Der Ständerat behandelte als Erstrat die Ratifikation der UNO-Konvention über die Rechte des Kindes. Dieses Abkommen konkretisiert die beiden UNO-Menschenrechtspakte für die Lebensbereiche des Kindes, wobei grundsätzlich jeder Mensch bis zum 18. Altersjahr als Kind gilt. Die schweizerische Rechtsordnung genügt in weiten Teilen den Anforderungen des Übereinkommens. Wo das nicht der Fall ist (Recht auf Familiennachzug für die Kinder ausländischer Wanderarbeitnehmer, Trennung von Jugendlichen und Erwachsenen im Strafverfahren und -vollzug, Bürgerrecht) hatte der Bundesrat bereits in seiner Botschaft punktuelle Vorbehalte beantragt. Das UNO-Abkommen war bereits im letzten Jahr im Ständerat traktandiert, dessen Beratung wurde dann aber kurzfristig ausgesetzt. Anlässlich ihres ersten offiziellen Besuchs in der Schweiz appellierte auch die neue UNICEF-Exekutivdirektorin an das eidgenössische Parlament, die Konvention möglichst rasch zu ratifizieren. 187 Staaten haben das Abkommen bereits früher ratifiziert. Abseits standen zum Zeitpunkt der parlamentarischen Diskussionen nur noch die Vereinigten Arabischen Emirate, Cook Island, Oman, Somalia und die USA
Die Debatte in der kleinen Kammer hatte über weite Strecken wenig bis nichts mit dem Schutz der Kinder zu tun, wohl aber mit generellen juristischen Überlegungen. Carlo Schmid (cvp, AI) beantragte dem Rat, auf die Vorlage überhaupt nicht einzutreten. Er drückte sein Unbehagen über das zunehmende Einfliessen von direkt anwendbaren völkerrechtlichen Bestimmungen in die schweizerische Rechtsordnung aus. Zudem machten ihm einzelne Bestimmungen der Konvention Angst. Sie seien dazu angetan, die elterliche Gewalt auszuhöhlen und würden zu einer verstärkten Einmischung der Kinderschutzorganisationen und der Gerichte in innerfamiliäre Belange führen. Diesen Ausführungen hielt Christine Beerli (fdp, BE) entgegen, die Schweiz verfüge schon heute über einen umfassenden Kinderschutz, weshalb der Beitritt zur Konvention keine Änderung des innerstaatlichen Rechts erfordere. Das Abkommen äussere sich nicht zu Erziehungsmitteln und -grundsätzen, und das Gleichgewicht zwischen Führungsanspruch der Eltern und Rechten der Kinder bleibe unangetastet. Der Nichteintretensantrag unterlag schliesslich mit 35 zu 4 Stimmen.
Wenn die Ratifizierung schon nicht abzuwenden war, so wollte Carlo Schmid, unterstützt von Maximilian Reimann (svp, AG), Franz Wicki (cvp, LU), Bruno Frick (cvp, SZ) und einigen weiteren Ratskollegen, die Konvention zumindest mit einem generellen Vorbehalt versehen. Danach sollte die Schweiz erklären, dass das Übereinkommen innerstaatlich keine direkte Anwendung findet. Aus den bereits in der Eintretensdebatte angeführten Gründen verneinte die Mehrheit des Rates die Notwendigkeit eines derartigen Vorgehens. Bundesrat Flavio Cotti und Kommissionssprecher Hans Danioth (cvp, UR) machten auf die internationalen Implikationen eines generellen Vorbehalts aufmerksam. Insbesondere Cotti erklärte, der Aufschub der Ratifikation habe dem Ansehen der Schweiz im Ausland bereits erheblich geschadet. Auch in diesem Punkt konnte sich der Antrag Schmid – obgleich etwas weniger deutlich – mit 30 zu 9 Stimmen nicht durchsetzen.
Ganz auszuräumen vermochten die Befürworter der Vorlage die Bedenken der konservativen Kreise des Rates dennoch nicht. In der Detailberatung nahm der Ständerat auf Antrag seiner Kommission (SGK-NR) einen weiteren punktuellen Vorbehalt an, wonach die Gesetzgebung über die elterliche Sorge Vorrang gegenüber der Konvention hat. Vergeblich plädierten die beiden Freisinnigen Forster (SG) und Leumann (LU) dafür, diesen Vorbehalt nicht einzufügen. Er erwecke erst den Eindruck, dass es zwischen dem schweizerischen Verständnis der elterlichen Gewalt und der Konvention einen Widerspruch gebe, was dem internationalen Image der Schweiz nur Schaden zufügen könne. Der Rat zog es aber mit 28 zu 9 Stimmen vor, «ein innenpolitisches Zeichen zu setzten». Die bereits vom Bundesrat vorgeschlagenen Vorbehalte waren unbestritten, weshalb die Vorlage schliesslich mit 37 zu 1 Stimmen angenommen wurde. Ein letzter Versuch, die Konvention vielleicht später doch noch zu kippen, nämlich ein Minderheitsantrag Reimann/Schmid auf Unterstellung unter das fakultative Staatsvertragsreferendum unterlag mit 34 zu 7 Stimmen.
UNO-Konvention über die Rechte der Kinder