1987 hatte die Luzerner CVP-Nationalrätin Stamm mit einem Postulat einen Bericht über Kindsmisshandlungen angeregt. Die vom Bundesrat 1988 eingesetzte Arbeitsgruppe legte im September ihren umfassenden Bericht vor. Das Ausmass der Kindsmisshandlungen sei erschreckend, hielt die Gruppe fest. Ohrfeigen, Prügel, Schläge mit Gegenständen oder Androhung körperlicher Gewalt gehören offenbar immer noch zu den gängigen Erziehungsmustern. Ganz besonders betroffen sind auch Säuglinge und Kleinkinder bis zu zweieinhalb Jahren. Die Arbeitsgruppe äusserte sich auch zur sexuellen Ausbeutung von Kindern, welche in den letzten Jahren vermehrt thematisiert worden ist. Schätzungsweise 40 000 Kinder – vorab Mädchen – werden in der Schweiz pro Jahr sexuell belästigt oder misshandelt. Dabei ist nur in rund 10% ein Unbekannter der Täter.
Die Empfehlungen der Arbeitsgruppe stellten eine ganze Palette von Massnahmen zur Diskussion, die auf verschiedenen Ebenen zu ergreifen wären. Die UNO-Konvention über die Rechte der Kinder sollte ohne Vorbehalte ratifiziert und in die Praxis umgesetzt werden. Durch eine Verfassungsrevision sollten Körperstrafe und erniedrigende Behandlung von Kindern inner- und ausserhalb der Familie verboten und eine Kinderschutzbestimmung eingeführt werden. Der Bund müsste mehr Kompetenzen für die Prävention von Kindesmisshandlungen erhalten. Zudem sollten Ombudsleute für Kinder und interdisziplinär dotierte Sozial- und Medizinaldienste geschaffen werden. Gefordert wurde auch die bessere Unterstützung der Familien und die Professionalisierung der Vormundschaftsbehörden. Ahnliche Forderungen stellten auch die 1991 gegründete und unter Aufsicht des EDI stehende Stiftung "Kind und Gewalt", die Gesellschaft schweizerischer Kinderärzte sowie der Schweizerische Kinderschutzbund.