Bundesgesetz über Investitionshilfe für Berggebiete (BRG 11652)

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Auf dem Gebiete der Strukturpolitik stand nach wie vor das Problem des zunehmenden Wohlstandsgefälles zwischen einzelnen Landesteilen im Vordergrund; dessen Bedeutung wurde auch vom Bundesrat in seinen Richtlinien stark betont. So gelangte die Studienkommission für Preis-, Kosten- und Strukturfragen in ihrem umfassenden Bericht zur Regionalpolitik zum Schluss, dass in der Wirtschaftsstruktur unseres Landes Verzerrungen vorhanden sind, die der Korrektur bedürfen. Im Juli konnte der Bundesrat nach langwierigen Vorarbeiten und umfangreichen Untersuchungen endlich den Entwurf zu einem Bundesgesetz über Investitionshilfe für Berggebiete in die Vernehmlassung schicken. Mit dem zukünftigen Gesetz wird bezweckt, die allgemeine Entwicklung von Berggebieten zu fördern und deren wirtschaftliche Struktur zu verbessern. Dies soll über gezielte Investitionshilfen, insbesondere durch Vermittlung oder Gewährung zinsgünstiger Darlehen zum Ausbau der Infrastruktur, erreicht werden. Bundesrat Brugger hatte schon zu Beginn des Jahres erklärt, der Bund könne mit dem geplanten Gesetz nur «Hilfe zur Selbsthilfe» anbieten, wofür in den nächsten Jahren CHF 100 bis 200 Mio bereitgestellt würden. Eine Versammlung von Vertretern der Legislativen und Exekutiven aus 13 Kantonen beschloss in der Folge, eine Organisation zum Schutze und zur Förderung des Berggebietes im Hinblick auf die schweizerische Raumplanung zu schaffen. Der Bundesrat setzte seinerseits eine 20 Mitglieder zählende ständige Kommission für regionale Wirtschaftsförderung ein. Das Gremium erhielt unter dem Präsidium von Nationalrat Schlumpf (svp, GR) den Auftrag, das EVD in grundsätzlichen regionalpolitischen Fragen zu beraten. Gleichzeitig wurde dem Generalsekretariat des EVD eine spezielle Abteilung für regionale Wirtschaftsförderung angegliedert. Angesichts der vielfältigen Bemühungen zur Vermeidung regionalwirtschaftlicher Diskriminierungen überwies der Nationalrat als Postulat eine Motion Butty (cvp, FR), die Massnahmen zur Verhinderung wirtschaftlicher Ungleichheiten der Landesteile und die Schaffung eines nationalen Investitionsfonds forderte. Mit der knappen Annahme zweier Vorlagen in der Volksabstimmung verpflichteten sich ferner die Städte Zürich und Kloten zur regelmässigen Ausrichtung von Beiträgen für die Unterstützung von entwicklungsfördernden Aufbauwerken im Inland wie im Ausland.

Dossier: Unterstützung von wirtschaftlich bedrohten Regionen in den 1970er Jahren

Im Juni konnte der Bundesrat den schon lange erwarteten Entwurf zu einem Bundesgesetz über Investitionshilfe für Berggebiete vorlegen. Das Gesetz ist als wesentliches Instrument der vom Bund erstmals anvisierten Regionalstrukturpolitik konzipiert. Durch Verbesserung der Existenzbedingungen soll der regionale Wohlstand gehoben und die Abwanderung der Bevölkerung gebremst werden. Die bundesrätliche Botschaft sah vor, die von der vorgängigen Erarbeitung regionaler Entwicklungskonzepte abhängige Investitionshilfe in der Form periodisch von der Bundesversammlung zu bewilligender Rahmenkredite auszurichten. In diesem Sinne ersuchte der Bundesrat das Parlament gleich um die Gewährung eines ersten Rahmenkredites von CHF 400 Mio mit einer Laufzeit von fünf Jahren. Die kurz zuvor gegründete Vereinigung zum Schutz und zur Förderung des Berggebietes begrüsste in der Folge den Gesetzesentwurf, bezeichnete aber den vorgesehenen finanziellen Einsatz als ungenügend. Die Vereinigung trat für eine jährliche Kreditsumme von CHF 200 Mio ein und verlangte die Schaffung eines Fonds de roulement. Der Ständerat, der sich als Prioritätsrat mit der Vorlage zu befassen hatte, stimmte dem Gesetz und dem Rahmenkredit gemäss den Anträgen der Exekutive zu.

Dossier: Unterstützung von wirtschaftlich bedrohten Regionen in den 1970er Jahren

In der für die Strukturpolitik zentralen Berggebietsförderung konnten 1974 konkrete Fortschritte registriert werden. Nachdem der Ständerat 1973 einem neu geschaffenen Bundesgesetz über die Investitionshilfe für Berggebiete zugestimmt hatte, oblag es nun dem Nationalrat, über die gleiche Vorlage zu befinden. Die zugunsten der direkt betroffenen Regionen recht einseitig zusammengesetzte vorberatende Kommission der Volkskammer hielt generell an den Beschlüssen des Ständerates fest. Dagegen beantragte sie dem Plenum, anstelle eines mit dem Voranschlag zu sprechenden Rahmenkredites von CHF 400 Mio. einen Fonds de roulement in der Höhe von CHF 500 Mio. als Finanzierungsbasis zu schaffen. Obwohl die Kommission betonte, dass auf keine andere Weise eine sofortige Unterstützung der Berggebiete garantiert werden könne, erwuchs ihrem Antrag in den Ratsverhandlungen vehemente Kritik. So wurde mit der Unterstützung von Bundespräsident Brugger vor allem seitens des Landesrings geltend gemacht, dass die Einführung eines Fonds zur Finanzierung der Investitionshilfe einer Beschneidung der parlamentarischen Budgethoheit gleichkomme und zudem dem Finanzhaushaltgesetz widerspreche. In der Abstimmung obsiegte indessen klar die von der Kommission vorgeschlagene Lösung, der sich in der Folge auch der Ständerat anschloss. Im Sinne einer flankierenden Massnahme zum Investitionshilfegesetz billigten beide Räte eine Teilrevision des Hotel- und Kurortkreditgesetzes (BRG 11995). Der Geltungsbereich dieses Erlasses wurde auf das ganze entwicklungsbedürftige Berggebiet ausgedehnt und die erforderliche finanzielle Basis durch die Ermächtigung des Bundesrates zur Gewährung zusätzlicher Darlehen erweitert.

Dossier: Unterstützung von wirtschaftlich bedrohten Regionen in den 1970er Jahren

Insgesamt 35 Bergregionen haben bis Ende 1978 ihre Entwicklungskonzepte beim EVD eingereicht. Da von diesen im Berichtsjahr neun weitere, gutgeheissen wurden, gelangen nun 28 Regionen in den Genuss der durch das Investitionshilfegesetz (IHG) zugesicherten Entwicklungsbeihilfen.

Dossier: Unterstützung von wirtschaftlich bedrohten Regionen in den 1970er Jahren

Ende 1979 besassen 34 Regionen ein vom EVD genehmigtes Entwicklungskonzept und waren damit berechtigt, Finanzierungsunterstützung für Infrastrukturprojekte gemäss dem Investitionshilfegesetz für Berggebiete (IHG) zu beziehen. Innerhalb des Berichtsjahres hat sich die Anzahl Bergregionen, die ständige Sekretariate unterhalten, von fünf auf zwanzig erhöht. Die Ausdehnung der Leistungen des IHG – zum Beispiel auf die Finanzierung von Wohnbauten –, wie sie der Freisinnige Pini (TI) gefordert hatte, lehnte der Nationalrat ab.

Dossier: Unterstützung von wirtschaftlich bedrohten Regionen in den 1970er Jahren