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Bildung, Kultur und Medien
Medien
Débats sur l'organisation et la liberté d 'expression de la radio et de la télévision; institution d'une commission d'experts pour l'élaboration d'un article constitutionnel — La concentration de la presse se poursuit — Le Conseil fédéral prévoit des dispositions visant à assurer le maintien de l'information en temps de crise — Des mesures règlent l'intervention des conseillers fédéraux sur les écrans de télévision.
Radio und Fernsehen
Radio und Fernsehen mit ihrem uneingeschränkten Ausstrahlungs- und Beeinflussungsvermögen erregten weiterhin die öffentliche Aufmerksamkeit. Behördevertreter führten die Schwierigkeiten, die sich insbesondere in Personalfragen ausdrückten [1], auf eine Wachstumskrise der Massenmedien zurück [2]. Demgegenüber machten mehrere Redner in einer Nationalratsdebatte im Juni, die sich mit zahlreichen parlamentarischen Vorstössen zu Radio und Fernsehproblemen befasste [3], ein strukturelles Ungenügen der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) geltend. Die Sozialdemokraten riefen nach einer personellen Ausweitung der Generaldirektion sowie mit Unterstützung der Unabhängigen nach der Verlagerung der Programmhoheit in die Regionen und nach Mitbestimmung für das Personal [4]. Auch die Christlichdemokraten waren der Meinung, dass, solange die SRG ein Monopolbetrieb sei, Rekurs-, Kontroll- und Mitbestimmungsmöglichkeiten einzubauen seien, am besten in der Form eines unabhängigen Radio- und Fernsehrates. Die Frage der Programmfreiheit spaltete den Rat in zwei Lager. Auf der einen Seite befürworteten die Sozialdemokraten eine uneingeschränkte Programmfreiheit; sie erklärten Objektivität in der Programmgestaltung als unrealisierbar. Auf der andern Seite riefen Vertreter der bürgerlichen Parteien wegen des Monopolcharakters der Massenmedien nach einer gewissen Kontrollmöglichkeit durch politische Instanzen. Bundesrat Bonvin wies in seiner Antwort darauf hin, dass seit Oktober 1970 eine juristische Expertenkommission sich mit der Ausarbeitung eines Verfassungsartikels über Radio und Fernsehen befasse [5]. Mit der Überprüfung der Strukturen habe die SRG ein Spezialbüro für Organisationsfragen beauftragt. In der Richtung auf eine Einführung der innerbetrieblichen Mitbestimmung wurde ein Fortschritt erzielt: SRG und Personalverbände von Radio und Fernsehen schlossen im Herbst eine Vereinbarung ab, die paritätische Studiokommissionen und eine gesamtschweizerische paritätische Arbeitsgruppe beauftragte, konkrete Vorschläge auszuarbeiten [6]. Am Jahresende wählte der Bundesrat nach längeren Auseinandersetzungen den Tessiner Stelio Molo als Nachfolger des altershalber zurücktretenden Marcel Bezençon zum neuen Generaldirektor der SRG [7].
Die Nationalratsdebatte vom Juni beschäftigte sich auch mit der Frage, für welche Programme die drei der Schweiz zugeteilten Fernsehketten zu verwenden seien. Es wurde ein weiterer Bericht des Bundesrats verlangt, der die technische Entwicklung der vergangenen Jahre berücksichtigen sollte [8]. Die SRG sah vor, neu ein zweites Programm auf der dritten Fernsehkette auszustrahlen. Dadurch würde die Ausstrahlung des italienischen Programms in der übrigen Schweiz wegfallen, eine Aussicht, die zu zahlreichen Protesten führte [9]. Der Zentralvorstand der SRG beschloss schliesslich, das zweite Programm erst 1974 einzuführen und bei der definitiven Regelung die Interessen der italienisch sprechenden Zuschauer zu berücksichtigen [10]. Die Schweiz unterzeichnete das neue INTELSAT-Übereinkommen, das die provisorische Vereinbarung von 1969 ersetzt und die Vormachtstellung der USA gegenüber den übrigen Mitgliedstaaten beschneidet [11].
Die Entwicklung des Radios war weiterhin durch finanzielle Schwierigkeiten eingeengt. Die Direktion des Schweizer Radios beantragte eine Erhöhung der Konzessionsgebühren für 1972, die jedoch vom Bundesrat aus konjunkturpolitischen Gründen um ein Jahr zurückgestellt wurde. Gleichzeitig beschloss der Bundesrat, die Sendezeiten für Fernsehreklame 1972-1975 gestaffelt zu erhöhen [12]. Eine Teilrevision des bis 1974 laufenden Vertrags zwischen der SRG und der Schweizerischen Depeschenagentur (SDA) brachte eine Neuregelung der Radioinformation: alle Nachrichtenbulletins sollten in Zukunft in den Radiostudios redigiert, jedoch der Grossteil der Nachrichten weiterhin von der SDA bezogen werden [13].
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Presse
Der Presse, die durch die Kostenexplosion der vergangenen Jahre und durch die Konkurrenz der Massenmedien in Bedrängnis geraten war, drohten weitere Kostensteigerungen. Einerseits kündigte der Verein der Schweizer Presse das Badener Abkommen, das die Arbeitsverhältnisse der Redaktoren und Journalisten der deutschen Schweiz und des Tessins gegenüber dem Zeitungsverlegerverband regelt, und verlangte vor allem eine materielle Besserstellung, zusätzlich aber auch eine Regelung des Mitspracherechts, die Einführung eines Bildungsurlaubs und den Ausbau der Altersvorsorge [14]. Anderseits riefen Pläne der PTT, die Zeitungstaxen massiv zu erhöhen, wodurch sich namentlich die kleinen Lokalblätter in ihrer Existenz gefährdet sahen, den Protest der Presse hervor [15].
Die Konzentrationsbewegung nahm in der Welschschweiz eine schnellere Gangart an [16]. Vor allem das Eingehen der einzigen sozialdemokratischen Tageszeitung (Le Peuple-La Sentinelle) gab zu Bedenken Anlass [17]. Als Teilersatz wurde vorgesehen, das 14-täglich erscheinende Blatt « Domaine public » zu einer Wochenzeitung umzugestalten [18]. Auch die christlichdemokratische Presse verlor mehrere Lokalblätter; andere konnten dagegen Jubiläen langjährigen Erscheinens feiern [19]. Für die Schweiz neue Wege beschritt das « Sonntags-Journal », das zur Magazinform überging [20]. Die schwierige Frage einer Umschreibung der Pressefreiheit wurde durch eine Interpellation erneut aufgeworfen, nachdem die sozialdemokratische Initiative für ein Verbot der Pressezensur von 1935 in Vergessenheit geraten war. Der Bundesrat erklärte sich bereit, die für die Revision von Art. 55 BV 1953 eingesetzte Expertenkommission wieder zu aktivieren [21].
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Informationspolitik
Die im Jahre 1970 erhobene Kritik, dass die Information aus dem Bundeshaus in Krisensituationen ungenügend sei [22], bewog den Bundesrat, zwei von der Bundeskanzlei ausgearbeitete Erlasse in Kraft zu setzen. Der eine sah die Einrichtung von Einsatzzentralen in allen Departementen vor, und der andere betraf die Aufgaben und Zuständigkeiten eines Informationschefs für Krisensituationen. Für dieses Amt sah man den Vizekanzler für Information vor, der mit der Presse und den Massenmedien in enger Verbindung stehen sollte [23]. Um das Auftreten von Bundesräten am Fernsehen zu regeln, sah eine Vereinbarung zwischen dem Bundesrat und der SRG drei Arten von Auftritten vor, nämlich die Verlesung einer offiziellen Erklärung zu wichtigen Ereignissen, das Auftreten vor Abstimmungen in Form einer Unterhaltung mit Journalisten, auf die unmittelbar eine kontradiktorische Aussprache ohne Beteiligung des Magistraten folgen sollte, und schliesslich Plaudereien am Kaminfeuer. Die gleichzeitig getroffene Regelung, dass Journalisten nur noch auf dem Dienstweg Kontakt mit hohen Beamten aufnehmen dürften, wurde nach einer Beanstandung durch die Arbeitsgemeinschaft Berufsjournalisten SRG zurückgenommen [24]. Gegenüber der Schaffung eines umfassenden eidgenössischen Informationssystems und einer informatorischen Koordination zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden zeigte sich der Bundesrat eher zurückhaltend, nahm jedoch ein entsprechendes Postulat entgegen [25].
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[1] Vat., 40, 18.2.71; AZ, 58, 11.3.71; 59, 12.3.71. Warnstreik beim welschen Fernsehen: TdG, 233, 7.10.71; 235, 9./10.10.71; JdG, 240, 15.10.71; Entlassungen beim welschen Fernsehen: TdG, 251, 28.10.71; 252, 29.10.71; NZZ (sda), 507, 31.10.71; 515, 4.11.71; Vat., 264, 12.11.71. Vgl. dazu Interpellationen Gerwig (sp, BS) und Villard (sp, BE) in Verh. B.vers., 1971, V, S. 51, 57.
[2] 1970 beschäftigte die SRG 5700 ständige und nichtständige Mitarbeiter, d. h. der Personalbestand hatte sich innerhalb von zehn Jahren fast vervierfacht: SRG, Jahresbericht 1970, S. 7, 11.
[3] Liste der Vorstösse in Sten. Butt. NR, 1971, S. 880. Für das Folgende siehe ebenda, S. 868 ff.
[4] Postulate Gerwig (sp, BS) und Tanner (ldu, ZH), ebenda, S. 868, 873, 883.
[5] Schürmann (cvp, SO) kritisierte in der Debatte die schmale Basis der Kommission und das Fehlen von Personalvertretern.
[6] Information SRG, 3.9.71.
[7] AZ, 298, 21.12.71; GdL, 297, 21.12.71; Bund, 298, 21.12.71; NBüZ, 387, 21.12.71; NZ, 589, 21.12.71; Ww, 51, 22.12.71; Vat., 297, 22.12.71; BN, 542, 23.12.71.
[8] Vgl. SPJ, 1968, S. 131 f.; Postulat Rohner (cvp, BE): Sten. Bull. NR, 1971, S. 877, 883.
[9] Interpellation Galli (fdp, TI): Sten. Bull. NR, 1971, S. 879 f., 882 f.; NZZ (sda), 155, 2.4.71; 267, 12.6.71; Vat., 82, 8.4.71.
[10] Information SRG, 3.9.71.
[11] NZZ, 388, 22.8.71; 582, 14.12.71.
[12] NZ, 418, 12.9.71; TA, 232, 5.10.71. Vgl. auch Stellungnahme des Arbeitnehmer-Radio- und -Fernsehbundes gegen einseitige Konzessionserhöhung: NZZ (sda), 308, 6.7.71; 353, 2.8.71; 604, 28.12.71.
[13] Vgl. SPJ, 1969, S. 143 f.; NZZ (sda), 160, 2.3.71; Lb, 58, 11.3.71.
[14] NZZ (sda), 155, 2.4.71; 158, 5.4.71; 254, 4.6.71.
[15] Bund, 136, 15.6.71; NZZ, 280, 20.6.71; Tw, 142, 22.6.71; NBZ, 153, 5.7.71. Vgl. auch Kleine Anfrage Schürmann (cvp, SO): NZZ, 454, 30.9.71; Antwort BR: NZZ (sda), 576, 12.12.71. Vgl. oben, S. 108.
[16] NZZ, 606, 29.12.71.
[17] PS, 81, 29.4.71; 83, 3.5.71; 95, 19.5.71; NZZ, 205, 5.5.71.
[18] Domaine public, 163, 10.12.71.
[19] Eingehen der Schaffhauser Zeitung, der Neuen Berner Nachrichten und der Hochwacht, alles Kopfblätter der NZN: Vat., 74, 30.3.71; 86, 15.4.71; Ostschw., 255, 1.11.71. 100jähriges Jubiläum der Liberté und des Vaterland, 75jähriges der NZN: Jubiläumsnr. der Lib. (1.10.71); NZZ, 459, 3.10.71; Sondernr. der NZN (271 a, 19.11.71).
[20] NZN, 51, 3.3.71; NZ, 101, 3.3.71.
[21] Interpellation Jaccottet (lib., VD) und Antwort BR: Sten. Bull. NR, 1971, S. 1020 ff.
[22] Vgl. SPJ, 1970, S. 161.
[23] Sten. Bull. NR, 1971, S. 448 f.
[24] NZZ (upi), 116, 11.3.71; NZ, 117, 13.3.71; Vat., 89, 19.4.71.
[25] Postulat Hummler (fdp, SG): Sten. Bull. NR, 1971, S. 976 f.
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