Validierung von Bildungsleistungen. Von der Zulassungslogik zur Zertifizierungslogik (Po. 21.3235)

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Mustafa Atici (sp, BS) reichte im März 2021 ein Postulat bezüglich der Validierung von Bildungsleistungen ein. Atici forderte den Bundesrat auf, in einem Bericht verschiedene Punkte zum Nachweis von beruflichen Fähigkeiten zu klären. Zum einen wollte er wissen, weshalb die seit 2004 im BBG verankerten «anderen Qualifikationsverfahren» zum Nachweis von beruflichen Fähigkeiten noch nicht oft angerechnet würden. Zum anderen verlangte der Postulant eine Übersicht über die Erfahrungen, welche die einzelnen Kantone sowie vergleichbare europäische Länder bis heute bei der Validierung von informell erworbenen Lernleistungen sowie von beruflicher und sonstiger Praxis gewonnen haben. Schliesslich forderte Atici Vorschläge, wie – aufbauend auf den im Bericht gewonnenen Erkenntnissen und in Absprache mit den Verbundpartnern – eine neue Ausrichtung der Validierungsverfahren aussehen könnte.
Der Stadtbasler Nationalrat begründete seinen Vorstoss mit der Tatsache, dass die Validierung von Bildungsleistungen an formale Abschlüsse nur punktuell vorgenommen werde. Atici setzte seine Hoffnungen daher auf Ansätze, die die Fähigkeiten und Kompetenzen «spezifischer Zielgruppen unabhängig von formalisierten Bildungsgängen modular validier[en] und in (Teil-)Zertifikaten» abbilden. Dies verbessere die Arbeitsmarktfähigkeit der Betroffenen und erleichtere den Zugang zu Aus- und Weiterbildungen. Der Bundesrat erläuterte, dass es in der Schweiz derzeit keine Zertifizierung von informell erworbenen Kompetenzen gebe. Er sei daher bereit darzulegen, wie sich die Situation in der Schweiz darstelle und welche Erfahrungen andere Länder mit der Zertifizierung dieser Fähigkeiten gemacht hätten. Das Postulat wurde in der Sommersession 2021 vom Nationalrat stillschweigend angenommen.

In Erfüllung eines Postulats Atici (sp, BS) veröffentlichte der Bundesrat im November 2023 den Bericht «Validierung von Bildungsleistungen und Qualifizierungsmöglichkeiten für Erwachsene ohne Berufsabschluss».
Der Bericht zeigte auf, dass den erwachsenen Personen in der Schweiz, die über keinen Berufsabschluss verfügen, verschiedene Wege zu dessen Erlangung offen stehen. Die allermeisten Berufsabschlüsse von Erwachsenen werden dabei über den traditionellen Weg der beruflichen Grundbildung abgeschlossen. Nur ein kleiner Anteil der Abschlüsse werde über die Validierung von Bildungsleistungen erworben, also durch ein Qualifikationsverfahren, in welchem die Personen ihre Eignung nicht an einer Abschlussprüfung unter Beweis stellen, sondern in einem Dossier, welches ihre entsprechenden beruflichen und allgemeinbildenden Kompetenzen festhält, belegen. Weiter hielt der Bericht fest, dass es ein solches Validierungsverfahren derzeit für 15 berufliche Grundbildungen gebe, insbesondere im Gesundheits- und Sozialwesen sowie in den kaufmännischen Berufen. Die Validierung von Bildungsleistungen könne grundsätzlich auch in allen anderen beruflichen Grundbildungen ermöglicht werden, dafür zuständig seien die Trägerschaften des jeweiligen beruflichen Bildungsgangs, die OdA. Da eine Validierung nur dann erfolgreich sei, wenn die Branchen dieses Qualifikationsverfahren schätzen und ein hoher Bedarf an Arbeitskräften besteht, solle die Einführung einer Validierung nicht aufgezwungen werden. Entsprechend sehe der Bundesrat derzeit keinen Handlungsbedarf, die bestehenden Verhältnisse zu ändern.

Der Nationalrat stimmte in der Sommersession 2024 der Abschreibung des Postulats «Validierung von Bildungsleistungen – von der Zulassungslogik zur Zertifizierungslogik» von Mustafa Atici (sp, BS) zu. Der Bundesrat hatte den Bericht «Validierung von Bildungsleistungen und Qualifizierungsmöglichkeiten für Erwachsene ohne Berufsabschluss» in Erfüllung des Postulats im November 2023 veröffentlicht.