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Sozialpolitik
Gesundheit, Sozialhilfe, Sport
Rejet de l'initiative pour la lutte contre l'alcoolisme.
Sozialhilfe
Während im Bereich der Sozialversicherung versucht wird, die noch bestehende Vielfalt der Einrichtungen durch Interventionen des Bundes allmählich zu vereinheitlichen, konnte im Fürsorgewesen der kooperative Föderalismus einen Erfolg buchen: nach einer Revision seiner Fürsorgegesetzgebung, in der bis dahin das Prinzip der Armenunterstützung durch die Heimatgemeinde in Geltung gewesen war, vollzog der Thurgau als letzter Kanton den Beitritt zum Konkordat über die wohnörtliche Unterstützung [1].
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Gesundheitspolitik
Auf dem Gebiet der Gesundheitspolitik trat der Kampf um die vom Landesring 1963 eingereichte Initiative zur Bekämpfung des Alkoholismus in den Vordergrund, der allerdings auch stark fiskalpolitische Aspekte aufwies. Dem ablehnenden Bericht des Bundesrates vom Oktober 1965 entsprechend empfahlen beide eidgenössischen Räte die Verwerfung des Volksbegehrens, das in Form einer allgemeinen Anregung eine nach dem Alkoholgehalt abgestufte fiskalische Belastung aller alkoholischen Getränke und die Verwendung des Mehrertrages insbesondere für den Gewässerschutz verlangte [2]. 1m Nationalrat und in der Abstimmungskampagne wurde die Initiative nicht nur vom Landesring, sondern auch von der Evangelischen Volkspartei, den Demokraten und einem Teil der Sozialdemokraten, deren Partei die Stimme freigab, unterstützt [3] Die übrigen Parteien gaben die Nein-Parole aus [4]. Da die Spirituosen und auch das Bier bereits einer Sonderbesteuerung unterliegen, empfand man in der romanischen Schweiz die Initiative weithin als einen Anschlag auf Weinbau und Weinkonsum. Daraus ergab sich in der deutschen Schweiz das Argument, die angeregte Alkoholsteuer drohe das Verhältnis zwischen den Sprachgruppen zu trüben. Im übrigen wurde gegen die Initiative eingewandt, eine stärkere Belastung des Weins stünde im Widerspruch zu dessen agrarpolitischer Subventionierung, der Alkoholkonsum werde bereits erheblich besteuert, ohne dass dies seinen Rückgang bewirke, durch die Einführung einer Alkoholsteuer würde eine allgemeine Getränkebelastung und damit die Ausschöpfung einer Fiskalreserve erschwert und die Zuweisung eines Mehrertrags an den Gewässerschutz passe nicht zur prohibitiven Tendenz der Massnahme [5]. Am 16. .Oktober wurde das Volksbegehren bei einer Beteiligung von nur 48 % mit mehr als drei Vierteln der Stimmen verworfen; in den Kantonen Wallis, Tessin, Freiburg, Genf, Obwalden und Waadt blieb die Zahl der Annehmenden unter 4 % der Stimmberechtigten [6].
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[1] NZZ, 4024, 23.9.66. Zum neuen thurgauischen Fürsorgegesetz vgl. NZZ, 272, 21.1.66 (Verabschiedung im Grossen Rat); 1312, 25.3.66; 1350, 28.3.66 (Volksabstimmung). Die Annahme erfolgte mit 18 691:4870 Stimmen. Das Gesetz hob auch die unmittelbare Beteiligung der Kirchgemeinden an der Armenunterstützung auf.
[2] Behandlung im NR am 16.3. (Sten. Bull. NR, 1966, S. 92 ff.), im StR am 8.6.1966 (Sten. Bull. StR, 1966, S. 141 ff.) Wortlaut der Initiative und Ablehnungsentscheid in BBI, 1966, I, S. 1142 f. Vgl. dazu SPJ 1965, in SJPW, 6/1966, S. 165 u. 202.
[3] NZZ, 4062, 26.9.66 (erweiterter Zentralvorstand der Evangelischen Volkspartei); 4289, 10.10.66 (Zentralvorstand der Demokratischen Partei): Tw, 221, 20.9.66 (Vorstand der Sozialdemokratischen Partei). Auch die Liberal-sozialistische Partei gab die Ja-Parole aus (NZZ, 4171, 3.10.66). Für die Initiative setzte sich ferner ein « Überparteiliches Komitee zur Bekämpfung des Alkoholismus » ein, dem insbesondere Ärzte und Vertreter beider grossen Landeskirchen angehörten (Vat., 239, 14.10.66).
[4] Vat., 211, 12.9.66 (Zentralkomitee der Konservativ-christlichsozialen Volkspartei); NZZ, 3966, 20.9.66 (Zentralvorstand der BGB): 4085, 28.9.66 (Zentralvorstand der Freisinnig-demokratischen Partei); 4253, 7.10.66 (Liberal-demokratische Union). Einzelne Kantonalparteien gaben abweichende Parolen aus.
[5] GdL, 237, 11.10.66; 241, 15./16.10.66; TdL, 288, 15.10.66; Lib., 222, 24./25.9.66; 234, 8./9.10.66; LS, 216, 13.10.66; GdP, 237, 15.10.66; Dov., 237, 15.10.66; NZZ, 4135, 30.9.66; 4316, 11.10.66; 4352, 13.10.66; Bund, 323, 20./21.8.66; 391, 7.10.66; Vat., 232, 6.10.66; 237, 12.10.66; BN, 405, 24./25.9.66; NBZ, 237, 11.10.66.
[6] BBI, 1966, II, S. 636. Die Verwerfung erfolgte mit 571 267: 174 242 Stimmen, das sind 36,1 bzw. 11,0 % der Stimmberechtigten. Der Anteil der Ja-Stimmen an der Zahl der Stimmberechtigten betrug im Wallis 2,38, im Tessin 2,59, in Freiburg 2,84, in Genf 2,85, in Obwalden 3,25 und in der Waadt 3,41 %.
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