Jährlicher Agrarbericht

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Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) publizierte im Herbst den Agrarbericht 2013 mit den neusten Kennzahlen zur schweizerischen Landwirtschaft. Im Bereich des Aussenhandels landwirtschaftlicher Erzeugnisse wurde der letztjährige, historisch tiefe Importüberschuss noch einmal um CHF 300 Mio. unterboten: Er betrug damit noch CHF 3,3 Mrd. Die EU blieb bezüglich Agrarprodukte mit 73% der Importe und 64% der Exporte der wichtigste Handelspartner der Schweiz. Der Selbstversorgungsgrad – sprich das Verhältnis der Inlandproduktion zum inländischen Gesamtverbrauch abzüglich importierter Futtermittel – stieg laut neusten Ergebnissen 2011 auf 56,4% an und lag damit 3,6 Prozentpunkte über dem Wert von 2010. Strukturell betrachtet war auch 2012 ein Rückgang in der Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe zu verzeichnen: 1 042 Höfe wurden in diesem Jahr aufgegeben, was einem Prozentsatz von 1,8 entspricht. Von den verbleibenden Betrieben wurden 4,8% von einer Frau geleitet. Aus einer alle vier Jahre durchgeführten Umfrage unter der bäuerlichen Bevölkerung ging hervor, dass die Werte zur grundsätzlichen Zufriedenheit mit den Lebensumständen stabil geblieben sind: Obwohl diese seit Jahren im Durchschnitt tiefer liegen als jene der übrigen Bevölkerung, wurden weit mehr positive Aspekte des landwirtschaftlichen Berufs erwähnt als negative. Als Haupt-Stressfaktoren wurden die vielen Vorschriften und die häufig ändernden Rahmenbedingungen genannt. Auch der geringe Verdienst und die fehlende Freizeit waren oft hervorgehobene Nachteile des Berufs. Eine Studie von Agroscope Reckenholz-Tänikon ergab derweil, dass sich die Arbeitsbelastung in der Landwirtschaft nicht verringert hat: Zwar nehme die physische Belastung von Bäuerinnen und Bauern dank der Mechanisierung ihres Berufsfeldes stetig ab. Andererseits steige aber auch die Arbeitsmenge durch betriebliches Wachstum, was den ersteren Trend wieder aufhebe.

Laut dem Agrarbericht 2014 erhöhte sich das Nettounternehmenseinkommen des landwirtschaftlichen Sektors gegenüber dem Vorjahr um 6,9% auf CHF 2,939 Mrd. Dies sei hauptsächlich einer erhöhten tierischen Produktion zu verdanken (+ CHF 417 Mio.). Die pflanzliche Produktion nahm hingegen um CHF 325 Mio. ab. Im Bereich des Aussenhandels war weiterhin ein Importüberschuss zu verzeichnen: Mit mittlerweile CHF 3,4 Mrd. steigerte sich dieser zwar gegenüber dem Vorjahr noch einmal, verglichen mit dem Beginn des Jahrtausends war jedoch ein deutlicher Rückgang feststellbar: Die Bilanz konnte um beinahe einen Drittel zugunsten des Exports verbessert werden. 2013 wurden 1'368 landwirtschaftliche Betriebe aufgegeben. Es verblieben 55'207 Höfe mit insgesamt 158'919 Beschäftigten. Die erneute Durchführung einer Zeitbudgeterhebung im Bereich der Landwirtschaft erlaubte es der Forschungsanstalt Agroscope, die veränderten Arbeitsbedingungen auf den schweizerischen Höfen seit 1974 nachzuzeichnen. Betrug der wöchentliche Zeitaufwand damals noch 78 Stunden, so verringerte er sich bis 2011 auf 65 Stunden für Bäuerinnen respektive 66 Stunden für landwirtschaftliche Betriebsleiter. Die Arbeitszeit, welche die Ehefrauen im Schnitt für die Betreuung des Haushalts verwenden, wurde in dieser Zeit halbiert. Dafür werden heutzutage durchschnittlich 7 Stunden mehr pro Woche für die Ausführung ausserbetrieblicher Erwerbstätigkeiten verwendet. Auch bei den Betriebsleitern erhöhte sich dieser Zeitbudgetposten leicht. Gleichzeitig senkte sich jedoch der Aufwand für landwirtschaftliche Arbeiten im selben Zeitraum um 16 auf insgesamt 50 sowie der Administrationsaufwand um 1,5 auf nunmehr 2 Stunden pro Woche. Dass die Bauern dermassen weniger Zeit in die agrarische Tätigkeit an sich investieren, hängt vermutlich mit dem technischen Fortschritt und der Mechanisierung vieler Arbeiten seit 1974 zusammen. Ein nach wie vor ungelöstes Problem stellt laut dem Agrarbericht der hohe Phosphor-Einsatz in der Landwirtschaft dar. Dieses für Pflanzen unerlässliche chemische Element kann bei erhöhter Konzentration in Gewässern für Sauerstoffmangel sorgen. Seit den 1970er Jahren wurden die aus der Gesellschaft stammenden Quellen stetig reduziert, so dass aus der Industrie und aus Privathaushalten heute kaum mehr Phosphor ins Wasser gelangt. Die Landwirtschaft verzeichnete 2012 aber immer noch einen Überschuss von 5'900 t, was einer Phosphor-Effizienz von 60% entspricht. Die neue Agrarpolitik möchte diesen Wert bis im Jahr 2017 um 8% erhöhen – langfristiges Ziel ist ein Effizienzgrad von 100%. Letzteres würde bedeuten, dass genau so viel Phosphor zum Einsatz kommt wie von der Natur benötigt wird. Dass in der Phosphor-Thematik schweizweit keine Einigkeit herrscht, zeigten derweil diverse Zeitungsberichte, welche im Sommer veröffentlicht worden waren. Fischereiverbände klagten, dass einige der Gewässer bereits „zu sauber“ seien, so dass Fische nicht mehr genügend Nährstoffe darin fänden, um zu überleben. Am gravierendsten sei dieses Problem im Brienzersee, wo die Berufsfischerei beinahe eingestellt werden musste. Aber auch der Walen- und der Vierwaldstättersee hätten mit dem geringen Phosphorgehalt zu kämpfen. Am Bodensee forderten Verbände des Dreiländerecks, dass die Kläranlagen weniger stark filtern sollten. Sie betonten, dass dadurch die Trinkwasserqualität des Wassers nicht beeinträchtigt würde: Es handle sich bei Phosphor um einen lebenswichtigen Stoff, den auch der Mensch beim Essen täglich zu sich nehme.

Im Herbst veröffentlichte das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) den Agrarbericht 2015, welcher die Entwicklungen im landwirtschaftlichen Sektor in der Schweiz zusammenfasst. Das Nettounternehmenseinkommen hatte sich im Jahr 2014 nochmals leicht vergrössert und war auf CHF 3,206 Milliarden angestiegen. Mehr zu reden gab aber die Schätzung des Nettounternehmenseinkommens, welche für das noch nicht ausgelaufene Jahr 2015 vorgelegt wurde. Laut dem Bericht sei ein Rückgang von 10,9% auf CHF 2,856 Milliarden zu erwarten, was der Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft Bernard Lehmann bei der Präsentation des Berichtes mit normalen Schwankungen aufgrund der zunehmenden Abhängigkeit vom Weltmarkt und der voranschreitenden Spezialisierung in der Schweiz erklärte. Die Reduktion ist sowohl auf weniger Produktion im Pflanzenbau als auch in der Tierproduktion zurückzuführen. Um diesen Schwankungen längerfristig weniger ausgeliefert zu sein, plädierte der BLW-Direktor an den Unternehmergeist der Bauern. Es sei wichtig die landwirtschaftlichen Betriebe so zu organisieren, dass sinkende Einnahmen eines Produktionszweiges durch verstärkte Konzentration auf einen anderen Bereich kompensiert werden können. So seien die Betriebe besser vor Schwankungen in Preis und Nachfrage geschützt.
Im Jahr 2014 nahm der Importüberschuss von Landwirtschaftsprodukten um CHF 0,1 Milliarden gegenüber dem Vorjahr leicht ab und lag bei CHF 3,3 Milliarden (CHF 12,1 Milliarden Importe gegenüber CHF 8,8 Milliarden Exporte).
Weiter ging aus dem Bericht hervor, dass im Jahr 2014 in der Schweiz 54'046 landwirtschaftliche Betriebe existierten, was 2,1% weniger sind als noch im Vorjahr. Vom Rückgang waren vor allem kleine und mittlere Betriebe betroffen, die Anzahl Betriebe mit einer Nutzfläche von mehr als 30 Hektaren nahm hingegen leicht zu (+ 3,05%).
Die Anzahl Grosstiereinheiten veränderte sich in der Bilanz im Vergleich zu 2013 nicht. Allerdings gab es Veränderungen in der Zusammensetzung. Im Vergleich zum Vorjahr wurden 5,4 Prozent mehr Geflügeleinheiten gehalten, hingegen ging der Bestand von Rindvieh um 0,4 Prozent zurück. Dies entspricht dem Trend der letzten 14 Jahre.
Neben der Beschreibung der Entwicklungen im landwirtschaftlichen Sektor wurde auch eine Studie zu den Erwartungen der Schweizer Bevölkerung an die Landwirtschaft veröffentlicht. Die auf 727 persönlichen Interviews basierende Studie hatte zum Ergebnis, dass die tierfreundliche Haltung als wichtigstes Ziel der Schweizer Landwirtschaft angesehen wird. Als zweitwichtigstes Ziel wurde die Produktion von Nahrungsmitteln genannt, gefolgt von der Sicherung der Ernährung in Krisenzeiten.
Im Jahr 2014 kam zudem zum ersten Mal das neue Direktzahlungssystems zum Tragen, welches mit der Agrarpolitik 2014-2017 verabschiedet worden war. Während bis 2013 die Direktzahlungen in zwei Kategorien (allgemeine und ökologische Direktzahlungen) unterschieden worden waren, gab es ab 2014 sieben verschiedene Beitragsarten: Kulturlandschaftsbeiträge, Versorgungssicherheitsbeiträge, Biodiversitätsbeiträge, Landschaftsqualitätsbeiträge, Produktionssystembeiträge, Ressourceneffizienzbeiträge sowie Beiträge für Gewässerschutz und Ressourcenprogramme. Mit einem Umfang von CHF 1,096 Milliarden und einem Anteil von fast 40% sind die Versorgungssicherheitsbeiträge die ausgabenstärkste Kategorie. Insgesamt wurden unter der neuen Regelung CHF 2,804 Milliarden Direktzahlungen ausbezahlt. Diese Zahl liegt leicht höher als die CHF 2,798 Milliarden des Vorjahres, sind im steigenden Trend der vergangenen Jahre aber nicht weiter auffällig.

Der für das Jahr 2015 prognostizierte Rückgang des Nettounternehmenseinkommens trat nach den Schätzungen des Agrarberichts 2016 mit einer Reduktion von über 10% wie erwartet ein; folglich betrug dieses neu CHF 2.9 Mia. Grund für diese Reduktion waren sowohl die gesunkenen Markterlöse aus pflanzlicher (CHF -253 Mio.) als auch aus tierischer Produktion (CHF -370 Mio.) gegenüber dem Jahr 2014. Eine ähnliche Entwicklung wurde beim Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen ersichtlich, welcher 2015 eine leicht rückläufige Tendenz aufwies. Sowohl die Importe als auch die Exporte sanken mit CHF 11.5 Mia. bzw. CHF 8.5 Mia. im Vergleich zum Jahr 2014 um CHF 0.6 Mia. und CHF 0.3 Mia. Dennoch lagen die Werte beider Sektoren noch höher als im Jahr 2000. Bei der Anzahl der Betriebe setzte sich der Trend von 2014 fort. Laut dem Bericht gab es im Jahr 2015 in der Schweiz insgesamt 53'232 Betriebe, 1.5% weniger als noch im Vorjahr. Wie auch in den Jahren zuvor, betraf der Rückgang vor allem die Betriebe, welche weniger als 30 Hektaren bewirtschafteten.
Nach den vielfältigen Diskussionen um die Selbstversorgung der Schweiz wurden auch dieses Jahr wieder die neusten Zahlen zum Selbstversorgungsgrad (aus dem Jahr 2014) im Agrarbericht veröffentlicht. Insgesamt hat sich dieser vom Jahr 2013 zum Jahr 2014 in allen Bereichen gesteigert. Bei Lebensmitteln tierischen Ursprungs lag er im Jahr 2014 bei 100%, bei pflanzlichen Produkten bei 46%. Alle Lebensmittel zusammengenommen stieg der Selbstversorgungsgrad im Jahr 2014 im Vergleich zum Vorjahr brutto um fünf Prozentpunkte an und erreichte 63%. Auch der Netto-Selbstversorgungsgrad, also abzüglich der Lebensmittel, die mit Hilfe von importierten Futtermitteln hergestellt wurden, wuchs um 5% auf 55% an.
Im Bericht veröffentlicht wurden auch verschiedene Studien zu Arbeits- und Lebensbedingungen der landwirtschaftlich tätigen Bevölkerungsgruppen. Aus den Zahlen geht hervor, dass 2015 rund 65% der Landwirte und Landwirtinnen mehr als 50 Stunden pro Woche in ihrer Haupterwerbstätigkeit gearbeitet haben. Die durchschnittliche Erwerbsarbeitszeit lag mit 54 Stunden bei Männern und 32 Stunden bei Frauen, ohne Einbezug von Haushaltsarbeiten, deutlich über dem nationalen Mittelwert. Rund 60% der Bäuerinnen und Bauern arbeiteten normalerweise sowohl am Samstag als auch am Sonntag, verglichen mit 15% respektive 10% bei den übrigen selbstständig erwerbenden Männern respektive Frauen und unter 10% bei den nicht in der Landwirtschaft tätigen Arbeitnehmenden. Auch der Mittelwert der Anzahl Ferientage ist bei der landwirtschaftlich tätigen Bevölkerung deutlich tiefer als bei den übrigen Bevölkerungsgruppen, so der Bericht.
Bei den Direktzahlungen kam es im Vergleich zum Vorjahr zu einer leichten Senkung. Im Jahr 2015 wurden vom Staat rund CHF 2.78 Mia. Direktzahlungen ausbezahlt, im Vorjahr waren es noch CHF 2.80 Mia. gewesen. Dieser Rückgang war vor allem auf eine Reduktion der Übergangsbeiträge zurückzuführen. Diese Kategorie war geschaffen worden, um den Landwirten und Landwirtinnen den Umstieg ins neue Direktzahlungssystem der Agrarpolitik 2014-2017 zu erleichtern.