Initiative «gegen den Missbrauch des Bankgeheimnisses und der Bankenmacht»

Bestimmt hatte der «Chiasso-Skandal» und noch weitere publikgewordene Bankskandale der Sozialdemokratischen Partei das Sammeln von Unterschriften für ihre Initiative«gegen den Missbrauch des Bankgeheimnisses und der Bankenmacht» erheblich erleichtert. Die Volksinitiative konnte im Herbst mit 121'882 gültigen Unterschriften eingereicht werden.

Wesentlich einschränkendere Vorschriften möchte eine 1979 von den Sozialdemokraten eingereichte Volksinitiative einführen. So soll sich die Auskunftspflicht der Banken gegenüber in- und ausländischen Behörden auch auf Fälle der Steuerhinterziehung und des Kapitalexports erstrecken. Im weiteren sollen die Publizitätsbestimmungen erweitert und sämtliche Beteiligungen offengelegt werden, wobei die höchstzulässigen wirtschaftlichen Verflechtungen durch ein Gesetz definiert würden. Als letzter Punkt wird die Schaffung einer obligatorischen Einlageversicherung postuliert. Der Bundesrat bekundet in seiner im Berichtsjahr veröffentlichten Botschaft für einige dieser Anliegen ein gewisses Verständnis, die Lösungsvorschläge gehen ihm aber mit Ausnahme der Einlageversicherung zu weit. Er lehnt deshalb das Volksbegehren ab und stellt ihm auch keinen Gegenvorschlag gegenüber. Er weist in seiner Begründung darauf hin, dass bestimmte Neuerungen, wie etwa die Aufhebung des Bankgeheimnisses bei Ermittlungen wegen Steuerbetrugs, bereits beschlossen worden sind und andere, wie etwa die Verbesserung der Transparenz der Bilanzen im Rahmen der zur Zeit laufenden Revisionen des Bankgesetzes und des Aktienrechts, vorgenommen werden können. Die bürgerlichen Parteien und die Bankiervereinigung reagierten auf die Ausführungen des Bundesrates vorwiegend positiv. Für die SP hingegen sind die in der Botschaft angeführten Bestrebungen ungenügend und zudem sei deren Verwirklichung angesichts der bürgerlichen Parlamentsmehrheit noch keineswegs gesichert; sie hält deshalb an ihrer Initiative fest.

Ein herausragendes bankenpolitisches Thema bildete 1983 die Auseinandersetzung um das schweizerische Bankgeheimnis. Von der politischen Linken wurde betont, die besondere Ausgestaltung des Bankgeheimnisses begünstige die Steuerhinterziehung und wirke als Magnet für ausländisches Fluchtgeld. Die Lockerung des Bankgeheimnisses gegenüber den Steuerbehörden und die Verbesserung der internationalen Rechtshilfe in Steuersachen sind wesentliche Punkte der von der SPS 1979 eingereichten Bankeninitiative. Nach dem negativen Entscheid des Bundesrates vom Vorjahr verwarf nun auch das eidgenössische Parlament die Volksinitiative, ohne ihr einen Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Neben den Sozialdemokraten setzte sich nur gerade die PdA/PSA/POCH-Fraktion für das Begehren ein. Als Hauptargumente der Gegner dienten einerseits der Schutz der Persönlichkeitssphäre in Vermögensangelegenheiten und andererseits der Wunsch, die Banken als wichtige Quelle des Wohlstandes der Schweiz in ihrer Handlungsfreiheit nicht zu sehr einzuschränken. Die bürgerlichen Sprecher unterstrichen das Vorhandensein von Mechanismen zur Selbstkontrolle der Banken bei der Entgegennahme von Fremdgeldern; eine zentrale Rolle spiele dabei die Vereinbarung über die Sorgfaltspflicht. Ein Vertreter der LdU/EVP-Fraktion stufte das Volksbegehren als Attacke gegen die liberale Wirtschaftsordnung ein. Votanten der SPS hoben hervor, dass die Initiative sich nicht gegen die Banken richte; deren Tätigkeit müsse aber ethischen und moralischen Kriterien standhalten. Die ungehemmte Annahme von «schmutzigen Geldern» habe das Ansehen der Schweiz im Ausland geschädigt.

Im anlaufenden Abstimmungskampf erhielt die sozialdemokratische Bankeninitiative Unterstützung durch den Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB). Zudem startete die Aktion Finanzplatz Schweiz — Dritte Welt eine Kampagne zugunsten des Begehrens ; die Aktion konzentrierte sich dabei auf die Fluchtgeldproblematik. Auf der Seite der Initiativgegner zeichnete sich vor allem ein weitreichendes Engagement der Banken ab.

Im politischen Bereich stand 1984 für die Banken die Volksabstimmung über die Bankeninitiative der SPS im Mittelpunkt des Interesses. Da es sich dabei nach Ansicht der Banken um einen grundlegenden Angriff nicht nur auf ihre eigene Stellung, sondern auf die Wirtschaftsverfassung und die Freiheitsrechte des Einzelnen handelte, erstaunt es nicht, dass der Abstimmungskampf mit grossem personellem und materiellem Einsatz geführt wurde. Dabei kam den Banken zugut, dass sie als wichtige Wirtschaftsbranche ohnehin seit Jahren in den Massenmedien Imagepflege betreiben (z.B. regelmässige Anzeigeseiten in der Presse sowie TV-Spots) und nun auf diesem Weg ihre Meinung zu den vom Volksbegehren aufgeworfenen Fragen verbreiten konnten. Da sie sich hüteten, die Bankeninitiative in der Fernsehwerbung direkt zu erwähnen – dies wäre gemäss den Statuten des Werbefernsehens unerlaubte politische Propaganda – lehnten das EVED und auch das Bundesgericht eine von der SP eingereichte Beschwerde ab.

Unter den Parteien fand die SP lediglich bei der äusseren Linken und der NA Unterstützung; dazu gesellte sich noch als einziger wichtiger Verband der SGB. In der Abstimmung vom 20. Mai wurde das Begehren mit 464'637 Ja zu 1'258'964 Nein deutlich abgelehnt . Eine unmittelbar nach dem Urnengang vorgenommene Analyse auf Befragungsbasis ergab, dass es der SP nicht einmal gelungen war, ihre eigenen Sympathisanten eindeutig für ihren Vorstoss zu erwärmen. Bei den Entscheidmotiven der Befürworter überwog der Wunsch nach einer effektiveren Bekämpfung der Steuerhinterziehung das Interesse an einer Abwehr von sogenannten Fluchtgeldern. Für die Mehrheit der Gegner war die Furcht vor einer Bedrohung der Privatsphäre ausschlaggebend; daneben wurde auch die Gefahr einer Beeinträchtigung schweizerischer Wirtschaftsinteressen relativ häufig erwähnt.


Abstimmung vom 20. Mai 1984

Beteiligung: 42.5%
Ja: 464'637 (26.9%)
Nein: 1'258'964 (73.1%)

Parolen:
– Ja: GPS, PdA, PSA, Poch, SD/NA (1*), SP; SGB
– Nein: CVP, EDU, EVP (3*), FDP, LdU (2*), LPS, Rep., SVP; Vorort, SAV, SBV, SGV, VSA
* Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Lockerung des Bankgeheimnisses bei Vergehen gegen ausländische Steuergesetze (Mo. 78.321)

Einem Hauptanliegen der SP-Initiative «gegen den Missbrauch des Bankgeheimnisses und der Bankenmacht», nämlich der Lockerung des Bankgeheimnisses bei Vergehen gegen ausländische Steuergesetze, trug der Nationalrat teilweise Rechnung, indem er beschloss, dass die Schweiz in Zukunft bei Fällen von Steuerbetrug (nicht aber bei Steuerhinterziehung) internationale Rechtshilfe leisten könne. Eine weitere Forderung der SP-Initiative besteht in der Verbesserung des Schutzes der Kleinsparer. In dieselbe Richtung zielt auch ein Vorstoss des freisinnigen Nationalrates Schatz (fdp, SG). Seiner Motion, welche die Einführung der Versicherungspflicht für Sparheft- und ähnliche Einlagen bis zu einer begrenzten Höhe verlangt, stimmte nach der Volkskammer auch der Ständerat oppositionslos zu. Nach der Meinung der Bankiervereinigung ist eine derartige Versicherung überflüssig, da durch das Sparerprivileg bei Konkursen solche Anlagen ausreichend geschützt seien.

Bankgeheimnis Insideroperationen (BRG. 82.305)

Obwohl das schweizerische Bankgeheimnis auch den Interessen der Banken entspricht, können sich daraus doch ernsthafte Komplikationen für den Geschäftsbetrieb ergeben. So gerieten schweizerische Bankfirmen ins Schussfeld amerikanischer Gerichte, welche mit der Aufklärung von illegalen Börsentransaktionen (Insideroperationen) befasst waren. Da dieser Tatbestand in der Schweiz nicht strafbar ist, darf das Bankgeheimnis zu seiner Verfolgung auch im Rahmen des internationalen Rechtshilfeabkommens nicht gebrochen werden. Als Gegenmassnahme und Druckmittel drohten die US-Behörden den betroffenen Banken den Ausschluss von den Börsen an.

Bericht der Fiskalkommission der OECD zum Problembereich Bankgeheimnis und Steuerfragen

Einige Aufregung bei Banken und Politikern verursachte ein anfangs 1985 veröffentlichter Bericht der Fiskalkommission der OECD zum Problembereich Bankgeheimnis und Steuerfragen. Darin wurde dem OECD-Rat beantragt, den Mitgliedsstaaten zu empfehlen, das Bankgeheimnis gegenüber in- und in einer späteren Phase auch gegenüber ausländischen Steuerbehörden generell aufzuheben. Mit Unterstützung von seiten Österreichs und Luxemburgs konnten die Vertreter der Schweiz bei der OECD erreichen, dass der Rat auf die Empfehlungen nicht eintrat. Die Aktivität der Schweizer Banken in dem wegen seiner Rassenpolitik weltweit kritisierten Südafrika soll nach der Meinung des Parlaments und der Regierung nicht untersagt werden. Eine Motion Leuenberger (sp, SO), die zumindest ein Verbot für Bankkredite an staatliche südafrikanische Stellen gefordert hatte, wurde lediglich in Postulatsform überwiesen. Der Bundesrat will immerhin darüber wachen, dass die Banken nicht von Boykottbeschlüssen anderer Staaten profitieren und ihre Geschäfte über das Volumen der vergangenen Jahre (courant normal) ausdehnen.

Abschaffung des staatlich sanktionierten Bankgeheimnisses

Im Nationalrat unternahm Ziegler (sp, GE) einen neuen Versuch zur Abschaffung des staatlich sanktionierten Bankgeheimnisses. Bundesrat Villiger machte den von einem guten Teil der SP-Fraktion unterstützten Motionär einmal mehr darauf aufmerksam, dass bei kriminellen Tatbeständen, die auch in der Schweiz als solche gelten, das Bankgeheimnis aufgehoben ist und zudem auch andere europäische Staaten vergleichbare Regelungen kennen würden. Der Vorstoss wurde vom Plenum mit 75:42 Stimmen abgelehnt. In diesem Zusammenhang gab Villiger auch einen kritischen Kommentar zur Forderung der OECD ab, das Bankgeheimnis nicht nur bei Steuerbetrug, sondern bereits bei Steuerhinterziehung abzuschaffen: einige der europäischen Staaten, welche den internationalen Steuerwettbewerb am lautesten beklagten, würden zu jenen gehören, welche Grossverdiener und Privatfirmen mit Steuervergünstigungen und Subventionen köderten.

Bankgeheimnis

Der Druck internationaler und supranationaler Organisationen auf das Bankgeheimnis verstärkte sich im Berichtsjahr. In seiner Antwort auf eine Interpellation Schlüer (svp, ZH) nahm der Bundesrat kritisch Stellung zu Empfehlungen, welche der OECD-Ministerrat zur Einschränkung des von ihm als schädlich taxierten Steuerwettbewerbs formuliert hatte. In diesem Text war auch Kritik am Bankgeheimnis angebracht worden, insofern dieses den Informationsaustausch zwischen den staatlichen Behörden verhindere. Die EU ihrerseits hatte im sogenannten Steuerkompromiss des Europäischen Rates am Gipfel von Feira (Portugal) beschlossen, längerfristig einen obligatorischen Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden über Zinsauszahlungen an Bürger anderer EU-Staaten einzuführen. Als befristete Übergangslösung kann an dessen Stelle auch eine Zinsbesteuerung eingeführt werden. Wichtig für die Schweiz in diesem Zusammenhang war, dass auf Verlangen von Staaten mit einem ähnlich verfassten Bankgeheimnis wie die Schweiz (Luxemburg und Österreich) beschlossen wurde, von wichtigen Nicht-EU-Staaten eine gleichwertige Regelung zu verlangen. Im Spätherbst einigte man sich in der EU über den Inhalt einer entsprechenden Richtlinie; der einstimmig zu erfolgende Entscheid darüber wurde aber noch nicht gefällt. Angesichts dieser zunehmenden Attacken auf das schweizerische Bankgeheimnis berief Bundesrat Villiger eine Expertengruppe ein, welche Abwehrstrategien entwickeln soll. In mehreren Erklärungen hielt der Bundesrat fest, dass die Schweiz am Bankgeheimnis festhalten werde und die in der Schweiz praktizierte Quellensteuer auf Zinsen eine valable Alternative im Kampf gegen Steuerhinterziehung darstelle. Die zur Zeit nur auf inländischen Wertpapieren erhobene Abgabe könnte durch eine neue Abgabe auf den Zinserträgen ausländischer Anlagen nach dem Zahlstellenprinzip ergänzt werden. Gegen den Widerstand der SP- und GP-Vertreter unterstützte die WAK des Nationalrats diese Haltung der Regierung.

widersetzte sich Bundesrat wegen des Bankgeheimnisses vehement einem automatischen Meldeverfahren

Die EU will die effiziente Besteuerung von Zinserträgen sicherstellen und beabsichtigt, zu diesem Zweck einen automatischen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten einzuführen. Um Umgehungen des künftigen EU-Rechts zu vermeiden, ist sie daran interessiert, dass Drittstaaten gleichwertige Massnahmen anwenden. Diese Massnahmen bilden Gegenstand der zweiten Runde bilateraler Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU. Mit der Verrechnungssteuer kennt die Schweiz ein System der Quellenbesteuerung, das zusammen mit einer moderaten Einkommenssteuer eine effektive Besteuerung von Zinserträgen sicherstellt. In den Vorgesprächen widersetzte sich der Bundesrat, sekundiert von der Schweizerischen Bankiervereinigung, wegen des Bankgeheimnisses vehement einem automatischen Meldeverfahren, wie es die EU vorsah. Stattdessen schlug er eine Zahlstellensteuer auf ausländischen Zinserträgen vor und forderte, dass die EU-Lösung auch für die abhängigen und assoziierten Gebiete der EU-Mitgliedstaaten, insbesondere für die britischen Kanalinseln, gelte. (Siehe auch hier)

Bankkundengeheimnis

Die Verhandlungsführung des Bundesrats wurde von den bürgerlichen Regierungsparteien voll unterstützt. Die SVP-Fraktion reichte im Nationalrat eine parlamentarische Initiative ein, um das „Bankkundengeheimnis“ in der Bundesverfassung zu verankern. Vor allem mit dem Argument, dem Bundesrat für seine Verhandlungen mit der EU den Rücken zu stärken, beschloss die WAK des Nationalrats, dem Plenum diesen Vorstoss zur Annahme zu empfehlen. Analoge Standesinitiativen, zu denen die SVP in den kantonalen Parlamenten den Anstoss gegeben hatte, deponierten die Kantone Aargau, Genf und Tessin. Die SP, welche das Bankgeheimnis seit langem bekämpft, stellte sich hinter die Forderungen der EU; Nationalrat Tillmanns (sp, VD) reichte dazu eine entsprechende Motion ein.

Die im Vorjahr von der SVP-Nationalratsfraktion eingereichte parlamentarische Initiative für eine Verankerung des „Bankkundengeheimnisses“ in der Bundesverfassung wurde trotz Protesten und erfolglosen Ordnungsanträgen der SVP nicht vor den Parlamentswahlen, sondern erst in der Wintersession traktandiert: Der Antrag der WAK, der Initiative Folge zu geben und eine entsprechende Verfassungsvorlage auszuarbeiten, setzte sich gegen den Widerstand der SP und der GP durch. Die WAK war zwar nicht davon überzeugt gewesen, dass das auf Gesetzesebene definierte Bankgeheimnis durch eine Präzisierung von Art. 13 BV („Schutz der Privatsphäre“) explizit in den Verfassungsrang zu befördern sei. Angesichts der schwierigen Verhandlungen der Schweiz mit der EU im Rahmen der zweiten Bilateralen Abkommen hätte jedoch ihrer Ansicht nach eine Ablehnung der Initiative im Parlament ein falsches Zeichen nach Brüssel gesendet und die Verhandlungsposition des Bundesrates markant geschwächt. Mit demselben Argument gab der Ständerat vier analogen Standesinitiativen aus den Kantonen Aargau, Basel-Land, Genf und Tessin Folge.

Die Bankiervereinigung reagierte negativ auf die Ende 2003 von den bürgerlichen Abgeordneten der beiden Parlamentskammern praktisch einstimmig gutgeheissenen Vorstösse für die Verankerung des Bankgeheimnisses in der Bundesverfassung. Eine solche zusätzliche rechtliche Absicherung erachtete sie als überflüssig. Zudem wäre es ihrer Ansicht nach für den Ruf des schweizerischen Finanzplatzes wenig nützlich, darüber einen Abstimmungskampf durchzuführen und der Linken eine breite und international gut beachtete Plattform für ihre Kritik an den schweizerischen Banken und dem Bankgeheimnis zu geben.

Der Nationalrat sprach sich mit 112 zu 43 Stimmen gegen eine Verankerung des Bankkundengeheimnisses in der Bundesverfassung aus, wie dies die SVP-Fraktion mit einer parlamentarischen Initiative und die Kantone Aargau, Basel-Land, Genf, Tessin, Zug und Zürich mit Standesinitiativen gefordert hatten. Auch der Ständerat lehnte die sechs kantonalen Vorstösse ab. Noch Ende 2003 hatten die bürgerlichen Mehrheiten beider Parlamentskammern den SVP-Vorstoss unterstützt. Der Rat folgte mit dem jetzigen negativen Entscheid den Überlegungen der WAK beider Ratskammern, welche der Meinung waren, dass der rechtliche Schutz der Bankkunden vor Informationssammlern sowohl durch die Bundesverfassung (Art. 13, Schutz der Privatsphäre) als auch durch das Bankengesetz ausreichend gewährleistet sei. Wenn aus dem Ausland Forderungen nach der Aufhebung des Bankkundengeheimnisses laut würden, so hätten diese meist gar nichts mit diesem Prinzip an sich zu tun. Grund des Anstosses sei in der Regel vielmehr die schweizerische Steuergesetzgebung, welche einen strafrechtlichen Unterschied zwischen Steuerhinterziehung und -betrug macht und bei Hinterziehung keine internationale Rechtshilfe (welche auch in der Schweiz das Bankkundengeheimnis aufhebt) gewährt. Schliesslich sprachen gemäss der WAK auch politisch-taktische Gründe gegen den verlangten Verfassungsartikel: Die politische Auseinandersetzung anlässlich der obligatorischen Volksabstimmung wäre dem Ansehen des schweizerischen Finanzplatzes bei ausländischen Anlegern wenig förderlich.

Strafbestimmungen bei Verletzung des schweizerischen Bankgeheimnisses

Die sich häufende Kritik von ausländischen Regierungen an der fehlenden Auskunftspflicht der Banken gewisser Staaten, und darunter vor allem der Schweiz, bei Steuerhinterziehung führte in der Schweiz zu Gegenreaktionen. Nachdem sich Geheimdienstorgane Deutschlands auf illegale Weise Kundenlisten einer liechtensteinischen Bank beschafft hatten, reichten die SVP und die CVP je eine Motion für die Verschärfung der Strafbestimmungen bei Verletzung des schweizerischen Bankgeheimnisses ein. Auf Empfehlung des Bundesrates lehnte der Nationalrat diese Vorstösse mit 117 zu 56 resp. 95 zu 88 Stimmen ab. Die deutsche Bundeskanzlerin Merkel und ihr Finanzminister Steinbrück kündigten an, dass Deutschland das Ziel verfolge, bei Steuerhinterziehung von der Schweiz und anderen Staaten resp. ihren Banken volle Informationen einzufordern. An einem Kongress von Finanzministern aus einem Teil der OECD-Staaten wiederholte Steinbrück seine Angriffe auf die Schweiz als „Steuerparadies“ und „Hort für Steuerhinterziehung“.

Verteidigen wir die Schweiz! Das Bankgeheimnis muss in die Bundesverfassung

Im März lancierten die Lega dei Ticinesi und die Tessiner Sektion der SVP eine Volksinitiative mit dem Titel „Verteidigen wir die Schweiz! Das Bankgeheimnis muss in die Bundesverfassung“. Die Initiative verlangt praktisch eine Festschreibung der alten Rechtslage in der Verfassung. So soll die Schweiz ausländischen Behörden weiterhin dann und nur dann Rechtshilfe mit Aufhebung des Bankgeheimnisses gewähren, wenn die Handlung auch in der Schweiz strafrechtlich verfolgt wird, was bei der Steuerhinterziehung weiterhin nicht der Fall ist. Ab August beteiligte sich auch die Junge SVP aktiv an der Unterschriftensammlung.

Kein Erfolg beschieden war der eidgenössischen Volksinitiative „Verteidigen wir die Schweiz! Das Bankgeheimnis muss in die Bundesverfassung“. Die Initianten der Lega dei Ticinesi und der Tessiner und Jungen SVP brachten die nötigen Unterschriften nicht zusammen.

Lega lanciert Volksinitiative zum Schutz des Bankgeheimnisses

Schutz des Bankgeheimnisses (Mo. 10.3074)

Die öffentliche Debatte um die zukünftige Handhabung des Bankgeheimnisses und damit verbunden auch die Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug gegenüber ausländischen sowie inländischen Steuerbehörden und Bankkunden führte zu einer beträchtlichen Anzahl von Eingaben im Parlament, die wahlweise seine Verteidigung verlangten, aber auch seine Aufgabe und den Übergang zu einer allgemeinen Weissgeldstrategie des Finanzplatzes Schweiz forderten. Ihre Behandlung in den Räten stand im Berichtsjahr noch aus. Ausnahme bildete eine Motion, die vom Bundesrat zum Schutz des Bankgeheimnisses und zur Vermeidung kostspieliger Amtshilfeverfahren verlangt, die neuen Doppelbesteuerungsabkommen möglichst gemäss dem Prinzip der Abgeltungssteuer auszuhandeln. Demnach würden die Vermögens- und Kapitalertragssteuern ausländischer Bankkunden direkt an der Quelle erhoben und anonym an die Steuerbehörden jener Staaten überwiesen, in denen die Klientel steuerpflichtig ist. Im Juni nahm der Nationalrat als Erstrat die entsprechende Motion Graber (svp, BE) diskussionslos an, obschon der Abgeltungssteuer in der öffentlichen Debatte keine grosse Implementationschancen eingeräumt wurden.

Eine weitere veraltete Motion, die 2010 im Angesicht der Verhandlungen um die Vergangenheitsbewältigung – im Speziellen bezüglich Deutscher Schwarzgelder – eingereicht worden war, war im Berichtsjahr 2014 nach wie vor im Ständerat (Zweitrat) hängig. Die Motion verlangte, dass der Bundesrat eine möglichst breit angelegte Einführung einer Abgeltungssteuer anstreben solle, was seit dem Scheitern des Abgeltungssteuerabkommens mit Deutschland 2011 als illusorisch galt und deshalb nicht weiterverfolgt wurde.

Eine Motion Graber (svp, BE) aus dem Jahre 2010, die die Einführung einer Abgeltungssteuer als die zu favorisierende Lösung beim Aushandeln von Steuerabkommen mit fremden Statten definieren wollte, wurde 2015 im Ständerat behandelt. Die Forderung des Vorstosses, der vom Nationalrat 2010 noch angenommen worden war, galt jedoch als überholt, insbesondere vor dem Hintergrund der Ablehnung eines entsprechenden Steuerabkommens durch den Deutschen Bundesrat 2011 und der beschlossenen Einführung des automatischen Informationsaustausches (AIA) auf 2018. Deshalb lehnte die kleine Kammer die Motion diskussionslos ab.

Diverse Vorstösse rund um den Finanzplatz Schweiz (2010)

Dossier: Too-big-to-fail (TBTF) après la crise financière 2008

Die Unruhe rund um den Finanzplatz Schweiz belebte den Ratsbetrieb auch ausserhalb der Staatsvertragsfrage und des bundesrätlichen Ansinnens, das Parlament über den Planungsbeschluss in die Pflicht zu nehmen und der Finanzplatzdebatte eine strategische Richtung zu geben. Der bunte Strauss an Vorstössen, deren Beratung im Berichtsjahr noch ausstand, lässt sich thematisch zu vier Gruppen zusammenfassen. Zwei Vorlagen zielten erstens auf die Aufgaben der Finma als Aufsichts- und Regulierungsbehörde. Zur Senkung des von den grossen Finanzinstituten ausgehenden Systemrisikos wurden zweitens Massnahmen wie eine Vergütungsobergrenze für Kader von Banken, die staatliche Unterstützung erhielten, eine obligatorische Finanzrisikoversicherung für Banken und Versicherungen oder die Auferlegung der Kosten für Amtshilfeverfahren, wahlweise auf die verursachenden Firmen oder die verantwortlichen strategischen und operativen Kader vorgeschlagen. Unzufrieden mit den bisher ergriffenen Massnahmen zur Stabilisierung des Finanzplatzes (Doppelbesteuerungsabkommen nach OECD-Standard in der Form einer Abgeltungssteuer), lancierte das linke Lager drittens diverse Vorstösse, über die der Bund zu einer sogenannten Weissgeld- oder Qualitätsstrategie und damit zur Abkehr vom fiskalischen Bankgeheimnis verpflichtet werden sollte. Aus der SVP-Fraktion schliesslich stammten Motionen, welche die Angriffe auf das Bankgeheimnis über eine enge Auslegung der völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz oder mit der Androhung von Wirtschaftssanktionen zu parieren suchen.

Doppelbesteuerungsabkommen der Schweiz mit dem Vereinigten Königreich (UK) und den USA

Dossier: Conventions contre les doubles impositions

Eine Motion Bischof (cvp, SO) beschäftigte sich mit den Doppelbesteuerungsabkommen der Schweiz mit dem Vereinigten Königreich (UK) und den USA.Sie verlangte, dass alle Vertragspartner in Sachen Bankkundengeheimnis ähnliche Regelungen vorsehen müssten. Ivo Bischof erwähnte rechtliche Möglichkeiten in Grossbritannien und den USA, die verhinderten, die wirtschaftlich Berechtigten eines Vermögenswerts offenzulegen. Der Bundesrat wurde beauftragt, eine entsprechende Gesetzesänderung für die Schweiz vorzuschlagen, die eine solche Möglichkeit ebenfalls einschliesse. So sollte ein kompetitiver Rechtsrahmen für den Schweizer Finanzplatz geschaffen werden. Bischof sah ein, dass die Lösungen im Vereinigten Königreich und den USA unbefriedigend seien, ging aber offensichtlich davon aus, dass die ausländischen Regelungen in den Verhandlungen nicht zur Disposition stehen würden. Trotz Einwand des Bundesrats, dass die Motion seinen Handlungsspielraum in den Verhandlungen um die Doppelbesteuerungsabkommen einschränke, wurde sie im Nationalrat (Erstrat) mit 81 zu 75 und im Ständerat (Zweitrat) mit 21 zu 12 angenommen. Zusätzlich zur CVP unterstützte allein die SVP die Motion, während die übrigen Parteien den Vorstoss ablehnten.

Eine 2011 von beiden Räten überwiesene Motion Bischof, die vom Bundesrat gefordert hatte, die Diskriminierung des Schweizer Finanzplatzes gegenüber Vertragspartnern von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), namentlich den USA, bezüglich Bankgeheimnis zu bekämpfen, wurde 2012 vom Bundesrat zur Abschreibung empfohlen. Er sah keinen Anlass zu gesetzgeberischen Massnahmen. National- und Ständerat lehnten den Abschreibungsantrag jedoch ab, weshalb das Begehren am Jahresende nach wie vor beim Bundesrat pendent war.

Auch 2014 behandelten die eidgenössischen Räte verschiedene Geschäfte im Zusammenhang mit dem US-Steuerstreit, so auch eine Motion Bischof (cvp, SO) von 2009. Diese hatte gefordert, die Schlechterstellung des Schweizer Finanzplatzes aufgrund der damals eingeführten erweiterten Amtshilfe zu kompensieren. Ein erster Abschreibungsantrag der Landesregierung war 2012 gescheitert. Bereits im Folgejahr hatte der Nationalrat jedoch entschieden, dem erneuten bundesrätlichen Abschreibungsantrag stattzugeben. Der Ständerat folgte der Grossen Kammer 2014 diskussionslos, wodurch die Motion (in Form eines Geschäfts des Bundesrates) definitiv abgeschrieben wurde.

Initiative zum Schutz des Bankgeheimnis

Anfang Februar gab die Zürcher SVP bekannt, Verbündete für die Lancierung einer Initiative zu suchen, mit der das Bankgeheimnis in der Verfassung festgeschrieben werden soll. Mit ihrer Idee eines möglichst breit abgestützten, überparteilichen bürgerlichen Komitees stiess die SVP bei der CVP vorerst auf frostige Ablehnung, bei der FDP aber auf Sympathie. Nachdem der Initiativtext CVP-kompatibler gemacht wurde, stieg auch der Support bei den Christdemokraten. Die Initiative wurde schliesslich noch Ende Berichtjahr unter dem Titel „Ja zum Schutz der Privatsphäre“ lanciert.

Bankgeheimnis

Die überparteiliche Volksinitiative „Ja zum Schutz der Privatsphäre“, die das Bankgeheimnis in der Verfassung verankern will, sorgte innerhalb der Partei für Diskussionen. Bereits Ende April hatte die Konferenz der kantonalen Parteipräsidenten ihre Unterstützung für die Unterschriftensammlung zugesagt. In der Presse wurde im Juli kolportiert, dass die FDP zwei Franken pro Unterschrift bezahle. Der Entscheid für die Unterstützung des Begehrens stiess an der Delegiertenversammlung Ende August in Thun aber auf Opposition. Man werde sich damit ein Image der Partei von Steuerhinterziehern einhandeln und bei den Wahlen abgestraft werden, so die Warner. Die Mehrheit der Delegierten fand das Projekt allerdings unterstützenswert und genehmigte den präsidialen Entscheid mit 171 zu 52 Stimmen.

Secret bancaire. Lutter à armes égales (Mo. 13.061)

Selon son rapport, le Conseil fédéral a proposé de classer la motion 09.3147. La crise financière de 2008 avait incité le groupe PDC a déposé cette motion liée au secret bancaire. Elle demandait au Conseil fédéral d'examiner le droit de la protection de la sphère privée en Suisse, en comparaison internationale. Cinq ans plus tard, le Conseil fédéral a estimé que des mesures législatives similaires à celles implémentées aux Etats-Unis ou au Royaume-Uni ne sont pas en adéquation avec le cas Suisse. Elles ne permettraient donc pas de répondre adéquatement à la problématique de la protection de la sphère privée.
Le classement de la motion a été accepté, à l'unanimité, par les deux chambres.

10 ans après la décision de sacrifier le secret bancaire

10 ans après la décision de sacrifier le secret bancaire pour s’aligner sur les pratiques internationales en matière d’entraide fiscale, la place financière helvétique tire un bilan positif grâce à une refonte profonde des pratiques. Si l’annonce d’enterrer le secret bancaire, pilier fondamental de la culture bancaire helvétique, avait secoué fortement la place financière et la sphère politique, les craintes exprimées semblent s’être tassées. Si le nombre de banques en Suisse a diminué, passant de plus de 320 à environ 250 établissements, la refonte du secteur, imposée par l’échange automatique de renseignements (EAR), montre une consolidation de l’expertise helvétique et un renforcement de la gestion de fortune. En résumé, la place financière helvétique ne s’est pas écroulée, malgré les menaces brandies par les défenseurs du secret bancaire, mais s’est remodelée en fonction des contraintes légales induites par la crise financière de 2008.