Movetiagesetz (BRG 23.072)

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Der Bundesrat präsentierte Mitte November 2023 die Botschaft zum Movetiagesetz. Die Agentur Movetia, welche bislang durch eine privatrechtliche Stiftung von Bund und Kantonen getragen wurde, soll auf Grundlage dieses Gesetzes in eine öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes überführt werden. Sie soll über einen Verwaltungrsrat, eine Geschäftsleitung sowie eine unabhängige Revisionsstelle verfügen. Movetia wird als dezentrale Verwaltungseinheit des Bundes zukünftig durch Bundesrat und Parlament beaufsichtigt. Zu den Aufgaben des Bundesrates gehören dabei die Vorgabe von strategischen Zielen, die Wahl des Verwaltungsrates sowie die Abnahme des jährlichen Geschäftsberichts. Die Kantone wiederum sollen insbesondere durch die Konsultation über die strategischen Ziele sowie durch ihr Antragsrecht auf drei von sieben Verwaltungsratssitzen an Movetia mitwirken.
Der Aufgabenbereich von Movetia wird durch das neue Gesetz nicht wesentlich verändert. Sie soll weiterhin nationale und internationale Aktivitäten für Austausch, Mobilität und Kooperation in allen Bildungsbereichen und -stufen sowie in der Erwachsenenbildung und im ausserschulischen Bereich fördern.

Dossier: Erasmus und Horizon

Der Ständerat befasste sich in der Frühjahrssession 2024 als Erstrat mit der bundesrätlichen Botschaft zum Movetiagesetz. Wie WBK-SR-Sprecher Benedikt Würth (mitte, SG) ausführte, beantragte die Kommission mit 9 zu 4 Stimmen nicht auf die Vorlage einzutreten. Mit der von der EFK vorgeschlagenen Überführung der Stiftung Movetia in eine öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes gehe insbesondere ein Verlust der Verantwortung der Kantone einher, weil die Kantone nur noch über ein Anhörungsrecht zu den strategischen Zielen des Bundesrates verfügen würden und Verwaltungsratsmitglieder vorschlagen könnten. Dies wäre «konzeptionell wie strategisch falsch», da es sich beim Austausch und der Mobilität im Bildungsbereich doch um eine Verbundaufgabe handle und die Kompetenzen der Kantone erhalten bleiben müssten. Zudem sei Movetia überhaupt erst vor sieben Jahren geschaffen worden; es komme einem Verschleiss an Ressourcen gleich, wenn diese gut funktionierende Organisation nun bereits wieder umstrukturiert würde. Schliesslich brauche es im Hinblick auf eine mögliche Assoziierung mit dem EU-Austauschprogramm Erasmus eine unabhängige Organisation, wobei eine privatrechtliche Stiftung offensichtlich besser geeignet sei, dieses Kriterium zu erfüllen. Würth wies abschliessend darauf hin, dass eine Minderheit der Kommission die Vorlage sistieren wollte, insbesondere aufgrund der Erasmus-Thematik. Dieser Antrag wurde jedoch nicht weitergezogen, dem Rat lag daher kein Antrag auf Eintreten vor.
Bildungsminister Parmelin zeigte sich einigermassen erstaunt ob dem Antrag auf Nichteintreten und forderte die kleine Kammer eindringlich dazu auf, auf die Gesetzesvorlage einzutreten. Der Bundesrat präsentiere mit dem vorliegenden Gesetz einen ausgezeichneten Kompromiss, der alle Anliegen aufnehme und alle Kritikpunkte ausräume. So könne einerseits die Einbindung der Kantone als zentrale Akteure in die strategische Steuerung von Movetia aufrecht erhalten werden. Andererseits könnten die Doppelrollen der Bundesämter als Auftraggeber wie auch als Mitglieder des Stiftungsrats aber auch die Mängel in der strategischen Führung, der Aufsicht, der Kontrolle und in anderen Bereichen behoben werden. Darüber hinaus werde die Änderung der Rechtsform nichts am guten Funktionieren von Movetia ändern – weder im Hinblick auf die Qualität oder die Effizienz ihrer Leistungen noch mit Blick auf die gute Zusammenarbeit mit den Kantonen und den Akteuren vor Ort.
In der Abstimmung votierte der Ständerat mit 34 zu 4 Stimmen und 5 Enthaltungen für Nichteintreten. Die Enthaltungen sowie die Voten für Eintreten stammten aus dem links-grünen Lager. Als nächstes wird sich der Nationalrat mit dem Geschäft befassen.

Dossier: Erasmus und Horizon

In der Herbstsession 2024 war es am Nationalrat, sich mit dem Movetiagesetz zu befassen, nachdem der Ständerat in der Frühjahrssession 2024 nicht auf die Vorlage eingetreten war.
In der grossen Kammer stellten die WBK-NR-Mitglieder Fabien Fivaz (gp, NE) und Regina Durrer (mitte, NW) die Änderungen am Gesetz sowie den Hintergrund der Vorlage vor. Sie erläuterten, dass wie bereits im Ständerat, auch in der WBK-NR über die Notwendigkeit einer Umwandlung von Movetia in eine öffentlich-rechtliche Anstalt diskutiert worden sei. Die Mehrheit der Kommission stand der Revision positiv gegenüber, da die Kantone unter anderem im neuen Verwaltungsrat mehr Einfluss nehmen könnten als im bisherigen Stiftungsrat und weil Movetia als eine öffentlich-rechtliche Anstalt weitgehend alle Anforderungen erfülle, um bei einer Assoziierung an das EU-Austauschprogramm Erasmus plus als nationale Agentur zu fungieren. Die Kommission beantragte lediglich eine marginale Änderung, wonach bei der Wahl der Verwaltungsratsmitglieder auf die Erfahrungen im Bereich Austausch und Mobilität geachtet werden sollte. Anschliessend sprach Roman Hug (svp, GR) für die Kommissionsminderheit, welche nicht auf die Vorlage eintreten wollte. Für Hug stand vor allem die Rolle der Kantone im Zentrum der Kritik. Die Minderheit befürchte im Gegensatz zur Auffassung der Kommissionsmehrheit, dass die Kantone bei einer neu aufgestellten Movetia nicht mehr genügend Einfluss nehmen können. In den anschliessenden Voten äusserten sich alle Fraktionen ausser die SVP-Fraktion zustimmend zur Gesetzesänderung respektive zur Umwandlung von Movetia in eine öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes. Bundesrat Guy Parmelin dankte der Kommission für die gründliche Prüfung der Vorlage und bat um Zustimmung zum Geschäft.
In den Abstimmungen wurde zuerst der Nichteintretensantrag Hug mit 120 zu 53 Stimmen bei 6 Enthaltungen verworfen. Die Stimmen für den Antrag Hug stammten ausschliesslich von Mitgliedern der SVP-Fraktion. Anschliessend stimmte der Nationalrat der Änderung betreffend die Kriterien bei der Auswahl der Verwaltungsratsmitglieder stillschweigend zu und nahm die übrigen Artikel der Vorlage unverändert an.
In der Gesamtabstimmung votierte die grosse Kammer mit 124 zu 53 Stimmen und 5 Enthaltungen für Annahme des Entwurfes. Auch hier stammten die Gegenstimmen aus den Reihen der SVP. Als nächstes wird sich erneut der Ständerat mit der Vorlage befassen.

Dossier: Erasmus und Horizon