Der Ständerat begann in der Sommersession mit der Beratung des neuen Berufsbildungsgesetzes (BBG), das als indirekter Gegenvorschlag zur «Lehrstelleninitiative» (siehe unten) eine Aufwertung der Berufsbildung und ein verstärktes finanzielles Engagement des Bundes in diesem Bereich anstrebt. Inhaltlich schuf er nur wenige Differenzen zum Nationalrat. Gegen einen Antrag der Mehrheit der Kommission (WBK-SR), die fand, der Markt reguliere sich selber, sprach sich die kleine Kammer mit 18 zu zwölf Stimmen dafür aus, dass der Bund bei Lehrstellenmangel befristete Massnahmen ergreifen kann. Auch Bundesrat Pascal Couchepin setzte sich für diese Bestimmung ein, die einen Rückzug der «Lehrstelleninitiative» ermögliche. Anders als die grosse Kammer war der Ständerat aber der Ansicht, dass der zwingende Unterricht einer Fremdsprache in der Lehre nicht angebracht sei. Dies würde viele Lehrlinge überfordern; in nur einer Stunde pro Woche lerne man ohnehin nicht viel, der Bundeskasse bringe der Verzicht auf den Fremdsprachenunterricht aber CHF 40 Mio. Die gewichtigste Differenz schuf die kleine Kammer bei der Finanzierung, wo sie den Anteil des Bundes auf lediglich 25 Prozent festlegen wollte. Der Nationalrat hatte sich im Vorjahr für 27.5 Prozent ausgesprochen. Der Entscheid fiel mit Blick auf die Bundeskasse und die Schuldenbremse mit dem Argument, es sei nicht sinnvoll, im Gesetz Beiträge einzusetzen, die mit dem Budget nicht vereinbar seien. Damit wurde die Beteiligung des Bundes an der Berufsbildung um circa CHF 65 Mio. auf rund CHF 625 Mio. vermindert. Ebenfalls eine bedeutende Korrektur nahm der Ständerat beim Berufsbildungsfonds vor: Der Bundesrat soll ganze Branchen erst dann zu Beiträgen verpflichten können, wenn sich mindestens die Hälfte der Betriebe beteiligt, die 50 Prozent der Lehrlinge angestellt haben. Der Nationalrat hatte die Grenze bei je 30 Prozent gesetzt. Im Differenzbereinigungsverfahren beharrten beide Kammern vorerst auf ihren Positionen. Nach der Einigungskonferenz schloss sich der Nationalrat in der Frage der Fremdsprache und bei der Bundesbeteiligung (25 Prozent) dem Ständerat an; durchsetzen konnte er sich hingegen beim Berufsbildungsfonds (Quorum von 30 Prozent). In der Schlussabstimmung wurde das neue Berufsbildungsgesetz von beiden Kammern einstimmig angenommen.