 14 Frauen, ins Rennen. Die 25 Kandidierenden der GLP setzten sich Fraktionsstärke zum Ziel, wozu zu den vier Sitzen ein weiterer hinzukommen sollte. Die Piratenpartei (6 Kandidaten), die Schweizer Demokraten (3 Kandidaten) und die neu gegründete Unabhängige Volkspartei (2 Kandidaten; darunter der für die Exekutivwahlen antretende Christian Hostettler) komplettierten das Kandidatenfeld. Insgesamt bewarben sich 133 Frauen und 175 Männer für die 63 Parlamentssitze. Aufgrund des Kandidatenmangels bei der SVP wurden der Partei eher düstere Prognosen gestellt. Einem bereits langjährigen Trend folgend, rutschte das Stadtparlament bei den Wahlen 2012 weiter nach links. Von den insgesamt fünf Sitzen, die ihre Farbe wechselten gingen vier ins links-grüne Lager: Wahlsiegerin war die SP (neu 23,3%, 16 Sitze; +2), die zusammen mit der Juso (neu 2,8%, 2 Sitze; +1) insgesamt drei Mandate und 3,4 Prozentpunkte an Wählerstimmen hinzugewinnen konnte. Ebenfalls zulegen konnten die Grünen, bei denen die Mutterpartei einen Sitz gewann (neu 6,2%, 4 Sitze) und die Jugendpartei ihre beiden Sitze halten konnte (neu 3,5%). Mit dem durch die PFG verteidigten Sitz (2,4%) hielt die Linke damit 25 Sitze. Dieser Linksrutsch änderte am politischem Machtgefüge allerdings nur wenig, da die bürgerlichen Parteien zwar sechs Sitze einbüssten, mit total 31 Sitzen aber trotzdem stark blieben: am meisten Federn lassen mussten wie erwartet die SVP (neu 14%, 9 Sitze) und die FDP (neu 15,2%, 10 Sitze), die beide mehr als zwei Prozentpunkte ihrer Wählerschaft und je zwei Sitze verloren. Einen Sitz büsste die CVP ein (neu 18,2%, 12 Sitze). Grund zum Feiern hatte die BDP, die auf Anhieb und kurz nach ihrer Gründung neu mit einem Mandat im St. Galler Parlament vertreten ist (2,0%). Die GLP (7,0%, 4 Sitze) und die EVP (3,2%, 2 Sitze) konnten ihre Besitzstände wahren, während die SD (0,5%), die UVP (0,6%) und die Piraten (1,1%) chancenlos blieben. Die 34,4% der Wahlberechtigten – die Beteiligung war rund 5 Prozentpunkte höher als vor vier Jahren – bestätigten alle Bisherigen mit Ausnahme eines FDP- und eines CVP-Vertreters. Die Wahlen brachten einen leichten Rückgang des Frauenanteils (33,3%) im Vergleich zu den Wahlen vor vier Jahren (36,5%) und eine leichte Verjüngung des Parlaments (46 Jahre). Der bereits bei den kantonalen Wahlen sichtbare leichte Trend nach links bestätigte sich damit auch auf kommunaler Ebene. Neben St. Gallen konnte die SP auch in den Stadtparlamenten von Wil und Gossau zulegen. Nach längerem Hin und Her entschieden sich die Grünen und die Jungen Grünen, die GLP wieder in ihre Fraktion aufzunehmen.

Aus dem fünfköpfigen Stadtrat trat nach 20 Jahren Stadtpolitik, davon 12 Jahre in der Exekutive, die Baudirektorin Elisabeth Beéry (sp) zurück. Der gleichzeitige Rücktritt von Schuldirektorin Barbara Eberhard (cvp), seit 2004 im Amt, bedeutete eine Zweiervakanz. Beflügelt von den Erfolgen bei den Kantonsratswahlen meldete die SP ihren Anspruch auf einen zweiten Stadtratssitz an. Sie nominierte deshalb mit Sylvia Huber, die der Politischen Frauengruppe St. Gallen (PFG) angehört, und dem Gossauer Kantonsrat Ruedi Blumer zwei Kandidierende, die den Besitzstand für die Sozialdemokraten nicht nur wahren, sondern um einen Sitz ausbauen sollten. Als überraschend wurde nicht der Anspruch auf zwei Sitze, sondern die Kandidaturen selber bezeichnet – ein Externer, ehemaliger LdU-Politiker und eine lediglich der SP-Fraktion aber nicht der Partei angehörende Stadtparlamentarierin. Beide galten zudem als pointiert links politisierend. Prompt wurde der SP im Wahlkampf eine mangelnde Sorgfalt bei der Kandidatenselektion vorgeworfen. Die bisher mit zwei Sitzen vertretene CVP schickte neben dem bisherigen Sozialdirektor Nino Cozzio neu die relativ unbekannte Stadtparlamentarierin Patrizia Adam-Allenspach ins Rennen. Für die FDP traten die beiden Bisherigen, Stadtpräsident Thomas Scheitlin und Fredy Brunner wieder an. Während die Grünen und die GLP ihren Verzicht auf eine Kandidatur für die städtische Exekutive bekanntgaben, stellte die SVP relativ spät eine Kampfkandidatur. Sie trat mit Kantonsrat Markus Straub an und wollte erstmals in die Stadtregierung einziehen. Eine bürgerliche Gruppe aus der Wirtschaft um den Textilunternehmer Max Kriemler portierte zudem den Parteilosen Architekten Markus Buschor, was bei der SVP auf Kritik stiess. Buschor eckte zudem mit seiner Forderung an, die Direktion Bau und Planung übernehmen zu wollen. Das Oktett wurde ergänzt von Christian Hostettler, der als ehemaliger SVP-Stadt- und Kantonsparlamentarier für die neu gegründete Unabhängige Volkspartei (UVP) antrat. Während die GP die beiden SP-Kandidierenden unterstützte, sprach sich die EVP für Patrizia Adam und Markus Buschor aus. Die GLP empfahl neben den drei Bisherigen die Wahl von Buschor und Blumer. Aufgrund der grossen Zahl an Kandidierenden war schnell klar, dass ein zweiter Wahlgang nötig werden würde. Tatsächlich wurden im ersten Umgang lediglich die drei Bisherigen Nino Cozzio (13'914 Stimmen), Thomas Scheitlin (13'696 Stimmen) und Fredy Brunner (12'545 Stimmen) bestätigt. Scheitlin, der als amtierender Stadtpräsident als einziger für das Amt des Stadtpräsidiums angetreten war, wurde auch hier bestätigt. Die restlichen sechs Kandidierenden verpassten das absolute Mehr (9'318 Stimmen) relativ deutlich: Patrizia Adam (7'791 Stimmen), Ruedi Blumer (7'295 Stimmen), Markus Buschor (7'065 Stimmen) und Sylvia Huber (7'004 Stimmen) lagen aber relativ nahe beieinander. Bereits etwas abgeschlagen lag Markus Straub (5'087 Stimmen), während Christian Hostettler (1'040 Stimmen) chancenlos blieb. Trotzdem trat letzterer zusammen mit den vier Kandidierenden mit mehr als 7000 Stimmen noch einmal an. Die FDP, die ihre Schäfchen im Trockenen hatte, und auch die SVP empfahlen die beiden Frauen (Adam und Huber) zur Wahl, damit das alte Gleichgewicht gewahrt bleibe. Beide Parteien hatten vor dem ersten Wahlgang noch die fehlende Führungserfahrung von Huber kritisiert. Die BDP sprach sich für Adam aus. Ende November nahm der lange St. Galler Wahlmarathon dann schliesslich ein überraschendes Ende. Die bei den Ständerats- und Kantonsratswahlen erfolgreiche SP musste eine empfindliche Niederlage einstecken. Statt zwei Sitze zu erringen, war die wählerstärkste Partei in der Stadtregierung nämlich nicht mehr vertreten, da sowohl Sylvia Huber (6'943 Stimmen) als auch Ruedi Blumer (6'590 Stimmen) nicht mehr gleich viele Wählerinnen und Wähler mobilisieren konnten wie beim ersten Umgang; die Stimmbeteiligung war im November trotz spannender Ausgangslage im Vergleich zum ersten Wahlgang (45,3%) rund 5 Prozentpunkte tiefer (40,1%). Gewählt waren Patrizia Adam (7'951 Stimmen) und der parteilose Markus Buschor (7'655 Stimmen). Dieser Ausgang wurde allgemein als grosse Überraschung gewertet. Die SP habe mit einem schlechten Blatt zu hoch gepokert, die zukünftige Zusammenarbeit zwischen Stadtrat und Stadtparlament werde aber unter dem Ausschluss der SP aus der Exekutive schwieriger werden. Sogar die SVP bedauerte, dass die SP nicht mehr in der Stadtregierung sitzt. Man wolle dem parteilosen Buschor künftig auf die Finger schauen. Dass dieser in der Regierung keinen leichten Stand haben würde, zeigte sich bei der Departementsverteilung. Während die bisherigen ihre Direktion behielten, durfte nicht der gelernte Architekt Buschor die Baudirektion übernehmen, sondern Adam-Allenspach. Der Parteilose musste mit der Direktion für Schule und Sport Vorlieb nehmen, was in der Bevölkerung prompt für Empörung sorgte.

Kommunale Wahlen Biel 2012

Etwas mehr als 300 Kandidatinnen und Kandidaten auf elf Listen bewarben sich um die 60 Sitze im Bieler Stadtrat (Legislative). Die knappe links-grüne Mehrheit aus SP und Juso (22 Sitze), GP (8 Sitze) und Passarelle (1 Sitz) wurde nicht nur von rechts, sondern auch von der bürgerlichen Mitte angegriffen. Auf der rechten Seite gab es nach dem Niedergang der einst starken Freiheitspartei ein Gerangel um das Wählerpotential zwischen der gespaltenen SVP (6 Sitze) – nach einem Zerwürfnis aufgrund der Ereignisse rund um die kommunalen Ersatzwahlen von 2010 hatte sich die Bürgerliche Volkspartei (BVP) gebildet, zu der fünf Stadträte der SVP wechselten – den Eidgenossen als eigentliche Nachfolger der Freiheitspartei (3 Sitze) sowie der EDU (1 Sitz). Die SVP verband sich mit den Eidgenossen, während die BVP auf der Bürgerlichen Liste Bourgoise zusammen mit der BDP und der CVP (bisher 1 Sitz) antrat. In der Mitte wollten sich die FDP (11 Sitze) und die EVP (3 Sitze) nicht nur gegen die Angriffe der GLP (4 Sitze) wehren, sondern auch Mandate von Links-Grün erobern. Ende September konnte sich die SVP als Wahlsiegerin feiern lassen. Trotz Abspaltung der BVP erhielt sie zusammen mit den Eidgenossen 9 Sitze und konnte 15,9% der Bielerinnen und Bieler von sich überzeugen. Die ehemaligen SVP-Amtsträger der BVP erhielten zusammen mit CVP und BDP sechs Mandate (davon 5 BVP und 1 CVP, 9,3%). Zulegen konnte auch die GLP, die zwei zusätzliche Sitze eroberte (neu: 6 Sitze, 9,3%). Diese Sitzgewinne gingen aber nicht primär auf Kosten der Mitte – die FDP (11 Sitze, neu: 17,3%) und die EDU (1 Sitz, neu: 1,4%) verteidigten trotz Wählerverlusten ihre Sitze und nur die EVP musste einen Sitzverlust hinnehmen (neu 2 Sitze, 3,5%). Vielmehr musste Links-Grün insgesamt sechs Sitzverluste beklagen. Das Stadtparlament verzeichnete somit einen veritablen Rechtsrutsch. Die SP verlor fünf Sitze (neu 17 Sitze) und fast sechs Prozentpunkte an Wählerinnen und Wählern (neu 28,9%). Weil auch die Grünen einen Sitz (neu 7 Sitze) verloren, kam Links-Grün nur noch auf 25 Sitze, inklusive dem Sitz der Passarelle, die mit einem leichten Wählerzuwachs (neu 2,4%) ihren Sitz verteidigen konnte. SP-Präsident Niklaus Baltzer erklärte sich den Sitz- und Wählerstimmenverlust mit dem Wiedererstarken der rechten Opposition, die, neu von der SVP organisiert, das Wählerpotenzial des ehemaligen langjährigen Gemeinderates und Autoparteiexponenten Jürg Scherrer wieder mobilisieren konnte. Die SVP habe im Wahlkampf geschickt die hohe Sozialhilfequote der Stadt – elf Prozent der Bieler Bevölkerung bezieht Sozialhilfe, was der schweizweite Spitzenwert ist – mit dem hohen Ausländeranteil verknüpft und so gepunktet. Die Wahlbeteiligung lag wieder leicht über 30%. Vor vier Jahren hatten lediglich 28,4% der Bielerinnen und Bieler ihr Wahlrecht wahrgenommen. Zu einer seltenen Ausnahmesituation kam es bei der Auszählung der Stimmen: gleich auf zwei Listen (EDU, FDP) hatten zwei Kandidierende die exakt gleiche Stimmenzahl erreicht, worauf das Los über die Vergabe des entsprechenden Sitzes entscheiden musste. Für einen Eklat sorgte zudem ein Stadtrat der GP, der in angetrunkenem Zustand die SVP als „Drecksfaschisten“ bezeichnete. Obwohl in den Bieler Medien Rücktrittsforderungen gestellt wurden, waren die Wogen nach einer Entschuldigung aber rasch wieder geglättet. Mit dem Rechtsrutsch einher ging ein Einbruch hinsichtlich der Frauenrepräsentation: nur noch 17 der 60 Stadtratssitze (28,3%) sind von Frauen besetzt. Nach den Wahlen 2008 hatte dieser Anteil noch 38,3% betragen.

Die Bieler Exekutivwahlen verhiessen Spannung, weil die 2010 beschlossenen Änderungen der Organisation des Gemeinderates (Exekutive) auf 2013 in Kraft traten. Das bisherige System mit vier haupt- und vier nebenamtlichen Gemeinderäten wurde durch eine fünfköpfige, ständige Behörde ersetzt. Die vollamtlichen Gemeinderäte wurden neu Vorsteher von fünf Departementen (Präsidium; Finanzen; Soziales und Sicherheit; Bildung, Kultur und Sport; Bau, Energie und Umwelt). Von den acht Bisherigen traten drei wieder an: der amtierende Stadtpräsident Erich Fehr (sp) und die amtierende Sicherheitsdirektorin Barbara Schwickert (gp) – beide hauptamtliche Gemeinderäte – sowie die nebenamtliche Silvia Steidle (fdp). Die bisherigen hauptamtlichen Gemeinderäte Hubert Klopfenstein (fdp) und Pierre-Yves Moeschler (sp) sowie die drei bisherigen nebenamtlichen Exekutivmitglieder François Contini (gp), René Schlauri (fp) und Teres Liechti Gertsch (sp), wollten sich von der Stadtpolitik zurückziehen. Insgesamt traten 17 Kandidierende auf fünf Listen zur im Proporzverfahren durchgeführten Gemeinderatswahl an: auf der gemeinsamen Liste von SP und Grünen (Bienne solidaire) kandidierten neben Fehr und Schwickert auch Cédric Némitz (sp), Salome Strobel (sp) und Niels Arnold (sp). Die bürgerliche Seite stellte zwei Bündnislisten. Die FDP, die CVP, die BDP, die EVP, die EDU und die Bieler Volkspartei (BVP) schickten unter dem Namen „Bürgerliche Motivation“ neben Silvia Steidle Leonhard Cadetg (fdp), Patrick Calegari (BVP) und Christian Löffel (evp) ins Rennen. Die SVP nominierte zusammen mit den Eidgenossen (Eid.), ein Überbleibsel der in Biel starken Auto- bzw. Freiheitspartei, Beat Feurer (svp), der bereits zwei Jahre zuvor bei Ersatzwahlen die traditionelle SP-Präsidentschaft herausgefordert hatte, Hugo Rindlisbacher (eid.), Martin Scherrer (svp) und Adrian Dillier (svp). Die Bürgerbewegung Passarelle kandidierte mit drei Personen (Roland Gurtner, Ruth Tennenbaum und Noël Tshibangu) und auch der bereits mehrmals erfolglos angetretene parteilose Antonio Cataldo meldete eine Einerliste an. Eine Besonderheit stellt in Biel die Wahl des Stadtpräsidiums dar: mit einem separaten Wahlzettel kann eine der 17 Kandidaturen zum Stadtpräsidenten oder zur Stadtpräsidentin gewählt werden. Offiziell kandidierten allerdings lediglich der amtierende Erich Fehr (sp) und Beat Feurer (svp) für das Amt. Bei den Wahlen Ende September zeigte sich, dass der Systemwechsel an den Kräfteverhältnissen nichts zu ändern vermochte: Die links-grüne Mehrheit – im alten System hielten die SP und die GP fünf der acht Sitze – blieb bestehen: gewählt wurden Erich Fehr (5'892 Stimmen), Barbara Schwickert (5'490 Stimmen) und Cédric Némitz (5'031 Stimmen); sie erhielten am meisten Stimmen auf ihrer Liste, die insgesamt von 53% der Bielerinnen und Bieler eingelegt wurde. 23% der Stimmen erhielt die Bürgerliche Motivation: mit 2'968 Stimmen schaffte Silvia Steidle den Einzug in den Gemeinderat. Die 21% für die SVP/Eidgenossen-Liste waren deshalb bemerkenswert, weil sich 2010 die ehemaligen SVP-Mandatsträger vom Kurs ihrer Partei abgewendet und die Bieler Volkspartei gegründet hatten. Ihr Kandidat Patrick Calegari erhielt allerdings weit weniger Stimmen als der neu in den Gemeinderat gewählte SVP-Vertreter Beat Feurer (4'375 Stimmen). Keine Chancen hatte die Passarelle (2% Wählerstimmenanteil) und die Liste Cataldo (1% Wählerstimmenanteil). Die Befürchtung, dass der Systemwechsel zu einer Benachteiligung der französischsprachigen Minderheit führen könnte, bewahrheitete sich nicht. Mit Cédric Némitz und Silvia Steidle waren zwei der fünf Gemeinderatsmitglieder französischer Muttersprache. Die beiden Frauen in der Exekutive sorgten zudem zumindest näherungsweise für ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis. Keine Überraschungen gab es bei der Wahl ins Stadtpräsidium. Erich Fehr wurde mit 65% der Stimmen deutlich bestätigt. Feurer erhielt die Zustimmung von 25% der Bieler Wahlberechtigten. Die Wahlbeteiligung für das Präsidium lag bei 32,9% und damit leicht höher als die Beteiligung für die Gemeinderatswahlen (32,6%). Der Systemwechsel scheint sich damit positiv auf die Partizipation ausgewirkt zu haben, nahmen doch vier Jahre zuvor nur gerade 28,4% der Bielerinnen und Bieler ihr Wahlrecht wahr. Für Freude sorgte das Wahlergebnis auch bei der Schwulenorganisation Pink Cross, leben doch drei der fünf Gemeinderätinnen und –räte in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung: die Gay Community erhoffe sich von der homosexuellen Mehrheit in der Stadtbieler Exekutive mehr Gehör für die eigenen Anliegen.

Ersatzwahl Stadtregierung Genf 2012

Die Wahl von Pierre Maudet (fdp) in den Genfer Regierungsrat zog Ersatzwahlen für die Stadtregierung nach sich. Schon kurz nach der Wahl des früheren Maire in die kantonale Exekutive fing sich das Kandidatenkarussell für die Nachfolge zu drehen. Die SVP, die als Gegenzug für ihre Unterstützung für Stauffer (mcg) bei den Ersatzwahlen in den Genfer Staatsrat vom MCG unterstützt wurde, nominierte den Gemeinderat Eric Bertinat. Aber auch die FDP und die CVP kündigten ihre Absicht an, den bürgerlichen Sitz in der linksgrün dominierten Stadtregierung verteidigen zu wollen – erst vor einem Jahr war die Zusammensetzung 2 SP, 1 GP, 1 Ensemble à Gauche (EaG), 1 FDP bestätigt worden. Die Linke hatte damals allerdings auf Kosten des MCG die Mehrheit im Parlament der Stadt verloren. Trotz dieses Umstandes und der deutlichen Regierungsmehrheit kündigte die Partei der Arbeit die Kandidatur von Salika Wenger an, die allerdings mit Ausnahme der Juso auf keine grosse Unterstützung seitens der SP und der GP stiess. Für einige Diskussionen sorgte auch die Kandidatenkür der bürgerlichen Entente aus CVP und FDP. Zwar war man sich einig, dass nur eine Kandidatur aufgestellt werden soll, aber sowohl in der FDP als auch in der CVP gab es valable Kandidaten. Erst Mitte August entschloss sich die FDP, ihren Sitz nicht zu verteidigen und stattdessen den CVP-Kandidaten Guillaume Barazzone zu unterstützen. Der FDP gleich tat es die GLP. Die bürgerliche Einheit wurde allerdings noch vor den Wahlen auf eine harte Probe gestellt: bei der einem Gemeindereferendum unterstellten Frage zum Bau von 50 Fussgängerzonen waren die beiden Bündnispartner nicht gleicher Meinung. Als vierter Kandidat und als Unabhängiger stieg Didier Bonny ins Rennen. Bonny war ein Jahr zuvor aus der CVP ausgetreten nachdem ihm Michel Chevrolet als Kandidat für die damaligen Gesamterneuerungswahlen in den Genfer Stadtrat vorgezogen worden war. Es wurde erwartet, dass der eher links der Mitte politisierende Bonny einige Stimmen aus dem linken Lager auf sich vereinen und dass deshalb ein zweiter Wahlgang möglich werden könnte. Dazu kam es dann aber nicht. Guillaume Barazzone konnte – erstmals nach 22 Jahren – für die Christdemokraten den frei gewordenen Sitz und eine Regierungsbeteiligung in der Genfer Stadtexekutive gewinnen. Er erhielt die Unterstützung von 44,7% der Stadtgenfer Wahlberechtigten (13'232 Stimmen) und damit mehr als doppelt so viele Stimmen wie der zweitplatzierte Eric Bertinat (6'461 Stimmen). Keine Chancen auf einen Wahlsieg hatten auch Salika Wenger (5'963 Stimmen) und Didier Bonny (3'915 Stimmen). Nach dem Wahlerfolg der Entente bei den kantonalen Ersatzwahlen, spielte die Zusammenarbeit also auch auf kommunaler Ebene. Während Bertinat die mangelnden finanziellen Ressourcen beklagte und darauf hinwies, dass die geringe Partizipationsrate – lediglich 27% hatten an den Ersatzwahlen teilgenommen – ein Zeichen für einen Protest gegen die Stadtregierung und die Entente sei, freute sich Wenger über die 20% Wählerstimmen, die einen neuen Rekord für die PdA bedeuteten.

Kommunale Wahlen Bern 2012

Für den fünfköpfigen, im Proporzverfahren zu wählenden Gemeinderat (Exekutive) waren drei Sitze vakant. Die in den Nationalrat gewählte Regula Rytz (kommunal: gb; national gp) sowie Edith Olibet (sp) und Barbara Hayoz (fdp) traten nicht mehr an. Obwohl Hayoz fast zwei Jahre vor den Wahlen ihren Rücktritt auf Ende Legislatur angekündigt hatte, ging es lange, bis die FDP mögliche Nachfolger präsentieren konnte. Bernhard Eicher, Fraktionspräsident der FDP im Stadtrat und Alexandre Schmidt wurden Mitte Januar auf den Schild gehoben. Auch die SVP musste, nachdem der als gemässigt geltende Bernd Schildger abgesagt hatte, lange nach Kandidierenden suchen. Die FDP wollte mit der SVP mit einer gemeinsamen Liste antreten, machte dieser aber die Auflage, gemässigte Vertreterinnen und Vertreter zu portieren. Damit wurde eine Kandidatur des als Hardliner bekannten Erich Hess zum vornherein verhindert. Mit Beat Schori, der bereits früher erfolglos zu Gemeinderatswahlen angetreten und vor zwei Jahren eigentlich aus der Politik zurückgetreten war, Rudolf Friedli und Sylvia Lafranchi nominierte die SVP dann gleich drei Kandidierende, was bei der FDP prompt zu Irritation führte, da abgemacht gewesen sei, dass man sich gemeinsam um die Besetzung des fünften Listenplatzes kümmern wolle. Nur wenige Tage nach der Nomination trat Lafranchi allerdings von ihrer Nomination zurück und aus der SVP aus. Nachnominiert wurde Karin Hess-Meyer, die erst kurz nach der Nomination der SVP beitrat. Nachdem die Differenzen zwischen FDP und SVP bereinigt waren, traten die beiden unter dem Namen bürgerliches Bündnis auf. Auf der Mitte-Liste fanden sich neben dem bisherigen Reto Nause, der für die CVP antrat, Stadtrat Matthias Stürmer (evp), Claude Grosjean (glp) und Grossrätin Vania Kohli (bdp). Auf den fünften Listenplatz wurde Mitte Juni Statdrätin Béatrice Wertli (cvp), die 2012 das Amt der CVP Generalsekretärin wieder übernahm, gesetzt. Für die SP stiegen der amtierende Stadtpräsident Alexander Tschäppät und Nationalrätin Ursula Wyss ins Rennen. Um die restlichen drei Plätze auf der Liste des seit 20 Jahren in Mehrheit regierenden Rot-Grün-Mitte-Bündnisses (RGM) entbrannte sowohl innerhalb des Grünen Bündnisses (GB) als auch innerhalb der Grünen Freien Liste (GFL) ein Konkurrenzkampf. Hauchdünn entschied sich die GFL schliesslich für Tania Espinoza und für das GB wurde Nationalrätin Franziska Teuscher nominiert. Der fünfte Platz blieb leer. Einen eigentlichen Eiertanz gab es um das Amt des Stadtpräsidiums. Klar war, dass der amtierende Tschäppät (sp) wieder antreten würde. Mitte Juni kündigte Vania Kohli (bdp) an, ebenfalls für das Präsidium kandidieren zu wollen, falls weder FDP noch SVP einen Kandidaten nominieren würden. Da beide Parteien dies aber umgehend taten – Schori (svp) und Schmidt (fdp) stellten sich unter der Bedingung zur Verfügung, dass Kohli ebenfalls antritt – zog die BDP-Politikerin ihre Kandidatur zwei Tage später wieder zurück. Die beiden Kandidaten des bürgerlichen Bündnisses traten hingegen gegen Tschäppät an. Der Wahlkampf wurde als langweilig empfunden, zu klar war die Favoritenrolle des RGM-Bündnisses, dem auch aufgrund der bisher geleisteten Arbeit Respekt von bürgerlicher Seite gezollt wurde, und als zu schwach wurde die bürgerliche Herausforderung betrachtet. Erstaunlicherweise wurden drängende Fragen zu Reithalle, Hauptstadtregion, Fachhochschulstandort, Stadttheater oder Finanzprobleme im Wahlkampf kaum erörtert. Die drei vakanten Sitze änderten bei den Wahlen Ende November dann auch tatsächlich nichts an der rot-grünen Mehrheit im Gemeinderat. Sowohl Alexander Tschäppät (20'932 Stimmen) als auch Reto Nause (9'320 Stimmen) wurden wiedergewählt. Am meisten Stimmen holte hingegen die neu angetretene Ursula Wyss (21'318 Stimmen), die ankündigte, in der Wintersession aus dem Nationalrat zurückzutreten. Den Sitz des Grünen Bündnisses verteidigte Franziska Teuscher: mit 19'512 Stimmen lag sie auf dem dritten Platz in der Wählergunst. Auch die FDP konnte ihren Gemeinderatssitz mit Alexandre Schmidt (8'123 Stimmen) halten. Das RGM-Bündnis erhielt insgesamt 59% der Stimmen; im Vergleich zum Vorjahr konnte es seine Unterstützung also noch um drei Prozentpunkte steigern. Keine Chance hatten die Herausforderer: das bürgerliche Bündnis erhielt 22,8% der Wählerstimmen und die Mitte-Liste erzielte 18,2%. Reto Nauses Wiederwahl gelang unter anderem auch aufgrund von zahlreichen Panaschierstimmen. Alexander Tschäppät war wie schon vier Jahre zuvor (damals hinter Regula Rytz) zwar nur auf dem zweiten Platz seiner Liste, wurde aber deutlich wieder zum Stadtpräsidenten gewählt. Er erhielt 69,9% der Stimmen für das Stadtpräsidium. Beat Schori (16,8%) und Alexandre Schmidt (13,3%) hatten wie erwartet keine Chance gegen den Sozialdemokraten, der damit seine letzte Amtsperiode antrat. Neu wies der Gemeinderat keine Frauenmehrheit mehr auf.

Für den 80-köpfigen Stadtrat (Legislative) kandidierten 182 Bernerinnen und 282 Berner auf 18 Listen; damit war der Ansturm etwas geringer als vier Jahre zuvor (491 Kandidierende). 69 Bisherige wollten ihre Sitze verteidigen. Die stark zersplitterte Linke mit der neu antretenden Alternativen Linken (AL), der erstmalige Antritt der Piratenpartei und die erstarkte GLP (bisher: 4 Sitze) bedrohten die Dominanz des Rot-Grün-Mitte-Bündnisses (RGM) aus SP und Juso (20 Sitze), Grüner freier Liste (GFL, 9 Sitze) und Grünem Bündnis (GB, 8 Sitze). Weil die Juso anders als vor vier Jahren mit einer eigenen Liste antrat und die Kleinparteien Junge Alternative (JA, 2 Sitze), PdA (1 Sitz) sowie die Grüne Partei Bern zusammen mit der Demokratischen Alternative (GPB-DA, 2 Sitze) ihre Mandate verteidigen wollten, war das Gerangel im linken Lager gross. Die Linksaussen-Parteien PdA, GPB-DA, und AL verbanden ihre Listen. Ihr Ziel war der Gewinn mindestens eines zusätzlichen Sitzes, um Fraktionsstärke zu erreichen. Der Angriff von Mitte-Rechts war vielversprechend, weil es mit dem Verschwinden zweier Splitterparteien – jene des Altrockers Jimmy Hofer, die 2008 zwei Sitze gewinnen konnte sowie des Bürgerforums „die Mitte“ (1 Sitz) – zu einer Flurbereinigung gekommen war. Die SVP (8 Sitze), die FDP (9 Sitze), die junge FDP (1 Sitz) und die SD (1 Sitz) gingen wie bereits vier Jahre zuvor eine Listenverbindung ein. Die BDP (6 Sitze), die CVP (3 Sitze) und die EVP (2 Sitze) verbanden ihre Listen zusammen mit der GLP. RGM verband sich auch mit der Jungen Alternativen. Nur die EDU (1 Sitz) und die Piratenpartei traten ohne Listenpartner an. Bei den Wahlen Ende November führte die Stadtberner Wahlbevölkerung die Flurbereinigung fort: Neben der FDP (neu: 8 Sitze, 10%), bei der die Mutterpartei einen Sitz abgeben musste und die Jungfreisinnigen ihren 2008 gewonnen Sitz verloren, und der GFL (neu: 8 Sitze, 9,4%), die einen Sitz zugunsten des GB (neu: 9 Sitze, 10,4%) abgeben musste, liessen lediglich die kleinen Parteien Federn. Nach ihrem jeweiligen Sitzverlust nicht mehr im Parlament vertreten sind die SD (0,9%) und die EDU (1,2%). Die kleinen Parteien im linken Spektrum blieben nach internen Verschiebungen auf ihren drei Mandaten: die PdA (1,0%) konnte ihren Sitz halten und die AL (1,5%) einen Sitz gewinnen, aber die GPB-DA musste einen Sitz abgeben (neu 1 Sitz, 1,8%). Auch die JA hatten den Verlust eines ihrer beiden Sitze zu beklagen (neu: 1 Sitz, 2,1%). Der BDP-EVP-CVP-Verbund konnte die insgesamt elf Sitze halten, allerdings kam es auch hier zu leichten Verschiebungen: die EVP (3,1%) konnte ihre beiden Sitze halten, während die CVP (neu 2 Sitze, 2,8%) einen Sitz verlor und die BDP (neu 7 Sitze, 7,8%) einen gewinnen konnte. Eigentliche Profiteure dieser Flurbereinigung – sassen vor den Wahlen noch 18 Gruppierungen im Stadtparlament, waren es für die Legislatur 2013 bis 2016 noch dreizehn – waren die SP, die GLP und die SVP. Die SP konnte drei Sitze gewinnen und war mit 23 Sitzen (26,8%) mit Abstand stärkste Partei. Die Juso (1,1%) verpasste einen Sitz knapp. Die SVP konnte die beiden vor vier Jahren verlorenen Sitze zurückerobern (neu 10 Sitze, 11,1%) und die GLP machte einen Sprung von vier auf sieben Sitze (8,1%). Insgesamt konnte das RGM-Bündnis damit seine Vormachtstellung ein wenig ausbauen. Die Wahlsiegerin SP wird aber nach wie vor auf Bündnispartner angewiesen sein. Die Wahlbeteiligung lag bei 37,7% und war damit geringer als noch vor vier Jahren (43,5%), der Frauenanteil hatte sich hingegen auf 47,5% erhöht (2008: 41,2%).