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Wirtschaft
Allgemeine Wirtschaftspolitik
Les plus importantes organisations ouvrières élaborent des concepts visant à une réforme radicale du système économique actuel— La situation conjoncturelle favorable se poursuit; le produit social réel se hisse au niveau qu'il avait atteint avant la crise de 1975 — La production augmente dans toutes les branches de l'industrie — L'indice de l'emploi s'accroît, tandis que le nombre de fermetures d'entreprises diminue fortement — L'inflation s'accentue, mais elle reste tout de même modérée comparativement aux pays étrangers — La nouvelle loi réglant l'observation et l'exécution des enquêtes dans le domaine de la conjoncture est acceptée par le parlement — Le Conseil fédéral se prononce contre l'introduction d'un contrôle permanent des prix — Des cantons toujours plus nombreux se dotent de lois en faveur du développement économique — Un avant-projet de révision de la loi sur la concurrence déloyale est soumis à la procédure de consultation — L'initiative populaire visant à protéger les petits commerçants aboutit — L'opposition « verte» ne réussit pas à gagner une majorité parmi les sociétaires de la coopérative Migros — Le projet d'article constitutionnel sur la protection des consommateurs, proposé par le Conseil national, trouve l'accord des Etats; l'initiative populaire est par conséquent retirée— Le droit régissant les sociétés anonymes doit-il être complété par une nouvelle législation sur les groupes de sociétés, comme le demandent certains juristes?
 
Vom volkswirtschaftlichen Standpunkt her gesehen, verlief das Jahr 1980 sehr erfreulich. Das reale Bruttosozialprodukt erhöhte sich wieder auf das im Jahre 1974 erreichte Niveau. Die ohnehin geringe Arbeitslosenzahl nahm weiter ab, und die Inflationsrate fiel zwar höher aus als in den vergangenen Jahren, blieb aber im internationalen Vergleich immer noch niedrig. Die Konjunktur verflachte sich allerdings. In der zweiten Jahreshälfte machten sich vor allem in exportorientierten Branchen der Konsumgüterindustrie erste Auswirkungen der von den USA auf Europa übergreifenden Rezession bemerkbar, ohne jedoch zu ernsthaften Problemen zu führen.
In Anbetracht der positiven Entwicklung sahen sich die politischen Behörden zu keinen über die Regulierung der Geldmenge durch die Nationalbank hinausgehenden konjunkturpolitischen Eingriffen veranlasst [1]. Da sämtliche Regionen und Branchen, auch die Uhrenindustrie, am Wachstum teilhatten, drängten sich keine neuen strukturpolitischen Massnahmen auf. Das aktuelle wirtschaftspolitische Interesse verlagerte sich weitgehend von der Produktions- zur Distributionssphäre. Es geht dabei zum einen um die für das Funktionieren des marktwirtschaftlichen Systems grundlegende Wettbewerbsordnung, welcher durch Kartelle und marktmächtige Organisationen Gefahr droht. Zum andern steht der Schutz des Konsumenten vor Täuschung und Übervorteilung im Zentrum der Diskussion.
Wirtschaftsordnung
Impulse zum Überdenken des bestehenden Wirtschaftssystems gingen im Berichtsjahr weniger vom Entwurf zur Totalrevision der Bundesverfassung als von den Programmdiskussionen der beiden führenden Arbeitnehmerorganisationen SGB und SPS aus. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund gab sich ein Arbeitsprogramm für die achtziger Jahre, worin er sich, im Gegensatz zum bisher geltenden Konzept, wieder die Überwindung des Kapitalismus zum Ziel setzt. Die angestrebte Wirtschaftsordnung ist gekennzeichnet durch die Existenz von demokratischen Entscheidungsmechanismen, die alle am Wirtschaftsprozess Beteiligten einbeziehen. Der Schwerpunkt fuir die Politik der nächsten zehn Jahre soll deshalb bei der Einführung einer weitgehenden Mitbestimmung auf Unternehmensebene liegen. Noch radikaler sind die Ideen einer Arbeitsgruppe, welche die Vorarbeiten für ein Wirtschaftskonzept der Sozialdemokratischen Partei geleistet hat. Ihr Ziel ist die Verwirklichung einer zum Teil am jugoslawischen Beispiel inspirierten Selbstverwaltungswirtschaft, in welcher die Entscheidungsrechte gänzlich vom Besitz an Produktionsmitteln losgelöst sind. Als Voraussetzung für eine funktionierende Selbstverwaltung soll zudem eine Dezentralisierung der Wirtschaft erfolgen. Das Konzept der SP ist, anders als dasjenige des SGB, von den zuständigen Gremien der Partei noch nicht verabschiedet worden, sondern befindet sich in einer Art parteiinterner Vernehmlassung [2]. Dass die bürgerliche Seite an derartigen Zukunftsperspektiven wenig Gefallen findet, erstaunt nicht. Vertreter der Unternehmerverbände und der bürgerlichen Parteien verlangen — soweit sie sich nicht mit dem Status quo zufriedengeben — den Abbau von staatlichen Interventionen und die Übertragung bisher von der Öffentlichkeit erfüllter Aufgaben an private Unternehmen [3].
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Konjunkturlage
Die Konjunkturlage war im Berichtsjahr gut. Der Wirtschaftsaufschwung setzte sich insbesondere in der ersten Jahreshälfte verstärkt fort. Gegen Jahresende deuteten allerdings verschiedene Anzeichen darauf hin, dass der obere Wendepunkt des Konjunkturzyklus erreicht war. Das reale Bruttoinlandprodukt nahm schätzungsweise um 3% (1979: 2,2%) zu. Die Exportindustrie wurde begünstigt vom realen Wertverlust des Schweizerfrankens und, wenigstens in der ersten Jahreshälfte, von der guten Konjunkturlage in den meisten Absatzländern. Die verbesserte Beschäftigungs- und Einkommenssituation führte aber auch zu einem realen Wachstum der Inlandnachfrage. Den relativ grössten Wachstumsbeitrag leisteten wie bereits ein Jahr zuvor die Investitionen. Der Boom im privaten Wohnungsbau hielt weiter an; zudem schuf der allgemein gute Geschäftsgang die Voraussetzungen Kir eine deutliche Zunahme der Investitionen im industriellen und gewerblichen Bereich. Von der öffentlichen Hand gingen demgegenüber kaum Wachstumsimpulse aus [4].
Die Gesamtbeschäftigung nahm 1980 um 2% zu. Im Widerspruch zum langfristigen Trend fiel dabei die Zunahme im zweiten Sektor stärker aus als im Dienstleistungssektor. Entsprechend der grossen Nachfrage nach Bauleistungen war die grösste Beschäftigungssteigerung im Baugewerbe zu verzeichnen (+6,7%). Auch die Banken wiesen mit +4,5% eine deutlich überdurchschnittliche Personalzunahme aus. Rückläufig war die Beschäftigung hingegen bei der Herstellung von Bekleidung, Getränken und Uhren (zwischen -0,4 und -0,8%). Auf diese drei Branchen entfielen denn auch fast die Hälfte der im industriellen Bereich registrierten Betriebseinstellungen. Deren Gesamtzahl ging auf 152 zurück und erreichte damit den niedrigsten Stand seit mehr als zehn Jahren [5].
Die industrielle Produktion (ohne Energieerzeugung) wurde um 5% gesteigert. Die grössten Zuwachsraten erzielten die Maschinen- und Apparateindustrie und das graphische Gewerbe mit je 9%. Dass die Uhrenindustrie ihren mengenmässigen Ausstoss um 4% ausweiten konnte und auch der Wert ihrer Exporte anstieg, deutet an, dass sie nach einem radikalen Schrumpfungsprozess im Begriffe ist, die Herausforderung der neuen Technologie (Elektronik) zu meistern. Nur noch ein geringes Produktionswachstum erzielte der Spitzenreiter des vorigen Jahres, die Chemie. Hier wirkten sich, anders als etwa in der Maschinenindustrie, die rezessiven Erscheinungen im Ausland schnell auf den Geschäftsgang a»s. Dass sich die weltweite Konjunkturabkühlung aber in naher Zukunft auch in den übrigen exportorientierten Branchen bemerkbar machen wird, lässt sich am gebremsten Wachstum der Auftragseingänge ablesen. Im Tourismus bestätigte sich die bereits in der zweiten Hälfte des Jahres 1979 eingeleitete aufsteigende Tendenz. Die im internationalen Vergleich tiefe Inflationsrate und die Verbilligung des Schweizer Frankens liessen die Ferienreisenden nicht unbeeindruckt. Die Zahl der Übernachtungen nahm um 12,1% zu (bei den Ausländern lag der Zuwachs gar bei 19,7%); damit wurde das beste Ergebnis nach der Rezession von 1975 erzielt. Die starke Produktionszunahme im Baugewerbe führte zu Warnungen vor einer Konjunkturüberhitzung in diesem Bereich, welche zu einer erneuten Uberkapazitätskrise führen könnte [6].
Die Teuerung beschleunigte sich weiter, blieb aber niedriger als in der Mehrzahl der übrigen Industriestaaten. Der Konsumentenpreisindex nahm im Jahresdurchschnitt um 4% zu (1979: 3,6%). Während noch zu Jahresbeginn die Erdölimporte für die Teuerung ausschlaggebend gewesen waren, wurde in der zweiten Jahreshälfte der Index durch Preisaufschläge bei den Lebensmitteln und im Bereich Bildung und Erziehung in die Höhe getrieben. Noch stärker als die Konsumentenpreise stiegen die Grosshandelspreise an. Zu der jahresdurchschnittlichen Steigerung um 5,1% (1979: 3,8%) trugen inländische und importierte Güter gleichermassen bei [7].
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Konjunkturpolitik
In Anbetracht der günstigen wirtschaftlichen Entwicklung und im Einklang mit der zur Zeit dominierenden nationalökonomischen Lehrmeinung beschränkte sich die Konjunkturpolitik der staatlichen Instanzen weitgehend auf die Steuerung der Geldmenge durch die Nationalbank. Das neue, im Berichtsjahr von National- und Ständerat gutgeheissene Bundesgesetz über Konjunkturbeobachtung und -erhebung soll in Zukunft eine regelmässige, genaue und koordinierte Erfassung des Wirtschaftsgeschehens ermöglichen. Zudem ermächtigt es den Bundesrat, spezielle Untersuchungen durchführen zu lassen. Hauptzweck des neuen Gesetzes ist es, durch die Verbesserung der Informationen über Konjunkturschwankungen die Voraussetzungen für den zeit- und sachgerechten Einsatz der konjunkturpolitischen Instrumente zu schaffen [8].
Die aus Nationalökonomen gebildete Expertengruppe (im Volksmund «Kommission der drei Weisen» genannt) veröffentlichte zum letztenmal ihren Bericht zur Wirtschaftslage. Die Nichtweiterführung des seit 1977 vom EVD und der Nationalbank an ausserhalb der Verwaltung stehende Experten erteilten Auftrags, die wirtschaftliche Lage sowie gewisse Spezialgebiete zu analysieren, blieb nicht unwidersprochen. Bundesrat Honegger gab die Zusicherung ab, dass innerhalb der zu reorganisierenden Kommission für Konjunkturfragen ein Unterausschuss aus Hochschulangehörigen gebildet werde, der in Zukunft ähnliche Aufträge übernehmen könnte [9].
Die Forderung nach Wiedereinführung der Preisüberwachung passt zwar nicht in die aktuelle konjunkturpolitische Landschaft, scheint aber bei vielen Stimmbürgern unvermindert populär zu sein. In einer ersten Stellungnahme zu der 1979 von den Konsumentinnenverbänden eingereichten Volksinitiative lehnte der Bundesrat die dauerhafte Preiskontrolle für Kartelle und andere marktmächtige Anbieter ab. Er beauftragte indessen das EVD mit der Ausarbeitung eines Gegenvorschlags, der die Möglichkeit bieten soll, die Preisüberwachung als befristete Massnahme in Ausnahmesituationen und in bestimmten Konjunkturphasen einzuführen [10].
Die Basler Stimmberechtigten lehnten eine Volksinitiative der POCH zur Bekämpfung von Wirtschaftskrisen mittels der Erhebung einer auf entsprechende Perioden beschränkten Sonderbesteuerung hoher Einkommen und Vermögen deutlich ab [11].
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Strukturpolitik
Die Massnahmen der Strukturpolitik sehen sich in der Regel weniger grossen Einwänden ausgesetzt als die konjunkturpolitisch motivierten Staatsinterventionen. Die Notwendigkeit der teilweisen Behebung der Standortnachteile von Berg- und Randregionen wird aus staats- und raumordnungspolitischen Gründen in weiten Kreisen anerkannt. Von den Bundesunterstützungen für Diversifikationsvorhaben in wirtschaftlich einseitig strukturierten Gegenden profitiert nun auch das südöstliche Bodenseeufer (Teile der Kantone St. Gallen und Thurgau). Das Schwergewicht dieser Massnahmen entfällt aber immer noch auf die Uhrenregionen, befinden sich doch mehr als drei Viertel der 41 bisher unterstützten Projekte in diesem Raum. Eine direkte Massnahme zur Förderung der Uhrenindustrie — die den Bund allerdings nichts kostet — besteht in der staatlich verbürgten Qualitätskontrolle, deren Fortführung um zehn Jahre der Bundesrat dem Parlament vorschlägt. Weitere acht Bergregionen erhielten durch die Genehmigung ihrer Entwicklungskonzepte die Berechtigung, finanzielle Beihilfe gemäss dem Investitionshilfegesetz für Berggebiete (IHG) zu beziehen [12].
In Basel-Land und Uri stimmte der Souverän kantonalen Wirtschaftsförderungsgesetzen zu. Dass sich auch der wirtschaftlich prosperierende Kanton Basel-Land ein Förderungsgesetz gegeben hat, liegt darin begründet, dass die Regierung sich durch eine noch weiter gehende Volksinitiative der SP und des Gewerkschaftskartells zu einem Gegenvorschlag veranlasst sah [13]. Im Thurgau legte die Regierung den Entwurf zu einem entsprechenden Gesetz vor. Im Aargau reichten SP und Gewerkschaften eine Volksinitiative ein, worin sie eine kantonale Strukturpolitik fordern. Um zu verhindern, dass sich die diversen Stellen bei ihren Bemühungen um die Ansiedelung von neuen Unternehmen gegenseitig übermässig konkurrenzieren, riefen die kantonalen Volkswirtschaftsdirektoren eine Arbeitsgruppe ins Leben [14].
Eine andere, bisher in der Schweiz noch nicht praktizierte Strukturpolitik besteht darin, mittels staatlicher Massnahmen die Unternehmensgrösse zu beeinflussen. Mit der Überweisung eines Postulats Binder (cvp, AG) ersuchte der Ständerat die Landesregierung, einen Bericht über die Lage der kleinen und mittelgrossen Unternehmen zu erstellen und unter Umständen Massnahmen zur Förderung dieser Betriebe vorzuschlagen. Dabei dachten die Ständeräte weniger an eine Subventionierung von Kleinbetrieben als an die Entlastung von administrativem Aufwand, welcher durch staatliche Vorschriften erzeugt wird [15].
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Wettbewerb
Die Revision des Kartellrechts, das eine der Grundlagen für die Ordnung des Wettbewerbs zwischen den Wirtschaftssubjekten bildet, konnte im Berichtsjahr nicht wesentlich vorangetrieben werden. Der Bundesrat beauftragte das EVD mit der Überarbeitung des vorliegenden Gesetzesentwurfs und der Vorlage einer Botschaft. Dabei sollen namentlich einige der 1979 in der Vernehmlassung von seiten der Wirtschaft erhobenen Einwände berücksichtigt werden [16].
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Der Detailhandel profitierte von der guten Konjunkturlage und steigerte seinen Umsatz real um 2%. Dies konnte aber nicht ausreichen, die Existenzängste der Kleinladenbesitzer zum Verschwinden zu bringen. Eine gewisse Verbesserung in ihrem Kampf mit den Discountgeschäften und den Grossverteilern erhoffen sie sich von der Totalrevision des Bundesgesetzes über den unlautern Wettbewerb (UWG). Der vom Bundesrat in die Vernehmlassung gegebene Entwurf sieht insbesondere Massnahmen gegen aggressive Werbemethoden, gegen Produktimitationen und gegen die — allerdings schwer definierbaren — sogenannten Lockvogelpreise vor. Da eine allgemeine Festlegung von Minimalverkaufspreisen schon aus ordnungspolitischen Gründen kaum in Frage kommt, wird sich die Frage stellen, unter welchen Bedingungen jeweils ein Preis als Lockvogelpreis zu gelten hat [17]. Die im Detaillistenverband zusammengeschlossenen Händler wurden aber auch selbst politisch aktiv und trugen wesentlich bei zum Zustandekommen der von der Republikanischen Bewegung lancierten Volksinitiative gegen das Ladensterben. Dem Gewerbeverband hingegen, dem auch die Detaillisten angehören, ist das als allgemeine Anregung formulierte Begehren mit seiner Forderung nach einem Bedarfsnachweis für Einkaufszentren und nach der Entflechtung von Grossbetrieben zu interventionistisch [18]. Wie diese Volksinitiative ist auch die parlamentarische Initiative von Nationalrat Schärli (cvp, LU) in erster Linie gegen die beiden grössten Detailhändler, die als Konsumentengenossenschaften organisierten Migros und Coop, gerichtet. Der vorberatenden Nationalratskommission geht zwar die von Schärli geforderte Sondersteuer für Grossgenossenschaften zu weit, sie kündigte aber eine Motion an, mit der die Veränderung der Besteuerungsprinzipien für Genossenschaften angestrebt wird. Nach dem Willen einer knappen Kommissionsmehrheit sollen in Zukunft die Ausgaben für Vergünstigungen an Genossenschafter dem versteuerbaren Reingewinn zugeschlagen werden [19].
Grundsätzliche Kritik an der Geschäftspolitik der Migros wurde ebenfalls von einem Teil ihrer Genossenschafter geübt, welche sich 1979 zu einem Verein «Migros-Frühling» zusammengeschlossen hatten. Erklärtes Ziel dieser Opposition ist es, unter Wahrung der demokratischen genossenschaftlichen Strukturen den viertgrössten Konzern der Schweiz zu einem Beispiel der sogenannten alternativen Wirtschaft umzuwandeln. Nicht mehr uneingeschränkte Konsumbedürfnisbefriedigung und Umsatzsteigerung• sollen die Geschäftspolitik bestimmen, sondern die möglichst umfassende Schonung der Umwelt und der menschlichen Gesundheit. Durch die Dezentralisierung des Konzerns und der einzelnen Produktions- und Verkaufsbetriebe soll — dies vielleicht als wichtigstes Ziel der Bewegung — die Grundlage für die Selbstverwaltung geschaffen werden. Obwohl die Wahlerfolgschancen infolge des herrschenden Majorzsystems gering waren, bewarben sich die Oppositionellen in allen Regionalgenossenschaften mit Ausnahme des Wallis um Sitze in den Vorständen und in der Konzernspitze. Für diese erste Kampfwahl um die Leitung der Migros schritten 36% der rund 1,1 Mio Genossenschafter zur Urne; etwa 20% davon gaben ihre Stimme der «grünen» Opposition. Durch den Achtungserfolg ermutigt, beschloss diese die Fortsetzung ihrer Bemühungen um die Reform der Migros. Gestützt auf die Genossenschaftsstatuten lancierte sie Initiativen fir die Einführung des Proportionalwahlrechts sowie für den Verzicht auf den Verkauf von Produkten aus industrieller Tierhaltung [20].
Die Errichtung von Einkaufszentren vor den Toren der grossen Städte stösst auf wachsende Widerstände. Mit verkehrs- und raumordnungspolitischen Argumenten verweigerten Gemeinden in den Regionen Basel und Bern die Baubewilligung fir geplante Zentren. In Glarus erliess die Regierung, gestützt auf das neurevidierte Baugesetz, die Bewilligungspflicht für Einkaufszentren. Der Zürcher Kantonsrat überwies eine Motion der SVP, welche verlangt, dass anlässlich der nächsten Revision des Planungsgesetzes Bestimmungen zur Verhinderung raumplanerisch unerwünschter Verkaufsstätten geschaffen werden [21].
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Die im Laufe des Berichtsjahres eingetretene Entwicklung liess erwarten, dass das mehr als zehnjährige Ringen um einen Verfassungsartikel über den Konsumentenschutz in naher Zukunft zu einem Abschluss komme. Zwar lehnte es der Ständerat im Frühjahr ab, auf den vom Nationalrat vorgeschlagenen Entwurf — der auch den Konsumentenorganisationen genehm war — einzutreten, bevor die Volksinitiative und der bundesrätliche Gegenvorschlag durchberaten seien. Um die somit eingetretene Patt-Situation zu lösen, trat der Nationalrat in der Sommersession nun doch auf die Volksinitiative ein. Er beschloss aber, ihr nicht den Text des Bundesrates entgegenzustellen, der eine abschliessende Aufzählung der Bundeskompetenzen beinhaltete, sondern seinen eigenen Entwurf aus dem Jahre 1979. Dieser enthält die von den Initianten geforderte Generalklausel ; er erwähnt aber auch ausdrücklich die Respektierung der Handels- und Gewerbefreiheit. Angesichts der breiten Zustimmung zu dieser Kompromisslösung im Nationalrat — nur noch die Fraktion der Liberalen opponierte — und in der Hoffnung auf einen Rückzug des Volksbegehrens verzichtete der Bundesrat auf die Verteidigung der von ihm ausgearbeiteten Variante. Nachdem sich auch die kleine Kammer dem Gegenvorschlag des Nationalrats angeschlossen hatte, zogen die Konsumenten ihre Initiative zurück [22].
Die Interessen der Konsumenten im Bereiche der Ferien- und Ausflugsreisen möchte Nationalrat Neukomm (sp, BE) mit einem neu zu schaffenden Touristenrecht besser schützen. Seiner Motion, gegen die auch der Verband der Reisebüros nichts einzuwenden hatte, erkannte der Nationalrat in Einklang mit dem Bundesrat keine besondere Dringlichkeit zu und überwies sie nur als Postulat [23].
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Gesellschaftsrecht
Die mit der Teilrevision des Aktienrechtes befasste Expertenkommission konnte ihren Entwurf noch nicht vorlegen. Am Schweizerischen Juristentag wurde zudem moniert, dass das Aktienrecht — auch in seiner revidierten Form — der Realität der Konzerne (Aktiengesellschaften in gegenseitigen rechtlichen Abhängigkeitsverhältnissen) nicht gerecht werde und deshalb durch ein Konzernrecht ergänzt werden müsse. Die Banken vereinbarten unter sich auf freiwilliger Basis eine Neugestaltung der Vorschriften über die Ausübung des Depotstimmrechts. Der durch die Banken vertretene Aktionär soll insbesondere besser informiert werden und der Bank unter Umständen Anweisungen über die Stimmabgabe erteilen können [24].
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[1] Zur Geldmengensteuerung siehe unten, Teil I, 4b (Geldmenge). Zur Exportwirtschaft vgl. oben, 2
[2] SGB: Gewerkschaftliche Rundschau. 72/1980, S. 33 ff.; Rote Revue,. 59/1980, Nr. 12, S. 12 ff.; TA, 249, 25.10.80. SPS: Profil. 58/1979, S. 345 ff. und 59/1980, S. 12 ff. und 1041f.; TW, 101, 1.5.80; Wirtschaftskonzept und Selbstverwaltung, hrsg. vom Zentralsekretariat der SPS, 1980; vgl. auch F. Masnata, La volonté d'agir, Lausanne 1980. Siehe im weitem unten, Teil I, 7a (Participation), Teil III a (Sozialdemokratische Partei) und b (Arbeitnehmer). In die gleiche Richtung zielende Forderungen verfocht auch eine Oppositionsgruppe innerhalb des Migros-Konzerns (vgl. unten, Wettbewerb).
[3] L. von Planta, Grundbedingungen einer gesunden Wirtschaft, Zürich 1980; G. Winterberger, «Spannungen in der schweizerischen Innen- und Wirtschaftspolitik», in Schweizer Monatshefte, 60/1980, S. 195 ff.; F. Hahn, «Arbeitgeberpolitische Standpunkte in unserer Zeit », in SAZ. 23, 5.6.80; W. Wittmann, Die neuen Ausbeuter, Stuttgart 1980. lm Nationalrat unterstützten 85 Abgeordnete aus sämtlichen bürgerlichen Parteien eine Motion, welche den Bundesrat auffordert. Vorschläge zur Privatisierung von Staatsbetrieben zu machen ( Verhandl. B. vers., 1980, IV, S. 56). Vgl. auch oben, Teil I, 1a (Ausmass der Staatstätigkeit; Demokratisierung der Gesellschaft).
[4] SNB, Geschäftsbericht, 73/1980, S. 16 ff. ; Gesch.ber., 1980, S. 241 f. Zum Sozialprodukt für 1979 siehe Die Volkswirtschaft, 53/1980, S. 625 ff.
[5] Die Volkswirtschaft, 54/1981, S. 151 ff. Zur Lage der einzelnen Branchen siehe auch Die Volkswirtschaft, 54/1981, S. 163 ff; Bulletin/SKA, 86/1980, Nr. 12, S. 11 ff.; 87/1981, Nr. 3, S. 7 und Nr.4, S.6 f. SBG, Schweizerisches Wirtschaftsjahr 1980, Zürich 1980. Speziell zur Baukonjunktur vgl. Bund, 170, 23.7.80; 110, 13.5.81. Uhrenindustrie: Ww, 15, 9.4.80; Bulletin/SKA. 86/1980, Nr. 7, S. 8.
[6] Die Volkswirtschaft, 54/1981, S.7 ff. u. 87 ff.
[7] Die Volkswirtschaft, 54/1981, S. 4; SNB, Geschä/isbericht, 73/1980, S. 22. Vgl. auch SPJ, 1979, S. 66 und unten, Teil I, 4b (Geldmenge).
[8] SPJ, 1979, S. 66 f. ; Amtl. Bull. NR, 1980, S. 342 ff.; 361 ff.; 733 und 812; Amtl. Bull StR, 1980, S. 175 ff. und 404; AS, 1981, S. 14 ff. Vgl. auch H. Traber, «Die Konjunktur-, Wirtschafts- und Sozialstatistik an einem Wendepunkt», in Forum statisticum. 1981, Nr. 14, S.67 ff.
[9] Amtl. Bull. StR, 1980, S. 588 ff.; NZZ, 224, 26.9.80. Vgl. auch SPJ, 1977, S. 58.
[10] BaZ, 223, 23.9.80; Gesch.ber., 1980, S. 281 ; vgl. ebenfalls SPJ, 1979, S. 67.
[11] BaZ, 129, 5.6.80; 132, 9.6.80 (16 708 Nein : 5621 Ja); siehe auch SPJ, 1979, S. 67.
[12] Wirtschaftlich einseitige Strukturen: BBl, 1980, I, S. 1337; Ldb, 83, 11.4.80; Gesch.ber.. 1980. S. 263. Uhrenkontrolle: BBl, 1980, 111, S. 1333 ff.; Suisse, 169, 17.6.80. IHG: Gesch.ber., 1980, S. 264 f. Siehe auch F. Mühlemann, «Zur Beurteilung der Effizienz regionaler Wirtschaftsförderung», in Dokumente und Informationen zur schweiz. Orts-, Regional- und Landesplanung, 1980, Nr. 58, S. 11 ff.; E. Brugger und F. Mühlemann (Hrsg.), Regionale Disparitäten, Bern 1980; G. Fischer, Der Wohlstand der Kantone, Band I, Bern 1980. Für eine aktivere regionale Strukturpolitik mit Lohnsubventionen für Arbeitsplätze in Randregionen wird plädiert in H. Hollenstein / R. Lörtscher, Die Struktur- und Regionalpolitik des Bundes, Diessenhofen 1980.
[13] Basel-Land: BaZ, 6, 8.1.80; 7, 9.1.80; 132, 9.6.80 (13 001 Ja : 8861 Nein). Der Landrat erachtete damit auch die 1978 von der POCH eingereichte Volksinitiative zur Sicherung von Arbeitsplätzen als erledigt. Die Initianten reichten gegen diesen Beschluss Beschwerde beim Bundesgericht ein (BaZ, 55, 5.3.80). Vgl. auch SPJ, 1979, S. 68 und 1978, S. 57 f. Uri: Vat., 96, 25.4.80; 101, 1.5.80; 226, 29.9.80.
[14] Thurgau: Ldb, 194, 23.8.80. Aargau: LNN, 239, 14.10.80. Arbeitsgruppe: BaZ, 112, 14.5.80; Bund, 156, 7.7.80.
[15] Amtl. Bull StR, 1980. S. 239 f.; Vat., 75, 29.3.80. Die Lage der Klein- und Mittelbetriebe wird auch von einer speziellen Studiengruppe des Vororts erörtert (wf, Dok., 34, 25.8.80).
[16] Gesch.ber., 1980, S. 247; Bund, 123, 29.5.80; 125, 31.5.80. Um seinen Einwänden Nachdruck zu verleihen, drohte der SGV mit dem Referendum (BaZ, ddp, 160, 11.7.80). Vgl. auch SPJ, 1979, S. 68 f. und Veröffentlichungen der Schweizerischen Kartellkommission, 15/1980, S. 235 ff.
[17] Detailhandelsumsatz: NZZ (ddp), 24, 30.1.81 ; SNB, Geschäftsbericht, 73/1980, S. 16. UWG: Bund, 133, 10.6.80; NZZ, 136, 14.6.80; TLM (ats), 365, 31.12.80. Vgl. auch R. P. Jetzer, «Lockvogelwerbung», in Schweiz. Detaillisten-Zeitung, 5, 12.5.80.
[18] BBl, 1980, III, S. 1297 ff. ; LNN, 204, 3.9.80; Schweiz. Detaillisten-Zeitung, 1, 21.1.80;10, 22.10.80. Siehe auch SPJ, 1979, S. 69.
[19] Bund, 217, 16.9.80; BaZ (ddp). 280, 27.11.80; vgl. auch SPJ, 1979, S. 69 sowie P. Böckli, «Reform der Genossenschaftsbesteuerung», in Steuer-Revue, 35/1980, S. 235 ff.
[20] Ww, 7, 13.2.80; Bund, 70, 24.3.80; 114, 17.5.80; 119, 23.5.80; TA, 142, 21.6.80; LNN, 164, 17.7.80; 24 Heures, 284, 6.12.80. H. A. Pestalozzi (Hrsg.), M-Frühling — Vom Migrosaurier zum menschlichen Mass, Bern 1980. Je nach Region erhielt die Opposition zwischen 14% (St. Gallen) und 26% (Zürich) der Stimmen (Jahresbericht des Migros-Genossenschafts-Bundes. 1980, S. 39 ff.). Vgl. auch M-Sozialbilanz. Zürich 1980 sowie SPJ, 1979, S. 69.
[21] Basel: BaZ, 223, 23.9.80; 228, 29.9.80. Bern: Bund, 224, 24.9.80. Glarus: NZZ (ddp), 166, 19.7.80. Zürich: Vr, 156, 12.8.80.
[22] SPJ, 1979, S. 70 f. ; Amtl. Bull. StR, 1980, S. 130 ff. ; Amtl. Bull. NR, 1980, S. 738 ff. und 1277 ; Amtl. Bull. StR, 1980, S.407 ff.; BBl, 1980, III, S. 705; NZZ, 121, 28.5.80; 288, 10.12.80. Für weitere Belange des Konsumentenschutzes vgl. auch unten, Teil I, 4c (Tierische Produktion; Pflanzliche Produktion).
[23] Amtl. Bull. NR, 1980, S.1274 ff.; Vr, 77, 21.4.80; TA, 248, 24.10.80.
[24] Gesch.ber., 1980. S. 124; vgl. auch SPJ, 1979, S. 70 und Amtl. Bull. StR, 1980. S. 5 ff. Konzernrecht: R. Ruedin, «Vers un droit de groupes de sociétés?» und J. N. Druey, «Aufgabe eines Konzernrechts», in Zeitschrift für schweiz. Recht. 99/1980, II, S. 147 ff. resp. 273 ff.; vgl. ebenfalls BaZ, 215. 13.9.80; 218, 17.9.80. Depotstimmrecht: BaZ, 155. 5.7.80; Bund, 225, 25.9.80.
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