Im Berichtsjahr setzte sich das eidgenössische Parlament auf intensive Art und Weise mit der Swissness-Vorlage auseinander. Die entsprechende Botschaft hatte der Bundesrat bereits im Jahr 2009 verabschiedet. Die Landesregierung hatte sich mit diesem Geschäft zum Ziel gesetzt, die « Marke Schweiz », deren Mehrwert gemäss Schätzungen rund 5,8 Milliarden Franken pro Jahr betrug, langfristig zu erhalten und ihre Stellung zu sichern. Dazu sollte das Bundesgesetz über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz) geändert und das Bundesgesetz über den Schutz des Schweizerwappens und anderer öffentlicher Zeichen (Wappenschutzgesetz) totalrevidiert werden. Im Rahmen des Markenschutzgesetzes schlug der Bundesrat vor, neue Kriterien zur präziseren Bestimmung der geographischen Herkunft eines Produkts zu verankern. Was deren Bestimmung betraf, beantragte er eine Unterteilung in drei Kategorien: Naturprodukte, verarbeitete Naturprodukte und andere Produkte, wobei in der letztgenannten Kategorie Industrieprodukte im Vordergrund standen. Um die missbräuchliche Verwendung von « Swiss made » durch ausländische Unternehmen zu bekämpfen, sah die Vorlage ausserdem ein Register für geographische Markenangaben sowie die Schaffung eines Schweizer Schutztitels vor. Mit der Revision des Wappenschutzgesetzes bezweckte der Bundesrat die Unterscheidung zwischen dem Schutz des Wappens der Eidgenossenschaft (Schweizerkreuz in einem Wappenschild) einerseits und der Schweizer Fahne und des Schweizerkreuzes andererseits. Während das Wappen der ausschliesslichen Verwendung durch die Eidgenossenschaft vorbehalten blieb, sollten die Schweizer Fahne und das Schweizerkreuz auch auf Produkten von jenen Unternehmen angebracht werden dürfen, welche die zu bestimmenden Herkunftskriterien der « Marke Schweiz » erfüllten In der Frühlingsession befasste sich der Nationalrat als Erstrat mit der Swissness-Vorlage. Während mit dem Schutz der « Marke Schweiz » die Hauptzielsetzung unbestritten war, entbrannte eine heftige Debatte über die genauen Kriterien, die zur Anwendung gelangen sollten, damit ein bestimmtes Produkt in den Genuss der geographischen Herkunftsbezeichnung kam. Der bundesrätliche Entwurf erfuhr eine gewichtige Differenzierung. In Abweichung zum Bundesrat, der bei den verarbeitenden Naturprodukten einen einheimischen Anteil von mindestens 80 Prozent des Rohstoffgewichts vorschlug, beschloss der Nationalrat, zwischen stark und schwach verarbeiteten Lebensmitteln zu unterscheiden. Bei stark verarbeiteten Lebensmitteln sollten 60 Prozent der Rohstoffe aus der Schweiz stammen und 60 Prozent der Herstellungskosten in der Schweiz anfallen. Bei wenig verarbeiteten Lebensmitteln sollte dagegen eine entsprechende 80-Prozent-Regel gelten. Von diesen Anforderungen ausgeschlossen wurden Rohstoffe, die nicht in der Schweiz produziert werden konnten (z. B. Kakao) oder temporär nicht zur Verfügung standen. Ausserdem folgte die grosse Kammer dem Bundesrat in Bezug auf die Restkategorie. Demnach mussten bei industriellen und anderen Produkten mindestens 60 Prozent der Herstellungskosten (inklusive Forschung und Entwicklung) in der Schweiz anfallen. Diese Lösung setzte sich mit 96 zu 84 Stimmen gegenüber einem Anteil von 50 Prozent durch, welcher namentlich von den Vertretern der exportierenden Industrie bevorzugt wurde. Aufgrund von zahlreichen Einzelanträgen wurde die Swissness-Vorlage im Ständerat nicht wie geplant in der Herbst-, sondern erst in der Wintersession beraten. Nach dem Nationalrat sprach sich auch die kleine Kammer für einen besseren Schutz der « Marke Schweiz » aus. Der Ständerat wich jedoch in zwei wichtigen Punkten vom Nationalrat ab. Was die industriellen Produkte betraf, setzte sich mit 24 zu 18 Stimmen die tiefere 50-Prozent-Hürde durch. Bei den verarbeiteten Naturprodukten verwarf der Ständerat die Unterscheidung zwischen stark und schwach verarbeiteten Lebensmitteln. Eine Mehrheit von 29 zu 13 Stimmen erachtete die Anwendung der vom Nationalrat beschlossenen Differenzierung als zu kompliziert. In Übereinstimmung mit dem bundesrätlichen Vorschlag sollten bei allen verarbeiteten Produkten mindestens 80 Prozent der Rohstoffe aus der Schweiz stammen. Zur Differenzbereinigung ging die Swissness-Vorlage zurück an den Erstrat. Das Geschäft wurde im Nationalrat auf die Frühjahrssession 2013 traktandiert.
Dossier: Swissness - Protection de la marque Suisse